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»Die See ist eine Brücke – sie verbindet Länder und Völker«, sagte einst der Naturforscher Alexander von Humboldt (1769–1859). Der nach ihm benannte neue Traditionssegler wurde in Bremerhaven getauft.

Mehrere hundert Zuschauer verfolgten die Schiffstaufe des neuen Großseglers »Alexander von Humboldt II« im Neuen Hafen in Bremerhaven. Zu dem[ds_preview] besonderen Taufanlass Ende September hatte die Deutsche Stiftung Sail Training (DSST) als Eigentümerin und Betreiberin des Segelschulschiffs geladen. Bereits am Tag zuvor formierte sich auf der Weser ein einzigartiges Empfangskomitee aus Traditionsschiffen, Schleppern und Einsatzbooten, um die neue Bark mit dem grünen Rumpf in ihrer Heimatstadt angemessen zu empfangen.

Brigitte Rönner, Mutter des Chefs der Bauwerft, wünschte der grünen Bark stets »fröhliche Besatzungen und allzeit gute Fahrt«. Diedrich Rickens, Vorstandssprecher der DSST, freute sich über das neue Schiff: »Auf der alten ›Alex‹ war oft nicht ausreichend Platz vorhanden, um allen Interessierten eine Koje anbieten zu können. Auf dem neuen Schiff können bis zu 79 Personen mitfahren, 20 mehr als bisher.« Zudem, so Rickens weiter, erfüllt die »Alex II« internationale Sicherheitsbestimmungen und wird nach IMO-Regularien betrieben, was das Anlaufen von Häfen – insbesondere in den USA – nun problemlos möglich macht.

Doch auch auf einem so modernen Schiff lässt sich traditionelle Seefahrt erleben, wie Reimer Peters vom Projektteam erläutert: »Dieser Dreimaster ist zwar ganz neu, aber trotzdem sehr traditionell aufgebaut.« Bei der Sicherheit geht es weniger traditionell zu: Moderne Ausstattung wie elektronische Seekarten, Satellitentelefon und schnelle Einsatzboote stehen der Besatzung in doppelter Ausführung zur Verfügung. Auch unter Deck geht es komfortabler zu als auf alten Traditionsseglern: Es gibt Ein- bis Vier-Mann-Kabinen, alle verfügen über eine eigene Dusche und Toilette. Das Schiff ist voll klimatisiert.

Die bisherigen grünen Segel gehören jetzt allerdings der Vergangenheit an. Darlehensgeber verlangten dies als Bedingung für die Finanzierung des Neubaus. »Man möchte damit gerne vom Image des Bierschiffs wegkommen. Die Farbe des Rumpfes bleibt jedoch als eine Referenz an die Rickmers-Reederei erhalten«, so Peters, der langjährige Kapitän der »Grünen Lady«.

50.000 Mitsegler auf alter »Alex«

Mit dem Umbau des Feuerschiffs »Kiel« zum Segelschulschiff begann die Arbeit der Stiftung, die dieses Jahr ihr 25. Jubiläum feiert. Manfred Hövener, der 1986 den Umbau zum stolzen grünen Großsegler mit initiiert hatte, freute sich über die Nachfolgerin. »Ein bisschen wehmütig bin ich schon, angesichts der Außerdienststellung der alten ›Alex‹, aber das neue Schiff bietet einfach viel mehr Möglichkeiten. Und das Wichtigste«, ergänzt DSST-Pionier Hövener, »ist, dass der gemeinnützige Stiftungszweck, nämlich traditionelle Seemannschaft zu lehren, weiter verfolgt werden kann.« Genau so, wie es fast 25 Jahre lang auf der alten »Alex« gewesen ist. Über 500.000 Seemeilen haben rund 50.000 Mitsegler mit dem weltbekannten Botschafter der Meere hinter sich gebracht. »Die ›Alex‹ ist somit das europaweit erfolgreichste Jugendprojekt aller Zeiten«, sagte Hövener stolz.

Mitsegeln kann jeder. Die erste Winterreise führte den Dreimaster im Oktober von Bremerhaven über mehrere europäische Festlandhäfen und Madeira ins Segelrevier der Kanaren. Im neuen Jahr läuft die »Alex II« die Kapverdischen Inseln an, bevor es über Portugal weiter nach Irland geht. Im April 2012 wird die Bark im Heimathafen Bremerhaven zurück erwartet.

