Print Friendly, PDF & Email

Seit 125 Jahren Inseln und Halligen zuverlässig versorgt

Die Fährschiffe des privatwirtschaftlich geführten Inselversorgungsunternehmens Wyker Dampfschiffs-Reederei (W.D.R.) sind seit 125 Jahren ein fester Bestandteil des Erscheinungsbildes der[ds_preview] nordfriesischen Inseln und Halligen. Mit sechs modernen Passagier- und Autofähren bedient die Reederei ganzjährig die beiden Fährlinien Dagebüll–Wyk (Föhr)–Wittdün (Amrum) und Schlüttsiel–Hooge–Lange-neß–Wittdün. Einhundertfünfund-siebzig Mitarbeiter sorgen dafür, dass pro Jahr bis zu 1,8 Mio. Fahrgäste, 285.000 Pkw und 30.000 Lkw befördert werden. Hinzu kommen jährlich weitere ca. 22.000 Passagiere des Ausflugverkehrs.

Die Geschichte der Fährschifffahrt in der nordfriesischen Küstenregion geht zurück bis in das 13. Jahrhundert. Durch verheerende Sturmfluten war die Westküste Schleswig-Holsteins damals erheblich geschrumpft, und nur die höher gelegenen Landesteile des Küstenstreifens ragten noch als Inseln und Halligen aus dem Wattenmeer. Ein richtiger Fährverkehr lässt sich erst seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts nachweisen. Dabei handelte es sich aber noch nicht um regelmäßige Verbindungen, der geringe Bedarf an Überfahrten hätte dies wohl auch nicht gerechtfertigt. Allerdings wurden die Betreiber mit Fährlizenzen ausgerüstet, wie in der Reederei-Chronik berichtet wird: 1670 erhielt der Deezbüller Nonke Jensen und nach seinem Tode 1694 sein Sohn Jahne einen »Festebrief«, also eine amtliche Lizenz für den Fährbetrieb. Die Überfahrt erwies sich für die Fahrgäste als nicht ganz ungefährlich, und kam es nicht selten vor, dass sie auf dem für heutige Verhältnisse relativ kurzen Abschnitt zu Schaden oder gar ums Leben kamen.

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts unterhielt dann die Post mit einem »königlichen Postmeister« eine offizielle Postverbindung von Föhr nach Husum, die dieser selbständig führte.

Regelmäßig wurden die Inseln erst angefahren, als die Post im Jahre 1810 die Rechte auf den Fährdienst erwarb. Neben der Verbindung von Dagebüll zum Festland existierte auch bereits ein zeitweiliger Dienst von Südwesthörn nach Föhr.

Als Folge der von Napoleon verhängten Kontinentalsperre zwischen 1806 und 1813 erlitt die Insel einen wirtschaftlichen Niedergang. Besonders belasteten die hohen Kosten des zuvor ausgebauten Hafens die Insel. Mit dem Jahr 1818 begann dann jedoch ein unerwarteter wirtschaftlicher Aufschwung. Ein von Dänemark nach Wyk entsandter Gerichtsvogt zeigte sich vom Strand der Insel dermaßen begeistert, dass er den Beginn des Fremdenverkehrs initiierte und damit die Stadt nach Tönning zum zweitältesten Seebad an Schleswig-Holsteins Westküste machte. Das förderte gleichzeitig die Zunahme des Fährverkehrs. Wenngleich Sauberkeit und Komfort für die Fahrgäste bei weitem nicht mit dem Standard der Schiffe von heute vergleichbar waren, stieg die Zahl der Passagiere von 192 im Jahre 1824 auf rund 2.000 im Jahr 1835 an. 1842 löste der dänische König Christian VII dann mit dem Beginn seiner regelmäßigen Besuche der Insel einen regelrech­ten Ansturm auf das neue Feriendomizil aus. Die Beliebtheit von Wyk auf Föhr bei den Erholungssuchenden bewirkte, dass die Hamburger Dampfschiffs-Compagnie mit ihrem Raddampfer »Elbe« im Rahmen eines Liniendienstes zwischen Hamburg und den Nordseebädern die Insel ansteuerte. Dies geschah jedoch nur im Sommer in einem 14-tägigen Rhythmus. Ansonsten kamen Segler zum Einsatz – im Winter wurden so genannte Eisboote betrieben, die den Fahrgästen bei ihren gefahrvollen Überfahrten, die bis zu 30 Stunden (!) dauerten, alles abverlangten. Daher war die Forderung der Wyker nach einer eigenen, sichereren Dampfschiffsverbindung sehr verständlich. Erst 1873 wurde ein im Jahr zuvor gehobenes Kanonenboot, das im deutsch-dänischen Krieg gesunken war, nach seiner Instandsetzung als Dampfschiff unter dem Namen »Föhr et Dagebüll« in Fahrt gesetzt. Die neue Technik bereitete allerdings noch eine Menge Schwierigkeiten, mit der Folge, dass regelmäßig Fahrverbote durch die zuständige Aufsichtsbehörde ausgesprochen werden mussten.

Eine erneute Krise nach dem Tode des dänischen Königs erfuhr ab 1871 eine Wendung, als die Familie des deutschen Kaisers mit ihren Besuchen den Reiz der Insel wieder förderte. Als Folge davon entstand die zweite Dampferreederei Wyks. Sie erteilte im Oktober 1877 dem Kieler Schiffbaumeister Georg Howaldt den Auftrag zum Bau des Raddampfers »Wyck-Föhr«, der im Mai 1878 von der »Direction des Dampfschiffes Wyck-Föhr« übernommen wurde. Die Gesellschaft erhielt eine Genehmigung für die exklusive Postbeförderung auf der Route Wyk–Husum. Nachdem 1883 auch die »Föhrer Dampfschifffahrtsgesellschaft« gegründet worden war, die den ebenfalls von Georg Howaldt in Kiel gebauten Raddampfer »Nordsee« betrieb, bedienten jetzt drei Dampferlinien den Fährdienst der Insel.

Die Gründung der W.D.R.

