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Die Offshore-Windenergie hat den Norddeutschen Seekabelwerken ein neues ertragreiches Geschäftsfeld beschert. Geschäftsführer Rudolf Stahl erhofft sich eine gleichbleibende Verteilung von Aufträgen.

Welche Bedeutung hat die Offshore-Windenergie für die Norddeutschen Seekabelwerke?

Rudolf Stahl: Die Industrie selbst, die jetzt seit[ds_preview] 2004 im Werden ist, hat eine sehr große, zukunftsträchtige, strategische Wichtigkeit für uns. Wir haben seit vielen Jahren versucht, in diesen Bereich einzudringen, hatten aber lange nicht die Möglichkeiten dazu. Mit dem neuen Besitzer General Cable hat sich das geändert.

Bis dahin fehlten Ihnen die finanziellen Mittel zum nötigen Ausbau?

Stahl: Genau. Wir waren rein auf Telekommunikation ausgerichtet und konnten mit der Maschinerie, die wir hier hatten, nicht so große Kabel herstellen, wie sie im Bereich der Offshore-Windenergie gebraucht werden. Es wäre uninteressant gewesen, wenn wir mit unseren kleinen Kabeln nur Teilelieferant gewesen wären – und da hat sich herausgestellt, dass wir hier etwas tun müssen.

Mit General Cable hat NSW 2007 einen neuen Eigentümer bekommen, der sehr schnell Geld für den Bau einer Energieseekabelfabrik bereitgestellt hat. Zwei Jahre später wurde die neue Produktionshalle offiziell in Betrieb genommen: Hat sich die Investition von 40 Mio. € schon gerechnet?

Stahl: Sie hat sich auf jeden Fall gelohnt. Wir sind jetzt in einem Markt drin, in dem unser Konzern vorher nicht vertreten war. Wir stecken noch in den Kinderschuhen und müssen etwas abwarten, weil sich die Abrechnung einiger Projekte noch ein bisschen hinziehen wird. Insofern sind wir gerade in der Hochfahrphase – wir können aber schon sehen, dass es einen wesentlichen Impuls für unser Ergebnis gibt.

Seit dem Herbst vorigen Jahres konnten Sie im Schnitt alle zwei Monate einen Auftrag aus dem Bereich Offshore-Windenergie vermelden. Wie wird es weitergehen?

Stahl: Wir haben ja seit 2004 in Deutschland sehr intensiv über die Offshore-Windindustrie gesprochen, haben sehr viel philosophiert. Die Dänen und die Engländer sind an uns vorbeigezogen: Die haben nicht geredet, die haben gemacht. Wir haben weitergeredet. Wir haben uns über alle möglichen Dinge unterhalten, über Einspeisevergütungen und die Frage, wer welche Steckdose auf hoher See baut. Wir waren sehr busy und haben eigentlich bis 2007/2008 nichts richtig auf die Beine bekommen. Das hat natürlich zur Folge gehabt, dass so eine Art Bugwelle entstanden ist, und was wir jetzt gerade sehen, ist die Abarbeitung dieser Bugwelle.

Wir erhoffen uns von der Industrie eine gleichbleibende Verteilung über die Jahre. Wir glauben, dass das über die nächsten Jahre leicht abebben wird, obwohl noch riesengroße Projekte vor uns liegen, aber wir glauben nicht, dass es in diesem Taktschlag weitergeht, weil das natürlich auch die Kapazitätsgrenzen der Industrie komplett aushebelt.

Mit dem Auftrag für 120 km Energiekabel, die den Windpark »Baltic 2« mit dem Festland verbinden, steigt NSW in die Produktion von Hochspannungsseekabeln ein. Wird sich damit der Schwerpunkt von der Innerparkverkabelung auf die Landanbindung von Offshore-Windparks verlagern?

Stahl: Nein, wir würden auch hier gerne eine vernünftige Verteilung von Aufträgen haben. Hochspannungsaufträge per se haben natürlich ein großes Volumen und sind darum interessant. Die drei Großen dieser Welt, Nexans, Prysmian und ABB, können die ganz großen Projekte machen: Die wollen wir nicht und die können wir auch nicht. Aber wir spielen in der mittleren Liga von Hochspannungskabeln und da würden wir uns gerne etablieren. Unsere Brot und Butter sind aber nach wie vor die Mittelspannungskabel und dann natürlich der Öl- und Gasbereich, den wir jetzt erweitern werden, und die Inselverbindungen.

