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Modernisierung und neue Märkte waren die Schlagworte auf der diesjährigen Weltleitmesse Cruise Shipping Miami (CSM). Anstatt in Neubauprojekte wird zunehmend in die Aufrüstung der bestehenden Flotten investiert. Asiatische Destinationen gewinnen an Bedeutung – vor allem China.

Angesichts der im Jahr 2012 wieder positiven Wachstums­raten von Passagierzahlen und Umsätzen war das Wort »Krise« auf der diesjährigen[ds_preview] Kreuzfahrtmesse in Miami kaum zu hören. Der Informationsdienst Cruise Market Watch prognostiziert für 2013 einen Anstieg der Passagierzahlen um 3,3 % auf 20,9 Mio., bei einer Steigerung des globalen Umsatzes um 4,5 % auf 36,2 Mrd. $.

Die gesamte Tourismus- und Reiseindus­trie mache 9 % des Bruttoinlandsproduktes weltweit aus und liege damit vor Produk­tion, Einzelhandel, Finanzdienstleis­tungen und Kommunikation, betonte David Scowsill, President und CEO des World Travel and Tourism Council (WTTC), bei der Eröffnung der Messe. »Jeder elfte Arbeitsplatz hängt mit der Branche zusammen«, machte Scowsill deutlich, »in zehn Jahren wird der Anteil von 260 auf 340 Mio. Jobs weltweit gestiegen sein.« Trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage gehöre der Kreuzfahrttourismus zu den am schnellsten wachsenden Bereichen der Rei­se­industrie.

Neue Märkte, neue Destinationen

Neben den bekannten Destinationen und Umsatzgaranten der Kreuzfahrtanbieter, wie die Karibik mit über einem Drittel Marktanteil, das Mittelmeer mit einem Fünftel und Nordeuropa mit knapp 10 %, rücken nun verstärkt Asien, Südamerika und Australien auf die Listen der angebotenen Destinationen. Insbesondere China verzeichnet Wachstumsraten von jährlich 20 % bei den sogenannten Outbound-Passagieren, also Chinesen selbst, und 5 bis 10 % bei Nicht-Chinesen. Die Bevölkerungsschicht in China, die sich Kreuzfahrten leisten kann, wächst rasant. Die Reedereien haben das erkannt: »Vor 2005 gab es keine Route mit chinesischem Ausgangshafen, der Markt war klein. Im Jahr 2012 hatten wir hingegen 200 Anläufe, und die Zahl der Gäste überstieg 250.000«, beschreibt Zheng Weihang, Executive Vice Chairman und Secretary General der China Cruise and Yacht Industry Association, den starken Anstieg.

Seit 2006 laufen Schiffe der internationalen Reedereien regelmäßig 18 chinesische Häfen an. In Schanghai, Tianjin, Xiamen und Sanya sind neue Cruise-Terminals entstanden, in Zhoushan, Qingdao und Dalian werden derzeit neue gebaut. Der Wusongkou-Terminal in Schanghai spielt dabei eine bedeutende Rolle, hier steigen 50 % der chinesischen Kreuzfahrtpassagiere ein und aus. Ende 2013 erwarte man alleine hier 130 Anläufe und 500.000 Passagiere, bis 2015 sollen sich die Zahlen verdoppeln.

In Hongkong steht der Kai Tak Cruise Terminal kurz vor seiner Fertigstellung. Ab Juni sollen an dem ehemaligen Gelände der Start- und Landebahn des Kai-Tak-Flughafens zwei Mega-Kreuzliner gleichzeitig abgefertigt werden können. »Nach China hat der asiatisch-pazifische Raum das größte Potential, auch Latein­amerika gehört dazu«, schlug Michael Bayley, President & CEO von Celebrity Cruises, die Brücke auf die andere Seite der Erdkugel. »Jedoch scheint es, dass das Potenzi­al dort niemals ausgeschöpft wird.« MSC-Chef Pierfancesco Vago stimmte zu: Komplizierte rechtliche Rahmenbedingun­gen, hohe Hafengebühren, schlechte Infrastruktur und die nicht exis­tierende zentrale Führung verhinderten eine bessere Marktentwicklung in Lateinamerika.

Trotzdem hält MSC mit vier Schiffen einen Marktanteil in Brasilien von 34 %. In der nächsten Saison wird der jüngste Neubau »MSC Preziosa« die Flotte dort verstärken und Kurztrips von Santos aus anbieten. MSC rechnet mit einem Anstieg der Passagierzahlen von 12 %, mit 220.000 schloss die Saison 2012/13 ab.

