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Hybride Lösungen steigern die Wirtschaftlichkeit und verbessern die Umweltfreundlichkeit der Schiffsantriebe. Auf der Europort 2011 auf dem Rotterdamer Messegelände Ahoy standen sie im Mittelpunkt des Interesses. Allerdings sah es in puncto Neuheiten auf der Messe ansonsten eher mau aus.

Die Europort hat unverändert einen regionalen Charakter, da sie überwie­gend von den Landesvertretungen der großen Unternehmen aus der Schiffbauzulieferindustrie[ds_preview] beschickt wird.

Das wirkt sich besonders bei der Antriebstechnik aus. Nur noch wenige echte Neuheiten kommen in Rotterdam zur Ausstellung, und hat ein Hersteller etwas Neues zu zeigen, dann fehlt teilweise das Informationsmaterial. In einem Fall stammte das Material sogar von der SMM 2010. Da stellt sich schon die Frage, wie ernst diese Messe von der internationalen Industrie genommen wird.

Selbstverständlich wurde auch in Rotterdam über alternative Kraftstoffe und entsprechende Antriebe gesprochen, doch das Regelwerk für die Binnenschifffahrt sieht im Gegensatz zur Seeschifffahrt in absehbarer Zeit keine dramatischen Verschärfungen vor. Insofern war Erdgas weniger das Thema, sondern eher wirtschaftliche Antriebslösungen, die zu geringsten Schadstoffemissionen führen, ohne dass hierfür außergewöhnliche Aufwendungen notwendig werden.

Betrachtet man das Angebot der Dieselmotorenhersteller für den Bereich der Binnenschifffahrt oder auch der Fischereifahrzeuge im Detail, so ist festzustellen, dass die Einspritztechnik der meisten Motoren noch recht konventionell ausgeführt ist. Es überwiegt unverändert die mechanisch-hydraulische Einspritzung, mit der die Grenzwerte der ZKR Stufe II für die Binnenschifffahrt und ebenfalls die der IMO Stufe II für die Seeschifffahrt eingehalten werden können. Allen Herstellern ist bewusst, dass sie innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre neue Lösungen entwickeln müssen, um die Abgasgrenzwerte der nächsten Stufen zu erreichen. Das wird, da ist man sich weitgehend einig, zu Akzeptanzproblemen führen.

Von einem Motorenhersteller war zu hören, dass die Fischer in seinem Land als einzige elektronische Bauteile an ihren Motoren die Sensoren für die Motorüberwachung akzeptieren. Wie ohne Elektronik am Motor die Grenzwerte der IMO Stufe III eingehalten werden sollen, kann gegenwärtig niemand sagen. Hier ist Aufklärung gleich von mehreren Seiten erforderlich. Wer sich hinsichtlich Navigation auf GPS und Radar verlässt, sollte auch der elektronischen Motorsteuerung und -überwachung einiges zutrauen. Zugegeben, was die Autofahrer an ihren Fahrzeugen am meisten ärgert, sind – völlig unabhängig von der Marke – die häufigen Störungen der Elektronik. Doch die Luftfahrttechnik beweist Tag für Tag, dass Elektronik selbst unter extremen Bedingungen auch einwandfrei funktionieren kann. Und am Motor ist nur in wenigen Fällen Redundanz erforderlich. Fragt man die Hersteller elektronischer Motorregler nach einer Statistik zu Fehlern oder Ausfällen, so wird darauf verwiesen, dass es so wenig Ausfälle gibt und daher eine statistische Erfassung nicht lohnt.

Hybridantriebe gewinnen an Bedeutung

Welche Akzeptanz die Hybridtechnik vor diesem Hintergrund erreichen wird, bleibt abzuwarten. Zweifellos bietet sie ein großes wirtschaftliches Potenzial, besonders für kleine Schiffe mit unterschiedlichen Leistungsanforderungen bei ihren Einsatzprofilen. Das trifft für Binnenschiffe auf Flüssen ebenso zu wie für Fischereifahrzeuge. Betrachtet man die unterschiedlichen Leistungsanforderungen für die Fahrt zu Berg und zu Tal und berücksichtigt weiter den Ladezustand, dann lässt sich rasch erkennen, dass eine Aufteilung der Motorleistung auf mehrere Einheiten durchaus zu Einsparungen beim Kraftstoffverbrauch führen kann. Und weniger Kraftstoff bedeutet sofort weniger Emissionen. Auf den ersten Blick könnte das bedeuten, eine diesel-elektrische Antriebsanlage sei die Lösung. Sicher können damit bei gegebenem Einsatzprofil und gut ausgewählten Aggregaten schon deutliche Einsparungen erzielt werden, damit wird das Einsparungspotenzial aber noch nicht voll ausgeschöpft. Das erreicht man erst mit einer hybriden Antriebsanlage.