Dieser Zustand wurde jedoch nicht von allen als ideal angesehen, so dass im März 1885 die Gründung der »Wyker Rhederei-Gesellschaft« durch den Kapitän Steffen-Heinrich Boetius erfolgte. Er hatte fünf Jahre lang die »Wyck-Föhr« kommandiert, auf ihr seine Erfahrungen gesammelt und genoss die Anerkennung der Inselbewohner. Diese gehörten dann auch ausnahmslos zu den Gründungsmitgliedern, nachdem Boetius sie am 14. März 1885 dazu einlud, eine Partenreederei ins Leben zu rufen. Diese Rechtsform befreite sowohl von der Eintragung ins Handelsregister als auch von einer Veröffentlichung der Jahresbilanz. Zum ersten Geschäftsführer ernannte man den Wyker Hafenmeister Broder Volquardsen, während Boetius als dessen Stellvertreter fungierte. Die bestehende Flotte aus dem Dampfer »Föhr et Dagebüll«, zwei kleineren Seglern sowie zwei Eisbooten wurden zusammen mit dem alten Fährschuppen an die Wyker Rhederei-Gesellschaft verkauft. Bei dem Kieler Georg Howaldt bestellte die Reederei einen Zweischraubendampfer zur Ablieferung zum Saisonstart 1886. Ein weiterer Neubau, ebenfalls von der Howaldt-Werft in Kiel, kam ein Jahr später in Fahrt. In der Zwischenzeit konnte eine Klage, die durch die Konkurrenz zur Auflösung der Reederei angestrengt worden war, abgewiesen werden Das Fahrtgebiet der Wyker Rhederei-Gesellschaft erweiterte sich auf Steenodde auf Amrum, wofür man bald auch die Postbeförderungslizenz erhielt, was allerdings außer einem Prestigegewinn keine weiteren Vorteile brachte. Im Jahre 1889 schied die Föhrer Dampfschiffs-Gesellschaft als eine der drei miteinander im Inselverkehr konkurrierenden Reedereien aus. Ihr letztes verbliebenes Schiff wurde aufgrund un­überbrückbarer Preisdifferenzen nicht von der Wyker Rhederei-Gesellschaft übernommen und nach Stettin verkauft. 1890 trennte sich die Reederei von ihrem Dampfer »Nordfriesland«, um einen 1864 bei Janssen & Schmilinsky in Hamburg gebauten Raddampfer namens »Hamburg« von den Lauenburger Gebrüdern Burmester zu kaufen. Da der Dampfer als Anschlussfähre für die von Hamburg kommend Wyk anlaufenden Schiffe eingesetzt wurde, führte man den alten Schiffsnamen weiter. Neun Jahre später kauften die Vorbesitzer den Raddampfer zurück.

1894 erhielt die Reederei von der Werft Janssen & Schmilinsky, Hamburg, eine neue »Nordfriesland«, die um etliches größer war als ihre Vorgängerin. Im selben Jahr wurde das Unternehmen in eine GmbH umgewandelt, da beim Verkauf der Schiffe die negative Seite einer Partenreederei zu Tage getreten war. Wenn nicht alle Parten zustimmten – oder zustimmen konnten, da sie zum Beispiel zwischenzeitlich nach Amerika ausgewandert waren –, konnte das Problem nur durch eine Versteigerung des Schiffes gelöst werden. Am 12. Mai 1894 wurde die »Wyker Dampfschiffs-Rhederei-Gesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung« beim Amtsgericht Wyk auf Föhr eingetragen. Durch eine Satzungsänderung wurde nun festgelegt, dass der Verkauf eines Schiffes durch eine Zweidrittelmehrheit der jeweils Anwesenden beschlossen werden konnte. Im Jahre 1896 trennte sich die Reederei von ihrem ältesten Schiff, der »Föhr-Dagebüll«, von der ehemaligen Fährgenossenschaft.

Durch die Errichtung einer Eisenbahnlinie, die die Insel Langeneß über einen Damm mit dem Festland verband, änderten sich die Fahrtrouten der beteiligten Fährlinien. Die W.D.R. übernahm den 25 Jahre alten Dampfer »Wyck-Föhr«, den sie auf der Stecke von Wyk nach Wittdün auf Amrum einsetzte. Gleichzeitig betrieb sie als einzige eine regelmäßige Fährverbindung von Föhr nach Dagebüll. Dabei bezog man die Insel Amrum – vor allem im Winter – mit ein, obwohl diese immer wieder auch durch diverse andere Linien während der Sommersaison ebenfalls bedient wurde.

Ein neues Jahrhundert bricht an

Im Jahre 1905, dem 20. Jahr ihres Bestehens, war die W.D.R. im Inselverkehr nach Föhr und Amrum so gut wie konkurrenzlos. Sie trug jetzt allein die Verantwortung für die reibungslose Abwicklung des ganzjährigen Personen- und Güterverkehrs für die Inseln.

Die Wyker Rhederei-Gesellschaft erhielt im Jahre 1907 von der Schiffswerft & Maschinenfabrik, vormals Janssen & Schmilinsky, die »Wyk-Föhr«. Das Schiff konnte mehr als 200 Passagiere übersetzen. Es war besonders eisverstärkt und in der Lage, auch bei starkem Eisgang den Verkehr aufrecht zu halten. Ein Jahr später charterte man den Dampfer »Germania« von den Gebrüdern Burmester in Lauenburg. 1908 erhielt die Reederei den Dampfer »Föhr-Amrum«, wiederum von den Kieler Howaldtswerken. Das Schiff war für 470 Passagiere ausgelegt. Die Kieler Werft lieferte im Jahre 1911 mit der »Albert Ballin« auch eine Fähre mit Dieselantrieb. Der Name des Schiffes zielte offenbar darauf ab, Verhandlungen mit der HAPAG für ihren Dienst zu den beiden Inseln zu unterstützen, um an den Einnahmen zu partizipieren. Man konnte sich jedoch nicht über deren Höhe einigen und gab diesen Plan schließlich auf. Zum Ende desselben Jahres verkaufte die Reederei die »Nordfriesland« an den Stader Reeder Albert Aust, der die Hamburg-Stade-Altländer Linie betrieb. Zuvor hatte man das Schiff an den späteren Käufer mit einer Kaufoption verchartert.

Das alte Verwaltungsgebäude in Wyk wurde 1913 abgebrochen, um es durch einen neuen, größeren Neubau zu ersetzen. Neben dem Anleger erbaute man einen größeren Güterschuppen.

Nachdem es der Gemeinde 1909 gelungen war, sämtliche Baderechte zu erwerben, hatte sich Wyk zu einem beliebten Badeort gemausert. Im Jahr 1913 verzeichnete der Kurort bereits über 10.500 Kurgäste.

Der Beginn des Ersten Weltkriegs bedeutete einen tiefen Einschnitt in die Geschicke der Reederei. Zuerst wurde das Motorboot »Luise« von der Heeresleitung requiriert, dann folgte der Einsatz der beiden Fähren »Föhr-Amrum« und »Wyk-Föhr« für Fahrten mit kriegswichtigem Material zur Insel Sylt. Da Wyk jedoch keine strategische Rolle im Krieg spielte, konnte der Badebetrieb während der ersten Kriegsjahre mit noch recht beachtlichen Besucherzahlen weitergeführt werden (1915: ca. 2.500; 1916: ca. 3.500 Gäste). Trotz des steigenden Mangels an Bunkerkohle und Bunkeröl sowie der schwieriger werdenden Ersatzteilbeschaffung und des Problems, Werftplätze für Reparaturen und Instandhaltung zu bekommen, hielt die Reederei einen eingeschränkten Liniendienst aufrecht. Für das requirierte Motorboot »Luise« hatte sie 1914 die 1895 bei Fr. Lürssen gebaute »Freya« erworben.