Wo liegen die besonderen Herausforderungen bei der Produktion und Installation von Seekabeln?

Stahl: Die See selbst ist die größte Herausforderung. Die Kabelproduktion können sehr viele Hersteller, und es werden in Zukunft auch mehr Hersteller auf diesen Markt drängen, weil es eben so ein attraktiver Markt ist. In dem Moment, wo das Kabel geladen wird und auf See geht, wird es kompliziert. Von der Logistik, von den Kosten, von den Wetterbedingungen, von den Vorarbeiten: Da liegen die Herausforderungen.

Bei all den erfolgreichen Vertragsabschlüssen der vergangenen Monate: Haben Sie überhaupt noch Kapazitäten für weitere Aufträge?

Stahl: Die bisher abgeschlossenen Aufträge laufen bis ins Jahr 2014, das gibt uns natürlich gewisse Spielräume. Die Fähigkeit, kleine Kabel wesentlich schneller zu fertigen als große, zusammen mit einer guten Fabrikplanung, gibt uns die Möglichkeit, noch gewisse Lücken, die wir haben, zu stopfen. Aber wir sind schon am oberen Ende. Im Moment führen wir Verhandlungen, die gehen ebenfalls um Projekte in den Jahren 2013 und 2014. Etwas Spielraum haben wir da noch.

Wenn also jetzt jemand mit einer größeren Sache käme, dann müssten Sie ihm möglicherweise sagen: »Ab 2014 haben wir wieder Zeit«?

Stahl: Das könnte so sein, ja.

Die firmeneigene Barge »Nostag 10« soll nächstes Jahr bei »Baltic 2« und kurz darauf schon in der Nordsee bei den Windparks »Borkum West II« und »Meerwind« zur Kabellegung im Einsatz sein. Sehen Sie, nach den Erfahrungen Ihres Mitbewerbers bei »Baltic 1«, wo der ursprüngliche Zeitplan um mehrere Monate überschritten wurde, nicht die Gefahr, dass sich die Arbeiten in der Ostsee verzögern könnten und Sie dann nicht rechtzeitig zurück in der Nordsee wären?

Stahl: Wir sind in sehr enger Abstimmung mit unseren Kunden über dieses Thema, und auch der Kunde hat natürlich gewisse Verpflichtungen, seine Termine einzuhalten. Aber dadurch, dass die »Nostag 10« unter unserer Verantwortung ist, können wir das natürlich besser steuern als der Mitbewerber, der sich vom Markt bedienen musste. Von daher sehen wir aus heutiger Sicht hier kein Problem.

Bei der Innerparkverkabelung von »Global Tech I« arbeiten Sie mit Global Marine Systems zusammen und nutzen deren Installationsschiffe, für die Netzanbindung von »MEG 1« werden Sie ein Verlegeschiff chartern. Planen Sie den Bau weiterer Schiffe, um bei der Installation unabhängiger zu werden?

Stahl: Nein. Wir sind keine Reederei, sondern wir sind ein Kabelhersteller und ein Installateur. Wir haben mit der »Nostag 10« einen guten Schritt gemacht: Damit waren wir am Markt einzigartig und sind es nach wie vor in der Konstellation Kabelherstellung und Installation. Wir wollen allerdings jetzt unsere Fähigkeiten durch Werkzeuge erweitern, die wir flexibel gestalten können, um noch besser zu werden und noch mehr Leistung bieten zu können. Darüber hinaus haben wir Kooperationen mit Global Marine und vielleicht bald auch mit anderen, um den Restbereich abzudecken.

Bedeutet das, dass Sie mit mobiler Maschinerie auf gecharterten Schiffen arbeiten werden?

Stahl: So etwas wird kommen, ja, das ist eine der Möglichkeiten. Wie gesagt: Wir haben gecharterte Installationsschiffe, wir haben unser eigenes Schiff und dann haben wir eben auch unser Equipment, das wir variabel nutzen können. Es ist schwierig, heute ein voll ausgerüstetes Schiff von A nach B zu bringen. Mobiles Equipment können Sie hingegen irgendwo auf ein Containerschiff laden und dann zum Beispiel in Südafrika ausladen, das ist deutlich einfacher. Und Schiffe gibt es überall. Damit können wir unseren Wirkungskreis deutlich erhöhen, ohne dabei die Kosten aus den Augen zu verlieren.


Anne-Katrin Wehrmann