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Mit dem Kreuzfahrt-Terminalneubau in Altona hat die Hansestadt eine neue touristische und architektonische Visitenkarte. Der boomende Cruise-Standort ist damit für das weitere Wachstum gerüstet.

Sowohl architektonisch als auch operativ hat der auf einer zuvor als Parkplatz, für Events und von Beachclubs genutzten Fläche zwischen[ds_preview] dem ehemaligen England-Fährterminal und dem Dockland-Bürobau am Altonaer Fischmarkt errichtete zweite Hamburger »Bahnhof der Giganten« die Erwartungen nicht nur der Betreiber, sondern auch eines großen Teils der Öffentlichkeit erfüllt. Dazu tragen einige Besonderheiten bei, die den attraktiven Neubau von anderen Terminals der Welt abheben.

Die ursprünglich schon ein Jahr früher vorgesehene offizielle Einweihung des Hamburg Cruise Center Altona war am 5. Mai mit einem »Tag der offenen Tür« nachgeholt worden. Im Beisein von FEG-Geschäftführerin Petra Neykov, Altonas Bezirksamtleiter Jürgen Warmke-Rose und HHLA-Vorstand Stefan Behn, erster Vorstandsvorsitzender des Hamburg Cruise Center, zerschnitt Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz ein rotes Band und gab damit symbolisch die Rampe von der Abfertigungshalle zur Gangway frei.

»Mit dem Kreuzfahrtterminal Altona stärken wir den Kreuzfahrtstandort Hamburg und machen ihn zukunftssicher«, erklärte Scholz. Die Bedeutung der Kreuzschifffahrt für Hamburg habe in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. »Dieser Trend wird sich auch weiter fortsetzen«, zeigte sich Scholz überzeugt. Allerdings sei der positive Trend, dass die Reedereien immer mehr Schiffe nach Hamburg schicken wollen, mit nur einem Terminal nicht mehr zu bewältigen. 2010 sei mit 246.000 Passagieren ein Zuwachs von 94 % erzielt worden, womit man zum zweiten Mal wachstumsstärkster deutscher Kreuzfahrtstandort sei. Dieses Ergebnis dürfte 2011 mit 119 Anläufen noch übertroffen werden. Da die Entwicklung im Kreuzfahrtbereich hervorragende Perspektiven biete, gebe es bei der Behörde für Wirtschaft und Arbeit eine Kreuzfahrtinitiative mit dem Ziel, den Standort Hamburg zu stärken und gemeinsam mit der privaten Wirtschaft weiter voranzubringen. Die Rückmeldungen von den seit 1. April am neuen Terminal in Altona durchgeführten Abfertigungen seien »sehr positiv« und eine »ausgezeichnete Visitenkarte für unsere Stadt«, so Scholz.

47 Abfertigungen im Jahr 2011

Auch Stefan Behn unterstrich das große Potenzial, das die Kreuzfahrt für Hamburg biete und das mit weiteren Anstrengungen und Überlegungen genutzt werden solle. Mit dem neuen Terminal in Altona verfüge die Stadt neben dem provisorischen Terminal in der Hafencity jetzt über eine moderne Anlage, die alle operativen Anforderungen erfülle.

Bereits in diesem Jahr werden dort 47 Kreuzfahrtschiffe abgefertigt, im nächsten Jahr sollen es bereits 70 sein. Wie dringend die Elbmetropole einen zweiten voll funktionstüchtigen Kreuzfahrtterminal neben dem über zwei Liegeplätze verfügenden Terminal Grasbrook in der Hafencity benötigt, zeigt nicht nur die bereits »schleichend« erfolgte Inbetriebnahme der über 360 m Kailänge für Schiffe bis zu 300 m Länge verfügenden Anlage: Nachdem bereits am 15. August 2009 mit der »Aida Aura« das erste Schiff am zunächst instand gesetzten und erweiterten Edgar-Engelhard-Kai abgefertigt worden war, folgten zunehmend weitere Schiffe, für deren provisorische Abfertigung jeweils ein Zelt aufgestellt wurde.