Was heißt nun »hybrid«? Im Lexikon ist zu lesen: »von zweierlei Herkunft«. Für den Antrieb eines Fahrzeugs heißt das, dass zwei unterschiedliche Energieträger, jeweils allein oder gemeinsam, über ein gemeinsames Getriebe auf den Antrieb des Fahrzeugs wirken, wobei der Energiefluss nicht nur in der einen Richtung gehen kann. Nimmt zum Beispiel ein Propeller nicht die volle Leistung eines Dieselmotors ab, kann die verbleibende Leistung über das Getriebe auf den dann als Generator arbeitenden Elektromotor geleitet werden. Ist ausreichend Akkumulatorenkapazität an Bord vorhanden, lässt sich die elektrische Energie speichern und bei Spitzenlastbetrieb wieder nutzen. Über den Hybridantrieb von Siemens, mit dem auch auf kleinen Schiffen die Vorteile diesel-elektrischer Anlagen genutzt werden können, ist an dieser Stelle schon berichtet worden. Siemens kooperiert auf diesem Gebiet mit ZF Marine. Das Unternehmen hat neue Hybridgetriebe entwickelt und bewährte Konstruktionen so modifiziert, dass sie mit einem zweiten Eintrieb für hybride Antriebsanlagen verwendet werden können. Reintjes hatte schon zur SMM 2010 seine Hybridgetriebe der Öffentlichkeit vorgestellt, die auch in Rotterdam einen Schwerpunkt auf dem Stand bildeten. Zur Verfügung stehen sechs Modelle für den Leistungsbereich von 400 bis 1.500 kW. Reintjes stellt damit ausdrücklich auf die Revierfahrt mit sehr niedrigen Leistungen der Hauptmaschine ab, bei denen die Drehzahl der Dieselmotoren unterhalb der Leerlaufdrehzahl liegen würde. Mit den Hybridgetrieben kann die angeforderte Leistung von einem Elektromotor erbracht werden, der seine Leistung von einem Bordaggregat oder aus Akkumulatoren bezieht. Hierfür ist ein Leistungsbereich von 60 bis 100 kW vorgesehen, wobei die E-Maschine auch als Generator laufen und zum Aufladen der Akkumulatoren genutzt werden kann. Die Getriebe sind als Wende-Untersetzungsgetriebe mit hydraulischen Kupplungen konzipiert.

Eine interessante Variante eines Hybridantriebs stellte Veth Propulsion auf der Europort vor. Dabei handelt es sich um eine Anlage mit einem Ruderpropeller, dessen oberes Getriebe so ausgebildet ist, dass es um 90° versetzt den Eintrieb eines Dieselmotors und eines Elektromotors ermög­licht. Veth verweist auf die Vorteile der hybriden Lösung, die sich unabhängig von den Vorteilen des Ruderpropellers ergeben, da bei unterschiedlichen Leistungsanforderungen zwischen drei Möglichkeiten des Antriebs gewählt werden kann: rein elektrischer Antrieb bei niedriger Leistung, Antrieb mit dem Dieselmotor bei normalen Leistungen und kombiniert mit Diesel- und Elektromotor gleichzeitig bei höchstem Leistungsbedarf. Die E-Maschine ist auch in diesem Fall als Generator nutzbar, falls die Leistung des Dieselmotors nicht voll für den Antrieb des Schiffes genutzt wird. Nach Angaben des Unternehmens kann der E-Motor bis zu 30 % der gesamten Antriebsleistung übernehmen. Leider hat Veth keine Leistungsangaben veröffentlicht und verweist darauf, dass alle Anlagen individuelle Lösungen sind.

Die wohl vielseitigste Lösung für einen Hybridantrieb bietet ein neues Getriebe von Masson. Um die Investition für eine Antriebs­anlage niedrig zu halten, schlägt das Unternehmen zum Beispiel vor, die für den Antrieb eines Binnenschiffs benötigte Leistung auf bis zu drei Dieselmotoren zu verteilen. Diese wären preisgünstig als komplette Aggregate einschließlich zugelassener Abgasnachbehandlungsanlage aus dem Nutzfahrzeugbereich zu beziehen. Über das Getriebe könnten dann zwei Dieselmotoren und ein Elektromotor direkt auf den Antrieb wirken, womit sich eine optimale Leistungsverteilung ergäbe, die zu niedrigem Kraftstoffverbrauch und geringsten Emissionen führen würde. Mit dem Bau eines ersten Schiffes mit einer derartigen Antriebsanlage soll in Kürze in den Niederlanden begonnen werden, so die Aussage von ADS van Stigt, der niederländischen Vertretung von Masson.