Die populärste Kreuzfahrtdestination sei immer noch die Karibik, jedoch müssten sich die karibischen Häfen nun etwas einfallen lassen, um attraktiv zu bleiben, stellte Kevin Sheehan, CEO von Norwegian Cruise Line, fest. »Es darf nicht sein, dass Gäste die gleichen ›alten und bekannten‹ Dinge dargeboten bekommen.« Die Häfen müssten mit den Reedereien zusammenarbeiten, um neue Konzepte zu entwickeln, waren sich Carnival-Chef Gerry Cahill und Adam Goldstein, CEO von Royal Caribbean International, einig.

Zu den Faktoren, die das Erschließen neuer Destinationen zusätzlich schwierig mache, gehören auch die teilweise sehr restriktiven Visabestimmungen einzelner Län­der oder Staatenverbünde. Der WTTC versuche die betreffenden Länder zu bewegen, ihre veraltete Bürokratie zu vereinfachen, um die Chance auf steigende Tourismuseinnahmen zu nutzen, so Scowsill.

»One industry, one voice«

An wenigen Branchen ist Globalisierung einfacher und deutlicher zu beschreiben als an der Kreuzfahrtindustrie. Mit dem Leitsatz »One industry, one voice« haben sich im Dezember des vergangenen Jahres neun Branchenverbände unter dem Schirm der in Nordamerika ansässigen Cruise Lines International Association (CLIA) zusammengeschlossen. So firmiert nun beispielsweise der European Cruise Council unter »CLIA Europe«; die Namen der Ländervertretungen ergeben sich aus dem Staatsnamen: »CLIA Deutschland«, »CLIA UK« etc. »Damit ist die Anzahl der Mitglieder von 26 auf 58 Reedereien angestiegen. So bekommt die Stimme der weltweiten Kreuzfahrtindustrie ein ganz anderes Gewicht«, sagte CLIA President Christine Duffy in Miami. Die Kreuzfahrtbranche generiere jährlich einen Umsatz von rund 100 Mrd. $ und beschäftige 750.000 Menschen (2011).

Seit Februar wird mit der Plattform »Cruise Forward« Social Media bemüht, um Informationen zu bündeln und jedermann leicht zugänglich zu machen. Dazu gehöre insbesondere auch, das Ansehen der Branche weiter positiv zu verändern; das betreffe unter anderem ökologische und ökonomische Nachhaltigkeitsmaßnahmen.

Um- statt Neubau

Im laufenden Jahr nehmen insgesamt sechs Neubauten ihren Dienst auf: »Aida Stella« im März, »Norwegian Breakaway« und »MSC Preziosa« im April, darauf folgend im Mai Hapag-Lloyds »Europa 2«, im Juni die »Royal Princess« und im Juli die Luxusyacht »Le Soléal« der Reederei Compagnie du Ponant. Die Ablieferungen bis 2016 rangieren zwischen fünf und sechs Schiffen pro Jahr. Damit ist die Orderaktivität zuletzt zwar wieder etwas gestiegen, aber entspricht noch nicht den Erwartungen, die man vor zehn Jahren prognostizierte. Stattdessen geht der Trend zu teilweise sehr umfangreichen Umbauten und Nachrüs­tungen.

In der Regel werden Kreuzfahrtschiffe alle 10 bis 15 Jahre einer Rundumerneuerung unterzogen. Da in den Jahren kurz nach der Jahrtausendwende die Flotten stark expandierten, ist nun der Bedarf an Modernisierungen groß. Hinzu kommt, dass im Vergleich zu Neubauprojekten, die rund drei Jahre bis zur Ablieferung brauchen, sogenannte Refreshments für einen Bruchteil der Werftzeiten und Kosten zu realisieren sind.

Zu nennen ist hier etwa der Umbau der »Carnival Destiny« zur »Carnival Sunshine«, der im April abgeschlossen werden soll: Im Rahmen des 155 Mio. $ teuren Refits sind unter anderem zwei weitere Decks und 182 Kabinen vorgesehen. Bis 2016 will Royal Caribbean International weitere Schiffe modernisieren und an den Standard der Oasis-Klasse anpassen. Seit das Unternehmen 2011 angekündigt hat, dass kein Schiff »unangetastet« bleiben soll, haben bereits zehn Ozeanliner das Modernisierungsprogramm durchlaufen.