Zwischen zwei Weltkriegen

Wie die gesamte deutsche Seeschifffahrt litten auch die Nordfriesischen Fährlinien unter den Auswirkungen des verlorenen Krieges und der anschließenden Inflation. Ein glücklicher Umstand für die Insel-Reederei war die Übernahme von über 75 ihrer Anteile durch die Stadt Wyk. Damit wurde ein Kauf durch auswärtige Interessenten, die die W.D.R. für 350.000 Mark (mit einem am Ende auf 850.000 Mark erhöhten Angebot) kaufen wollten, erfolgreich abgewehrt. Im Jahre 1919 verkaufte man die »Albert Ballin« nach Dänemark und 1922 musste das Stammkapital aufgrund der Geldentwertung auf 1,5 Mio. Mark erhöht werden. Nach Einführung der Goldmark endete dieser Prozess dann mit der Neufestsetzung auf 240.000 Goldmark.

Die zunehmende Motorisierung nach dem Krieg machte auch vor den Friesischen Inseln nicht halt. Die Entscheidung musste gefällt werden, eine Fähre einzusetzen, die auch in der Lage war, Automobile zu befördern. Hinzu kam die Forderung, dass das Schiff unabhängiger von Ebbe und Flut zwischen Wyk und Dagebüll verkehren sollte. Der 1927 fertig gestellte Hindenburgdamm, der das Festland nun mit der Insel Sylt ohne Rücksicht auf vorhandene Tiefgänge verband, war ein weiteres Argument, die an den Kosten beteiligten Parteien im Herbst 1926 von einer Auftragserteilung eines solchen Schiffes bei der Schiffswerfte und Maschinenfabrik vorm. Janssen & Schmilinsky zu überzeugen. Die neue »Nordfriesland« lief im Frühjahr des folgenden Jahres vom Stapel. Der Vorteil des niedrigen Tiefgangs brachte es andererseits mit sich, dass die neue Fähre langsamer war als die alte »Föhr-Amrum« und sich bei Wetter schlechter manövrieren ließ.

Zur Jahreswende 1928–1929 herrschte auf den Nordfriesischen Inseln ein besonders lang anhaltender und harter Winter. Während der lebenswichtige Verkehr zwischen Föhr und Dagebüll mit erheblichen Einschränkungen aufrecht gehalten werden konnte, war die Insel Amrum ab Februar 1929 nicht mehr mit dem Schiff zu erreichen. Die Hoffnung auf bessere Eisverhältnisse hatte ein junges Paar – die Wirtstochter des W.D.R.-Restaurants auf Föhr und ihren aus Kiel kommenden Bräutigam – bewegt, ihren Hochzeitstermin auf den 10. März zu legen. Leider hatten anhaltende West-Nordwestwinde das Eis vor Dagebüll ernorm aufgetürmt, so dass die Fähren mit zunehmend großen Mühen und nicht unbeschadet das Festland erreichen konnten.

Der wirtschaftlich spürbare Aufschwung zu Anfang der 1930er Jahre machte es notwendig, die Flotte zu vergrößern. Es begann die Zeit der »Kinderlandverschickungen«. Die seit 1883 auf Föhr befindlichen Kinderheime wurden erheblich ausgebaut und waren beinahe das ganze Jahr über ausgebucht. Oft besuchten die Eltern der verschickten Kinder die Insel; später sollten einmal viele der kleinen Gäste als zahlungskräftige Urlauber zurückkehren …

Zudem profitierten die Nordfriesischen Inseln von der Bewegung »Kraft durch Freude«, die eine Vielzahl von Arbeitern zu einem Urlaub verhalf, den sie sich sonst nicht geleistet hätten. Mit Sonderfahrten beförderte die W.D.R. diese Gäste zwischen dem Festland und der Insel, wo sie, oft in Privatunterkünften untergebracht, wesentlich zum wirtschaftlichen Aufschwung der Insulaner beitrugen.

Im Jahre 1935 verlängerte man die »Föhr-Dagebüll«, die jetzt mit 282 zugelassenen Fahrgästen um 75 % vergrößert im Sommer zwischen Wyk und Hörnum und im Winter nach Dagebüll verkehrte. Die 30 Jahre alte »Wyk-Föhr« wurde nach Wismar verkauft, um sie durch ein neues Mehrzweckfahrzeug zu ersetzen. 1938 lieferte die Rendsburger Nobiskrug-Werft ein 27 m langes Motorschiff namens »Kapitäne Christiansen« an die Reederei ab, mit dem immerhin 386 Automobile im selben Jahr befördert wurden. Es konnte sechs bis sieben Fahrzeuge gleichzeitig unterbringen und war benannt nach mehreren Kapitänen der Reederei, die alle zu einer Wyker Familie gehörten. Während die Autoverladung zuvor noch recht abenteuerlich vonstatten ging, entsprach das neue Schiff schon sehr viel eher den Anforderungen einer modernen Fähre, auch wenn es mit einer Ausstattung von heute nicht mithalten könnte. Bedingt durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ging die Zahl der beförderten Autos dann naturgemäß erheblich zurück, bis sie zu Anfang der 1950er Jahre wieder ansteigen sollte.

Neben der Personen- und Fahrzeugbeförderung wurden vor dem Krieg auch erhebliche Mengen an Muscheln zum Festland transportiert. Sowohl das Verstauen der Ladung in Säcke sowie der Umschlag von bis zu einigen Tonnen mussten von der Besatzung geleistet werden. Zweimal im Jahr wurden noch die Rinder der Insel mit der Fähre befördert; im Frühjahr von ihrem Heimatquartier auf Föhr zum Festland und im Herbst retour. Viel Fracht war dabei nicht zu verdienen, die Besatzungen beklagten allerdings den unverhältnismäßig hohen Reinigungsaufwand danach.

Erneut ein Weltkrieg

Die Auswirkung des neuerlichen Waffenganges bestand für Föhr darin, dass der Kurbetrieb ausgesetzt wurde und die Deutsche Wehrmacht dafür jetzt dort Seeflieger und den Küstenschutz stationierte. Außerdem konnten sich verwundete Soldaten auf der Insel zur Erholung aufhalten. Die W.D.R, die sich noch um einen Motorsegler verstärkt hatte, beförderte nun den Nachschub für die stationierte Jagdstaffel und das Baubataillon. Von Kriegsschäden, wie sie die Insel Sylt erlitt, blieben Föhr und Amrum weitgehend verschont, da sie als nicht so wichtig angesehen wurden. Für die Fähr-Reederei wurden zwei Wochen im Frühsommer 1944 jedoch zur Katastrophe. Ende Juni 1944 traf es die »Föhr-Amrum«, als sie von zwei britischen Kampffliegern angegriffen wurde. Der Kapitän, zwei Besatzungsmitglieder sowie vier Passagiere erlitten dabei tödliche Verletzungen. Ein Angriff auf die »Kapitäne Christiansen« erfolgte am 10. Juli desselben Jahres. Ihm vielen elf Menschenleben zum Opfer; etliche weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Auf dem Schiff brach ein Feuer aus; dem Kapitän gelang es aber, es auf den Strand zu setzen, damit es nicht sank. Nach diesem Ereignis wurde nur noch nachts und völlig unbeleuchtet gefahren.

