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In deutschen Häfen bahnen sich erste Bunker-Projekte für LNG als Schiffstreibstoff an. So ist Brunsbüttel Ports jüngst eine entsprechende Kooperation mit dem norwegischen Unternehmen Gasnor eingegangen. Was noch fehlt, sind international anerkannte Richtlinien zur Bebunkerung

Die noch vor nicht langer Zeit geltende Wahrnehmung, nach der LNG nur eine kleinräumige oder zu vernachlässigende Lösung ist, gilt[ds_preview] in der Schifffahrtsbranche inzwischen als überholt. So könnte theoretisch beispielsweise der gesamte in der Ostsee verbrauchte Treibstoff durch LNG ersetzt werden, doch dies würde ein enormes Bunkervolumen voraussetzen. Für ganz Europa wäre die Menge mindestens zehnmal so hoch. Noch gibt es in Europa nur wenige LNG-Importterminals, aber zahlreiche sind ­ge­plant.

So haben Brunsbüttel Ports und Gasnor gerade entsprechende Pläne zur LNG-Bebunkerung am Elbehafen bekannt gegeben. Vorbehaltlich der ausstehenden behördlichen Genehmigung wird der Hafenbetreiber Gasnor Flächen für LNG-Tanks in unmittelbarer Kainähe zur Verfügung stellen. Seit November 2011 ist bereits die Bebunkerung mittels LNG-Tankwagen möglich, die das Gas nach Brunsbüttel anliefern. Nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens und sobald die Abgabemengen steigen, wird der Bau der LNG-Lagertanks erfolgen. Die Bebunkerung sowie die zukünftige Anlieferung von LNG per Seeschiff zur Versorgung des Tanklagers läuft über die schon jetzt vorhandene Gefahrgutpier. Hier wird aktuell bereits LPG umgeschlagen.

»Entscheidendes Signal für den Seeverkehr«

»Durch unsere Positionierung als LNG-Bunkerstation bewegen wir uns weiter in Richtung der immer stärker geforderten ›grünen Häfen‹ und setzen unser Engagement bei zukunftsweisenden Umweltthemen fort«, sagt der Geschäftsführer von Brunsbüttel Ports, Frank Schnabel. Jörg Langkabel, bei der Klassifikationsgesellschaft DNV Country Manager für Deutschland, fügt hinzu: »Die Tatsache, dass der Hafen Brunsbüttel LNG für Schiffe vorhält, ist ein entscheidendes Signal für den Seeverkehr.«

DNV hat an mehreren Untersuchungen zu verschiedenen LNG-Importterminals in Europa mitgearbeitet, beispielsweise in Antwerpen, und an einer »Machbarkeitsstudie für die Infrastruktur einer LNG-Bunkerstation und Prüfung von Empfehlungen« mitgewirkt, die im Oktober 2011 von der dänischen Seeschifffahrtbehörde veröffent­licht wurde. Der Bericht geht ­davon aus, dass LNG dann zu einem wettbewerbs­fähigen Treibstoff werden kann, wenn mehr kleine und mittelgroße Häfen Maßnahmen zur Einführung von Erdgas-Bunkereinrichtungen ergreifen.

Skandinavien ist bei der Hafeninfrastruktur Vorreiter

Die meisten bestehenden europäischen Terminals mit Ausnahme einiger Einrichtungen in Norwegen und Schweden zielen auf große LNG-Schiffe ab. 14 norwegische Terminals sind für die Vorhaltung von LNG als Schiffstreibstoff ausgelegt, vier davon werden bereits als Bunkersta­tionen genutzt. Außerhalb Norwegens entstehen kleinere Bunkereinheiten für LNG-Schiffe in den Terminals von Zeebrügge und Rotterdam. Der Betrieb soll hier 2014 aufgenommen werden. Darüber hinaus bestehen Pläne für kleinere LNG-Terminals, d. h. mit einer Speicherkapazität von weniger als 100.000 m3, in Rostock, Göteborg und Turku. Auch in Swinoujscie, Padilski und Porvoo sind kleinere Bebunkerungseinrichtungen geplant.