Neue Ruderpropeller

Schon vor der Europort war in Fachkreisen zu hören, dass Jastram vor einem neuen Start mit Ruderpropellern steht. Das Hamburger Unternehmen war bereits in den 1970er Jahren erfolgreich auf diesem Gebiet tätig. In Rotterdam wurden nun zwei Modelle einer hydrodynamisch optimierten Neuentwicklung für Haupt- und Nebenantriebe mit verschiedenen Einbauvarianten vorgestellt. Sie sind für den Einsatz in der Binnen- und in der Seeschiffahrt zugelassen.

Der Ruderpropeller vom Typ RP 230 ist für die Übertragung von Leistungen zwischen 100 und 230 kW und der Typ RP 380 für 175 bis 380 kW ausgelegt. Die maximalen Eingangsdrehzahlen liegen zwischen 1.800 und 2.100 min-1, die Propellerdurchmesser zwischen 800 und 1.250 mm. Als Antrieb kommen schnelllaufende Dieselmotoren oder Elektromotoren in Frage. Die Propeller können mit oder ohne Düse ausgeführt werden. Je nach Anwendungsfall werden für die Drehwerke Schnecken- oder Stirnradgetriebe verwendet.

Wärmerückgewinnung aus dem Abgas

»Dampf« heißt das neue Thema bei Voith, und dafür wurde gleich ein neues Unternehmen in den Niederlanden gegründet, die Voith Turbo Marine SteamTrac BV in Twello, die am 1. Oktober 2011 ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Unter der Markenbezeichnung »Voith SteamTrac« stellte das Unternehmen in Rotterdam auf der Basis bekannter Komponenten ein neues System zur Wärmerückgewinnung aus dem Abgas von Dieselmotoren vor.

Die Abgaswärme wird zur Erzeugung von überhitztem Dampf in einem Wärmetauscher genutzt, der in den Abgasstrang der Hauptmaschine integriert wird. Der Dampf treibt einen Dampfmotor an und der ent­spannte Dampf wird einem Kondensator zugeführt, der in den Motorkühlkreislauf integriert ist. Die mit dem Dampfmotor gewonnene mechanische Energie kann nun entweder für den Antrieb verschiedener Geräte an Bord genutzt oder der Welle des Hauptantriebs zugeführt werden.

Bislang hat Voith vier Dampfmotoren für den Leistungsbereich von 40 bis 360 kW entwickelt. In Ausführungen mit zwei, vier und sechs Zylindern stehen Antriebe für 40, 100 und 150 kW zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es einen »großen« Vierzylindermotor, der eine Leistung von 360 kW abgeben kann. Die maximale Drehzahl der Motoren liegt bei 3.500 min-1. Der maximale Dampfdruck beträgt 60 bar und die maximale Temperatur 400 °C. Erprobt wird eine Zweizylinder-Dampfanlage inzwischen auf einem Schubschiff von ThyssenKrupp Veerhaven BV auf dem Rhein, das von drei Achtzylindermotoren der Baureihe M 20 von Caterpillar Motor angetrieben wird. Die Anlage ist in den Abgasstrang eines dieser Motoren eingebaut.

Dieselmotoren für Haupt- und Hilfsantriebe

Schwerpunkt der Messepräsentation der MTU Friedrichshafen war in Rotterdam der neue Start mit der konstruktiv überarbeiteten Baureihe 2000, aus der für den Arbeitsbootbereich Motoren mit 12 und 16 Zylindern angeboten werden.

Die Markteinführung der Motoren erfolgt nach ausgedehnter Felderprobung mit mehreren Einheiten und mehr als 20.000 Betriebsstunden. Für Hauptantriebe werden maximale Dauerleistungen von 600 bis 800 kW bei Drehzahlen zwischen 1.500 und 1.800 min-1 angeboten. Zum Antrieb von Bordaggregaten stehen bei 50 Hz 498 bis 770 kW und bei 60 Hz 600 bis 930 kW zur Verfügung. Die Motoren entsprechen in allen Ausführungen den Abgasrichtlinien von IMO und ZKR Stufe II. Die MTU betont besonders die optimierten Wartungskosten und damit die reduzierten Lebensdauerkosten der neuen Ausführungen.


Hans-Jürgen Reuß