Für 30 Mio. $ soll demnächst die »Pride of America« der Norwegian Cruise Line in Hawaii ein Facelift und 24 weitere Luxuskabinen bekommen. Celebrity Cruises lässt seine vier Schiffe der Millenium-Klasse für 140 Mio. $ auf das Niveau der Solstice-Klasse anheben.

Green Shipping und Energieeffizienz

Bereits zum zweiten Mal fand in Miami der Green Cruising Showcase statt. Hier hatten die Hersteller »grüner« und energieeffizienter Technologien die Gelegenheit, ihre Produkte darzustellen. Neben der Gewinnung von Energie aus anfallendem Müll und Abwasser (Scanship) sowie der altbekannten, aber bisher noch wenig akzeptierten Wasser-in-Öl-Technologie zur Verbesserung der Einspritzung und Verbrennung des Kraftstoffes (Blue Ocean Solutions) stand das Thema Nass-Scrubber zur Diskussion. Das norwegische Unternehmen Green Tech Marine hat den ersten Hybrid-Scrubber (offener/geschlossener Kreislauf) auf der »Liberty of the Seas« eingebaut. Das vergleichsweise kompakte und leichte System namens »GTM R 15« wurde anstelle der Abgasschalldämpfer installiert, und zwar über einen Zeitraum von vier Monaten, während das Schiff weiter im Service blieb. Inwieweit Umbauten im laufenden Hotelbetrieb vorgenommen werden können, ohne diesen zu stören, war immer wieder eine Fragestellung, die kritisch diskutiert wurde, schließlich stehen Nachrüstungen nicht nur hohe Investitionskosten gegenüber, sondern auch Ausfallzeiten des Schiffes. Das System hat nach erfolgreicher Erprobung an Bord der »Liberty of the Seas« das Type Approval von Det Norske Veritas und anschließend die Zulassung durch das Register der Bahamas und die US-Küstenwache erhalten.

Norwegian Cruise Line hat daraufhin vier GTM-Scrubber für die »Pride of America« bestellt. Wärtsilä Hamworthy, ebenfalls ein Hersteller von Nass-Scrubbern (offen/geschlossen), wird vier Anlagen für die beiden Quantum-Klasse-Neubauten von Royal Caribbean liefern, die 2014 und 2015 von der Meyer Werft abgeliefert werden sollen.

Flusskreuzfahrten werden zum Thema auf der CSM

Flusskreuzfahrten haben in den vergangenen fünf Jahren enorm an Beliebtheit gewonnen. Um die Nachfrage, die sich in wachsenden Passagierzahlen von 7 % jährlich wiederspiegelt, zu befriedigen, sollen in den nächsten zwei Jahren 41 Flusskreuzfahrtschiffe gebaut werden. Über die Hälfte der Bestellungen sind alleine von Viking River Cruises ausgelöst worden, der Rest teilt sich unter den Anbietern Avalon Waterways, Ama Waterways, Uniworld Boutique River Cruise Collection, Tauck und Scenic Cruises auf.

»Neben den steigenden Passagierzahlen haben sich weltweit neue Destinationen und Routen eröffnet«, sagte Rudi Schreiner, Präsident und Miteigentümer von Ama Waterways. Da jedes Schiff nur auf jenem Fluss sicher betrieben werden könne, für den es konstruiert wurde, würden nun auch Schiffe für asiatische Flüsse (z.B. Mekong, Jangtse), den Amazonas oder den Chobe, der durch die südafrikanischen Länder Angola, Botswana und Namibia fließt, in Auftrag gegeben. Zudem ist Russland im Kommen: Trotz der kurzen Saison habe Ama Waterways ein Schiff aufwendig modernisiert und umgebaut, um Reisen auf der Wolga anzubieten, so Schreiner.

30 Jahre Cruise Shipping Miami

2014 feiert die Weltleitmesse der Kreuzfahrt 30-jähriges Jubiläum. Die Prognosen geben Anlass, auch nächstes Jahr auf ein Wachstum der Branche zu setzen. Das Interesse an der Messe ist jedenfalls ungebremst, die Erwartungen von 11.000 Besuchern und rund 900 Ausstellern wurden bestätigt. Im Rahmen des umfangreichen Konferenzprogramms ist rege diskutiert worden.