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Deutschlands erster Tiefwasser-Containerhafen in Wilhelmshaven hat seinen Betrieb im Beisein von zahlreichen Ehrengästen und Politikern aufgenommen. Die echten Herausforderungen für den JadeWeserPort stehen aber noch bevor.

Am 21. September ist in Wilhelmshaven Deutschlands erster und einziger Tiefwasser-Containerhafen feierlich eröffnet worden. Rund 1.200 geladene Gäste, darunter[ds_preview] der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Dr. Philipp Rösler, Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister und Bremens Regierungs­chef Jens Böhrnsen, nahmen an der Zeremonie teil. Allesamt strichen sie in ihren Reden die Bedeutung des Containerhafens für den Standort Wilhelmshaven und für die Bundesrepublik heraus und würdigten die am Bau beteiligten Personen.

Zur Eröffnung lag das Containerschiff »Maersk Laguna« am Kai des Eurogate Container Terminals Wilhelmshaven (CTW). Das 300 m lange und 45 m breite Schiff mit Stellplätzen für 7.450 TEU war gleichzeitig das erste Liniencontainerschiff, das im neuen Hafen an der Jade festmachte.

Ein »Tor zur Welt«?

Axel Kluth und Dr. Jan Miller als Geschäftsführer der beiden JadeWeserPort-Gesellschaften dankten den zahlreichen Personen, die an Planung und Bau beteiligt waren, vergaßen aber auch nicht jene Männer zu erwähnen, die die eigentliche Idee dazu hatten. Dabei fiel immer wieder der Name John Niemann, der als Präsident der Wilhelmshavener Hafenwirtschaftsvereinigung schon vor fast 20 Jahren die Vision hatte, einen Tiefwasserhafen für Containerschiffe bauen zu lassen und, allen Unkenrufen zum Trotz, davon auch immer überzeugt war. Niemann selbst war am Tag der Eröffnung ebenfalls unter den Ehrengästen.

Eurogate-Vorsitzender Emanuel Schiffer wies darauf hin, dass Wilhelmshaven durch den neuen Containerterminal einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des maritimen Standorts Deutschland leiste. Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister sprach von einem Jahrhundertprojekt und bezeichnete den Hafen als »neues Tor zur Welt«, da in Zukunft Container aus der ganzen Welt in Wilhelmshaven verladen würden, wovon die gesamte norddeutsche Küste profitiere.

Auch Böhrnsen würdigte die Einzigartigkeit des Hafenbauwerks: »Zum ersten Mal haben sich zwei Bundesländer zusammengefunden, um gemeinsam ein Hafenprojekt zu realisieren«, stellte er die Zusammenarbeit Niedersachsens und Bremens heraus. Minister Rösler unterstrich sowohl die regionale als auch die überregionale wirtschaftliche Bedeutung des Hafens und hob die entstehenden Arbeitsplätze hervor: »Damit wird sich Wilhelmshaven zu einer Drehscheibe des internationalen Seeverkehrs entwickeln. Durch den unmittelbaren Hafenbetrieb und die Industrieansiedlungen im Umfeld können wertvolle und zukunftsfähige Arbeitsplätze in der Region entstehen«, so sein Fazit. Viele der Redner forderten in ihren Ausführungen nun einen zügigen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Vor allem sprachen sie die Bahnverbindung an, die schnellstmöglich elektrifiziert und weiter ertüchtigt werden müsse. Diese Aufforderung richtete sich in erster Linie an die Politiker in Berlin.

Erst drei Dienste laufen Wilhelmshaven an

Doch die Eröffnung des Hafens ist erst der Anfang, wie auch Eurogate-Manager Schiffer ausführte. Es gelte nun, sich die Standortfaktoren des Hafens zunutze zu machen und Reedereien und Unternehmen davon zu überzeugen, am Hafen zu partizipieren und in Wilhelmshaven etwas aufzubauen. Bisher hat nur Maersk, durch die Tochtergesellschaft APM Terminals mit 30 % am CTW beteiligt, Wilhelmshaven in den Fahrplan aufgenommen. Seit Inbetriebnahme des JadeWeserPorts nimmt die dänische Reederei mit ihrem Asien-Dienst AE1 und dem Südamerika-Service CRX Kurs auf die Stadt an der Jade. Zusätzlich laufen beide Dienste weiterhin Bremerhaven an.

Seit Mitte Oktober ist in Wilhelmshaven zudem der erste Feederdienst integriert worden. Die im Juni 2011 gegründete Maersk-Tochter Seago Line fährt ab sofort einmal wöchentlich den Jade-Hafen mit ihrem Russia-Express-Service an, der eine zuverlässige Anbindung ins Baltikum gewährleis­tet. Die 180 m lange »Maersk Venice« war das erste Schiff des neuen Dienstes, das am CTW abgefertigt wurde.

Mit anderen Reedereien führt Wilhelmshaven ebenso Verhandlungen über ein Arrangement wie mit Unternehmen, die sich für die direkt am Containerhafen anschließende 160 ha große Logistikzone interessieren. Die Schifffahrtsunternehmen üben sich jedoch in Zurückhaltung. Viele wollen erst abwarten, ob und wie der Hafen funktioniert. Eine ähnliche Haltung ist auch bei der Logistikzone zu beobachten. Hier sind noch ausreichende Kapazitäten verfügbar, denn bislang hat sich nur das Unternehmen Nordfrost niedergelassen.

