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Dr. Thomas Kiefer

China hat der Weltwirtschaft entscheidende Anstöße zur Überwindung der Rezession gegeben und ist selbst gestärkt daraus hervorgegangen. So liegt der Außenhandel des Reichs der Mitte bereits wieder über dem Vorkrisenniveau. Das Land exportiert nicht nur in Massen gefertigte Güter in den Westen, sondern entwickelt auch einen immer größeren Hunger auf Rohstoffe aus Regionen wie Südamerika und Afrika. Mit dem Anstieg des Handels in beide Richtungen wachsen auch die heimischen Häfen. Inzwischen befinden sich schon sieben der 20 größten Häfen der Welt in der Volksrepublik.

Der Umschlag der zehn größten Containerhäfen Chinas wuchs im vergangenen Jahr um 19,4 % auf 117,2 Mio. TEU. Ganz vorn liegt[ds_preview] Shanghai – 2010 überholte der Hafen der Megametropole jenen von Singapur und stieg zum führenden Containerumschlagplatz der Welt auf. Shanghai kann nicht unabhängig vom benachbarten Ningbo und Zhoushan gesehen werden, wo große, neue Hafenanlagen entstanden sind. Die Häfen des Yangtse-Deltas konkurrieren zwar, setzen jedoch noch mehr auf Kooperation. Ebenso verhält es sich mit den südchinesischen Häfen Hongkong, Guangzhou und Shenzhen.

Chinas Hafenwirtschaft verzeichnet nicht nur enorme Mengensteigerungen. Die Branche befindet sich auch in einer grundlegenden Umstrukturierung und laufenden Modernisierung. China steuert mit dem neuen Fünfjahresplan (2011–2015) seine Wirtschaft stark um. Die Importe von Rohstoffen, westlichen Luxusgütern oder Autos werden weiter ansteigen, zudem legt der Binnenverkehr zu, während das Exportwachstum langsam abflacht.

Daher konzentrieren sich Reedereien und Häfen verstärkt auf Importgeschäfte und den Ausbau von geschlossenen Logistikketten. Im harten Wettbewerb untereinander wird somit das Dienstleistungsangebot rund um die Hafenbetriebe immer wichtiger. Es geht nicht mehr allein um Masse, sondern vor allem um Klasse, sprich: Qualität. Um die Gesamtsysteme effektiver zu machen, müssen die Chinesen allerdings noch große Anstrengungen unternehmen. Dies gibt ausländischen Unternehmen gute Geschäftschancen. Umgekehrt können europäische Häfen sicherlich von China lernen, wenn es um internationale Kooperationen geht, für die die Chinesen sehr offen sind.

Shanghai, größer Containerhafen der Welt

Die alten Hafenanlagen in der Shanghaier Innenstadt sind weitgehend verschwunden, am Fluss Huangpu wird nach der Weltausstellung Expo jetzt ein großer Grün­gürtel angelegt. Der neue Containerhafen Shanghais befindet sich außerhalb der Stadt auf der zu Zhoushan gehörenden Insel Yangshan.

Shanghai, übersetzt »Stadt über dem Meer«, ordnet seine Wirtschaft grundlegend neu und verfolgt ein neues Konzept der Stadtentwicklung. Die Industrie- und Hafenanlagen wurden weitgehend aus dem Stadtzentrum verbannt. Aus der Shanghai Port Authority ging so im Januar 2003 die Shanghai International Port Group (SIPG) hervor. Sie betreibt alle öffentlichen Terminals im Hafen von Shanghai. Im Juni 2006 wurde die SIPG in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Stadtregierung hält 44,2 % der Aktien. Die weiteren Anteilseigner sind die China Merchants International Terminals (26,5 %), die Shanghai Tongsheng Investment Group (16,81 %) sowie die Shanghai State-Assets Operation zusammen mit der Shanghai Dasheng Assets Co. (0,4 %).

