Print Friendly, PDF & Email

17. Rostocker Gespräch zum Seerecht am 12. November 2009

Die Rostocker Seerechtsgespräche haben Tradition. So kamen am 12. November 2009 auf Einladung des Ostseeinstituts für Seerecht, Umweltrecht und Infrastrukturrecht der Universität Rostock (OSU), seines Fördervereins, des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), des Deutschen Vereins für Internationales Seerecht (DVIS) und der Industrie- und Handelskammer zu Rostock bereits zum 17. Mal Vertreter aus Wissenschaft, Verwaltung und Wirtschaft zusammen; diesmal, um sich über aktuelle Entwicklungen der CO2-Reduzierung in der Seeschifffahrt auszutauschen. Vor allem mit Blick auf die am 7. Dezember 2009 beginnende Klimakonferenz in Kopenhagen, orientierten sich die Beiträge der vier Referenten stets an aktuellen Daten und an der Frage, welche Instrumente im technischen und im marktwirtschaftlichen Bereich die CO2-Redzierung zu fördern vermögen.

Im Anschluss an die einführenden Worte des Geschäftsführenden Direktors des Ostseeinstituts, Prof. Dr. Wilfried Erbguth, begann die Präsidentin des BSH[ds_preview], Prof. Monika Breuch-Moritz, einen möglichen Beitrag der Seeschifffahrt zum Klimaschutz zu erläutern, indem sie zunächst im Rahmen einer Bestandaufnahme auf aktuelle Klimaentwicklungen einging. Insbesondere müsse bei der Herleitung von Lösungsansätzen die Internationalität der Seeschifffahrt Berücksichtigung finden, weshalb Lösungen nur mit der IMO, der internationalen Seeschifffahrtsorganisation, zusammen angestrebt werden sollten, denn vor allem mit der Revision von Anlage VI des Internationalen Übereinkommens zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL) ist Breuch-Moritz zufolge das Handwerkszeug für eine schrittweise Reduzierung des Schwefelgehalts im Schiffstreibstoff entwickelt worden. Insofern wäre ein Alleingang Europas weder effektiv noch hilfreich. Darüber hinaus ließe sich der CO2-Ausstoß durch eine Senkung des Ener­gie- und damit des Treibstoffverbrauchs reduzieren. Natürlich sei eine dahingehende Regulierung stets mit dem Risiko belastet, dass sich die Nachfrage durch steigende Kosten auf weniger energieeffiziente, aber günstigere Verkehrsträger verlagern könnte. Jedoch sei eine die Schiffe energieeffizienter werdende technische Entwicklung auch von Vorteil für die Reeder. An dieser Stelle machte Breuch-Moritz deutlich, dass zahlreiche betriebliche und technische Einsparpotentiale bei alten, erst recht aber bei neuen Schiffen vorhanden seien.

Aus der Sicht des Verbandes deutscher Reeder (VDR) beurteilte Matthias Plötzke, Hamburg, den Beitrag der Seeschifffahrt zur CO2-Reduzierung. Plötzke führte aus, der VDR würde sich dann für Maßnahmen zur CO2-Reduzierung einsetzen, wenn die­se verhältnismäßig seien. Gleichwohl müssten alle Sektoren Minderungsbeiträge leisten. Insbesondere technische / betriebliche Maßnahmen und »marktbasierte Elemente« sollten hierzu beitragen. Als technische Maßnahme stellte Plötzke den »Energy Efficiency Design-Index« vor, der die CO2–Emissionen in ein Verhältnis zur Transportleistung setzt und dabei Mindestgrenzen für die Transportleistung vorgibt. Als betriebliche Maßnahmen sollen der »Ship Energy Efficiency Management Plan« (SEEMP) und der »Energy Efficiency Operational Indicator« (EEOI) den technischen Maßnahmen zur Seite stehen, indem sie beispielsweise die Reduzierung der Geschwindigkeit, Pflege der Schiffe und Optimierung der Routen als hilfreiche Mittel ausgeben. Als marktbasierte Instrumente erläuterte der Referent neben dem Emissionshandel den internationalen Klimaschutzfonds. Letzterer erweist sich nach Plötzke als besonders vorteilhaft, denn hinsichtlich der Erhebung eines Beitrags bei der Bebunkerung handele es sich um einen einfachen und transparenten Mechanismus, der keinen großen Aufwand für die Schiffsbetreiber erfordere und durch seine schnelle Umsetzbarkeit rasch zu einer unmittelbaren Wirkung auf das Klima führe. Besonders Planungssicherheit und politische Akzeptanz wurden als positive Aspekte hervorgehoben. Dagegen handele es sich beim maritimen Emissionshandel, der eine globale Emissionshöchstmenge (cap) für die Seeschifffahrt vorsieht, zwar um ein berechenbares Politikinstrument, doch sei er in seinem Aufwand zu unverhältnismäßig, zu komplex und auf Grund der unsicheren Marktliquidität zu unbeständig.

