Print Friendly, PDF & Email

Im Rahmen der derzeitigen Schifffahrtskrise sind Schiffsfinanzierungskanzleien insbesondere damit beschäftigt, Banken bei der Restrukturierung von bestehenden Darlehensverträgen zu beraten.

In den Jahren 2009 und auch 2010 waren und sind namentlich die Finanzierungen für Neubauten (Schiffe, die von der Werft[ds_preview] noch zu bauen sind bzw. derzeit im Bau befindlich sind) zu restrukturieren. Zum einen, weil es für die Neubauten aufgrund des Überangebots an Tonnage keine Beschäftigung gibt. Zum anderen, weil bei Publikumsfondsschiffen nicht das erforderliche Eigenkapital eingesammelt werden kann. Die Besteller versuchen daher, ihre Orders bei den Werften zu kündigen, die Lieferung des Schiffes nach hinten zu verschieben oder mit der Werft andere Lösungen zu finden. Restrukturierungen sind auch erforderlich, weil Emissionshäuser bei der Bestellung von Neubauten garantiert haben, fehlendes Eigenkapital in den Fonds einzubringen. Emissionshäusern gelingt es jedoch nur noch in eingeschränktem Umfang, Eigenkapital von Privatinvestoren einzuwerben. Dies führt auch dazu, dass Banken Beratungsbedarf bei erforderlichen Eigenkapitalzwischenfinanzierungen für Publikumsfonds haben.

Weiterhin sind Darlehen für bereits abgelieferte und in Dienst gestellte Schiffe zu restrukturieren. Teilweise sind die Schiffseigentümer aufgrund des Verfalls der Charterraten nicht mehr in der Lage, Charterverträge abzuschließen, die auskömmliche Charterraten erzielen. Solche Charterverträge erlauben dem Schiffseigner nicht, nach Zahlung der Betriebskosten des Schiffes Zinsen und Tilgung für das Schiffsfinanzierungsdarlehen zu leisten. Teilweise reicht die Charterrate noch nicht einmal aus, um die Betriebskosten des Schiffes abzudecken. Weiter kommt es durchaus vor, dass Schiffseigentümer im Darlehensvertrag Regelungen zu Finanzkennzahlen (financial covenants) verletzen. Zudem wird das Vertragsverhältnis zwischen dem Schiffseigner und seiner finanzierenden Bank regelmäßig dadurch belastet, dass die Werte der Schiffe stark gefallen sind. Die Schiffseigentümer sind in einem solchen Fall unter den üblicherweise in Darlehensverträgen enthaltenen sog. Loan-to-value-clauses verpflichtet, der Bank weitere Sicherheiten zur Verfügung zu stellen oder eine entsprechende Sondertilgung des Darlehens zu leisten.

Diese vorgenannten Entwicklungen machen es erforderlich, dass Nachträge zu bestehenden Darlehensverträgen erstellt werden. In diesen Nachträgen wird etwa vereinbart, dass die Gesellschafter des Schiffseigentümers im Rahmen einer Kapitalerhöhung weiteres Eigenkapital beisteuern müssen. Außerdem wird regelmäßig ein neuer Zahlungsplan, ggf. verbunden mit Stundungen von Regeltilgungen, aber auch ein cash sweep (d. h. überschüssige Liquidität ist zur Rückzahlung des Darlehens zu verwenden) geregelt. Im Gegenzug verzichtet die Bank auf die Geltendmachung ihrer Rechte, die ihr unter der Finanzierungsdokumentation aufgrund der Vertragsverletzungen durch den Schiffseigen-

tümer (waiver) eigentlich zustehen.

Aber auch von Zwangsversteigerungen ist das Jahr 2009 nicht verschont geblieben. Obwohl eine Zwangsversteigerung eines Schiffes für Banken immer nur der letzte Ausweg ist, wenn eine Restrukturierung gescheitert ist oder keine Aussichten auf Erfolg hat, haben Banken bei notleidenden Darlehen vereinzelt Schiffe zwangsversteigert. Angesichts der flächendeckenden Krise in der Schifffahrt kann man aber sagen, dass Banken bisher nur zurückhaltend Schiffshypotheken vollstreckt haben.

Auch wenn 2009 ein krisengeschütteltes Jahr war, gab es doch auch Schiffsankäufe, die von Banken finanziert wurden.

Verfasser: Dr. Clemens Hillmer, LL.M. (Cape Town) aus Hamburg

Partner der Schiffsfinanzierungskanzlei Watson, Farley & Williams LLP

www.wfw.com


Clemens Hillmer