Pleiten, Pech und Pannen

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Was haben große Bauvorhaben in Deutschland gemeinsam? Wenn man ketzerisch ist, könnte man sie auf die schlichte Formel »Pleiten, Pech[ds_preview] und Pannen« bringen. Euphemistisch ausgedrückt, ist ihr Baufortschritt – zeitlich und technisch – nicht selten suboptimal, die Kosten liegen über dem geplanten oberen Rand, und begleitet werden sie von kontroversen Debatten.

Man muss für diese Bestandsaufnahme, die außer den verantwortlichen Politikern und Bauträgern wohl kaum jemand bestreiten würde, aktuell nur die folgenden Projekte betrachten: den – vielleicht doch noch irgendwann startklaren – Berliner Großflughafen in Schönefeld, den Bahnhofszankapfel »Stutt­gart 21«, das Hamburger Luxuskonzerthaus Elbphilharmonie, die Never Ending Story Elbvertiefung sowie den zurzeit noch etwas löchrigen JadeWeserPort in Wilhelmshaven. Nun lässt sich freilich der Bau eines Konzerthauses nicht mit dem eines (Flug-)Hafens vergleichen. Eklatant ist aber die Feststellung, dass kaum einmal, wenn in Deutschland Bagger anrollen und Krane rotieren, am Ende alles glattgeht.

Die Ursachen hierfür dürften vielseitig sein: Wir sind – zum Glück – ein demokratischer Rechtsstaat, in dem Einwände von betroffenen Menschen (meist) gehört werden – seien es Altländer Apfelbauern oder baden-württembergische »Wutbürger«. Wir sind auch ein vergleichsweise umweltbewusstes Land, sodass selbst die Belange von Feldmäusen oder Kröten Beachtung finden. Und wir sind ein föderales Land, in dem sich sogar Politiker der eigenen Partei in die Quere kommen, wenn es um ihre Landesinteressen geht (siehe bis vor kurzem Niedersachsens und Hamburgs CDU).

Zum anderen sind wir aber auch ein Land, in dem Politiker selten den Mut haben, die zu erwartenden wirklichen Kosten von Bauprojekten zu nennen. Und der Föderalismus, der unbestritten seine guten Seiten hat, schlägt nicht selten in Kleinstaaterei um, wie die nicht vorhandene maritime Strategie in den Nordländern zeigt. Sonst wäre die Elbe längst vertieft, und den JadeWeserPort würde es entweder nicht geben oder Hamburg hätte sich längst daran beteiligt. Ein letzter, völlig unerklärlicher Punkt ist, dass Bauarbeiten und Ingenieurs­pläne »made in Germany« offenbar nicht mehr das Qualitäts­versprechen des schwarz-rot-goldenen Gü-

tesiegels halten. Dies war zuletzt in Wilhelmshaven, Berlin und Hamburg so.

Deutsche-Bahn-Chef Rüdiger Grube hatte auf dem Höhepunkt der »Stuttgart 21«-

Querelen gewarnt, dass große Bau- und Infrastrukturmaßnahmen in Deutschland fast undurchführbar geworden sind. Mit dieser Feststellung hat er zweifelsfrei Recht. Wir müssen aufpassen, dass wir uns im Ausland nicht lächerlich machen angesichts von Chinesen oder Arabern, die Flughäfen, Tiefwasserterminals oder Wolkenkratzer in wenigen Jahren in die Landschaft klotzen. Freilich gelten dabei Beeinträchtigungen von Mensch und Natur so gut wie nichts. Die Planung findet zentral statt und Geld ist zuhauf verfügbar. Daher hinkt der Vergleich.

Dennoch sollten wir den Status quo bei uns schleunigst hinterfragen. Ein Mittelweg wäre angebracht: Interessen gegeneinander abwägen, aber auch Prioritäten setzen. Miteinander sprechen, aber sich nicht sturköpfig blockieren. Zudem sollten die Verantwortlichen endlich ehrlich mit den Bürgern umgehen. Und schließlich ist es an der Zeit, dass hierzulande technisch und organisatorisch wieder auf höchstem Niveau gearbeitet wird. Dann müssen wir uns auch nicht über Luftschlösser und versenkte Steuergelder ärgern.


Nikos Späth