Außer im Hafenumschlag ist die SIPG in fast allen Geschäftsfeldern rund um die Hafenwirtschaft aktiv. Sie vermietet Container, bietet Versandservices, stellt Schiffslotsen, Schlepper und unterhält Lager. Insgesamt betreibt die SIPG 125 Liegeplätze auf einer Kailänge von rund 20 km. An 82 Liegeplätzen können Schiffe über 10.000 dwt anlegen. Die SIPG betreibt Hallen mit einer Gesamtfläche von 300.000 m2 und Lagerplätze mit einer Gesamtfläche von 4,7 Mio. m2.

Mit der stürmischen Wirtschaftsentwicklung Chinas stieg der Shanghaier Hafen zum größten Containerhafen der Welt vor Singapur auf. Der Umschlag kletterte 2010 nach Angaben der Shanghai International Port Group um 16 % auf 29 Mio. TEU. Singapur meldete eine Steigerung von 10 % und schlug im vergangenen Jahr etwa 28 Mio. TEU um. Die­se gewaltigen Mengen verkraften die innerstädtischen Hafenanlagen nicht mehr, so dass die Stadt außerhalb Shanghais einen völlig neuen Tiefseehafen mit einer vorgelagerten Trabantenstadt und neuen Logistikparks errichtete.

Der neue Shanghaier Tiefseehafen Yang­shan befindet sich etwa 90 km südlich von Shanghai und ist über die 32,5 km lange Donghai-Brücke mit dem Festland verbunden. Neben der Donghai-Brücke entstand die von dem Hamburger Architekten Meinhard von Gerkan entworfene neue Stadt Lingang New City, in der in zehn Jahren 800.000 Menschen wohnen sollen. Zu Chinas Entwicklungskonzept in Richtung Hightech passt, dass als erstes großes Bauvorhaben im Jahr 2008 die 1912 gegründete Shanghai Ocean University in Lingang auf einem neuen rund 260 ha großen Campus ihre Arbeit aufnahm. Die Shanghai Ocean University mit etwa 14.000 Studen­ten lehrt und forscht auf den Gebieten der Ozeanographie, Fischereiwesen und Fangtechnik, Aquakultur und Nahrungsmittelverarbeitung. An ihr entstehen neue Studiengänge, welche den gesamten Bereich der marinebezogenen Wirtschaft abdecken sollen.

Um Lingang sind verschiedene Industrieparks angesiedelt. In der Luchao Free Trade Zone, direkt neben der 2005 fertiggestellten Donghai-Brücke gelegen, sind viele Logistikzentren und Schifffahrtsunternehmen angesiedelt. Wer über die sechsspurige Donghai-Brücke fährt, vorbei an Offshore-Windkraftanlagen, sieht aber deutlich die größte Schwäche der neuen Hafeninfrastruktur: Eine Eisenbahnanbindung fehlt völlig. Aufwändig müssen die immer zahlreicher werdenden Container von der Schiene auf Lastwagen umgeladen werden.

Die gesamte Kapazität des Yangshan ­Deep Water Port soll nach dem vollständigen Ausbau eine Kailänge von 5.600 m und 16 Liegeplätze umfassen. Zukünftig können dort die größten Containerschiffe mit voller Beladung bei jedem Wetter anlegen. Vergangenes Jahr lag der Umschlag bei mehr als 10 Mio. TEU, eine Steigerung von rund einem Drittel gegenüber 2009. Über den Yangshan Deep Water Port werden bereits 35 % des Gesamtvolumens der Shanghaier Häfen abgewickelt. Beim wasserseitigen Umschlag sind es 44 %.

Damit löst Yangshan den Waigauqiao Port als größten Shanghaier Containerhafen ab. Im Jahr 2008 kamen dort bei einem Containerumschlag von 15 Mio. TEU noch mehr als die Hälfte aller Container an. Die 1990 eingerichtete Shanghai Waigaoqiao Free Trade Zone war Chinas erste Freihandelszone und liegt nur etwa 20 km vom Stadtzentrum entfernt.

