Print Friendly, PDF & Email

Nach 124 Jahren wird der Hamburger Freihafen am 1. Januar 2013 von einem Zollfreigebiet in einen See-Zollhafen umgewandelt. Welche Folgen damit für ansässige Unternehmen einhergehen, beschreibt Ralf Moser

Das Gesetz zur Aufhebung des Freiha­fens Hamburg ist vom Bundestag verabschiedet worden und tritt am 1. Januar 2013 in[ds_preview] Kraft. Die Gründe, die Hamburg und die Bundesrepublik Deutschland dazu bewogen haben, sind vielfältig. Zum einen bringt ein Zoll-Freihafen in heutigen Zeiten keinen nennenswerten Vorteil mehr, weil immer mehr EU-Waren importiert werden, die als »Gemeinschaftsware« bereits zollfrei abgefertigt sind. Außerdem werden Wettbewerbsvorteile gegenüber den anderen Seehäfen in Europa, insbesondere Rotterdam, abgebaut. Somit wird in Hamburg ein einheitlicher Standard geschaffen, der für alle Seehäfen der EU gilt.

Ein weiterer Grund für die Abschaffung des Hamburger Freihafens ist der Abbau von Bürokratie. Allein die rund 40.000 beschäftigten Arbeitnehmer in Hamburg mussten täglich die Hamburger Zollgrenzen durchfahren und wurden Zollkontrollen ausgesetzt. Auch mussten jedes Jahr mehrere tausend leere Container an den Hamburger Zollgrenzen abgefertigt werden.

Folgen für ansässige Unternehmen

Was haben im Freihafen ansässige Unternehmen zu beachten? Zunächst einmal müssen sie ihre Organisation, ihre Prozesse und EDV-Abläufe auf die neuen Regelungen des See-Zollhafens ohne Zollfrei­gebiet umzustellen. Zu beachten sind insbesondere eine Vielzahl von zoll- und umsatzsteuerlichen Vorschriften. Dabei ist zu unterscheiden, ob es sich um Warengüter handelt, die im Eigentum des Unternehmens selber stehen, oder um Waren und Güter, die das Unternehmen für fremde Dritte als sogenannte Lagerhalter verwaltet.

Für Unternehmen im Hamburger Frei­hafen stellt die Umstellung in den See-Zollhafen einen Import von Waren und Gütern dar. Dabei ist zu unterscheiden, ob es sich bei den Gütern um Anlagevermögen oder um Umlaufvermögen und Lagerwaren handelt. Für Gegenstände des Anlagevermögens, die von den Unternehmen selbst im Freihafen genutzt werden, werden keine umsatzsteuerrechtlichen Einfuhrabgaben durch die Aufhebung des Freihafenstatus gefordert.

Die Hamburger Finanzbehörde weist darauf hin, dass aus Vereinfachungsgründen auf die Erstellung von Bestandslisten für das Anlagevermögen zum 31. Dezember 2012 verzichtet wird. Jedoch hat die Zollverwaltung angekündigt, Gegenstände des Anlagevermögens dahingehend zu prüfen, ob tatsächlich im Sinne der Hamburger Finanzverwaltung eine Abgabefreiheit besteht. Daher ist zu empfehlen, alle Gegenstände des Anlagevermögens in einem Anlageverzeichnis aufzulisten und zu doku­mentieren, ob es sich bei den im Anlage­vermögen befindlichen Gegenständen um Gemeinschaftswaren oder Nicht-Gemeinschaftswaren handelt. Dieses Verzeichnis ist ausführlicher als das sogenannte Anlageverzeichnis, das nach § 238 HGB ff ohnehin zu führen ist.

Bestandsverzeichnis von Umlaufvermögen und Lagerware

Befindet sich in den Beständen des Unternehmens auch Umlaufvermögen (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertige Erzeugnisse, fertige Erzeugnisse sowie Lagerwaren), ist auch hier zu prüfen, ob es sich um Gemeinschaftsware handelt oder nicht. Handelt es sich um Gemeinschaftsware, so erfolgt mit Aufhebung des Freizonenstatus keine umsatzsteuerliche Einfuhr im Sinne von § 1 UStG. Die Waren befinden sich mit der Auflösung der Freizone hinsichtlich der Einfuhr-Umsatzsteuer im Freiverkehr. Eine einfuhrumsatzsteuerliche Behandlung der Waren soll damit nicht erforderlich sein.

Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Waren des Umlaufvermögens und die Lagerware bis zum 18. Dezember 2012 zwingend in ein Bestandsverzeichnis auf­zunehmen sind. Das Bestandsverzeichnis muss den Anforderungen an die GoB (Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung) im Sinne des § 241 HGB entsprechen.

