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In der Mehrzweck- und Schwergutschifffahrt sorgt nicht nur der junge Carrier Zeamarine für eine Verschiebung der Verhältnisse. Auch andere Akteure legen zu – oder verlieren Marktanteile Das liegt unter anderem an der Schiffsgrößenentwicklung. Von Michael Meyer

Die Branche ist – ähnlich wie die Containerschifffahrt – ein wichtiges Segment für viele kleine, mittelgroße und selbst einige große deutsche Reedereien[ds_preview], sei es auf der operativen Carrier- oder auf der Tramp-Seite des Marktes. Zum Teil namhafte Unternehmen wie etwa Peter Döhle, Briese, Jüngerhans, Krey oder Auerbach sind dort aktiv. Und die Branche ist ebenso betroffen von der Konsolidierungswelle, welche die jahrelange Schifffahrtskrise ausgelöst hat. Warum sollten sich hier die Marktgewichte also nicht verschieben?

Zur Einordnung: Einem neuesten Container-Marktbericht des Branchendiensts Alphaliner zufolge sackte der Marktanteil des Branchenprimus Maersk in den vergangenen zwölf Monaten um 1,5% ab. Das ist der größte Rückgang aller großen Akteure. Negativ ist der Trend auch bei MSC (-0,1%), keine Veränderungen gab es bei der Nummer 4, CMA CGM, und beim japanischen Bündnis ONE. Marktanteile hinzugewonnen haben vor allem Cosco/OOCL mit 0,8%, die neue Nr. 3 im Markt, sowie in weitaus kleinerem Umfang Evergreen (+0,2%), Hyundai (+0,2%), Hapag-Lloyd (+0,1%), Yang Ming (+0,1%) und PIL (+0,1%).

Wie im Containermarkt hat auch in der MPP-Schifffahrt die Schiffsgrößenentwicklung einen nicht zu vernachlässigenden Effekt, es gibt diverse Veränderungen der Marktanteile und -positionen, wie aus der Analyse im jüngsten Marktbericht des Hamburger Maklers Toepfer Transport hervorgeht.

Ein Blick auf die gesamte MPP-Flotte mit mindestens 100t kombinierter Krankapazität zeigt, dass sich die Rangfolge an der absoluten Spitze seit einem Jahr nicht verändert hat. BBC Chartering aus Leer – Tochter der Reedereigruppe Briese – liegt, zumindest nach Tragfähigkeit der gesamten Flotte, weiter vor der chinesischen Staatsreederei Cosco. Bei den Marktanteilen gab es allerdings Verschiebungen. So hat BBC im Rahmen seiner Flottenmodernisierung ein wenig eingebüßt, von 11,2% auf 10,92%, während Cosco durch die Indienststellung einiger Neubauten zugelegt hat, von 9,39 auf 9,88 %.

Zeamarine auf Rang 4

Die größten Veränderungen ergeben sich im Jahresvergleich bei dem dänischen Carrier Thorco und dem neuen Akteur Zeamarine. Dieser war erst vor wenigen Wochen aus dem operativen Zusammenschluss von Zeaborn (Nr. 8) aus Bremen und der US-Reederei Intermarine (Nr. 7) entstanden. Entsprechend wird die Flottenkapazität mittlerweile zusammengerechnet. Gemeinsam liegt man nun mit 5,15% Marktanteil auf Rang 4, direkt hinter BigLift/Spliethoff aus den Niederlanden. Dennoch wurden hier nicht einfach Flotten zusammengelegt, wie der Marktbericht zeigt. Vielmehr schrumpfte die gemeinsame Kapazität – wenn man die einzelnen Werte aus dem Jahr 2017 addiert – um 1,79 Prozentpunkte.

Bei Thorco hingegen ist die verhältnismäßig umfangreiche Neustrukturierung der Geschäfte zu berücksichtigen. Dadurch rutschten die Dänen von Rang 4 (4,92%) auf Rang 8 und verloren fast 44% ihres Marktanteils.

Neu in den Top 20 ist die japanische Reederei MOL auf Rang 18, die gegenüber der HANSA bereits bestätigt hatte, das Engagement im MPP- und vor allem im Schwergutmarkt ausbauen zu wollen (HANSA 12/18).

Weitere deutsche Akteure finden sich auf den Rängen 10, 15 und 16. Dort vereint MACS mit einem positiven Trend 2,3% (von 1,83%) sowie jeweils rückläufig Hansa Heavy Lift 1,33% (1,64%) und Harren & Partner 1,29% (von 1,69%) Markanteil auf ihre jeweilige Flotte.

Zeamarine auf Rang 3

Bezieht man sich nun »nur« auf das Segment mit mehr als 250t Krankapazität, also das Projekt- und Schwergutsegment, tritt der Einfluss der Schiffsgrößenentwicklung deutlicher zu Tage.