Der Shanghaier Hafen setzt neben neuen Logistikdienstleistungen auf Nachhaltigkeit und Energieeffizenz. Die SIPG erstellte mit einer Tochtergesellschaft des chinesischen Stahlriesen Baoshan ein modernes Umschlagzentrum für Erze, Kohle und fertige Stahlprodukte. »Die Eisen- und Stahlproduzenten müssen laufend ihre Kosten optimieren. Bessere Logistikprozesse senken unsere Kosten und machen uns wettbewerbsfähiger«, sagt ein Baoshan-Sprecher. Mit der Kooperation im Logistikzentrum Luojing kann Baoshan eine geschlossene Logistikkette inklusive Lagerung von Massengütern effektiv steuern und mit seinen Logistikpartnern kosteneffizent gestalten. In China haben lediglich 18 % der Industriebetriebe ihren Bezug von Rohstoffen ausgegliedert und nur 16 % ihre Auslieferung der Fertigprodukte. Hier bestehen noch hohe Einsparpotentiale – und es entstehen neue Geschäftsbereiche für Logistikdienstleister rund um den Hafenbetrieb.

Ningbo und Zhoushan

Die Wirtschaft Shanghais vernetzt sich zunehmend mit den boomenden Städten des Yangtse-Deltas (auf Chinesisch »Jangtsekiang«), das gewissermaßen das Nadelöhr der Weltfabrik China ist. Hier kommen die Rohstoffe herein und hier verlassen die Endprodukte die Volksrepublik. Viele Ozeanriesen werden umgeladen und die Waren auf kleinere Schiffe über die Flüsse weit ins Hinterland weitertransportiert. Aufgrund der Lage des neuen Shanghaier Containerhafens außerhalb der Stadt auf einer zu Zhoushan gehörenden Insel entwickelt sich in Richtung der Millionenstadt Ningbo allmählich ein riesiges Gebiet mit Dutzenden neuen Hafenanlagen, unzähligen Schiffsreparatur- und supermodernen Großwerften.

Platz zur Expansion ist im Umland reichlich vorhanden: Vor der Provinz Zhejiang befinden sich insgesamt 2.639 Inseln, die zum größten Teil unbesiedelt sind. Die Provinzregierung hat eine Liste von Inseln erstellt, die auf 30 Jahre zur Pacht freigegeben werden können. Die angebotenen Inseln liegen in der Umgebung der Städte Zhoushan, Ningbo, Taizhou und Wenzhou. Die größten haben eine Fläche von ca. einem Quadratkilometer, während die kleinsten etwa 500 m2 groß sind. Hier sollen hauptsächliche Betriebe der maritimen Wirtschaft angesiedelt werden.

Ningbo, die »ruhige Welle«

Der seit fünf Jahren kooperierende Ningbo-Zhoushan-Hafen, der über gegenseitige Finanzbeteiligungen verbunden wurde, hat 2010 etwa 630 Mio. t Waren umgeschlagen. Damit wurde er, gemessen an der gesamten Gütermenge, nach Shanghai (650 Mio. t.) der zweitgrößte Hafen der Welt. Die Ausmaße sind gigantisch: An insgesamt 723 Anlegestellen können Schiffe abgefertigt werden. Beim Containerumschlag holt der Ningbo-Zhoushan-Hafen ebenfalls auf. Allein im vergangenen Jahr stieg er um traumhafte 26,5 % auf 12 Mio. TEU, die bislang überwiegend in Ningbo umgeschlagen werden. Gegenüber liegt in Sichtweite der neue Containerhafen von Zhoushan, der erst im vergangenen Jahr in Betrieb ging.

Ningbo bedeutet auf Deutsch »ruhige Welle«. Dabei ist die Stadt mit heute 5,7 Mio. Einwohnern keinesfalls eine Oase der Ruhe. Sie entwickelt sich rasant, gleichzeitig schaut sie auf eine lange Hafentradition von mehr als 2000 Jahren zurück. »Wir haben hier also einen alten und zugleich modernen Hafen«, sagt Huang Weiping, Vertreter der Ningboer Hafenverwaltung. Seit 2005 werde er fortwährend ausgebaut. Insgesamt würden für den Ausbau rund 1 Mrd. US$ investiert. Dadurch ist Ningbo schon jetzt einer der größten »natürlichen« Tiefwasserhäfen der Welt. »Wir werden den jährlichen Umschlag auf knapp 10 Mio. TEU aufstocken«, kündigt Huang an.

