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Die Energieeffizienz von Schiffen bestimmt in zunehmendem Maße Charter-

wahr-scheinlichkeiten und -raten. Eine gemeinsam von der KfW IPEX-Bank und

FutureShip entwickelte Methodik erlaubt die Berücksichtigung von Energieeffizienz

bei Finanzierungs-entscheidungen.

Die Anforderungen an Umweltverträglichkeit und Energieeffizienz steigen in allen Industrien. Auch beim Schiffsbetrieb entscheidet zunehmend die Fähigkeit, geltende und kommende[ds_preview] Umweltanforderungen zu erfüllen, über die wirtschaftliche Qualität von Schiffbauprojekten. Für weniger umweltfreundliche Schiffe bieten sich nur noch eingeschränkte Beschäftigungsmöglichkeiten oder die Betriebskosten liegen über denen moderner Schiffe. Daher müssen Reeder und schiffsfinanzierende Banken regulatorische und technologische Veränderungen aufmerksam verfolgen.

Energieeffizienz wird zu einem der wichtigsten Bestimmungsfaktoren für die Wettbewerbsfähigkeit. Bunkerkosten machen schon heute 30 bis 60 % der Gesamtkosten aus, und über die Nutzungsdauer heutiger Schiffsneubauten wird ein Anstieg um weitere 50 % und mehr erwartet. Zunehmend bestimmt Energieeffizienz daher aus wirtschaftlicher Sicht über die Charterwahrscheinlichkeiten und Raten von Schiffen mit. Zum anderen verschärfen die IMO und andere zwischenstaatliche Organisationen, Flaggen- und Hafenstaaten die Regulierung der Umweltauswirkungen der Schifffahrt immer stärker. CO2-Ausstoß und damit Bunkerverbrauch stehen im Fokus laufender Regulierung. Der Energy Efficiency Design Index (EEDI) ist dabei gleichermaßen Mess- wie Referenzgröße für Energieeffizienz und CO2-Emissionen. Für Neubauten werden in der Handelsschifffahrt ab 2013 verpflichtende EEDI-Obergrenzen eingeführt, doch auch bei Bestandsschiffen ist er ein immer wichtigeres Kriterium bei Charterentscheidungen und hat damit kreditmaterielle Bedeutung.

Die KfW IPEX-Bank beschäftigt sich bereits seit Jahren intensiv mit dem Thema »Green Shipping«. Jüngst hat sie nach einem Expertenwettbewerb zwischen renommierten Klassifikations­gesellschaften und wissenschaftlichen Institutionen in Zusammenarbeit mit FutureShip, einer Tochter des Germanischen Lloyd, die Energieeffizienz ihres Schiffsportfolios bewertet.

Methodik: Indikatoren für Energieeffizienz

Die Anknüpfung der Energieeffizienz von Schiffen an den Kreditprozess erfordert die Etablierung verständlicher, vom Markt akzeptierter und einfach anzuwendender Indikatoren. Für viele Schiffssegmente (insbesondere Containerschiffe, Bulker und Tanker) hat sich spätestens mit seiner Verabschiedung durch die IMO im Juli 2011 der EEDI etabliert. Er beschreibt den CO2-Ausstoß und damit den Bunkerverbrauch je Transportleistung unter Designbedingungen (Im Rahmen des Projektes wurde der EEDI analog zum »Estimated Index Value« der IMO basierend auf Daten der IHS-Fairplay-Datenbank bestimmt. Zur Korrektur von (Daten-)Fehlern und zur Erhöhung der Genauigkeit wurden die Daten zusätzlich mit anderen Quellen verglichen und kleinere Modifikationen für Einflussgrößen wie Antriebsart, Maschinenkonzept und -typ sowie Treibstoffart vorgenommen). Die durch FutureShip entwickelte Methodik erlaubt über den IMO-Ansatz hinaus auch die Bewertung von Schiffen mit nichtkonven­tionellen Antrieben (z.B. Dampfturbinen, diesel-elektrische Antriebe, für den Einsatz von Erdgas geeignete Zweistoffmotoren). Hinzu kommen segmentspezifische Besonderheiten wie z.B. die Ladungsdichte bei Gastankern.

Etwa 78 % der durch die KfW finanzierten Schiffe gehören zu Segmenten, für die der EEDI als verbindliche Mess- und Referenzgröße durch die IMO eingeführt wurde. Für weitere 16 % (z.B. Kreuzfahrt- und RoRo-Schiffe, Autotransporter) diskutiert die IMO derzeit Lösungen zur Einbindung in das EEDI-Regime. Für diese Segmente sollen gemäß aktuellem MEPC (Marine Environment Protection Committee der IMO) Arbeitsplan (MEPC 62/WP.15) 2013/2014 die entsprechenden Referenzlinien vorgelegt, 2014/2015 beschlossen werden und 2016 in Kraft treten. Um bereits im Rahmen des Projektes für diese Schiffssegmente ebenfalls Aussagen treffen zu können, wurden von FutureShip analog zur EEDI-Methodik Referenzen bestimmt. In Summe kann somit für 94 % der betrachteten KfW-Flotte der EEDI als Indikator der Energieeffizienz genutzt und mit definierten Referenzlinien verglichen werden (siehe Abb. 1). Nur 6 % gehören zu Spezialschiffssegmenten, die nur eingeschränkt für Transportaufgaben konzipiert sind und so nicht sinnvoll über Indikatoren nach ihrer Kraftstoffeffizienz zu bewerten sind.