1941 musste noch die Motorbarkasse »Steffen Heinrich« an die Kriegsmarine abgegeben werden. Die Reederei erhielt 1944 dafür ein in den Niederlanden gebautes Motorboot. Das »Rungholt« benannte Schiff war für 90 Fahrgäste zugelassen.

Mit dem »letzten Aufgebot« wurden ab 1944 auch die Rückstellungen der Mitarbeiter der Reederei immer mehr aufgehoben. Viele der im letzten Kriegsjahr Eingezogenen kehrten von ihrem Einsatz nicht wieder zurück.

Kurz vor Kriegsende verstarb auch noch der weit über die Reederei hinaus geschätzte Geschäftsführer der W.D.R. als Folge nach einer schweren Erkrankung. Die britische Militärregierung verfügte nach der Kapitulation des Deutschen Reiches auch über die Nordfriesischen Inseln und bestimmte die Umbenennung der »Kapitäne Christiansen« sowie die Ablösung des kommissarischen Geschäftsführers. Er wurde vom Kapitän zur See Max-Eckart Wolff ersetzt. Den neuen Schiffsnamen »Uthlande« durfte die Reederei allerdings selbst bestimmen.

Auch wenn es in der ersten Zeit nach dem Krieg nicht an Fahrgästen mangelte – viele Flüchtlinge aus dem Osten hatten sich auf den Inseln niedergelassen – war es ausgesprochen schwierig, nach einem festen Fahrplan zu agieren. Außerdem fehlte es an fast allem, was für den Betrieb einer Fährreederei notwendig war. Erst ab 1950 besserte sich die Lage allmählich, so dass endlich die notwendigsten Reparaturen an den Fährschiffen durchgeführt werden konnten.

Eine Eisstraße rettet die Insel

Während des Jahrhundertwinters 1946/47 musste der Fährverkehr vollkommen eingestellt werden. Die 15.000 Bewohner der Insel, die sich aus Vertriebenen, Evakuierten, Verwundeten und ehemaligen Soldaten zusammensetzte, waren dennoch zu versorgen. Da das Eis aus bis zu 5 m aufgeschichteten Schollen bestand, bedurfte es einer besonderen Anstrengung, den Weg für Lastkraftwagen befahrbar zu machen. Schließlich gelang es, eine Eisstraße zu schaffen, auf der lebenswichtige Güter nach Föhr und sogar bis Amrum gebracht werden konnten. Dabei brachen mehrere Lastwagen ins Eis ein, es konnten jedoch alle mitsamt ihrer Ladung geborgen werden. Ab dem 8. März 1947 nahmen die Fähren bei einsetzendem Tauwetter ihren Dienst zur Inselversorgung wieder auf.

Die W.D.R. und das »Wirtschaftswunder«

Glücklicherweise führte der wirtschaftliche Aufschwung in Westdeutschland zu einer Wiederbelebung der Urlaubsgewohnheiten, so dass auch die Nordfriesischen Inseln davon erheblich profitierten. Der Plan der Stadtverwaltung, die Reederei an private Interessenten zu verkaufen, wurde durch die rapide ansteigenden Besucherzahlen verworfen. Im Jahre 1950 kamen bereits wieder über 5.000 Gäste auf die Insel und diese Zahl sollte sich bis 1955 verdoppeln. Mit der ehemaligen »Föhr-Dagebüll«, die jetzt »Hilligenlei« hieß, unternahm die Reederei ab 1952 regelmäßige Tagesfahrten nach Helgoland. Die Motorschiffe »Nordfriesland« und »Uthlande« (die ab 1955 wieder »Kapitäne Christiansen« hieß) sowie der Dampfer »Föhr-Amrum« beförderten im Jahre 1954 fast 2.700 Personenkraftwagen auf die Insel. Diese mussten immer noch mit erheblichem Kraftaufwand von den Besatzungen der Fähren über provisorische Rampen manuell verladen werden.

Neue Fährschiffe für die W.D.R.

Die alten Fähren waren nun nicht mehr in der Lage, den Ansturm der Urlauber mit und ohne Fahrzeugen zu bewältigen. Die Reederei entschloss sich daher, bei der Husumer Schiffswerft Gebr. Kröger ihren ersten Nachkriegs-Neubau in Auftrag zu geben. Der Werft gelang mit der 334 BRT großen »Uthlande« ein solch überzeugender Wurf, dass die W.D.R. in den kommenden Jahrzehnten immer wieder ihre Fähren dort bauen lassen sollte. Es folgten drei weitere, ähnliche Neubauten: »Schleswig-Holstein« (1958), »Rüm Hart« (1959) und die 1964 »Klaar Kiming« als erheblich größeres Zweischraubenschiff. Die »Kapitäne Christiansen« wurde 1957 noch um sieben Meter verlängert. Dadurch erweiterte sich ihre Kapazität auf 350 Fahrgäste und sie konnte zehn Pkw mitnehmen. Als besonders vorteilhaft erwies sich die Nähe der Husumer Werft, da man auch alle während der Saison anfallenden Reparaturen ohne größere Zeitverzögerungen durchführen konnte. Im Juli 1962 wurde mit der 42 m langen »Pidder Lyng« die erste reine Autofähre in Dienst gestellt. Sie konnte neben 200 Fahrgästen 36 Fahrzeuge befördern. Die Häfen in Dagebüll und Wyk erhielten Anlegerrampen für Autos.

Flutkatastrophe und Eiswinter 1962/63

Die verheerende Sturmflut im Februar 1962, der allein in Hamburg über 300 Menschen zum Opfer fielen, richtete auch auf den Nordfriesischen Inseln und Halligen erhebliche Schäden an. Die W.D.R. verlor die Wittdüner Brücke durch Totalschaden. Zudem wurden die Verwaltungs- und Abfertigungsgebäude überflutet und das Motorboot »Friesland« wurde auf den Strand gedrückt. Ansonsten kamen die Inseln noch verhältnismäßig glimpflich davon. Ende 1962 folgte wiederum ein starker Winter, der bis zum März des folgenden Jahres anhielt. Trotz widriger Umstände durch die von heftigen Stürmen aufgetürmten Eisschollen gelang es der Reederei, sowohl den Post- und Personenverkehr zum Festland als auch zur Insel Amrum – wenngleich nicht immer planmäßig – aufrecht zu erhalten. Ab Anfang des Jahres 1963 bis zum März transportierten die Reederei-Fähren über 4.600 t an Gütern zwischen Dagebüll und Wyk. Im gesamten Jahr steigerte die Reederei die Zahl der Autotransporte um fast 38 % auf knapp 19.000.

