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Sietas hat im März die Doppelendfähre »Lolland« ex »Samsø« an die dänische Reederei Færgen abgeliefert. Das Schwesterschiff »Langeland« folgte unlängst, ein dritter Neubau wurde infolge der Insolvenz der Werft storniert.

Die erste der beiden neuen Doppelendfähren, die die Hamburger Werft J. J. Sietas unter ihrer Bau-Nr. 1295 für die[ds_preview] dänische Reederei Færgen fertigte, verließ Hamburg Anfang März dieses Jahres und lief durch den Nord-Ostsee-Kanal in die dänische Inselwelt nach Svendborg. Dort erfolgten Restarbeiten, umfangreiche Tests und das Training der Besatzungen.

Am 23. März begann mit der Taufe auf den Namen »Lolland« im Hafen von Spods­bjerg – als Taufpatin fungierte Bente Dam Kristensen, die Ehefrau des dänischen Transportministers – eine neue Ära für die Reederei Færgen. Im April nahm der Neubau seinen Dienst auf der Strecke über den Langelandsbælt zwischen den dänischen Inseln Langeland und Lolland auf. Sein Einsatz bedeutet eine Kapazitätserhöhung von 142 % je Schiff. Noch vor der Hochsaison verstärkt das Ende Mai abgelieferte Schwes­terschiff »Langeland« diese Linie. Die Fähren zwischen Spodsbjerg (Lolland) und Tårs (Langeland) verkehren jede Stunde in beide Richtungen. Die Überfahrt dauert 45 und die Umkehrzeit 15 Minuten. Für die Passagiere entfällt durch das deutlich erhöhte Fassungsvermögen eine Vorreservierung. Das bedeutet mehr Flexibilität für Urlauber in der dänischen Südsee.

Reederei Færgen

Seit dem 1. Oktober 2010 trägt die neu strukturierte Reederei ihren Namen Færgen (deutsch: »Die Fähre«). Zuvor operierte sie unter dem Namen Nordic Ferry Services (NFS). Sie betreibt die innerdänischen Routen zwischen Als und Fünen (»AlsFærgen«), Jütland und Fanø (»FanøFærgen«), Langeland und Lolland (»LangelandsFærgen«), Samsø und Jütland/Seeland (»Samsø Færgen«) sowie die Routen von Bornholm (»BornholmerFærgen«) nach Köge (Seeland) sowie Ystad (Schweden) und in der Sommersaison auch nach Sassnitz.

Der Aufsichtsratsvorsitzende von NFS, Per Gullestrup, hob bei der neuen Namensgebung hervor: »Die Passagierfähren sind so etwas wie die Lebensadern der Inselregionen, und wir freuen uns über unsere Aufgabe, Dänen näher zusammenzubringen. Deshalb haben wir einen Namen gewählt, der unsere dänische Identität und Wurzeln hervorhebt sowie unser Anliegen, das Band zwischen den Regionen zu stärken, klar zum Ausdruck bringt. Wir konzentrieren uns nun ausschließlich auf die innerdänischen Routen, um den Passagieren einen bestmöglichen Service zu bieten.«

Ursprünglich hatten die Clipper Group und Bornholmstrafikken (zu diesem Zeitpunkt noch eine Aktiengesellschaft unter Führung des dänischen Staates) am 16. April 2007 das Joint Venture Nordic Ferry Services (NFS) gegründet. Beide Partner hielten jeweils 50 % an diesem neuen Unternehmen. Die Clipper Group kaufte sich gleichzeitig komplett bei Scandlines Sydfynske sowie zu 30 % bei Mols-Linien ein. Außerdem erhöhte Clipper die Beteiligung an DFDS im Jahr 2009 auf 15 %. Die Wurzeln der Clipper-Gruppe reichen bis in die 1970er Jahre zurück. 1972 hatten zwei Dänen Armada Shipping APS gegründet und 1978 die beiden Reedereien Armada Lines und Armada Shipping Inc. Die internationalen Aktivitäten und Firmensitze lagen dabei vorwiegend im Ausland. 1992 wurden erste Neubauten in eigener Regie bestellt.

Heute betreibt Clipper über 200 Schiffe weltweit, von denen etwa die Hälfte in eigenem Besitz ist. Diese Flotte besteht mehrheitlich aus Massengutschiffen in den Größenklassen Panamax, Handymax, Handysize sowie Einheiten für Projekt- und Schwergut­ladung. Auch bei Tankern, Fähr- und Kreuzfahrtschiffen ist Clipper aktiv. In jüngster Vergangenheit fielen neben den Fährschiffaktivitäten bei Færgen vor allem die Investitionen in neue Frachtfähren für die Irische See bei Seatruck auf.