Im Sinne einer umfassenden Betrachtung und um der Vielfalt der beteiligten Interessen Rechnung zu tragen, legte im Anschluss Regierungsrätin Dr. Sabine Möllenkamp als Mitarbeiterin im Referat Klima- und Umweltpolitik in der Seeschifffahrt und Schiffstechnik des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Bonn, ihre Position zum Veranstaltungsthema dar. Als Ziel der Bundesregierung gab sie aus, die Klimaerwärmung um 2° zu begrenzen, wobei auch die Schifffahrt zur Verwirklichung mit einbezogen werden solle. Dabei seien Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern und die Gleichbehandlung aller Flaggen zu gewährleisten; gleichwohl dürfe das Wachstum der Schifffahrt als energieeffizienter Verkehrsträger nicht behindert werden. Diese nationalen Ziele seien jedoch in den internationalen Rahmen einzupassen, zudem seien enge Kooperationen mit dem UN-Gremium zum Klimaschutz (UNFCCC) und der internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) erforderlich. Neben den bereits genannten technischen und betrieblichen Maßnahmen stellte auch Möllenkamp die marktbasierten Instrumente der Preislösung (Schiffsabgabe) und der Mengenlösung (Emissionshandel) vor, sprach sich jedoch im Gegensatz zu Plötzke für die zweite Variante aus, nicht zuletzt deshalb, weil diese kosteneffizienter und auch politisch akzeptierter sei. Darüber hinaus sei das Emissionshandelssystem wettbewerbsneutral und beziehe sich anders als die Schiffsabgabe ausschließlich auf die Schifffahrt und nicht zusätzlich auf die Bunkeröllieferanten. Hinzu komme, auch wenn der Preis den Marktbedingungen unterliege und insofern Unsicherheiten gegeben seien, dass weit reichende Erfahrungen aus anderen Bereichen des Emissionshandels zu einer erfolgreichen Umsetzungen beitragen könnten und die Möglichkeit bestehe, einen Kompensationsfonds aus den erzielten Einnahmen einzurichten. Auch wenn die Schiffsabgabe zunächst als überschaubareres System bestehe, das feste Kosten für eine festgesetzte Zeit vorgibt, so sei ein Reduktionserfolg ohne die Einrichtung einer Emissionshöchstmenge nicht realisierbar.

Die rechtliche Betrachtung aus nationaler und europäischer Sicht von Prof. Dr. Sabine Schlacke, Bremen, bildete den Abschluss der Vortragsreihe, nicht zuletzt um eine vielseitige Diskussion im Anschluss anzuregen. Schlacke entfaltete zunächst den normativen Rahmen als Grundlage einer effektiven CO2-Reduzierung. Genannt wurden u. a. das BImSchG und die 22. BImSchV als Ausfluss quellenunabhängiger EG-Luftreinhaltepolitik und, im Rahmen der quellenbezogenen EG-Luftreinhaltepolitik, die Richtlinie 1999/32/EG (geändert durch RL 2005/33/EG) sowie die 3. BImSchV. Als Beitrag zur CO2-Reduzierung brachte Schlacke die Förderung der Landstromversorgung in den Diskurs ein, freilich neben dem Abgaben- und dem Emissionshandelssystem. Insbesondere aus europäischer Sicht sei die Landstromversorgung von Bedeutung und verdiene hinreichende Berücksichtigung (Mitteilung der Kommission 2006/339/EG). Ihre Förderung werde auch dahingehend deutlich, dass die Richtlinie 1999/32/EG (geändert durch RL 2005/33/EG) die Landstromversorgung als eine emissionsmindernde Maßnahme betrachte und insofern keine Grenzwerte für Schiffe, die die landseitige Stromversorgung nutzen, festlege. Ihren Ausblick richtete die Referentin ebenfalls auf die anstehende internationale Klimakonferenz, in der Erwartung, deren Ergebnisse mögen die genannten Instrumente, insbesondere ihre Chance auf Umsetzung, beträchtlich beeinflussen.

Im Anschluss an die vier Vorträge begann die von Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Ehlers, Hamburg, geleitete Diskussion, in deren Rahmen eine konstruktive Auseinandersetzung zwischen Referenten und Zuhörern erfolgte, offene Fragen weitergedacht und entgegengesetzte Positionen ausgetauscht wurden. Im Schwerpunkt wurde diskutiert, welche Instrumente zur CO2-Reduzierung in der Seeschifffahrt am sinnvollsten und welche Akteure zum Handeln aufgerufen seien. Überwiegend wurde eine internationale Regelung für erstrebenswert befunden.

Das 17. Rostocker Seerechtsgespräch hat erneut bewiesen, dass die Zusammenkunft von Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung nicht nur einen wertvollen Erfahrungs- und Wissensschatz zu offenbaren vermag, der sowohl der spezifischen Information thematisch Bewanderter, als auch der allgemeinen Einführung dient, sondern darüber hinaus auch praktische Lösungsansätze aufzeigen kann; freilich stets in Anbetracht einer möglichst globalen Lösung.

Verfasser:

cand. iur. Paul Pfeiffer

Universität Rostock

Paul Pfeiffer