»Butterfahrten« und neue Schiffe

In den 1960er Jahren entwickelte sich in der Ostsee ein neues Geschäftsfeld. Man begann damit, so genannte »Butterfahrten« durchzuführen, um Fahrgästen einen günstigen Einkauf von Alkohol und Zigaretten zu ermöglichen. Die W.D.R. nutzte diesen saisonunabhängigen Dienst, indem sie ihre im Winter stillgelegten Schiffe mitsamt ihren Besatzungen in die Ostsee vercharterte. Hierdurch konnte die Reederei ihre Jahresergebnisse bis in die 1970er Jahre erheblich steigern.

Aufgrund der erhöhten Beförderungszahlen von Kraftwagen um 19 % auf 30.000 Fahrzeuge, welche von der »Pidder Lyng« nicht mehr bewältigt werden konnten, beschloss man, bei der Husumer Werft mit der neuen »Nordfriesland« zum Preis von DM 2,5 Mio. einen völlig neuen Schiffstyp einer Personen- und Autofähre bauen zu lassen. Das eisverstärkte Schiff war mit Bug- und Heckpforte ausgerüstet und konnte neben 25 Pkw bis zu 800 Fahrgäste aufnehmen, und die Zahl der beförderten Fahrzeuge erhöhte sich im Folgejahr nun auf fast 37.000. Im Jahr 1965 zählte die Insel Föhr in seinen 4.600 angebotenen Fremdenbetten über eine halbe Mio. Übernachtungen. Die Fahrzeugbeförderung steigerte sich im Jahr 1967 weiter auf 44.300 und die Tatsache, dass die »Klaar Kiming« noch für Jahre auf dem Öresund verchartert worden war, bewirkte, dass die W.D.R. wieder einen Neubauauftrag für ein Schiff vom Typ der »Nordfriesland« an die Husumer Werft erteilte.

Die W.D.R. erweitert ihren Geschäftsbereich und die Flotte

Die Husumer Werft lieferte am 25. Mai 1968 das kombinierte Fahrgast- und Autofährschiff »Insel Föhr« an die W.D.R. ab. Es handelte sich um eine größere Ausgabe der Jahre zuvor in Dienst gestellten »Nordfriesland«. Die neue Fähre bot Platz für 40 Fahrzeuge auf dem Autodeck. Der Trend ging nun immer mehr in Richtung Kombifähre, was zur Folge hatte, dass die älteren Einheiten nur noch für Ausflugsfahrten geeignet waren. So wurde die mittlerweile 50 Jahre alte »Uthlande« im selben Jahr nach Chile verkauft. Nachdem das Schiff von der Husumer Werft hochseetauglich ausgerüstet worden war, segelte es auf eigenem Kiel nach Valparaiso, wo es als »Argonauta« zum Einsatz kam.

Der gestiegene Verkehr mit 300 Autos am Tag, die von den Reederei-Fähren in Wyk angelandet wurden, erforderte auch landseitige Anpassungen. So wurde der Wyker Anleger einer tief greifenden Umgestaltung unterworfen, um das Anlegen der Fähren bei fast jedem Wasserstand zu ermöglichen. Ende 1968 konnte die neue Anlage eröffnet werden.

Nach 58 Jahren ununterbrochenem Dienst für die W.D.R. wurde 1969 die »Hilligenlei« durch den Neubau »Störtebeker« von der Husumer Werft ersetzt. Im Jahr 1969 stieg die Kfz-Beförderung um 22 %. Auch der Dagebüller Anleger war 1969 ausgebaut worden. Mit dem Neubau »Insel Amrum« erhielt die Reederei 1970 eine weitere Autofähre von der Husumer Schiffswerft. Das Schiff bot Platz für 48 Autos und 400 Fahrgäste. Jetzt verfügte die W.D.R. über zwei reine Autofähren, die »Pidder Lyng« und die »Insel Amrum« sowie die beiden Kombifähren »Nordfriesland« und »Insel Föhr«. Ab 1971 konnte durch die Vertiefung der Fahrrinne ein völlig tidenunabhängiger Fährverkehr zwischen Dagebüll und den Inseln Amrum und Föhr aufrechterhalten werden.

Ein anderes einschneidendes Ereignis fand im Jahr 1971 noch statt: die Fusion mit der Amrumer Schiffahrts A.G. (ASAG) bereicherte die Flotte der W.D.R. um das Fährschiff »Stadt Husum« sowie die Kombi-Fähre »Amrum«. Damit hielt die Reederei praktisch eine Monopolstellung für diese Bereiche, denn sie kontrollierte jetzt die ausgehende Fährlinie vom Festlandhafen Schlüttsiel über die Halligen Hooge und Langeneß nach Wittdün / Amrum.

Die erste Ölkrise und die Zeit danach

Den guten Einnahmen der Reederei Anfang der 1970er Jahre standen erheblich gestiegenen Betriebskosten entgegen. Die als erste »Energie-Krise« in die Geschichte eingegangene Verknappung und Verteuerung des Treibstoffs Öl konnte von der

W.D.R. durch Tarifanpassungen und eine Steigerung bei den Beförderungszahlen von Autos und Passagieren einigermaßen ausgeglichen werden.

Durch einen Umbau erhielt die »Nordfriesland« eine breitere Autodurchfahrt. Die älteren Einheiten »Kapitäne Christiansen« und das kleine Frachtschiff »Oste« sowie die von der ASAG übernommene »Hilligenlei« wurden veräußert. »Pidder Lyng« wurde nach Jugoslawien verkauft. Sie fuhr auf eigenem Kiel in ihre neue Heimat im heutigen Kroatien.

Als Ersatz lieferte die Husumer Schiffswerft ein neues Fährschiff, das 1972 als »Schleswig-Holstein« in Fahrt kam. Es war mit einer Länge von 55,75 m und 13 m Breite das bis dahin größte Schiff der W.D.R.-Flotte und durch sein Bugstrahlruder besonders manövrierfähig. Nachdem es bei seinem ersten Anlauf in der Husumer Schleuse stecken geblieben war, erhielt der Hafen schon bald danach eine neue Seeschleuse mit einer Durchfahrtsbreite von 22 m. Die »Schleswig-Holstein« bot 45 Pkw Platz auf dem Hauptdeck; die beiden Decks darüber und darunter waren 900 Fahrgästen vorbehalten, wobei das Oberdeck 306 Sitzplätze bot.