Aktuelle Schwerpunktprojekte sind ein Containeranlegeplatz in der zollfreien Zone von Meishan, der Shihua-Anlegeplatz für Öl in Daxie sowie die Anlegeplätze Nummer 19 und 20 für flüssige Chemikalien und Nummer 22 und 23 für Frachtgüter in Zhenhai. Nach diesen Bauarbeiten wird die Umschlagkapazität von Gütern des Ningboer Hafens 366 Mio. t erreichen und die von Containern 2 Mio. TEU.

Der Hafenausbau ist Teil eines groß angelegten Projekts, mit dem man die Zahl der Tiefwasserliegeplätze von 20 auf 30 erhöhen möchte. Ningbo reagiert damit auf den Ausbau des Shanghaier Hafens. Um sich weitere Markanteile in China zu sichern, beteiligen sich der Hongkonger Hafenbetreiber Hutchison Whampoa, China Merchants, Cosco sowie CSX an den Ausbauprojekten in Ningbo.

In der Kooperation zwischen Ningbo und Zhou­shan sieht Hang große Synergien: »Die Integration der beiden Häfen ist ein wichtiger Schritt der Provinzregierung Zhejiang. Der Ningboer Hafen ist finanzkräftig und besitzt vergleichsweise viel Know-how für die künftige Hafenentwicklung, während der Zhoushaner Hafen über weniger Finanzen verfügt und nur unzureichend erschlossen ist.«

Bislang unterhält der Ningboer Hafen Schiffsverbindungen mit 518 in- und ausländischen Häfen. Bereits jetzt sei ein globales Seetransportnetz entstanden, erklärt Huang. Geografisch gesehen liege der Hafen genau in der Mitte zwischen dem Einzugsgebiet des Yangtse und der ostchinesischen Küste. Er profitiere vom dynamisch wachsenden Hinterland.

Die sieben Provinzen und zwei regierungsunmittelbare Städte entlang des Yangtses erwirtschaften mehr als 40 % des Bruttoinlandsprodukts des gesamten Landes. Ningbo liegt also nah an den internationalen Seefahrtrouten und fungiert als wichtiger Umschlagshafen. Transitcontainer, die aus Nordamerika kommen, werden von Ningbo aus nach Südostasien weitertransportiert. Gleiches gilt für den umgekehrten Seetransport. Während Shanghai eher Ausgangs- und Endhafen für die Region ist, wird in Ningbo mehr umgeschlagen und gelagert.

Der Containerhafen befindet sich im neuen modernen Stadtteil Beilun in der Seaside New Urban Area. Beilun liegt im Osten der Stadt und umfasst eine Wasserfläche von 258 m2 sowie 585 m2 an Landfläche. Dort leben 800.000 Menschen.

Der Seehafen von Beilun, der auch »Perle in der Krone« genannt wird, verfügt über Verbindungen zu 600 Zielhäfen, die sich in mehr als hundert Ländern weltweit befinden. Die meistbefahrenen Routen der internationalen Frachtschifflinien führen nach Hong Kong, Japan, Korea, Singapur, Europa und in die USA. Der Hafen verfügt über ein Containerfrachtvolumen von 7 Mio. TEU und ist damit der viertgrößte auf dem chinesischen Festland. Zudem kann Beilun Tanker mit einer Tragfähigkeit von 300.000 t handhaben. Darüber hinaus befindet sich im Beilun-Hafenbecken ein großer Kai, der dem Umschlag von Erz dient. Ningbo ist auch ein wichtiger Umschlagshafen für Kohleimporte aus Indonesien und Australien. Im vergangenen Jahr wurden dort 4,33 Mio. t mit einem Wert von 410 Mio. US$ umgeschlagen.