Der Grundstein für das nach dem preisgekrönten Entwurf des Hamburger Architekturbüros Renner, Hainke, Wirth erstellte Terminalgebäude war erst am 15. März 2010 durch den damaligen Hamburger Finanzsenator Michael Freytag gelegt worden. Am 11. Oktober des gleichen Jahres konnte bereits die Fertigstellung des Rohbaus als Richtfest gefeiert werden. Aufgrund der lang anhaltenden Frostperioden des strengen Winters 2010 hatten die Bauarbeiten nicht so früh beginnen können wie zunächst geplant. Die ersten Bohrungen für die Pfahlgründungen, auf denen der Hochbau fußt, erfolgten erst Mitte März 2010. Zudem führten insbesondere die aufwendigen Gründungsarbeiten aufgrund schwieriger Bodenverhältnisse zu zeitlichen Verzögerungen und trugen letztendlich auch zu der vom Bundesrechnungshof gerügten Verteuerung des Gesamtprojekts einschließlich Kaimauerverlängerung von 12,5 auf 29 Mio. € bei.

Drittes Terminal benötigt?

Dabei hatte Gerd Drossel, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Hamburg Cruise Center, mehrfach angemahnt, wie dringend die Elbmetropole diesen zweiten Terminal benötigt, an dem am 1. April dieses Jahres die »Aida Sol« schließlich als erstes Schiff nach vollständiger Fertigstellung abgefertigt werden konnte. So habe der sich mit zweistelligen Zuwachsraten auch in Hamburg niederschlagende Kreuzfahrtboom dazu geführt, dass 2010 erstmals mehr als 100 Anläufe in einer Saison gezählt wurden. Für das laufende Jahr, in dessen zweiter Hälfte allein 70 Anläufe zu erwarten sind, rechne man mit insgesamt mehr als 119 Anläufen von Kreuzfahrtschiffen (+ 14,4 % gegenüber dem Vorjahr), wobei die Zahl der Passagiere auf mehr als 300.000 ansteigen dürfte. Für 2012 seien bereits rund 400.000 Passagiere zu erwarten. Langfristig sieht Drossel inzwischen die Notwendigkeit eines dritten Terminals, um Spitzen bei Großschiffankünften in der Hauptsaison angemessen abdecken zu können.

Wie das Hamburg Cruise Center Grasbrook in der Hafencity wird auch der von der städtischen FEG Fischereihafenentwicklungsgesellschaft als Bauherrin errichtete Terminal in Altona von der Hanseatic Cruise Centers GmbH (HCC) betrieben, an der die HHLA-Tochter Unikai und die Rostocker Reederei Aida Cruises zu je 50 % beteiligt sind. Aida ist der bedeutendste Kreuzfahrtkunde des Hamburger Hafens und stellt auch die meisten Anläufe in Altona.

Die dortige neue Terminalhalle mit mehr als 1.538 qm Grundfläche in einer Ebene passt nach Meinung von Altonas Bezirks­amtsleiter Jürgen Warmke-Rose mit seiner attraktiven Linienführung und transparenten Struktur »architektonisch gut in die Perlenkette an Altonas Elbufer« und habe zugleich die Akzeptanz der Bevölkerung gefunden. Da das 8 m hohe Gebäude mit Hochwasserschutz nicht die Gesamthöhe von 15,50 m über Normalnull überschreitet, wird der freie Blick vom so genannten »Altonaer Balkon« auf die Elbe kaum gestört.

Innovative Rampe und Gangway

Der Terminal hat eine Nutzfläche von insgesamt 3.100 qm. Die lichtdurchflutete Abfertigungshalle weist äußerlich durch ihren metallisch scharfkantigen, silbrigen Körper mit eingeschnittenen Fensterbändern sowie dem auslandenden Vordach und die schräg gestellte Eingangsfassade einen skulpturalen Charakter auf. Zur Wasserseite übernimmt die grün bedruckte Glasfassade den Sonnenschutz und verleiht dem tagsüber eher dunkel erscheinenden Glas einen frischen Akzent. Ihre völlig offene Grundrissgestaltung ermöglicht eine optimierte Funktionalität mit variablen Nutzungen auch für Veranstaltungen, wobei alle Nebennutzungen seitlich dieser Multifunktionsfläche vorgesehen sind.