1975 beförderte die Reederei während einer ausgesprochen schönen Sommersaison an den Wochenenden bis zu 3.000 Personenwagen und an die 23.000 Fahrgäste auf die Inseln. Gleichzeitig stieg die Anzahl der Wohnungen von Festlandsbewohnern, die ihren Zweitwohnsitz auf die Insel Föhr verlegt hatten. Im Jahr 1984 waren es bereits rund 800 Domizile, die von ihren Besitzern auch in den Wintermonaten angesteuert wurden. Hinzu kamen auch immer mehr Tagesgäste in der kalten Jahreszeit, so dass die Fähren nicht nur in der Sommersaison gut ausgelastet waren. 1977 war mit einem Nachbau der »Schleswig-Holstein« eine neue »Nordfriesland« – wiederum aus Husum – zur Flotte gestoßen. Im selben Jahr verzeichnete die W.D.R. den Transport von 1.108.000 Fahrgästen und 143.000 Fahrzeugen. Die Reederei betrieb jetzt auch zwei große und zwei kleine Kombifähren sowie eine reine Autofähre. Die noch aus den 1950er Jahren stammende »Rüm Hart« und der weiterentwickelte Nachbau »Klaar Kiming« wurden für Ausflugsfahrten eingesetzt.

Im Jahre 1979 bestellte die Reederei einen weiteren Nachbau der »Schleswig-Holstein« bei der Husumer Werft. Zusammen mit der 1995 gelieferten »Nordfriesland« lieferte die Werft nach dem Krieg insgesamt 16 Neubauten an die W.D.R. In den 1980er Jahren entwickelte die Reederei dann ein Fährkonzept, bei dem die drei Kombifähren und eine reine Autofähre, die außerfahrplanmäßig und in Spitzenzeiten verkehrte, ihren Dienst versahen. Dieses Konzept besteht bis heute und lag auch bei der Planung der neuen Doppelendfähre zu Grunde, die 2010 im 125. Jubiläumsjahr von der Sietas-Werft in Hamburg-Neuenfelde geliefert wird,.

1982 erwarb die W.D.R. ein 800-Personen-Schiff, das zuvor bei der in Konkurs gegangenen Heiligenhafener Ausflugschiffsreederei gefahren war. Das 1972 in Cuxhaven gebaute Schiff wurde als neue »Pidder Lyng« im Helgolandverkehr eingesetzt. Ebenfalls im Jahr 1982 ersetzte die Reederei die alte »Rüm Hart« durch ein neues Ausflugschiff mit einem sehr niedrigem Tiefgang von nur 0,87 m, das wieder denselben Namen erhielt und für 374 Fahrgäste ausgelegt war.

Um unliebsame Mitbewerber abzuwehren, die immer wieder Interesse daran zeigten, in den Inselverkehr einzusteigen, hatte die W.D.R. zwischenzeitlich, nach langen zähen Verhandlungen mit der Inselverwaltung, die Fährbrücken des Fähranlegers Wyk erworben.

1985, dem Jahr ihres 100-jährigen Jubiläums, führte die Reederei auf Motorschiff »Uthlande« als einem der ersten Fahrgastschiffe in der Nordsee, eine Abwasseranlage ein, die chemisch-mechanisch die Bordabwässer klärte. Da sich diese Investition von DM 140.000 gut bewährte, wurden bald auch die anderen Schiffe der W.D.R. mit solchen Anlagen ausgerüstet. Die Reederei war somit ein Vorreiter auf dem Gebiet des Umweltschutzes, denn entsprechende Vorschriften für die Behandlung von Abwässern auf Schiffen traten erst viel später in Kraft.

Schiffsverlängerungen und neue Technologien

Die Meyer Werft in Papenburg erhielt im 1986 den Auftrag für eine Schiffsverlängerung der »Uthlande«. Durch die Vergrößerung konnte die Fähre zusätzlich 210 Plätze in den Salons und 300 Plätze an Deck sowie zehn weitere Pkw-Stellplätze anbieten. Die »Nordfriesland« unterzog man ebenfalls dieser Prozedur bei der Werft in Papenburg. Im darauf folgenden Jahr konnte die Reederei die »Schleswig-Holstein« zu einem guten Preis an die Shipping Corporation of India (SCI) verkaufen. Das Schiff fuhr auf eigenem Kiel mit indischer Besatzung zu seinem neuen Heimathafen Mumbai. Ein Jahr später lief eine neue »Schleswig-Holstein« bei der Husumer Werft vom Stapel. Sie erhielt als erste eine neue Schornsteinbemalung, die dann auch von den anderen W.D.R.-Schiffen übernommen wurde.

Die neue »Hilligenlei«, 1991 ebenfalls in Husum gebaut, war ein verkleinerter »Schleswig-Holstein«-Typ, der mit einem in einer ringförmigen Düse laufenden Propeller ausgestattet war. Dieses Prinzip brachte erhebliche Einsparungen beim Brennstoffverbrauch. Das Schiff ersetzte die zu klein gewordene »Amrum«, die 1992 verchartert und später verkauft wurde. Ein weiterer Neubau für den traditionellen Dienst folgte im selben Jahr mit der »Rung­holt«. Sie war 2 m breiter als die »Schleswig-Holstein«, wurde wiederum von der Husumer Werft geliefert und bedient die tägliche Route zwischen Dagebüll, Wyk und Wittdün.

1995 wich die alte »Nordfriesland« einem gleichnamigen Neubau aus Husum. Das bei der Husumer Werft 1978 abgelieferte und 1987 in Papenburg verlängerte Schiff ging an Thailändische Interessenten, die das Schiff als »Raga I« auf eigenem Kiel nach Südostasien überführte.

Als Folge rückläufiger Fahrgastzahlen und erheblicher Investitionen in die Flotte kam es 1997 zu einer Erhöhung des Stammkapitals, das sich jetzt auf DM 5,36 Mio. belief. Mit 564 Anteilseignern dürfte die W.D.R. damit wohl die deutsche GmbH mit den meisten Gesellschaftern gewesen sein.

1999 ging die Husumer Werft in Konkurs, hielt jedoch den Reparaturbetrieb weiterhin aufrecht. Das wurde von der Reederei sehr begrüßt, denn lange Wege sind im Falle einer Havarie besonders während der Hauptsaison im Sinne der Einhaltung des Fahrplans unerwünscht.

