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Als erster deutscher Seehafenstandort wurden die bremischen Häfen 2011 mit dem Umweltmanagementsystem PERS zertifiziert. Die Hintergründe und den Nutzen des Öko-Standards beschreiben Jochen Kreß und Uwe von Bargen

1. Zertifizierung der bremischen Häfen

Die Leistungsfähigkeit von Seehäfen bemisst sich heute nicht mehr ausschließlich über wirtschaftliche Kriterien[ds_preview]. Vielmehr ist in den Fokus der Kunden wie auch der interessierten Öffentlichkeit zunehmend gerückt, wie die Häfen auf aktuelle Herausforderungen wie den Klimawandel, Lärmschutz, die Emission von Luftschadstoffen oder andere umweltrelevante Themen reagieren und ob sie sich im Sinne der Nachhaltigkeit entwickeln.

Ein wichtiges Werkzeug zur Dokumentation und Weiterentwicklung der Leistungsfähigkeit im Umweltbereich ist die Zerti­fizierung gemäß einem einschlägigen Umweltmanagementsystem namens »Port Environmental Review System« (PERS). Die bremischen Häfen haben sich deshalb im April 2011 gemäß dem PERS-Standard zertifizieren lassen und waren der erste deutsche Seehafenstandort, der diesen Schritt der Umweltzertifizierung ging. Bei PERS handelt es sich um ein Umweltmanagementsystem (UMS), das von der Universität Cardiff im Auftrag von Ecoports (Ecoports wurde 1994 als Projektzusammenschluss einiger europäischer Häfen mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Gemeinschaft gegründet. Ziel war es, bei der umweltgerechten Entwicklung von Seehäfen durch Wissenstransfer gleichartige Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Seit Anfang 2011 wird die Arbeit von Ecoports unter dem Dach der European Sea Ports Organisation (ESPO) fortgeführt.) speziell für die Anforderungen von Häfen entwickelt wurde.

Das System bietet einen Mindeststandard der »guten Praxis« für Häfen und hat gegenüber anderen bekannten Managementsystemen wie EMAS oder ISO 14001 den Vorteil, dass sich die Häfen unternehmensübergreifend als Gesamtheit zertifizieren lassen können. Bei EMAS oder ISO 14001 hingegen ist eine Zertifizierung immer unternehmensbezogen vorgesehen.

Federführend bei der Bearbeitung war Bremens Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen. Die Erarbeitung der Unterlagen erfolgte in enger Kooperation mit bremenports und dem Hansestadt Bremischen Hafenamt. Die Bewertung und Zertifizierung erfolgte durch Lloyd‘s Register in Rotterdam.

2. Gründe für die Zertifizierung

Von den Anbietern der Umwelt­manage­mentsys­teme werden eine Reihe von Argumenten genannt, warum eine Zertifizierung für ein Unternehmen sinnvoll ist:

• Verbesserter Umweltschutz, beispielsweise durch die systemische Erhebung und soweit möglich Verminderung von Umweltbeeinträchtigungen

• Kostenersparnisse durch Ressourcenschonung, beispielsweise Müllminimierung und größere Energieeffizienz

• Gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit durch bessere Organisation

• Positive Öffentlichkeitswirksamkeit

3. Inhalte von PERS

Zur Erlangung des Zertifikats wurden im Antrag folgende Aspekte bearbeitet, die hier lediglich kurz skizziert werden. Alle Inhalte sind dem Umweltbericht 2010 der bremischen Häfen zu entnehmen, der in der englischen Originalfassung im Internet unter einsehbar und in der deutschen Version als Lesefassung eingestellt ist.

3.1 Hafenprofil

Im ersten Kapitel geht es um die Struktur der bremischen Häfen. Vorgestellt werden die Lage der Häfen, Umschlagvolumen, hauptsächliche Umschlaggüter, rechtliche Organisation der Häfen sowie die Zuständigkeiten in Bezug auf das Umweltmanage­ment. Die Daten wurden für die Hafenstandorte Bremen und Bremerhaven getrennt erhoben und beschrieben.

3.2 Umweltpolitik

Der Hafen muss eine Erklärung seiner Umweltpolitik veröffentlichen, die von einem hohen Repräsentanten der Organisation unterzeichnet wird. Die Umweltpolitik umfasst die relevanten Ziele der bremischen Häfen und wurde durch die Leitung des Ressorts Wirtschaft und Häfen unterzeichnet.