Die alte »Alex« bleibt nach Abschluss der letzten Gästefahrten bis auf Weiteres an ihrem angestammten Liegeplatz in Bremerhaven vertäut. Auch wenn sie außer Dienst gestellt ist, hat sie noch bis ins Jahr 2013 eine Zulassung. Die DSST ist weiterhin bemüht, das Schiff zu veräußern, ein Verkaufspreis von 3,8 Mio. € wird angestrebt. Wenn es allerdings nach dem Wunsch der meisten Seglerfreunde geht, dürfte einem Verbleib in der Heimatstadt nichts entgegenstehen, doch sind beide Schiffe aus finanziellen Gründen für die DSST nicht zu halten.

Kiellegung war bereits 2008

Die Gesamtkosten für den Bau der »Alexander von Humboldt II« betrugen 15 Mio. €. Gebaut wurde der neue Dreimaster bei der zur Bremerhavener Rönner-Gruppe gehörenden BVT Brenn- und Verformtechnik Bremen GmbH an den Standorten in Bremen und Bremerhaven. Die offizielle Kiellegung erfolgte bereits im Dezember 2008. Dabei handelte es sich jedoch nur um einen symbolischen juristischen Akt: Da am 1. Januar 2009 neue Sicherheitsbestimmungen für Passa-

gierschiffe der International Maritime Organization (IMO) in Kraft traten, konnten nur Schiffe den Status nach den alten Vorschriften beibehalten und klassifiziert werden, die spätestens bis zum Jahresende 2008 auf Kiel gelegt wurden. Die neue »Alexander von Humboldt II« ist zwar kein Passagierschiff, wird aber als solches von der IMO eingestuft. Erst am 2. August 2010 unterzeichneten Vertreter der DSST und der Bauwerft BVT in Bremerhaven den eigentlichen Vertrag für den Neubau, im Herbst 2010 war dann Baubeginn, der im Schiffsbauregister Bremen unter der Nr. 279 eingetragen wurde.

Damit wurde nach 17 Jahren wieder ein Großsegler in Deutschland gebaut, nachdem die Kreuzfahrtreederei Peter Deilmann aus Neustadt / Holstein zuletzt im Jahr 1994 die Barkentine »Lili Marleen« für 50 Passagiere bei der Elsflether Werft AG bauen ließ. Dieses mittlerweile in Malaysia verkehrende Segelschiff ist 73,98 m lang und verfügt über eine Segelfläche von 1.200 m2.

»Palau« hievt den Segler in die Weser

Mit dem Projektabschluss des Rohbaus erfolgte am 25. Mai dieses Jahres die Wasserung des neuen Seglers auf der BVT-Werft in Bremen Nord. Für den Transport von der alten Vulkan-Werfthalle zur Pier an der Weser hatte BVT die Reederei Harren & Partner mit ihrem Schwergutfrachter »Palau« (11.000 TDW) mit ins Boot geholt. Das Spezialschiff für Schwergut- und Projektladung kann mit seinen zwei Kranen bis zu 900 t heben. Sogenannte SPMT (Self Propelled Module Transporter) dienten dabei als Transportmittel für den rund 800 t schweren Stahlkasko. Im Schritttempo wurde der 65 m lange und 10 m breite Schiffskörper auf den 500 m langen Weg von der Bauhalle zur Pier gebracht. Die zwei Krane der »Palau« hievten, mit Unterstützung von Ballastoperationen, die schwere Ladung an und setzten sie langsam in die Weser. Nach etwa zwei Stunden schwebte das Segelschiff über der Pier. Zwei Schlepper zogen die »Palau« von der Pier. In den entstandenen Zwischenraum von 30 m wurde die »Alex II« abgesetzt. Noch am gleichen Tag wurde der Rumpf zur Endausrüstung zur neuen BVT-Betriebsstätte in Bremerhaven bei der ehemaligen Rickmers-Werft geschleppt.

Die Segelfläche, aufgeteilt auf 24 Segel, ist 1.360 m2 groß. Der Großmast ist 33 m lang, in der Takelage wurden rund 3.500 m Draht­seile, 5.000 m Tauwerk und weitere 6.000 Kleinteile verarbeitet. Die aus Eschenholz gefertigte Galionsfigur hat der bekannte Schiffsbildhauer Claus Hartmann gefertigt, immerhin schon die 31. Figur des weltweit bekannten Künstlers, der auf der Weserinsel Harriersand lebt.