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Das Großherzogtum will die Zahl der bisher im Luxemburger Schifffahrtsregister

eingetragenen Seeschiffe weiter erhöhen und seinen Bekanntheitsgrad als maritimer Standort steigern. Die Voraussetzungen hierfür sind gut.

Derzeit sind im Luxemburger Schifffahrtsregister 240 Schiffe verschiedener Klassen und Größen eingetragen, einschließlich kommerziell genutzter Mega-

yachten. Das Durchschnittsalter der[ds_preview] Schiffe liegt bei 6,3 Jahren. Die Zahl der im Luxemburger Register eingetragenen Schiffe hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. Diese Tendenz ist weiterhin steigend, insbesondere durch Spezialfahrzeuge wie Baggerschiffe und Versorger für Ölplattformen und andere Offshore-Einsatzbereiche.

Wenn nun gemäß den Richtlinien für Schifffahrtsbeihilfen (EU State Guidelines) und dem daraus folgenden Beschluss des Verbands Deutscher Reeder (VDR), 60 % der von deutschen Reedern gemanagten Schiffe unter eine EU-Flagge zu bringen, umgesetzt wird, sollten die deutschen Reeder die Möglichkeiten in Luxemburg als Schifffahrtsstandort und auch als Flaggenstaat beachten.

Internationaler Finanzplatz

In der Fondsabwicklung liegt Luxemburg nach den USA weltweit auf Rang zwei mit insgesamt 3.817 Fonds. Diese Fonds werden von 185 Fondsgesellschaften verwaltet, die rund 2.450 Mitarbeiter beschäftigten. Es handelt sich dabei um ein Vermögen von 2.086 Mrd. €. Die 142 Banken vor Ort, davon 44 deutsche, mit insgesamt über 26.000 Mitarbeitern verzeichnen eine Bilanzsumme von 776 Mrd. €. Die 316 »Gewerbetreibenden« (PSFs) mit mehr als 14.000 Beschäftigten weisen eine Bilanzsumme von 14 Mrd. € auf.

Mit einem geschätzten verwalteten Vermögen von 320 Mrd. € liegt Luxemburg im Private Banking an erster Stelle. Zudem ist das Großherzogtum Europas führender Standort für Captive-Rückversicherungen. Letztes Jahr hat die Industrial and Commercial Bank of China ihren europäischen Sitz in Luxemburg eingerichtet. Das Emirat Katar erwarb sowohl die KBL European Private Bankers als auch die Dexia Bil. Eine weitere Internationalisierung und zunehmender Wettbewerb mit Singapur, Malaysia, Katar, Saudi Arabien wird prognostiziert.

Trotz der Unsicherheiten an den internationalen Finanzmärkten in den vergangenen Jahren sind die operativen Ergebnisse im Banken- und Fondssektor noch zufriedenstellend. Luxemburg wird von den Ratingagenturen Moody’s, S&P und Fitch weiterhin mit AAA bewertet und stellt sich der Konkurrenz anderer Finanzplätze wie Singapur, Hongkong und der Schweiz (im Private Banking) erfolgreich. Für die Finanzierung von Schiffen bietet Luxemburg als Bankenplatz damit eine gute Basis.

Politik- und Wirtschaftsstandort

Mit lediglich zwei politischen Hierarchie­ebenen, zwölf Ministerien und 116 Gemeinderäten ist das Großherzogtum überschaubar. Jeder kennt hier jeden. Diese Überschaubarkeit und die daraus folgenden kurzen Kommunikations- und Behördenwege ermöglichen die vielbesagte Flexibilität. Entscheidungen können oft unkompliziert und mit kurzen Zeitverläufen realisiert werden.

Im Luxemburger Stadtteil Kirchberg sind zahlreiche Organe und Behörden der Europäischen Union vertreten, wie etwa das Sekretariat des EU-Parlaments, Dienststellen der Kommission, die Sitze des Rechnungshofs und des Gerichtshofs sowie der Europäischen Investitionsbank. Zudem residieren in der Stadt über 140 Botschaften und Konsulate.