Neben dem Hafen setzt Ningbo auch auf die maritime Wirtschaft und Logistik. Mit der neuen Ningboer Wirtschaftlich-Technischen Entwicklungszone entstand ein Industriepark mit Logistikunternehmen, die ein vertikales Sammel-, Verteilungs- und Transportsystem mit Wassertransport, Straßen- und Luftverkehr bieten. Die Autofahrt von Ningbo nach Shanghai dauert lediglich eine Stunde. Der Binnenschiffsverkehr bei Ningbo wurde ausgebaut. Der 252 km lange Hangzhou-Ningbo-Kanal schließt sich an den Großen Kanal zwischen Hangzhou und Beijing an.

Zhoushan, boomende Inselschönheit

Die Shanghai und Ningbo vorgelagerte Inselgruppe Zhoushan ist der wichtigste Hafenstandort für Massengüter in China, dort befinden sich auch riesige Lager für Rohstoffe. Die Inselgruppe mit etwa einer Million Einwohnern liegt in der Hangzhou-Bucht und zählt 1.390 Inseln, wovon 58 größer als ein Quadratkilometer sind. Mit einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von 15 % lag Zhoushan in den vergangenen Jahren weit über dem Landesdurchschnitt. Die Wirtschaftsleistung beträgt pro Kopf etwa 8.000 US$. Zhoushan ist stolz auf seine lange Schifffahrtstradition und gilt als Chinas wichtigstes Fischereigebiet. Neben den riesigen Häfen, zahlreichen Werften und Massengüteranlagen ist die Anmutung einer traditionsreichen Fischerinsel noch zu spüren. Auf einigen Inseln mit schönen Stränden entwickelt sich die Tourismusindustrie rasant. Mit Putoshan beherbergt die Insel eines der wichtigsten Klöster Asiens und damit ein weiteres bedeutendes Tourismusziel. »Die besondere Herausforderung ist, die Schönheiten und guten Traditionen unserer Inseln zu bewahren, den Bürgern ein gutes Auskommen zu ermöglichen, die Natur zu schützen und die Hafen- und Schifffahrtswirtschaft zügig zu entwickeln«, sagt Zhou Guo Hui, Bürgermeister der Inselgruppe.

Insgesamt hat Zhoushan eine Küstenlänge von 2.444 km. Dabei gibt es 38 Sektoren mit Tiefwasser von mehr als 15 m vor der Küstenlinie mit einer Gesamtlänge von über 200 km. Daher eignet sich die Inselgruppe gut für Tiefwasserhäfen und den Massengüterumschlag. Schiffe mit einer Tonnage von 300.000 t könnten problemlos abgefertigt werden, sagt Lu Xianping von der Frankfurter China-Beratungsagentur M & L Economic Technology Co, die Kontakte in die Region vermittelt.

Ihre Hafenanlagen betreibt Zhoushan gemeinsam mit Ningbo und Shanghai. Dabei bestehen auch wechselseitige Kapitalbeteiligungen. »Dies hilft, die vielen unterschiedlichen Hafenprojekte im Yang­tse-Delta zu koordinieren«, erklärt Chen Tong Ping, Direktor des Zhoushan Economic and Trade Committee. Kooperationen gibt es mit zahlreichen Firmen und Organisationen, wie dem chinesischen Ölmulti Sinopec, der Hafenverwaltungsgesellschaft in Hongkong, Dubai Investment sowie niederländischen Hafenbetreibern. »Wir sind weiter für neue Partner offen. Dabei suchen wir nicht nur reine Investoren, sondern kompetente, erfahrene Partner, insbesondere im Bereich Containerumschlag«, so Chen.