Nordrange-Konkurrenz und Umschlagziele

Hinter Hamburg und Bremerhaven ist der JadeWeserPort der drittgrößte Containerhafen in Deutschland und der östlichste Tiefwasserhafen Europas. Reedereien können ihre Dienste demnach dort enden oder beginnen lassen. Bei vollständigem Betrieb des Terminals werden ab Mitte 2013 jährlich etwa 2,7 Mio. TEU Umschlag angestrebt. Nach Ansicht der Betreiber wird der Hafen nach kompletter Fertigstellung mit den dann insgesamt 16 größten Containerbrücken (gegenwärtig sind acht in Betrieb) aber deutlich über 3 Mio. TEU umschlagen. Im Vergleich zu den anderen Nordrange-Häfen ist der Wert indes gering. Gegenüber Hamburg, Bremerhaven und Rotterdam kann der Containerhafen in Wilhelmshaven ohnehin eher als Ergänzung, weniger als Konkurrenz betrachtet werden.

Veränderte Ausgangslage durch die Krise

Die weltweiten Finanz- und Schifffahrtskrisen haben die Rahmenbedingungen für den neuen Tiefwasser-Containerhafen komplett verändert. Geplant wurde das Großprojekt noch zu Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs. Die Häfen hatten ihre Kapazitäten nahezu ausgeschöpft und konnten in den Boomjahren die Güterströme teilweise nicht mehr bewältigen. Schiffe lagen zu­weilen tagelang auf Reede, weil Liegeplätze belegt waren und angelandete Güter, sei es ins Hinterland oder für den Shortsea-Verkehr, nicht schnell genug weitertransportiert werden konnten.

Demnach war zu diesem Zeitpunkt die Überlegung richtig und wichtig, wie und wo die Vielzahl zu erwartender Güter in Deutschland künftig umgeschlagen werden sollte – vor allem vor dem Hintergrund wachsender Schiffsgrößen. Da Elbe und Weser, was die Tiefgänge betrifft, begrenzt sind, war es durchaus nachvollziehbar, sich für einen neuen Hafenstandort zu entscheiden. Dass die Wahl dabei auf Wilhelmshaven fiel, ist aufgrund der vorhandenen Tiefwassersituation durchaus plausibel.

Durch die Krise ist den etablierten Häfen gewissermaßen ein Warenkollaps erspart geblieben. Sie haben aus den Kapazitätsengpässen vor der Wirtschaftsflaute gelernt und die schwache wirtschaftliche Phase genutzt, um ihre Terminals auszubauen oder zu modifizieren, neue Krane zu ordern oder Liegeplätze zu vertiefen, um auf den erhofften Aufschwung vorbereitet zu sein.

Jetzt, wo die Krise die Schifffahrt noch immer fest im Griff hat, drängt mit dem JadeWeserPort ein weiterer Hafen in den Markt. Demnach steht eine entscheidende Frage im Raum: Weshalb sollte ein Reeder in diesen Zeiten Verkehre aus einem anderen Hafen, der funktioniert und den er über Jahre bedient, abziehen und nach Wilhelmshaven kommen?

Herausforderungen für den neuen Hafen

Die eigentliche Herausforderung der Wilhelmshavener besteht also darin, zunächst den Hafen in der Branche bekannt zu machen und Unternehmen und Reedereien vom Projekt JadeWeserPort zu überzeugen. Dafür muss Wilhelmshaven einen einwandfreien Hafenbetrieb und Warenweitertransport ins Hinterland und per Feederschiff gewährleisten, um Reedereien, die andere Häfen der Nordrange anlaufen, zu überzeugen, Dienste nach Wilhelmshaven zu verlegen. Nur durch einen reibungslosen Terminalbetrieb und eine lückenlose Transportkette lassen sich Schifffahrtsunternehmen für den neuen Hafen gewinnen. Die überregionale Infrastruktur ist hierbei von entscheidender Bedeutung, da ein Großteil der Waren ins Hinterland weitertransportiert wird. Demnach muss vor allem die Bahnlinie zügig ertüchtigt werden.

Prognose

Nach dem Motto »aller Anfang ist schwer« dürfte der JadeWeserPort nach seiner Inbetriebnahme zunächst vor einer schwierigen Phase stehen, die sich durch die aktuelle Krise vermutlich noch verlängern wird. Zudem haben die Schlagzeilen über Risse in der Kaimauer bei potenziellen Kunden das Vertrauen in den Hafen sicher nicht gerade erhöht. Es wird daher eine gewisse Zeit dauern, bis sich der JadeWeserPort am Markt etabliert, was für einen neuen Hafen aber keineswegs ungewöhnlich ist. Setzt das prognostizierte Wirtschaftswachstum ein und steigt die Entwicklung der Schiffsgrößen weiterhin an, sodass sich auch die Tiefgänge erhöhen, wird sich der Wilhelmshavener Containerhafen zu einer positiven Ergänzung der bestehenden Hafenstandorte entwickeln und die in ihn gesteckten Erwartungen erfüllen – immer vorausgesetzt, dass die Warentransportkette einwandfrei funktioniert. Dann werden sich auch Reedereien, Containerreparaturfirmen, Speditionen etc. im unmittelbaren Hafenumfeld ansiedeln.

Gute Standortfaktoren in Wilhelmsha­ven, allen voran die Tiefwassersituation, die vorhandenen Freiflächen und die kurze Revierfahrt, sind vorhanden, sodass dem JadeWeserPort mittel- bis langfristig eine positive Zukunft bevorstehen kann.
Thomas Wägener