Innovativ ist die 50 m lange behindertengerechte Rampe, die statt Treppen den Boden der Terminalhalle mit der in 4 m Höhe liegenden beweglichen Gangway an das Kreuzfahrtschiff anbindet. Logistisch ermöglicht diese Verbindung ohne den Einsatz von technischen Hilfsmitteln wie z.B. Rolltreppen oder Aufzugsgruppen – ein Aufzug steht dennoch zur Verfügung – einer großen Zahl von Passagieren gleichzeitig einen bequemen Zugang zum Schiff. Die vom spanischen Hersteller Team gelieferte Gangway verfügt über ein automatisches Tidenachführungssystem und bietet den Passagieren einen leichten und wettergeschützten Zugang an und von Bord.

Im Inneren gibt es sowohl einen polizeilichen Grenzkontrollpunkt als auch Einrichtungen des Zolls. Der Gepäcktransport wird im Gebäudezentrum abgewickelt, der in einer zweiten, eigenen Sicherheitszone stattfindet. Das ganzjährig betriebene Bistro mit eingehängter Galerie und 100 Sitzplätzen öffnet sich mit breiter Front auf der Südwestseite in Richtung Elbe.

Die vorgelagerte, mit einem Glaszaun windgeschützte Terrasse und die Möglichkeit der autarken Nutzung sollen für die zusätzliche Belebung des attraktiven Standorts sorgen. Da Trassen für eine mögliche Landstrom- oder Gasversorgung der Schiffe beim Bau freigehalten wurden, können – abhängig von den politischen Entscheidungen und technischen Voraussetzungen – beide Lösungen später implementiert werden.

»Farewell-Deck« auf dem Dach

Attraktiv gestaltet ist auch die 9 m breite Freitreppe am westlichen Eingangsbereich des Gebäudes, die auf ein öffentlich zugängliches 500 qm großes »Farewell-Deck« für 1.500 Personen auf dem mit einer blau-grünen Glasschüttung bedeckten Dach des Gebäudes führt, wobei für Behinderte auch eine Liftanlage zur Verfügung steht. Ursprünglich war sogar das komplette Dach als 2.375 qm große begehbare Fläche (Event-Deck) geplant, doch erforderten nach Angaben der Wirtschaftsbehörde Brandschutz- und Rauchabzugsvorgaben sowie Nutzungsanalysen eine Umplanung, was zudem auch noch zu Einsparungen bei den Baukosten geführt habe. Entgegen ursprünglichen Ankündigungen kann das »Farewell-Deck« derzeit nur während der Schiffsabfertigungen von der Öffentlichkeit genutzt werden, da die Haftungsfrage zwischen dem Bezirk Altona und der FEG nicht abschließend geklärt ist. FEG-Geschäftsführerin Petra Neykov und ihr Kollege Mario Mack gehen jedoch davon aus, dass hier in absehbarer Zeit eine Regelung getroffen wird, damit die Aussichtsterrasse auch außerhalb der Abfertigungen zugänglich gemacht werden kann.

Vor dem von einem Sicherheitszaun umgebenen Terminal befinden sich eine großzügige Parkfläche für 200 Kurzzeitparker sowie 15 Bus- und Taxispuren. Die wichtigste Aufgabe, bei der Gestaltung der Freianlagen die logistischen und sicherheitstechnischen Anforderungen mit den Bedürfnissen einer städtebaulichen Qualität in Übereinstimmung zu bringen, ist auch nach Ansicht von Skeptikern gelungen. Von Reedereikunden, Passagieren und »Sehleuten« wird das neue »Schmuckstück« an der Elbe unisono begrüßt.


Jens Meyer