Die finanzielle Leistungsfähigkeit von Schiffen wird jedoch weniger von ihrer relativen Vorteilhaftigkeit gegenüber einer Referenz bzw. einem Marktstandard bestimmt, als vielmehr von absoluten Verbräuchen. Über die beschriebenen Mess- und Referenzgrößen sowie die Entwicklung segmenttypischer Betriebsprofile können als Ergebnis des Projektes nun Jahresverbräuche angenähert und mit Marktstandards verglichen werden. Aus dem so bestimmten Bunkermehr- oder -minderverbrauch ergibt sich ein Cashflow-Vor- oder -Nachteil des zu finanzierenden Schiffsprojektes. Die durch FutureShip entwickelte Methodik erlaubt nicht nur die Differenzierung nach Energieeffizienz und damit nach Verdienst­potenzial im Neugeschäft, sondern ermöglicht ebenso die Unter­suchung von Bestandsportfolios.

Ergebnisse: Portfolio der KfW IPEX im Schnitt effizienter

Von den rund 800 Schiffen, welche die KfW per 30.06.2011 in ihrem Kreditbestand hat, konnten durch FutureShip über 760 Schiffe mit einem ausstehenden Kreditvolumen in Höhe von 12,5 Mrd. € bezüglich ihrer Energieeffizienz bewertet werden. Im Schnitt liegt das Portfolio der Bank dabei etwas besser als der Durchschnitt der Weltflotte: Die durch die IPEX mitfinanzierten Schiffe sparen im Vergleich zur Weltflotte jährlich 1,3 Mio. t CO2 und über 280 Mio. $ Bunkerkosten. Auch bestätigt die Untersuchung, dass weniger energieeffiziente Schiffe durch ihre geringere Werthaltigkeit mit höherem Kreditrisiko verbunden sind. Die Vereinbarkeit von Ökologie und Ökonomie ist also nicht nur eine These, sondern wird für die Schiffsfinanzierung durch das gemeinsame Projekt empirisch untermauert.

Implikationen: Berücksichtigung im Kreditprozess

Aus der Forderung der Märkte nach energieeffizienten Schiffen und sich zunehmend verschärfender Regulierung stellt sich die KfW IPEX den eigenen Anspruch, früh und aktiv den Herausforderungen im Klima- und Umweltbereich zu begegnen. Das Projekt mit FutureShip eröffnet nun die Möglichkeit, die Energieeffizienz künftig noch stärker in Kreditentscheidungen einzubeziehen. Energieeffizienz führt zu geringeren Treibstoffkosten und somit zu einem höheren Charterpotenzial, was sich perspektivisch in höheren regulatorisch anrechenbaren Schiffswerten widerspiegeln wird. Der Schiffswert wiederum gilt als wesentliche risikomindernde Sicherheit in der Schiffsfinanzierung, wodurch die Finanzierungs­bereitschaft von Banken perspektivisch steigen und Margenforderungen sinken dürften. Der gemeinsam mit FutureShip entwickelte Bewertungsansatz soll künftig in der KfW IPEX-Bank dazu genutzt werden, den Implikationen der Energieeffizienz auf das Finanzierungsrisiko Rechnung zu tragen und »grüne« Schiffe gegenüber gleichartigen mit geringerer Energieeffizienz zu bevorzugen. Jedes neu zu finanzierende Schiff wird einer Einzelfallbetrachtung unterzogen, was auch die Finanzierung von Gebraucht-Tonnage ermöglicht. Schiffe mit relativ geringerer Energieeffizienz sollen nicht per se ausgeschlossen werden, jedoch strebt die KfW IPEX-Bank an, die Energieeffizienz und damit den CO2-Ausstoß auf Ebene des Gesamtportfolios sukzessive zu verbessern. Weil Umweltaspekte zu berücksichtigen in der Regel die Wirtschaftlichkeit von Schiffbauprojekten verbessern heißt, bieten sich große Chance für die deutsche maritime Industrie. Schiffbauzulieferer und Werften können durch Antriebsmaschinen und Schiffsdesigns erheblich dazu beitragen, künftige EEDI-Vorgaben zu erreichen bzw. zu unterschreiten. Ferner werden Zulieferer, die nicht wesentlich die Energieeffizienz steigern helfen, aber etwa durch Ballastwasserbehandlung oder die Reduzierung der SOx- und NOx-Emissionen an Lösungen aktueller Regulierungsvorgaben arbeiten, verstärktes Interesse erfahren.

Das gemeinsame Projekt von KfW IPEX-Bank und FutureShip konnte nicht nur wertvolle Erkenntnisse zur Energieeffizienz bestehender und zu bauender Schiffe liefern, sondern auch dazu beitragen, Transparenz und Vergleichbarkeit in der Schiffsfinanzierungspraxis der KfW IPEX zu erhöhen, und wird künftig eine größere Rolle bei ihren Finanzierungsentscheidungen spielen.


Dr. Carsten Wiebers, Dr. Jan-Hendrik Hübner