Hier liegt BBC mit fast einem Fünftel der Kapazität klar vorn, vor Cosco und Zeamarine, das in diesem Segment sogar auf Rang drei gerutscht ist. BBC hat seinen Marktanteil mit einem Wachstum um über vier Prozentpunkte am stärksten ausgebaut. Das liegt unter anderem daran, dass die Leeraner einen kleinen Schwenk vollzogen haben, der sich im Jahresverlauf angedeutet hatte: So setzt die Briese-Tochter stärker als zuvor auf größere Schiffe jenseits der 20.000-tdw- und sogar 30.000-tdw-Marke. In der Flottenstrategie ist das durchaus ein neuer Ansatz. Mehr Laderaum bedeutet in dieser Rechnung mehr Fracht und damit mehr Einnahmen, mit denen die Bunkerrechnung beglichen werden kann. Bei BBC sah man zuletzt bessere Bedingungen für den Einsatz dieser Schiffstypen, entsprechende Kontrakte wurden gesichert (HANSA 09/18), mittlerweile stehen zehn Frachter mit mehr als 20.000tdw in der Flottenliste. Vor allem der Windenergiemarkt gilt als ein Treiber der Entwicklung.

Cosco hingegen hat von 12,24% auf 11,68% etwas Marktanteil verloren, ebenso wie das chinesisch-polnische Joint Venture Chipolbrok. Der Carrier AAL, Tochter der Reedereigruppe des deutschen Unternehmers Heinrich Schoeller, konnte ihren Anteil stabil halten, verlor jedoch eine Position in der Rangliste durch den Auf- beziehungsweise Neu-Einstieg von Zeamarine. Allerdings hat AAL bereits angekündigt, die Flotte mittels eines Pools ausbauen zu wollen, das Augenmerk liegt auf Frachtern mit mehr als 30.000tdw.

Weitere deutsche Akteure unter den Top 20 im November waren Hansa Heavy Lift (seinerzeit vor der Insolvenzanmeldung auf Rang 8), Harren & Partner mit der Tochter SAL (Rang 9) und United Heavy Lift von Lars Rolner (Rang 14), die jedoch alle Markanteile abtreten mussten.

Insgesamt sind die Gewinne und Verluste also relativ breit verteilt, in beiden Beobachtungsgruppen. Insofern ist die jüngst publizierte Einordnung des Branchendienstes Drewry, die Konsolidierung helfe nur den Großen, nur mit Einschränkung zu bestätigen.

Und wie geht es weiter?

Auch in den kommenden Monaten verspricht ein Blick auf den MPP-Markt einige Spannung und potenzielle Verschiebungen, auch wenn die Richtung nur schwer seriös vorherzusagen ist, und auch wenn der Markt im Hinblick auf Secondhand-Verkäufe weiter relativ ruhig bliebe. Das zumindest meinen die Experten von Toepfer Transport. Angesichts der wahren Hausse vor allem im Jahr 2017 und zu Beginn des Jahres 2018 sowie der gestiegenen Preise ist das eine nachvollziehbare Einschätzung.

Andererseits gibt es Entwicklungen, die den S&P-Markt noch einmal ankurbeln könnten, auch zumindest teilweise unabhängig von der Nachfragesituation, die im schlimmsten Fall für Beschäftigungsprobleme einiger Carrier und damit Schwierigkeiten bei Eignern und schlussendlich zu S&P-Potenzial führen könnte.

Was aber sind die Faktoren?

Zu nennen sind hier das Alter der Flotte, die anstehenden und geplanten Regulierungen der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO, weitere Portfolio-Verkäufe von Banken, vor allem der NordLB, die noch immer einen Abnehmer für rund 40 Schiffe sucht, Neubau-Projekte, das weitere Wachstum von Zeamarine und der möglicherweise sich verstärkende Fokus auf Liniendienste.

• Alter der Flotte: Laut der jüngsten Erhebung des Hamburger Maklers sind ein Viertel aller Schiffe mit mehr als 100 t Krankapazität älter als 15 Jahre, 12% sogar älter als 20 Jahre. Lediglich 13% sind jünger als fünf Jahre. Somit besteht durchaus ein gewisser Bedarf an einer Modernisierung der Flotte – sprich neuen Chartern, Neubauten und Verschrottungen. Auch Drewry-Analystin Susan Oatway sieht »noch zu viele Schiffe«, die überaltert, zu klein und zu schlecht ausgerüstet seien, um auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig zu sein. Je nachdem, wer wie gut in der Lage ist, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen und gegebenenfalls zu investieren, ist eine weitere Verschiebung der Marktverhältnisse denkbar.

• Compliance: Damit einhergehend spielt die IMO-Regulierung eine wichtige Rolle, ganz konkret und kurzfristig das »Sulphur Cap« ab 2020. Ob nun die Wahl auf Scrubber oder LNG oder wie in den meisten Fällen auf Kraftstoff mit niedrigschwefeligen Emissionen fällt, Investitionen sind in vielen Fällen zwingend nötig. Nicht jedes Schiff wird die Vorgaben einhalten können und entsprechend aus dem Markt genommen werden müssen. Ähnliches gilt für die Umsetzung der Ballastwasser-Konvention, die ebenfalls ansteht und angesichts der umfangreichen Debatte um das »Sulphur Cap« in der öffentlichen Wahrnehmung fast etwas in den Hintergrund gerückt zu sein scheint. In jedem Fall stellen die neuen Regulierungen aber nicht nur eine Herausforderung – technisch wie operativ, rechtlich und finanziell – sondern auch eine Chance dar, wie jüngst auf dem 22. HANSA-Forum »Shipping