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Schiffsinvestoren und Reedereien müssen sich auf ein weiteres schwieriges Jahr einstellen. So liegen die Fracht- und Chartereinnahmen in vielen Marktsegmenten[ds_preview] nach wie vor zu niedrig, um den Schuldendienst bedienen zu können. Trotzdem wollen die Schiffsbanken an ihren notleidenden Krediten festhalten und alles tun, um Zwangsverkäufe von Schiffen zu vermeiden. Das erklärten Vertreter mehrerer deutscher Institute am Donnerstag, 18.1 November 2010, auf dem 14. HANSA-Forum Schiffsfinanzierung 2010 in Hamburg.

Die Veranstaltung des Schiffahrts-Verlags »Hansa« unter Leitung des Branchenexperten Jürgen Dobert fand dieses Jahr zum vierzehnten Mal statt. Mit über 800 Teilnehmern aus Emissions­häusern, Finanzvertrieben, Reedereien und Banken ist es die bedeutendste Konferenz ihrer Art in Deutschland.

Nach einer Untersuchung der Unternehmensberatung Roland Berger befinden sich rund 29 % des Schiffskreditvolumens der deutschen Banken wegen Liquiditäts- und Eigenkapitalnöten der Kreditnehmer in Sanierung. »Das heißt aber nicht, dass wir die Schiffe verkaufen wollen. Wir wollen die Probleme lösen«, sagte Werner Weimann, Vorstandssprecher der Deutschen Schiffsbank. Aus seiner Sicht sind die Wertberichtigungen, die die Institute in Folge der Wirtschafts- und Schifffahrts­krise vornehmen mussten, noch erträglich, »wenn es keinen erneuten Rückschlag gibt.« Bei Reedern und Kommanditisten von Schiffsfonds geht die Angst um, dass die Banken bald verstärkt Zwangsverwertungen vornehmen könnten. Denn durch den Wiederanstieg der Schiffswerte, die als Kreditsicherheit dienen, bietet sich ihnen die Chance zu einem verlustfreien Ausstieg aus dem Geschäft. »Man könnte Schiffe schon heute verlustfrei verkaufen, wir haben solche Fälle jede Woche auf dem Schreibtisch. Aber wir tun es nicht«, warb Dr. Uwe-Carsten Wiebers, Direktor Schiffsfinanzierung bei der KfW IPEX-Bank, um Vertrauen. Vielmehr werde intensiv daran gearbeitet, die notleidenden Schiffsgesellschaften am Leben zu halten, sagte er.

Bei der Norddeutschen Landesbank (Nord/LB) hätten mehrere hundert Kunden im vergangenen Jahr nicht voll umfänglich ihren Verpflichtungen nachkommen können, berichtete Dr. Klaus Stoltenberg, Leiter der Schiffs- und Flugzeugfinanzierung bei der Nord/LB. »Trotzdem waren wir nur an insgesamt zwei Arresten beteiligt«, sagte er. Bei einem Arrest wird ein Schiff vom Gerichtsvollzieher zwecks Einziehung von Schulden in die Kette gelegt. »Es gibt keinen Grund, Notmaßnahmen in die Wege zu leiten«, erklärte Stoltenberg.

Allerdings müssen sich Schiffsinvestoren und Reeder auch nächstes Jahr auf Kapitalnachschüsse und Nachbesicherungen von Schiffsdarlehen einstellen, um weitere Unterstützung von den Banken zu bekommen. »Die eine oder andere Restrukturierung geht nun in das entscheidende dritte Jahr. Da werden wir Lösungen finden müssen, durch Eigenkapital, durch die Banken oder durch einen Verkauf«, sagte Björn Nullmeyer, Leiter der Spezialfinanzierung bei der Bremer Landesbank. Nach dem dritten Jahr seien weitere Tilgungsstundungen nur bei einer stark erhöhten Risikoeinstufung des Kredits mit entsprechend hoher Eigenkapitalunterlegung seitens der Bank möglich, warnte Nullmeyer.

Um das Kreditangebot am Schifffahrtsstandort Deutschland auch langfristig zu sichern, sind nach Einschätzung mehrerer Institute strukturelle Veränderungen im Reedereisektor erforderlich. So müsse die starke Zersplitterung der Eigentumsverhältnisse in der deutschen Flotte überwunden werden, forderte KfW-Manager Wiebers. Bislang dominieren Einschiffsgesellschaften, die ohne Rückgriffsmöglichkeit auf Mutterunternehmen als Projekt finanziert werden. »Solange die kreditnehmerischen Strukturen nicht auf ein internationales Niveau gebracht werden, wird es schwierig bleiben«, prophezeite Wiebers.

Nicht nur sollten einzelne Schiffsgesellschaften stärker unter einem Dach formiert werden, auch kleine Reedereien müssten über Zusammenschlüsse nachdenken, sagte Dr. Klaus Stoltenberg von der Nord/LB. »Wir müssen zu einer Konsolidierung und zu Fusionen kommen, damit Gläubigern eine größere Haftungsbasis geboten werden kann.«

Bei Vertretern der Reederseite stießen die Vorschläge jedoch auf Widerspruch. Bernd Sibum, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Harener Reeder, erklärte, dass man über Allianzen und Pools im Bereich der Befrachtung nachdenken wolle. »Es ist wichtig, dass wir näher an die Ladung herankommen«, sagte er. Doch könne man kleinere Familienreedereien nicht gänzlich »unter einem Schirm« verschmelzen, weil sie bei der Bereederung und dem Crewing eigene Strategien verfolgten. In diesem Bereich gebe es auch gar keine Defizite. »Wir haben gezeigt, dass unsere Schiffe in einem erstklassigen Zustand sind. Ausländische Reeder kaufen Schiffe von deutschen Reedern nahezu unbesichtigt«, stellte Sibum klar.

In den weiteren Podiumsdiskussionen unter Moderation des Journalisten Lutz Beukert ging es um spezifische Fragestellungen zur Entwicklung der Schifffahrtsmärkte, Perspektiven für den Einstieg neuer Investoren aus dem Private-Equity-Bereich und die Strategien der Emissionshäuser nach dem Einbruch des Platzierungsmarktes für Schiffsbeteiligungen.

Die Pausen zwischen den Vorträgen und Diskussionsrunden nutzten Gäste und Redner wie üblich für ein intensives Networking im Foyer und auf den Gängen des Hotel Grand Elysée. Die Gespräche wurden nach Abschluss des offiziellen Programms am Buffet bis in die späten Abendstunden fortgesetzt.

Ein ausführlicher Nachbericht folgt in der Januar-Ausgabe der HANSA.