Konsolidierung der Reederei

Zum Ende der 1990er Jahre brach dann auch der zuvor so beliebte Ausflugsverkehr nach Helgoland ein. Bei den Tagesgästen setzte zunehmend der Trend ein, mit Hochgeschwindigkeitsfähren zu reisen, wie eine von Hamburg aus operierende Reederei mit ihren Katamaranen bewies. Daher beteiligte sich die W.D.R. mit 10 % an einem Projekt der Aktiengesellschaft Reederei Norden-Frisia aus Norderney, die einen in Australien gebauten Hochseekatamaran nach Helgoland einsetzte. Die Investition wurde damit begründet, dass man diesen traditionellen Verkehr nicht ganz aus der Hand geben wollte. Ab Sommer 1999 fanden pro Woche zwei Abfahrten von Wittdün / Amrum bzw. Hörnum / Sylt im Auftrag und für Rechnung der W.D.R. statt. Die Reederei unterhielt hierfür einen Zubringerdienst von Dagebüll und Wyk. Der konventionelle Verkehr wurde zunächst mit 20 Abfahrten pro Saison weitergeführt.

Am 1. Oktober 1999 trat Axel Meynköhn als Geschäftsführer in das Unternehmen ein. Er sah seine vornehmliche Aufgabe darin, auf die seit Jahren stagnierenden Beförderungszahlen zu reagieren. Er musste das Unternehmen, das im Jahr 1993 ein Allzeithoch von 2,2 Mio. Fahrgästen auf der Föhr-Amrum-Linie befördert hatte, wieder auf Kurs bringen. Während die Stammverkehre der Reederei noch Geld brachten, waren andere Bereiche wie der Ausflugsverkehr und die parallel laufenden Bahn- und Busverkehre stark defizitär. Ein umfassender Umbau war nötig, denn die Investitionen in die letzten beiden Fähren »Rungholt« und »Nordfriesland« waren noch zu bewältigen. Für die Ausflugsfahrten nach Hörnum ging man eine Kooperation mit der Adler Reederei von der Insel Sylt ein und verkaufte das Ausflugsschiff »Klaar Kiming« nach Griechenland. Der neue Eigner hatte damit jedoch keine Fortune, denn während der Umbauarbeiten brach ein verheerender Brand auf dem Schiff aus, das daraufhin sank. Nachdem es gehoben worden war, wurde es in der Türkei abgewrackt.

Weitere Maßnahmen in Richtung Konsolidierung waren die schrittweise Einführung eines neuen Tarifsystems, der Verkauf einer Beteiligung an der Eisenbahngesellschaft NVAG sowie die Abschaffung des reedereieigenen Bus-Fuhrparks. Stattdessen schloss die W.D.R. einen Kooperationsvertrag mit einem Dagebüller Busunternehmen ab, um weiterhin Bustouren an Land für die Ausfluggäste anbieten zu können. Im November 2000 wurde dann entschieden, sich auch von der »Pidder Lyng« zu trennen. Die Umstellung auf Automation beim Fahrkartenverkauf und der Fahrzeugbuchung über das Internet waren weitere Maßnahmen, die zu erheblichen Einsparungen beitrugen. So entwickelte sich die Website der Reederei »www.faehre.de« zu einer der meistbesuchten Seiten der Fährschiffsbranche. Sie informiert umfassend über alles Wissenswerte über die W.D.R., ihre Schiffe und deren Position in Echtzeit. Zudem bietet sie den Internet-Surfern Webcams ihrer drei Fähranleger.

Das bewusste Kostenmanagement des Unternehmens zeigte bald Wirkung. Es konnten die Geschäftsanteile von der Stadt Wyk zurückgekauft und Rückstellungen für neue, größere Investitionen getätigt werden. Dabei gelang es, die Tarifanpassungen in einem moderaten Rahmen zu halten und trotz der explodierenden Bunkerpreise auf die Einführung eines »Bunkerzuschlags« zu verzichten.

Als einen weiteren Schritt zur Konsolidierung kann die Partnerschaft mit der Aktiengesellschaft Norden-Frisia angesehen werden. Aufgrund der Zusammenarbeit beim Betrieb des Hochsee-Katamarans hatten sich Berührungspunkte der jeweiligen Geschäftsführer ergeben. Nachdem die Stadt Wyk ihre 30 % Anteile an der W.D.R. zum Verkauf stellte, stieg die »Frisia« bei der Wyker Reederei ein.

2001 folgte die Überkreuzbeteiligung der W.D.R. mit der »Neuen Pellwormer Dampfschiffahrts GmbH« von der Nachbarinsel, da man in beiden Unternehmen zu der Einsicht gekommen war, dass das Zusammengehen einer strategischen Zukunftssicherung zugute kommen würde. Die W.D.R. erwarb 21 % Anteile an der NPDG, und im Gegenzug kaufte die NPDG 3 % W.D.R.. Mit 25,2 % ist die W.D.R. mittlerweile größte Gesellschafterin an der Pellwormer Reederei, die ihrerseits mit einer 4,8-prozentigen Beteiligung nach der »Frisia« und der Stadt Wyk drittgrößte Gesellschafterin wurde.

Neue Herausforderungen

Während der Fährbetrieb in der Föhr-Amrum-Linie jetzt ertragreich lief, musste der Verkehr zu den Halligen optimiert werden. Die hier eingesetzte »Hilligenlei« war im Grunde eine verkleinerte Ausgabe der großen Kombi-Fähren. Sie verursachte relativ hohe Betriebskosten und hatte für das Einsatzgebiet einen zu großen Tiefgang. Ein Ausweg bot sich für die Reederei, als mit dem Auslaufen der »Duty-Free-Fahrten« in der Ostsee 2002 von der Adler Reederei auf der Insel Sylt einige Schiffe stillgelegt wurden und auf Beschäftigung warteten. Eins davon zeichnete sich durch seinen geringen Tiefgang und Brennstoffverbrauch aus und schien ideal für den Fährverkehr zu den Halligen zu sein. Zeitgleich hatte die W.D.R. ihre Helgolandfahrten mit der »Pidder Lyng« ausgesetzt, so dass sich die Möglichkeit eines Tausches ergab. Das neu erworbene Schiff erhielt den Namen »Hilligenlei I«, da die alte »Hilligenlei« weiterhin in der Flotte verblieb. Die Bewohner der Halligen waren zwar nicht begeistert über den Schiffstausch, mussten jedoch aufgrund der Verluste von DM 1,6 Mio., die allein im Jahre 2001 aufgelaufen waren, die Entscheidung verstehen. Auch wenn die Linie mit dieser Maßnahme nicht aus den roten Zahlen herauskam, verringerte sich das Defizit 2002 auf rund € 500.000.

Im Jahre 2003 beschloss die Gesellschaft den Bau eines neuen Reedereigebäudes an derselben Stelle, wo sich bereits die 1895 und 1913 errichteten und 1959 erweiterten Gebäude befunden hatten. In den 1970er Jahren war ein Flachbau für den Fahrkartenverkauf hinzugefügt worden. Am 9. Januar 2004 hatte der letzte Mitarbeiter das alte Reedereigebäude verlassen und wenige Tage später begann man mit dem Abriss. In einem genau geplanten Arbeitsablauf wurde innerhalb eines Jahres das dritte Kontorhaus in der Reedereigeschichte der W.D.R erstellt, ein neues Verwaltungs- und Abfertigungsgebäude mit 1.200 m2 Büro-, Service- und Lagerfläche. Die neuen Räume konnten ein knappes Jahr später, am 11. Februar 2005, bezogen werden.