3.3 Signifikante Umwelteinflüsse

In einem Register werden die wichtigsten Umwelteinflüsse durch Hafenaktivitäten, der Wirkungspfad und das betroffene Umweltmedium, die jeweils verantwortliche Organisationseinheit, rechtliche Grundlagen und gegebenenfalls erforderliche zusätzliche Anmerkungen in tabellarischer Form dargestellt (Abb. 3). Hierbei erfolgte eine Unterteilung in die Abschnitte Infrastruktur/eigener Einflussbereich (A) und Hafennutzer (Suprastruktur, B).

In Kapitel A werden die im Einflussbereich der bremischen Hafenverwaltung liegenden Umweltauswirkungen dargestellt, während die verschiedenen Hafennutzer wie z. B. Terminalbetreiber, Reedereien, Werften oder in der Lagerung und Logistik tätige Hafenunternehmen in Kapitel B abgebildet werden.

3.4 Umwelt-Leistungsindikatoren

In tabellarischer Form werden sechs Umwelt-Leistungsindikatoren definiert, anhand derer die Leistungsfähigkeit der Häfen dokumentiert und in Zukunft weiterhin gemessen werden kann:

• Baggermengen: gebaggertes Sediment /Gesamthafenwasserfläche

• Lärmentwicklung am Containerterminal: Schallimmission, gemessen am Rande des Terminals bzw. am Ortsrand von Weddewarden. Dargestellt wird der manuell bestimmte, über die Nachtzeit gemittelte Beurteilungspegel Lr inklusive aller Zuschläge

• Baggergutverwertung: für Bauzwecke (Grubenverfüllung, Deichbau, Dichtmaterial im Deponiebau) verwertetes Baggergut in Kubikmeter pro Gesamtjahres­bagger­menge

• Schiffskontrollen: festgestellte Mängel in Bezug zur Anzahl der Schiffsbesichtigungen (in %)

• Nutzung regenerativer Energien: Strom aus erneuerbarer Energie/Gesamt­ener­gieverbrauch für die Hafeninfrastruktur

• Biotop-Index für den Gesamthafen: von bremischen Häfen verantwortete Biotopfläche in Hektar pro Gesamthafenfläche

3.5 Zuständigkeiten und dem Umwelt-management gewidmete Ressourcen

In diesem Kapitel werden die umweltbezogenen Zuständigkeiten zwischen und innerhalb der drei Akteure der bremischen Hafenverwaltung dargestellt: dem Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, dem Hansestadt Bremischen Hafenamt und bremenports. Als Akteure werden daneben die Hafennutzer berücksichtigt (Abb. 4). Außerdem werden die Ressourcen aufgezeigt, die dem Umweltmanagement der bremischen Häfen zugeordnet werden können.

3.6 Konformitätsprüfung und weitergehende Zielsetzung

Bei der Konformitätsprüfung wird festgestellt, dass die bremischen Häfen den einschlägigen gesetzlichen und sonstigen umweltrechtlichen Erfordernissen entsprechen. Außerdem werden die konkreten Zielsetzungen für die nähere Zukunft beschrieben:

• Einführung des Environmental Shipping Index in den bremischen Häfen

• Beteiligung am Europäischen Interreg-Projekt TIDE (Tidal River Development)

• Weiterentwicklung der Clean-Ship-Ini­tiative

• Vorlage eines Nachhaltigkeitsberichts durch bremenports

• Ermittlung von einem CO2-Fußabdruck durch bremenports

• Beteiligung am Projekt »Nordwest 2050« durch bremenports

3.7 Umweltbericht

Mindestens alle zwei Jahre muss ein öffentlich erhältlicher Umweltbericht herausgegeben werden, der die umweltrelevanten Aktivitäten der Organisation beschreibt. Der für die bremischen Häfen erarbeitete PERS-Umweltbericht stellt alle relevanten Inhalte des Zertifizierungsverfahrens anschaulich dar und ist im Internet zugänglich unter .

3.8. Ausgewählte Beispiele von »besten Praxis-Lösungen«

Zwei Beispiele von »Best Practice«, die erfolgreiche Lösungen für die Bewältigung umweltbezogener Probleme beinhalten, werden anhand einer vorgegebenen Strukturierung dokumentiert: das »Kompensa­tionsmanagement« und das »nachhaltige Wassertiefen-Management«.

4. Weitere Anforderungen

Neben den unter Absatz 3 dargestellten Anforderungen musste das Hafenhandbuch vorgelegt werden, aus dem die Zertifizierungsgesellschaft gegebenenfalls zusätzliche relevante Daten über den Hafen ersehen konnte.