Das in Deutschland unter Mitarbeit von DNV gestartete Bungas-Projekt ist die Fortführung des Göteborg-Projektes, bei dem die Sicherheit der Bebunkerung von RoPax-Schiffen mit LNG im Rahmen der normalen Be- und Entladevorgänge von

50 Minuten Dauer beurteilt wurde. Der Betrieb wurde bei einer Umschlagrate von 300 t LNG pro Stunde für möglich befunden, wobei von den 50 Minuten allerdings 20 für An- und Ablegemanöver des Bunkerfahrzeuges abgehen, also für das eigentliche Bunkern von 150 t LNG lediglich 30 Minuten bleiben.

Es gab keine schwerwiegenden Sicherheitsbedenken, sodass der Klassifizierer grundsätzlich grünes Licht gegeben hat. Das Bungas-Projekt mit zum Teil neuen Industriepartnern hat nun zum Ziel, die erforderlichen technischen und organisatorischen Lösungen für ein LNG-Bebunkerungssystem von Schiff zu Schiff zu entwickeln, das die Bebunkerung von Handels-

schiffen ermöglicht.

ISO-Norm für Bebunkerung geplant

In vielen Regionen gibt es bereits Bestimmungen und Vorschriften zur Verwendung von LNG. Die Weltschifffahrtsorgani-

sation IMO hat vorläufige Richtlinien für eine Vorschrift für gasbetriebene Schiffe

herausgegeben. Auch die meisten Klassifikationsgesellschaften haben bereits Vorschriften und Verfahrensabläufe zur Be-bunkerung festgelegt. Darüber hinaus hat DNV die Bildung eines Projektteams innerhalb der Normierungsorganisation ISO vorgeschlagen und steht diesem nun auch vor, um international anerkannte Regeln zur LNG-Bebunkerung zu erarbeiten.

»Bis jetzt gibt es keinerlei Richtlinien oder Normen für die Bebunkerung, die auf internationaler Ebene Bestand haben«, erklärt DNV-Projektleiter Erik Skramstad. »Durch die Zusammen­arbeit mit der ISO können wir den gegenwärtigen Teufelskreis auflösen, in dem die Schiffseigner zögern, auf Erdgas zu setzen, solange der Treibstoff in den Häfen nicht verfügbar ist, und die Häfen sich nicht darum reißen, in LNG-Einrichtungen zu investieren, solange keine Flotten LNG-betriebener Schiffe gebaut werden.«

Schwerpunkte der neuen Richtlinie sind Vorschriften zu den Anlagen, zur Wartung, Schulung und Notfallplanung mit dem Ziel, die gesetzlich geforderten Sicherheitsvorschriften und die Anforderungen der Branche an standardisierte und praktikable Betriebsabläufe zu erfüllen.

Geplant ist hierzu auch eine Verzahnung mit dem sich in Entwicklung befindlichen IMO-IGF-Code für Schiffe (Internationaler Code für den Bau und die Ausrüstung von Schiffen, die Flüssiggas als Massengut befördern) sowie mit den Hafen- und landseitigen Normen EN1473 und NFPA 59A. Die Entwicklung der Richtlinie erfolgt außerdem in Abstimmung mit der derzeit laufenden Arbeit der ISO für LNG-betriebene Anlagen im Güterkraftverkehr. Das im Juni 2011 gegründete Projektteam besteht aus 25 Vertretern aus zehn Ländern, darunter China, Deutschland, Japan, Großbritannien und die USA. Ein Inhaltsverzeichnis und eine Gliederung des Dokuments wurden bereits erstellt mit dem Ziel, die Ausarbeitung eines Entwurfs Ende 2012 bzw. Anfang 2013 durch das Projektteam abgeschlossen zu haben.
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