In den vergangenen Jahrzehnten tätigte der Staat massive Investitionen und wird dies auch künftig tun, was zu einem starken Wirtschaftswachstum und einer stabilen Infrastruktur führen dürfte. Im Industrie- und Dienstleistungssektor seien beispielhaft einige große Unternehmen genannt, die ihren Sitz in Luxemburg haben und / oder mit Produktionswerken vertreten sind: ArcelorMittal, SES, Goodyear, Cargolux, DuPont, RTL, Amazon, eBay, Skype und viele andere.

Mit der Diversifikationsstrategie wird durch die Ansiedlung internationaler ­Forschung & Entwicklung im Hightech-­Bereich, insbesondere in IT, Biotechnologie und Medizintechnik, ein neuer Wirtschaftszweig entwickelt, um eine zu starke Konzentration auf den Banken- und Finanzsektor zu verhindern.

Von den mehr als 520.000 Einwohnern mit über 120 verschiedenen Nationalitäten sind fast die Hälfte Ausländer (81.300 Portugiesen, 31.000 Franzosen, 18.000 Italiener, 17.000 Belgier, 12.000 Deutsche, 6.000 Briten, 4.000 Niederländer etc.) Die doppelte Staatsbürgerschaft ist für Ausländer möglich. Es ist in der Tat ein soziales »Multikulti« auf hohem Niveau. Offizielle Landessprachen sind Luxemburgisch, Deutsch und Französisch. Englisch ist internationale Geschäftssprache. Bedingt durch die inzwischen zweite und dritte eingebürgerte Generation von Italienern und Portugiesen kommen noch die Sprachen Portugiesisch und Italienisch hinzu.

Nicht unerwähnt bleiben sollten die rund 150.000 Grenzgänger, die tagtäglich aus Frankreich, Belgien und Deutschland nach Luxemburg zur Arbeit fahren.

Schifffahrtsregister

Die Schifffahrtsbehörde, das Commissariat aux Affaires Maritimes (CAM), die direkt dem Wirtschaftsminister unterstellt ist, ist einziger behördlicher Ansprechpartner für Schifffahrtsfragen. Das CAM regelt alle Angelegenheiten in der Seeschifffahrt, stellt z.B. Registerzertifikate aus und übernimmt die Flag State Control. Im Jahr 2000 wurde das CAM mit dem Qualitäts-Label DIN ISO 9001 zertifiziert.

Luxemburg ist sowohl Mitglied in der Weltschifffahrtsorganisation IMO als auch in der Internationalen Arbeitsorganisation ILO. So hat Luxemburg als fünfter Staat im November 2011 die Maritime Labour Convention (MLC) 2006 ratifiziert. Zu den von Luxemburg akzeptierten Klassifizierungsgesellschaften gehören sämtliche namhaften wie etwa ABS, Bureau Veritas, DNV, Germanischer Lloyd, Lloyd‘s Register, NKK und RINA. Als Flaggenstaat steht Luxemburg im obersten Bereich auf der White List des Paris MOU.

Um in Luxemburg eine Reederei gründen zu können, beispielsweise in der Rechtsform einer S.A. (Société Anonyme, quasi analog einer AG) oder S.à r.l. (Société à responsabilité limitée, quasi analog einer GmbH), benötigt diese Gesellschaft die ministerielle Genehmigung als EMA (Entreprise Maritime Agrée). Dieses setzt einen akkreditierten Schiffsmanager voraus, genannt »Dirigeant d´Entreprise Maritime«. Solch ein akkreditierter Schiffsmanager kann mehrere Schifffahrtsgesellschaften oder Schiffe betreuen. Ein »Dirigeant d´Entreprise Maritime« kann auch als natürliche Person die physische Präsenz in Luxemburg einnehmen und die Interessen einer Reederei vertreten, ohne an eine juristische Rechtsform gebunden zu sein. Aus Gründen der Haftung ist aber stets für den Einzelfall zu prüfen, ob dies sinnvoll ist.