Das Umweltprogramm muss angemessen kommuniziert werden. Da die Umweltauswirkungen des Hafens zu einem erheblichen Teil von den dort ansässigen Unternehmen verursacht werden, sind diese im UMS zu berücksichtigen. Anders als bei EMAS und ISO erfolgt die Zertifizierung ausschließlich anhand der eingereichten Dokumente.

5. Ergebnisse

Die Zertifizierung hat zunächst unter den beteiligten Akteuren zur öffentlich transparenten Klärung der jeweiligen Aufgaben und Schnittstellen beigetragen. Eine direkte Folge war, dass die Zusammenarbeit im Umweltbereich weiter an Effektivität gewonnen hat. Konkret wurden seit der Zertifizierung folgende Ergebnisse erzielt:

• Der gemeinsam mit den Häfen der Nordwestrange entwickelte Umwelt-Schiffs-Index (ESI) wurde im Januar 2012 in den bremischen Häfen eingeführt (vgl. www.bremenports.de/standort/hafengebuehren/umweltbezogene-raumgebuehr)

• Im September 2011 legte bremenports eine Nachhaltigkeitsbroschüre vor. Derzeit wird an einem Nachhaltigkeitsbericht nach dem GRI-Standard gearbeitet, der anschließend extern geprüft und zertifiziert werden soll.

• Der Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen beteiligt sich federführend für Bremen am Europäischen Interreg-Projekt TIDE, das die nachhaltige Bewirtschaftung der nordwesteuropäischen Ästuare zum Ziel hat (vgl. www.tide-project.eu).

• bremenports beteiligt sich am Projekt »Nordwest 2050« , das unter anderem den Anpassungsbedarf der bremischen Häfen an den Klimawandel zum Inhalt hat. Der erste Werkstattbericht (Nr. 14) zu dem bis Ende 2013 laufenden Teilprojekt »Resi­liente Hafenstrukturen« ist unter abrufbar.

• bremenports hat gemeinsam mit der Hochschule Bremen im März 2012 einen Förderantrag bei der Metropolregion Bremen / Oldenburg für eine Vorstudie auf den Weg gebracht, die wesentliche Vor­aussetzungen eines Tidepolders in der Drep­teniederung als regionale Klima­anpassungsstrategie betrachten soll. Dieser Förderantrag wurde bewilligt, so dass die Umsetzung folgt.

• Eine Green-Shipping-Initiative wurde mit einem letzten Workshop der Gesellschaft für angewandten Umweltschutz im Seeverkehr (Gauss) zum Thema LNG im Oktober 2011 beendet. Die Aktivitäten werden beispielsweise mit der Gründung eines innerbremischen LNG-Arbeitskrei­ses weitergeführt.

Derzeit konzentriert sich die Zusammenarbeit mit Hafenbetrieben auf Netzwerkkontakte im Via-Bremen-Initiativkreis »Nachhaltigkeit & CO2-Footprint« und zu Ansprechpartnern bei Eurogate und der BLG Logistics Group sowie weitergehende Kooperationen im Rahmen des Forschungsvorhabens zu »Nordwest 2050«. In diesem Projekt werden für die drei Wirtschafts­sektoren Ernährung, Energie und Hafen / Logis­tik die Verletzlichkeiten durch den Klimawandel bestimmt und sogenannte »Roadmaps« der Klimaanpassung für die Modellregion Bremen-Oldenburg im Nordwesten erarbeitet. Insbesondere Eurogate und BLG haben sich in den Arbeitsfeldern weiter personell verstärkt und damit neue Arbeitsschwerpunkte und Ergebnisse erzeugt.

6. Ausblick

Die Zertifizierung wurde in Bremens Politik, von Hafennutzern und anderen See­häfen interessiert aufgenommen. bremenports unterstützt seither andere deutsche Seehäfen bei der Einführung von PERS. Die Zertifizierung ist für zwei Jahre gültig und soll im Frühjahr 2013 erneuert werden.

Autoren:

Jochen Kreß, Gartenbaudirektor, Referat Umwelt- und Klimaangelegenheiten, Agrarwirtschaft und Verbraucherangelegenheiten beim Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, Bremen

jochen.kress@wuh.bremen.de

Uwe von Bargen Direktor Umweltangelegenheiten bremenports GmbH & Co. KG

uwe.vonbargen@bremenports.de


Jochen Kreß, Uwe von Bargen