Dies erfordert ein Lagerbuchführungs­wesen, welches Zu- und Abgänge minutiös dokumentiert. Eine Überprüfung durch die Zollverwaltung muss jederzeit möglich gemacht werden. Die Zollverwaltung verlangt auch im Hinblick auf die GDPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen) eine EDV-mäßige Bestandsführung. Die Unternehmen haben sich insoweit auf neue Abläufe und neue Organisationen einzustellen.

Ein weiterer Schwerpunkt für die Lagerverwalter, die sich einem Zoll-Lagerverfahren unterworfen haben oder die Ware zur vorübergehenden Verwahrung verwalten, stellt das Problem der Vernichtung oder Zerstörung der von nicht zum Freiverkehr abgefertigten Ware dar. Die Zollverwaltung weist darauf hin, dass die Zerstörung oder Vernichtung von »Nicht-Gemeinschaftswaren« vorher den Zollbehörden schriftlich angezeigt werden muss. Allerdings stellt sich hier die Frage des »zufälligen Untergangs« von Warenbeständen, z. B. durch Sturmflut, Feuer oder Sonstiges, die die Vernichtung von Warenbeständen zur Folge hat. Hier können an sich nur die ordnungsgemäße Dokumentation der vernichteten Waren sowie die unverzügliche In-

mation an die Zollbehörden vor abgaberechtlichen Belastungen schützen.

Umsatzsteuerpflicht nun im gesamten Hafengebiet

Neu für viele Unternehmen ist auch, dass Leistungen, die im einstigen Hamburger Freihafen erbracht werden, ab dem 1. Januar 2013 der umsatzsteuerlichen Regelbesteuerung unterliegen. So sind Lieferungen und/oder sonstige Leistungen von einem Unternehmen vom derzeitigen Freihafen

an einen anderen Unternehmer der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Dazu sind ordnungsgemäße Rechnungen im Sinne von § 14 ff. UStG zu fertigen, damit der Leis­tungsempfänger den Vorsteuerabzug geltend machen kann. An dieser Stelle sei auf die Vorfinanzierung der Umsatzsteuer hingewiesen. Die Umsatzsteuer ist zehn Tage nach Monatsschluss, in dem der Umsatz erbracht wurde, an das Finanzamt abzuführen. Eine einmonatige Verlängerung kann gegen eine »Vorauszahlung«, sogenannte 1/11, zum 10. Februar eines jeden Jahres beantragt und bezahlt werden. Außerdem sind die anderen Unternehmen in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge zum 10. des Folgemonats bzw. zum 10. des übernächsten Monats nach Vorsteuerkürzung an das Finanzamt zu bezahlen. Die Umsatzsteuer ist gegebenenfalls vorzufinanzieren und kann zu Liquiditätsengpässen und zu Zinsbelastungen führen.

Grundsätzlich hat jeder Unternehmer die zollamtlichen Angelegenheiten selber zu erledigen. Die Zollverwaltung bietet selbstverständlich jedem Unternehmen Hilfestellungen an. Allerdings gibt es diese Hilfe­stellungen nicht zum Nulltarif. Die Zollverwaltung erhebt Zollkosten für Verwaltungsarbeiten. Grundsätzlich sind die Verwaltungsarbeiten kostenfrei, jedoch können bei der Inanspruchnahme besonderer Dienstleistungen, wie z. B. Abfertigungen außerhalb des Amtsplatzes oder außerhalb der Öffnungszeiten, Zollverwaltungskosten in Rechnung gestellt werden. Bemessungsgrundlage hierfür ist das Verwaltungskostengesetz sowie die Zollkostenverordnung. Jedes Unternehmen sollte sich daher im Vorwege über die Kostenbelastungen informieren, die durch die Inanspruchnahme von Zolldienstleistungen entstehen.

Mehrkosten zu erwarten

In der Gesetzesbegründung zu dem Gesetz zur Aufhebung des Freihafens Hamburg (Bundesdrucksache 17/3353 vom 21. Oktober 2010) heißt es, dass die finanziellen Auswirkungen die öffentliche Hand nicht berühren, mit Ausnahme der Rückbau­kos­ten des Freihafenzaunes. Weiter heißt es, dass der Wirtschaft durch die Aufhebung des Freihafens keine Kosten entstehen und auch keine Preiserhöhungen auf die Verbraucherpreise zu erwarten sind.

Wie vorstehend jedoch gezeigt wurde, entstehen den Unternehmen selbstverständlich doch Mehrkosten, die durch die Preisumlage vermutlich ihren Niederschlag auf den Endverbraucher finden werden.

Autor:

Ralf Moser, Steuerberater TPW Todt & Partner GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Hamburg, Telefon: +49 (0) 40/60 08 80-314 www.tpw.de


Ralf Moser