In der 125-jährigen Geschichte der W.D.R. kam es kaum einmal zu einer ernsthaften Havarie, obwohl der Fährverkehr nach einem recht dichten Fahrplan abläuft. Im September 2005 ereignete sich allerdings eine Kollision zwischen der »Rungholt« und der »Schleswig-Holstein« bei starkem Nebel, bei dem glücklicherweise keine Personen zu Schaden kamen, Während die »Rungholt« nach einer Besichtigung weiterhin in Fahrt bleiben konnte, erlitt die »Schleswig-Holstein« einen erheblichen Schaden und musste an die Werft verholen. Der Einfluss auf die Fahrplangestaltung des Fährdienstes blieb jedoch gering, da die Reederei in der Lage war, auf das kleinere Ersatzschiff, die »Insel Amrum« zurückzugreifen sowie auf die »Hilligenlei I«, die kurzfristig von der Hallig-Linie abgezogen wurde.

Die Reedereiflotte war mittlerweile in die Jahre gekommen. Den letzten Neubau hatte die W.D.R. 1995 mit der »Nordfriesland« erhalten; die »Uthlande« stammte gar aus dem Jahr 1980. Im Laufe der Zeit hatten sich aber auch die Regeln und Vorschriften für Neubauten erheblich verschärft. Nachdem die Reederei »Norden-Frisia« für den Bau ihres neues Schiffes »Frisia IV« einen Kompromiss zwischen den behördlichen Anforderungen und dem wirtschaftlichen Einsatz für den küstennahen Fährbetrieb gefunden hatte, beschloss die W.D.R. im August 2008, ebenfalls ein neues Schiff zu bestellen. Das Konzept sah vor, die Fahrzeuge beim Be- und Entladen komplett vom Ein- und Aussteigen der Passagiere zu trennen. Als Antrieb entschied man sich für vier Voith-Schneider-Propeller. Dieses Prinzip basiert auf einer kreisrunden Scheibe, die unter dem Schiffsboden angeordnet ist und um eine senkrechte Achse mit gleich bleibender Drehzahl rotiert. Am Rande dieser Scheibe sind – ebenfalls drehbar – etwa sechs Propellerflügel so eingesetzt, dass sie nach unten ins Wasser ragen. Auf den Flügelzapfen im Inneren des Drehkörpers (der rotierenden Scheibe) sitzen Lenker, die zu einem bei Leerlauf in der Mitte angeordneten Steuerpunkt führen. Wird nun dieser Steuerpunkt aus der Kreismitte verschoben, führen die Propellerflügel um ihre Achse herum Schwingbewegungen aus, die so koordiniert sind, dass alle Propellerflügel das Wasser in die gleiche Richtung stoßen und so ein Propellerschub entsteht. Der Propellerschub lässt sich durch Einstellungen am Steuerelement auf der Kommandobrücke in jede gewünschte Richtung lenken, ebenso wird dort die Intensität des Schubes verändert.

Der W.D.R.-Neubau wird vier dieser technisch komplizierten, aber hochwirksamen Antriebe erhalten, zwei vorne und zwei achtern, so dass sich das Schiff von der Kommandobrücke aus »auf dem Teller« drehen lässt und somit punktgenaue Manöver im Hafen und an den Hafenanlagen möglich sind. Diese Art des Antriebs fand bisher hauptsächlich bei Seehafen-Assistenzschleppern Anwendung, die auf engem Raum präzise Manöver ausführen müssen.

Die Reederei musste allerdings feststellen, dass sich der Schiffbau zu dieser Zeit auf dem Zenit befand, der die Neubaupreise auf hohem Niveau hielt. Die Preise für Stahl waren in ungeahnte Höhen geschossen, hinzu kamen Engpässe bei der Lieferung von Antriebseinheiten und bei Teilen der Ausrüstung. Da man bei der W.D.R. keine große Eile sah, konnte man abwarten, bis der Markt durch die Wirtschafts- und Finanzkrise bei den Werften plötzlich einbrach. Im April 2009 erteilte man schließlich den Auftrag für eine neue Fähre an die Sietas Werft in Neuenfelde. Die Werft, die seit 375 Jahren Schiffe baut und sich in den letzten Jahrzehnten beim Bau von Containerschiffen einen exzellenten Namen erworben hat, war durch die Schiffbaukrise in Schwierigkeiten geraten und musste umstrukturiert werden. Die jahrelang anhaltende Auftragsflut für Containerschiffe war innerhalb kürzester Zeit völlig zum Erliegen gekommen. Da in absehbarer Zeit auch keine Neubauaufträge für Standardschiffe erwartet werden, kam der Auftrag von der W.D.R. gerade recht.

Der sogenannte Brennbeginn des Neubaus wurde am 29. September 2009 unter Anwesenheit von W.D.R.-Geschäftsführer Axel Meynköhn feierlich begangen, der in der Schiffbauhalle in Hamburg-Neuenfelde auch höchstpersönlich den Startknopf der Brennschneidemaschine betätigte. Damit wurde der Bau des 28. Schiffes, den die Reederei in ihrer 125-jährigen Firmengeschichte auf einer Werft bestellt hat, begonnen. Die Werft sagte eine Ablieferung zum 28. Mai 2010 zu, so dass der Neubau mit dem Traditionsnamen »Uthlande«, das fünfte W.D.R.-Schiff mit diesem Namen, im Jahr des 125. Reedereijubiläums der Wyker Dampfschiffs-Reederei Föhr-Amrum GmbH in Dienst gestellt werden kann. W.D.R./GF

Möchten Sie mehr über die W.D.R.-Historie erfahren? Pünktlich zum 125. Gründungsjubiläum der W.D.R. erscheint in diesem Jahr die neubearbeitete Unternehmenschronik, die in allen Geschäftsstellen sowie im Onlineverkauf zum Preis von 29,90 € erhältlich ist. Sie basiert auf der 1985 aus Anlass des 100. Reedereijubiläums von Gert Uwe Detlefsen verfassten Chronik, die der Hamburger Schifffahrtsjournalist Jan Mordhorst um eine Zusammenfassung der jüngsten Reederei­geschichte ergänzt hat. Reich bebildert und ebenso spannend wie informativ geschrieben dokumentiert das 278 Seiten starke Jubiläumsbuch ein wichtiges Stück Regionalgeschichte der Inseln und Halligen. Es eignet sich damit nicht nur für einheimische Leser, sondern in besonderem Maße auch für alle Gäste, die mehr über ihre Urlaubsregion erfahren möchten.