Ihm zufolge verfügt Zhoushan noch über 165 km freie Tiefwasserküste. »Hier ist viel Platz für neue Hafenanlagen, vor allem für den internationalen Umschlag.« Bislang konzentriert sich Zhoushan hauptsächlich auf innerchinesische Verbindungen. Kooperationspartner werden auch für den Bereich Ausbildung gesucht. Chen: »Unsere Fachkräfte sollen sich in ausländischen Hafenbetrieben qualifizieren. Doch auch ausländische Mitarbeiter können zeitweise in Zhoushan arbeiten.«

Was den Umschlag an Massengütern anbelangt, sind die Hafenanlagen von Zhou­shan bereits die Nummer zwei in China. Nach dem Wachstumseinbruch durch die weltweite Finanzkrise boomt die Exportwirtschaft in der Provinz Zhejiang. Auf den Inseln Zhoushans entstanden riesige Lager, in der Rohstoffe zwischengelagert werden können. Doch auch moderne Containerhäfen und Autoverladeeinrichtungen entstehen dort.

Südlich der Hauptinsel Zhoushan liegt die Insel Aoshan. Hier unterhält der chinesische Ölmulti Sinochem seit 1990 eine der bedeutendsten Öllagerstätten der Welt. Die Sinochem Xingzhong Öl Staging (Zhou­shan) Co. ist ein chinesisch-ausländisches Joint-Venture. China, das vor einigen Jahren noch Öl exportierte, muss nicht zuletzt durch den stark zunehmenden Autoverkehr immer mehr Erdöl importieren. Neben Rohöl werden Diesel, Benzin, Heizöl, Kerosin, Naphtha, Wachsöl sowie Fischöl gelagert. Das Unternehmen vermietet auch Lagertanks und koordinierte Dienstleistungen wie Be- und Entladen, Speicherung und Überwachung. Der Tiefseewasserhafen von Sinochem ist 300 Tage im Jahr zugänglich.

China ist jetzt die zweitgrößte Verbrauchernation von Erdöl. Die Rohölimporte stiegen im Jahr 2010 um 17,4 % gegenüber dem Vorjahr auf 239 Mio. t. Das Importvolumen lag bei 134,9 Mrd. US$ (98,3 Mrd. €), das entspricht 42 % der gesamten Einfuhren der petrochemischen Industrie, teilt der Verband der petrochemischen Industrie Chinas mit.

Die strategische Lagerkapazität hatte Ende vergangenen Jahres 178 Mio. Barrel erreicht, die kommerzielle Bestandskapazität lag nach Verbandsangaben bei 168 Mio. Barrel. Insgesamt entsprach die kombinierte Reservekapazität der inländischen Nachfrage von 36 Tagen. Bis 2012 sollen die Kapazitäten für strategische Ölreserven auf 264 Mio. Barrel ausgebaut werden.

Sinochems Aoshan Oil Terminal verfügt über 2,56 Mio. m3 Lagerbehälter und fünf Molen, an denen Schiffe mit einer Größe bis 375.000 dwt anlegen können. Die jährliche Umschlagkapazität liegt bei mehr als 40 Mio. t. Das Unternehmen ist bis zu ISO 9001 für das Qualitätssicherungssystem BCI definiert. Im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz gilt die Spezifikation OHSAS 18001 und für das Umweltmanagementsystem ISO 14001. »Wir arbeiten hier nach internationalen Standards«, erklärt ein Sinochem-Sprecher. »Das Terminal modernisieren wir laufend und bauen wir weiter aus. So planen wir beispielsweise unterirdische Lagerstätten.« Die Autofahrt von der Hauptinsel in Richtung Festland geht über kilometerlange Brücken und gut ausgebaute Schnellstraßen, vorbei an Dutzenden von Schiffsreparaturwerften und Massengutlagern. Der von den Zhoushan Yongzhou Terminals betriebene neue Containerhafen liegt direkt gegenüber des Ningboer Containerhafens und zeigt die schnelle Entwicklung von Zhoushans Hafenwirtschaft.