Neubauten für »LangelandFærgen«

Mit der Umstrukturierung der Fährlinien innerhalb der Inselwelt in der dänischen Südsee hatte noch NFS vor zwei Jahren drei neue Doppelendfähren bei der Sietas-Werft in Hamburg bestellt. Mit der Insolvenz der Werft im Herbst 2011 gerieten auch diese Neubauaufträge in Frage. Hiervon direkt betroffen war der fast fertige Prototyp, der schon den Namen »Samsø« trug. Zwischen der Reederei und der Insolvenzverwalter wurde dann zum Jahresende entschieden, dass Færgen zunächst nur zwei Fähren für die zuvor erwähnte Langeland-Linie abnimmt.

Diese optimierten Doppelendfähren für den innerdänischen Dienst zwischen den Inseln der dänischen Südsee sind fast 100 m lang, 18,20 m breit und haben 3 m Tiefgang. Sie können auf 624 m Spurlänge in insgesamt acht Pkw-Spuren auf dem Hauptdeck und dem Zwischendeck an Backbord-Seite 122 Autos stauen. Lkw und Trailer können auf drei breiteren Spuren mit bis zu 5 m lichter Höhe auf Steuerbord-Seite untergebracht werden. Die Fahrzeuge gelangen über landseitige kurze Rampen bei hochgeklappten Bug- bzw. Heckvisieren auf das Hauptdeck und über die abgesenkten Sektionen des dreiteiligen Hängedecks auf das Zwischendeck. Passagiere erreichen die oberen Decks über Treppen und Lifte, die im seitlich nach Backbord versetzten Mittelschacht angeordnet sind. Dieser seitliche Versatz ergibt sich aus der größeren Breite der drei Lkw-Spuren an Steuerbord und folgt dem Wunsch, auch extrem lange (30–60 m) Konstruktionsteile für Windkraftanlagen an Bord aufnehmen zu können, die gerade noch auf der Straße transportiert werden können.

Das Passagierdeck über den Autodecks wird durch Treppen und einen Lift von diesen Decks sowie über landseitige Terminalzugänge direkt erreicht. Der 800 m² große Innenraum ist in zwei Passagierräume mit Cafeteria, Lounge und Toiletten aufgeteilt, nach vorne und hinten schließen sich Außendecksflächen an. Hier finden insgesamt 600 Personen Platz. Im Winter reduziert sich die Zahl auf 450. Über dem Passagierdeck liegt das Besatzungsdeck mit Kabinen und Messe/Aufenthaltsraum für acht Mannschaftsmitglieder. Gekrönt wird das Deckshaus durch die mittig angeordnete, erhöhte Kommandobrücke.

Technische Details

Unter dem Hauptdeck ist der eigentliche Schiffskörper in Längs- und Querrichtung eng wasserdicht unterteilt. An beiden Schiffsenden sind je zwei Schottel-Twin-Propeller Typ STP 550 mit je 850 kW Leistung angeordnet. Sie sind um 360° drehbar und bieten damit eine hervorragende Manövrierbarkeit der Fähre. Diese Ruderpropeller werden diesel-elektrisch angetrieben. Die gesamte Elektrik und Manöverelektronik lieferte SAM Electronics.

Die Primärenergie wird durch fünf Caterpillar-Dieselmotoren Typ CAT C32 mit je 850 kW Leistung erzeugt. Zwei Motoren sind in je einer Abteilung vorne und drei hinten positioniert. Ein Notstromaggregat befindet sich auf dem Besatzungsdeck.

Alle Personen an Bord können über je eine Evakuierungsanlage (MES) an beiden Schiffsseiten auf etwa halber Schiffslänge vom Passagierdeck aus über Rutschen in Rettungsinseln (6 x 150 Pass.) auf dem Wasser evakuiert werden. Es gibt zusätzlich vier Rettungsinseln und ein Mann-über-Bord-Boot auf dem Besatzungsdeck. Infolge kurzer Umkehrzeiten in den Häfen und des aus lediglich vier Personen bestehenden seemännischen Personals kann das An- und Ablegen nur automatisch erfolgen. Hierfür ist das Cavotech-MoorMaster-System vorgesehen, das mit landseitig angeordneten Vakuumkissen die Schiffswände im geraden Teil ansaugt und am Kai festhält.


Klaus Nienaber