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Der Einstieg bei CMA CGM ist für die Yildirim-Gruppe ein strategisches Investment, das Schule machen könnte. Weltweit gibt es viele Industriekonzerne in Familienhand, für die ein Engagement in der Schifffahrt Sinn macht.

Ende November 2010 ist die türkische Yildirim-Gruppe für 500 Mio. $ mit 20 % bei der französischen Linienreederei CMA CGM[ds_preview] eingestiegen. Selbst für Schifffahrtsexperten war das Geschäft eine Überraschung. Bis dato war das Unternehmen mit Sitz in Istanbul in Europa ein recht unbeschriebenes Blatt. Dabei hat es sich in den vergangenen Jahren neben Bereichen wie Rohstoffförderung, Metallveredelung und Düngemittelproduktion ein veritables marines Portfolio aufgebaut.

Robert Yuksel Yildirim, CEO der Yildirim Group, beschrieb den Deal in Hamburg als Win-Win-Situation. Die Banken der in finanzielle Schieflage geratenen drittgrößten Containerreederei der Welt hatten deren Gründer Jacques Saadé gedrängt, Macht im Management abzugeben. Monatelang verhandelten mehrere Finanzinvestoren über einen Einstieg. Den Zuschlag erhielt dann nach nur kurzer Prüfdauer das Familienunternehmen aus der Türkei. »Wir haben keinen Druck ausgeübt, relevante Managementpositionen einzunehmen«, sagte Robert Yuksel Yildirim, der das 1964 vom Vater gegründete Unternehmen mit seinen zwei Brüdern führt. Sie halten nun drei der zehn Sitze im Vorstand – allerdings ohne operative Funktionen. Dagegen hatten andere Bieter aus der Finanzbranche etwa den Posten des Finanzvorstands für sich beansprucht.

Die Beteiligung lief über eine Wandelanleihe mit fünf Jahren Laufzeit. Zunächst hat die Saadé-Familie die Option, die Anteile zurückzukaufen. Tut sie das nicht, seien ein Börsengang oder ein Weiterverkauf an einen anderen Investor Ausstiegsmöglichkeiten, sagte Yildirim auf dem German Ship Finance Forum. Vereinbart worden sei zudem, dass die Yildirim-Gruppe im Verlauf der fünf Jahre für 250 Mio. $ weitere 10 % der Anteile erwerben kann. Vor diesem Hintergrund enthüllte der Unternehmenschef auch, dass ihm Anteile von Hapag-Lloyd angeboten worden seien. »CMA CGM war aber das bessere Investment.« Für den Containermarkt ist Yildirim optimistisch: »Im Vergleich zur Bulk- und Tankschifffahrt ist er gesund.«

In der Beteiligung an der Linienreederei sehen die Türken mehr als eine reine Finanz­investition. Sie wollen so auch ihre maritime Sparte stärken. Seit 2000 sind sie in der Schiffsbranche tätig. 80 km von Istanbul entfernt betreiben sie eine Werft, den Marmara Shipyard. Dort bauen sie vor allem Schiffe für die hauseigene Reederei, unter deren Flagge derzeit acht Chemietanker und sechs Bulk Carrier fahren. Der Bau zwölf weiterer Schiffe, darunter auch kleinere Containerfrachter, für insgesamt 200 Mio. $ sei geplant, sagte Yildirim und betonte, dass sie alle eigenfinanziert seien. 2015 soll der Wert der gesamten Flotte mehr als 1 Mrd. $ betragen.

Zudem betreibt die Gruppe in Gebze nahe Istanbul einen modernen Mehrzweckhafen (Yilport). 450.000 TEU können dort jährlich umgeschlagen sowie Schiffe bis 14.000 TEU abgefertigt werden. Das Umschlagsziel für 2015 beträgt Yildirim zufolge bereits 1,5 Mio. TEU. Dann sollen auch Frachter mit mehr als 16.000 TEU den Hafen anlaufen können. Den Yilport fährt CMA CGM seit 2004 an. Geplant ist nun offenbar, dass sich die Franzosen stärker mit eigenem Kapital im Bereich Hafenbetrieb und Schiffbau engagieren. So haben sie gemeinsam mit der Yildirim-Gruppe Interesse an Göteborgs Containerterminal angemeldet. Laut dem türkischen CEO würden auch kleinere Massenguthäfen in Belgien, den Niederlanden und Mexiko sowie Minenumschlaghäfen in Afrika zum Geschäft passen.

Yildirim sucht weitere Investmentchancen am Kapitalmarkt, insbesondere relevante Minderheitsbeteiligungen an Familienunternehmen mit starker Marktposition und hohem Cashflow. Die Größenordnung betrage 50 Mio. bis 1 Mrd. $. Zudem will Yildirim als Wagniskapitalgeber auftreten. Neben den 500 Mio. $ in CMA CGM investierte die Gruppe vergangenes Jahr 200 Mio. $ in der Türkei. Ausreichende Finanzkraft dafür hat der Mischkonzern mit insgesamt acht Sektoren und 5000 Angestellten. Die operative Gewinnmarge betrug zuletzt mehr als 30 %. Yildirim könnte durchaus eine Vorreiterrolle für andere familiengeführte Industrieunternehmen spielen, die ihr Geschäft mit Schifffahrt diversifizieren wollen.


nis