»Den neuen Hafen betreiben wir in einem Joint Venture mit Ningbo«, sagt Jiang Yurun, Deputy General Manager von Zhoushan Yongzhou Terminals. Die erste Phase der Inbetriebnahme war Ende 2009. Zunächst werden von hier Container von großen Schiffen auf kleinere umgeladen, welche über die Flüsse ins Landesinnere fahren können. Bis Ende 2011 soll es eine gute Straßenanbindung geben, mit der die Container auf dem Landweg weitertransportiert werden. »Die Jahreskapazität wird dann 2,5 Mio. TEU betragen«, so Jiang. Bislang seien anderthalb Terminals mit einer Länge von 490 m in Betrieb. Insgesamt würden fünf Terminals mit einer Länge von 1.774 m gebaut. Die Tiefe betrage 18 m. Einen Teil des Terminals nutzt der chinesische Autokonzern Geely für Transporte, die hauptsächlich nach Afrika gehen.

Megacity – Megahafen Guangdong

Der bisherigen Weltfabrik Südchina droht durch die schnelle Wirtschaftsmodernisierung ein Bedeutungsverlust innerhalb Chinas. Mit dem Großprojekt »Turn the Pearl River Delta into One« sollen jetzt die Städte Guangzhou, Shenzhen, Foshan, Dongguan, Zhongshan, Zhuhai, Jiangmen, Huizhou und Zhaoqing zusammengeschlossen werden. Sie liegen im Kreis um die Mündung des Perlflusses und sind in weniger als einer Fahrtstunde von Hongkong aus zu erreichen. Die neun größten Städte in der Perlflussregion sollen zu einer Supermetropole mit 42 Mio. Einwohnern zusammenwachsen.

Die Kosten für das Projekt belaufen sich laut chinesischen Medienberichten auf etwa 2 Bill. Yuan (220 Mrd. €). Die neue Megastadt würde jährlich rund 350 Mrd. € erwirtschaften, dies wäre etwa ein Zehntel des chinesischen Bruttoinlandprodukts. Die größere Einwohnerzahl soll helfen, von der reinen Billigproduktion hin zu mehr Dienstleistungen, Kreativität und Kultur umzusteuern.

Die Regierung der Provinz Guangdong plant alleine 29 neue S-Bahn-Linien mit 5.000 km Gleisstrecke. Die seit 1907 bestehende Hamburger S-Bahn hat zum Vergleich eine Gesamtstreckenlänge von 144 km. Vom Stadtzentrum von Shenzhen aus soll eine U-Bahn ihre Passagiere sogar in nur 14 Minuten Fahrzeit nach Hongkong bringen. Ganz offensichtlich ist also auch eine stärkere Einbindung Hongkongs ans Festland geplant.

Für Logistiker wird Südchina mit Hongkong bereits jetzt weitgehend als ein Wirtschaftsraum gesehen. Es interessiert weniger, ob Container über Hongkong, Shenzhen oder Guangzhou verschifft werden. Service, Schnelligkeit und Preis sind ausschlaggebend. Die Terminals in Guangzhou, Shenzhen und Hongkong liegen nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Zusammen brachten sie es 2010 auf einen Umschlag von 60 Mio. TEU. Damit ist die Region das größte Seefrachtzentrum Chinas.

Guangdong trug 2010 mit etwa 30 % zu Chinas Exporten bei. Sie legten in der Provinz gegenüber dem Vorjahr um mehr als ein Viertel zu und erreichten mit über 450 Mrd. US$ einen Rekordwert. Immer weniger Billigprodukte kommen aus Südchina und immer mehr Hightech. Dennoch lag der Exportanteil Guangdongs Mitte der neunziger Jahre noch bei 40 % und ist seitdem kontinuierlich gesunken.

Die Löhne stiegen im vergangenen Jahr um durchschnittlich 20 % und auch für die nächsten Jahre wird mit ähnlich hohen Lohnsteigerungen gerechnet. Dies führt zu immer mehr Importen. Insgesamt führte der Exportgigant China Anfang des Jahres erstmals seit langem sogar mehr Waren ein als aus.

Hongkong – der »duftende Hafen«

Das an der Mündung des Perlflusses auf einer Halbinsel und 262 Inseln gelegene Territorium Hongkong war bis zum 30. Juni 1997 britische Kronkolonie und wurde danach vertragsgemäß an China zurückgegeben. Entgegen mancher Befürchtung wirkte sich die Wiedervereinigung auf Hongkong und seine Wirtschaft eher positiv aus. Unter dem Motto »Ein Land, zwei Systeme« gilt weiterhin der Hongkong-Dollar und das von den Briten gestaltete Rechtssystem. Doch hat die Hafenstadt jetzt das weite chinesische Hinterland und profitiert von Chinas stürmischer Wirtschaftsentwicklung.