Für die in Luxemburg ansässigen Reedereien ist die Bareboat-Charter-out-Registrierung der Schiffe möglich. Das heißt, das Eigentum ist in Luxemburg angesiedelt und das Schiff wird in ein anderes Land ausgeflaggt. Bareboat Charter-in, das heißt der umgekehrte Weg der Einflaggung, ist ebenfalls möglich. Zudem sind provisorische, zeitlich limitierte Registrierungen erhältlich. Single-Voyage-Zertifikate werden z.B. problemlos ausgestellt. Im Einzelfall sind nach Prüfung der Problematik Ausnahmegenehmigungen des Ministers möglich.

Schifffahrtspersonal

Der Kapitän eines Schiffes muss EU-Bürger sein. Ausnahmen können aber auch hier durch den Minister genehmigt werden. Ist zum Beispiel ein Schiff komplett mit einer Crew aus einem Nicht-EU-Land besetzt, kann es sinnvoll sein, auf einen Kapitän zurückzugreifen, der aus dem gleichen Land stammt, um via Sprache und Kulturverständnis die personelle maritime Sicherheit zu gewährleisten.

Dagegen ist die Nationalität anderer Offiziere oder die des übrigen Bordpersonals nicht eingeschränkt. Sämtliche Patente, die innerhalb eines EU-Landes ausgestellt wurden, sind anerkannt. Patente aus einem Nicht-EU-Land werden im Einzelfall vom CAM geprüft und können gemäß der Europäischen Richtlinie 2008/106/EG über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten anerkannt werden.

Sozialgesetzgebung

Alle Seeleute mit einem Luxemburger Seefahrtsbuch müssen grundsätzlich sozial­versichert sein. In der Regel schließt ein Seemann mit der in Luxemburg ansässigen Reederei einen Heuervertrag ab, so dass vergleichsweise günstige Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 3,05 % und zur Rentenversicherung in Höhe von 8 % jeweils für Arbeitnehmer und Arbeitgeber anfallen. Seeleute aus EU-Staaten können auch in ihrem Heimatland versichert sein. Da Luxemburg mit sehr vielen Staaten ein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat, besteht auch die Möglichkeit der Anerkennung der Sozialversicherung mit Ländern außerhalb der EU. Bei Seeleuten aus Nicht-EU-Ländern, die kein Sozialversicherungsabkommen mit Luxemburg abgeschlossen haben, bleibt noch die Möglichkeit einer privaten Sozialversicherung.

In Luxemburg besteht eine Mindestlohnregelung. Es gibt auch einen Index, der sich an den Lebenshaltungskosten orientiert. Für Seepersonal existieren Ausnahmen. Mit den landeseigenen Gewerkschaften besteht ein Kollektivertrag, der sich unter anderem bei Europäern an ITF-Löhnen orientiert. Für Seeleute fallen 10 % pauschale Lohnsteuer an, die auf 90 % des Bruttolohnes berechnet wird, was effektiv zwischen 3 % und 7 % ausmacht.

Steuerliche Vorteile für Reedereien

Die existierenden steuerlichen Bedingungen in Luxemburg stellen einen attraktiven Rahmen und eine interessante Alternative zum deutschen Tonnagesteuergesetz dar. Eine Reederei wird in Luxemburg wie alle anderen Gesellschaften besteuert, hat aber auch das Recht auf die verschienen Abschreibungsmöglichkeiten, die es erlauben, den anfallenden Steuersatz zu senken. Je nach Geschäftsmodell stellt dies eine durchaus interessante Variante dar.

Ausblick

Im Februar dieses Jahres hat der neue Wirtschaftsminister Luxemburgs, Etienne Schneider, sein Amt angetreten. Es ist davon auszugehen, dass er das Schifffahrtsregister aktiv weiterentwickelt. Hier bietet sich ihm in Verbindung mit dem Finanzministerium, geführt von Luc Frieden, an, die Attraktivität des Großherzogtums als Schifffahrtsstandort herauszustellen. Nach einer angemessenen Einarbeitungszeit des neuen Ministers in sein Amt müssten im Frühjahr bereits entsprechende Signale sichtbar werden, wohin die Reise Luxemburgs betreffend seines Schifffahrtsregisters geht.

FKpt d.R. Heinz D. Merz