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Für mehr Sicherheit in Offshore-Windparks sind Bergwacht Bayern, Havariekommando Cuxhaven und CAE Elektronik eine ungewöhnliche Kooperation eingegangen. Sie bauen ein weltweit einzigartiges Trainingszentrum.

Zwar haben sich schon verschiedene Anbieter von Sicherheitstrainings auf dem Markt positioniert – was bislang allerdings fehlt, sind verbindliche Standards. Zudem[ds_preview] ist noch nicht abschließend geklärt, wer im Fall eines Unfalls auf einer Offshore-Windenergieanlage für die medizinische Versorgung zuständig ist. Angesichts der Tatsache, dass bei einem planmäßigen Ausbau der Windenergie auf hoher See schon in wenigen Jahren mehrere tausend Arbeits­kräfte in diesem Bereich tätig sein werden, besteht hier aus Sicht von Hans-Werner Monsees dringender Handlungsbedarf.

Der Leiter des Havariekommandos in Cuxhaven hatte schon bei der Nationalen Maritimen Konferenz Ende Mai in Wilhelms­haven gefordert: »Es muss eine Behörde den Auftrag bekommen, dass eine Notfallkette aufgestellt wird.« Zusammen mit der Forderung nach einheitlichen Ausbildungsstandards steht diese Aussage im Zentrum eines Stra­tegiepapiers zum Thema Sicher-

heitskon­zepte auf See, welches das Havariekommando erarbeitet hat und das derzeit von den Entscheidungsgremien diskutiert wird.

Retter und Opfer trainieren gemeinsam

Nicht nur die Arbeitskräfte müssen auf ihren Einsatz in Offshore-Windparks vorbereitet werden: Auch Bundespolizei, die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DgzRS) und eben das Havariekommando stehen vor völlig neuen Herausforderungen. Mit »Smast« (»Simulations-

gestütztes, maritimes Ausbildungs-, Schu­lungs- und Trainingszentrum«) ist nun Ende August in Cuxhaven der erste Baustein eines künftigen Rettungskonzepts vorgestellt worden. Voraussichtlich in Nordholz und damit verkehrsgünstig zwischen den wachsenden Offshore-Zentren Bremerhaven und Cuxhaven gelegen, soll ein großer Hallenkomplex entstehen, in dem unter anderem Schulungsräume, Simulatoren, unterschiedliche Wasserbecken und die Gondel eines Windrads untergebracht werden sollen – und in dem sich sowohl Arbeits- als auch Rettungskräfte ausbilden lassen können. »Wir werden dort die Situation haben, dass Retter und Opfer gemeinsam trainieren«, erläutert Monsees. »Das ist in dieser Form einmalig.«

Als Vorbild dient bei dem Projekt das Zentrum für Sicherheit und Ausbildung der Bergwacht Bayern, das nach Aussage von Bergwacht-Geschäftsführer Gerhard Opperer weltweit das einzige seiner Art ist. Das Besondere daran: Für die 1.500 m² große Trainingshalle in Bad Tölz wurde vor einigen Jahren der Prototyp eines Hubschrauber-Einsatz-Simulators entwickelt, der innerhalb der Halle an einer Krananlage schwebt, frei einsetzbar ist und damit rund um die Uhr kostengünstig und umweltschonend zur Verfügung steht. Unter realitätsnahen Bedingungen, die sowohl Lärm und Bewegungen des Hubschraubers als auch schlechtes Wetter und unterschiedliche Lichtverhältnisse umfassen, wird dort für den Notfall trainiert.

Einmal pro Jahr muss jeder Bergretter seine Ausbildung am Hubschrauber-Simulator auffrischen. »Es ist wichtig, dass die Abläufe in Fleisch und Blut übergehen«, sagt Opperer. Wie wichtig, das ist erst vor wenigen Wochen bei einer spektakulären Rettungsaktion im Allgäu deutlich geworden: Retter der Bergwacht Bayern befreiten 20 Menschen aus einer Gondel der Tegelbergbahn, nachdem sich ein Gleitschirmflieger in den Seilen der Anlage verfangen hatte.

Geplante Fertigstellung in zwei Jahren

Angepasst an das Umfeld der Offshore-Windenergie soll dieses Konzept jetzt eine Neuauflage an der Küste erfahren. Umsetzen will das Projekt die CAE Elektronik GmbH, die sich auf Simulationstechniken und Ausbildungslösungen für den zivilen und den militärischen Bereich spezialisiert hat. Zusammen mit der Bergwacht und unter Beratung des Havariekommandos arbeiten die künftigen Betreiber derzeit intensiv an den Details der geplanten Einrichtung, die in zwei Jahren fertig sein soll, wenn es nach CAE-Geschäftsführer Ulrich Aderhold geht. Für den Bau rechne er mit einem zweistelligen Millionenbetrag: »Wir werden sicher noch etwas Zeit brauchen, um weitere Finanzierungspartner zu finden«, so Aderhold.

Auch Fördergelder sollen für dieses Pilotprojekt beantragt werden, das sein Unternehmen anschließend weltweit vermarkten wolle. Der laufende Betrieb solle sich durch das Training finanzieren.

Havariekommando-Leiter Monsees betont, dass durch »Smast« kein Anbieter von Sicherheitsmaßnahmen vom Markt verdrängt werden solle. Angesichts der Dynamik der Branche werde es für alle genug zu tun geben: »Aber wir müssen jetzt weg von Einzelinitiativen hin zu großen, netzwerk­artigen Lösungen. Ein solches Konzept lebt von der Zusammenarbeit aller Partner.« So könne er sich zum Beispiel vorstellen, dass in Nordholz künftig Zusatzbausteine für schon vorhandene Erstausbildungen angeboten werden. Zudem werde das neue Zentrum neben den Schwerpunkten Ausbildung und Training auch die besonderen Erfordernisse der Sicherheitsforschung, der Standardisierung und der Zertifizierung unterstützen. Über einen kooperativen Beirat, dem unter anderem das Havariekommando angehören solle, würden die Erfahrungen vieler Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben in das Konzept einfließen. »Und nicht zuletzt sind wir in Gesprächen mit der Offshore-Industrie, um zu erfahren, was dort gewünscht und gebraucht wird«, so Monsees.

Für Behörden, Organisationen und Unternehmen, die sich für »Smast« interessieren, dort trainieren oder bei der Entwicklung mitarbeiten möchten, sind zwei E-Mail-Adressen freigeschaltet worden: smast@cae.de sowie smast@havariekommando.de.
Anne-Katrin Wehrmann