Hongkong, übersetzt »duftender Hafen«, hat seine Stellung als größter Containerhafen der Welt jedoch verloren und liegt nun hinter Shanghai und Singapur auf Platz drei. Zwar sind die alten Hongkonger Hafenanlagen eine Touristenattraktion, aber der Ausbau der Häfen in den Sonderverwaltungszonen ist teuer. Auch die Abfertigungskosten sind in der ehemaligen Kronkolonie höher als in den benachbarten Häfen von Shenzhen und Guangzhou, die stärkere Wachstumsraten aufweisen. Doch teilweise bietet Hongkong noch bessere Dienstleistungen. Das hielt die weltgrößte Containerlinie Maersk indes nicht davon ab, ihre Verbindungen nach Hongkong um etwa ein Viertel zu reduzieren, wie sie im März ankündigte. Zuvor war sogar von einem Rückgang von einem Drittel die Rede gewesen. Die Routen werden ins benachbarte Guangzhou zum Oceangate Container Terminal verlagert, wo auch die firmeneignen Terminals der Tochterfirma APM liegen.

Insgesamt steigerte der Hongkonger Hafen nach Zahlen des Statistikamts 2010 sein umgeschlagenes Gütervolumen um 10 % gegenüber dem Vorjahr. Die Importe erhöhten sich auf 154,3 Mio. t, die Exporte auf 113,6 Mio. t. 32.650 Transport- und Frachtschiffe machten im vergangenen Jahr in Hongkong fest.

Hutchison Port Holdings (HPH) und Hongkong International Terminals (HIT) sind die weltweit größten Hafeninvestoren, -entwickler und -betreiber und in Europa, Nord- und Südamerika, Asien, dem Nahen Osten sowie in Afrika tätig. HPH ist eine Tochter des Mischkonzerns Hutchison Whampoa und hat seinen Sitz in Hongkong und in Shenzhen. Das Unternehmen arbeitet in fünf der sieben verkehrsreichsten Containerhäfen der Welt und ist am globalen Containerumschlag mit 13 % beteiligt. Im März ging HPH an die Börse. Der Börsengang war mit einem Volumen von 5,4 Mrd. US$ einer der größten Südostasiens.

Shenzhen – vom Dorf zum Welthafen

Besonders stürmisch entwickelte sich das Hafengeschäft im südchinesischen Shen­zhen, dem nach Hongkong viertgrößten Containerhafen der Welt. Zu Beginn der Öffnungspolitik vor drei Jahrzehnten war Shenzhen, die direkt an Hongkong angrenzende chinesische Grenzstadt, ein armes Dorf. Jetzt ist die Millionenstadt auf dem Weg, sich von der Billigproduktion der Weltfabrik China zu verabschieden und setzt auf Hightech und Dienstleistungen.

Der Hafen Shenzhen erzielte 2010 ein Containerwachstum von 23 % auf 22,5 Mio. TEU. Damit dürfte Shenzhen schon sehr bald Hongkong bei der Umschlagmenge überholen. Dabei setzen die Betreiber mehr auf Kooperationen als auf Konkurrenz. Das 2007 in Betrieb gegangene Shenzhener Da Chan Bay Terminal One gehört der Firma Dachan Bay Modern Port Development. Ihr Hauptanteilseigner ist mit 65 % die Hongkonger Modern Terminals, der älteste Terminalbetreiber der Stadt. Die übrigen 35 % gehören dem chinesischen Staatsunternehmen Shenzhen Dachan Bay Port Investment & Development. Seit Anfang 2010 bedient auch der Hapag-Lloyd-Dienst Pacific Atlantic Express (PAX) das Da Chan Bay Terminal One wöchentlich.


Dr. Thomas Kiefer