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Für die Spedition war 2012 kein leichtes Jahr. Das gebremste Wachstum im Überseeverkehr und die stark schwankenden Frachtraten machten den Dienstleistern zu schaffen. Einige der größten erlitten deutliche Gewinneinbußen.
Reinhard Lange, Vorstandschef von Kühne + Nagel (K+N), bilanzierte das vergangene Geschäftsjahr knapp und relativ nüchtern: »Nicht befriedigend, aber auch[ds_preview] keine Katastrophe«, so Lange. Noch immer hat der Konzern sowohl bei den Transportmengen als auch der Rentabilität die Nase gegenüber seinen Konkurrenten vorn. Aber ertragsmäßig betrachtet war 2012 erstmals seit langem ein Jahr des Rückschritts. Margendruck, Kostensteigerungen und eine saftige Kartellbuße verhagelten dem einst in Bremen gegründeten und heute in der Schweiz beheimateten Speditionskonzern das Ergebnis. Trotz Steigerungen bei Umsatz und Rohgewinn (Umsatz abzüglich Frachtkosten, Zoll) sank das Betriebsergebnis (EBIT) auf Konzernebene von 750 Mio.auf 634 Mio. CHF (umgerechnet 519 Mio. €). Der Nettogewinn ging von 606 Mio. auf 493 Mio. CHF (403,5 Mio. €) zurück.

Bereits in den ersten beiden Quartalen des vergangenen Jahres hätten die Wachs-

tumsverlang­samung in China und das zurückhaltende Konsum- und Investitionsverhalten in weiten Teilen Europas die Volumenentwicklung im internationalen Lo­gistikgeschäft beeinträchtigt. Ab Jahresmitte habe sich die Lage aufgrund der Verschärfung der Staatsschuldenkrise im Euro-Raum noch einmal verschlechtert, berichtete Lange, der zugleich seinen Rücktritt auf der Jahreshauptversammlung Anfang Mai ankündigte – sieben Monate vor Auslaufen seines Vertrages.

»Folgen dieser Entwicklung waren Kapazitätsüberhänge, eine bislang nicht in diesem Ausmaß gekannte Ratenvolatilität und starker Margendruck«, erklärte er. Getreu seinem Wachstumsprogramm habe das Unternehmen die Ladungsumfänge in allen Produktsparten ausbauen können, allerdings nicht stark genug, um Margendruck und Kostensteigerungen zu kompensieren. Im Kernsegment Seefracht stellte sich das wie folgt dar: Mit 6 % wuchsen die Mengen der eigenen Schätzung zufolge dreimal so schnell wie der Gesamtmarkt (2 %), insgesamt wickelte K+N Seefrachtgut im Umfang von 3,5 Mio. TEU ab. Das reichte aus, um den Rohertrag in der Sparte leicht auszuweiten. Die für diese Geschäftsausweitung erforderlichen Kosten kletterten aber schneller, sodass das Betriebsergebnis in der See­fracht um 5,3 % auf 391 Mio. CHF (rund 320 Mio. €) fiel. Belastet wurde das Geschäft durch einen gut vierprozentigen Rückgang der Rohgewinnmarge pro Container auf 367 CHF pro TEU. Laut den Erläuterungen Langes war dies in erster Linie durch Schwankungen der Einkaufspreise bei den Carriern bedingt.

Inwieweit steigende Betriebskosten in der K+N-Organisation mit dazu beitrugen, blieb unklar. Jedenfalls hat sich das Unternehmen nun eine Restrukturierung seiner regionalen Organisationen verordnet, um die Flexibilität u.a. bei der Durchsetzung von Kostensenkungen zu steigern.

Oder gerieten die Dienstleistermargen durch den verschärften Konkurrenzdruck unter den Seefrachtspediteuren ins Rutschen? Für Letzteres spricht, dass nämlich auch große Wettbewerber, die in den Vorjahren eher vorsichtig agierten, stärker auf Marktanteilsgewinne in der Seefracht aus waren. Mit DHL Global Forwarding – dem Speditionsarm der Deutschen Post – der Schweizer Gesellschaft Panalpina und auch DB Schenker Logistics warben jedenfalls drei bedeutende Player deutlich intensiver um Seefrachtgeschäft als in den Vorjahren.

Schärferer Wettbewerb im Seefrachtsegment

Panalpina schaffte es immerhin, seine Transportmenge ebenfalls um 6 % zu steigern, auf einen neuen Höchststand von 1,39 Mio. TEU. Starke Zuwächse meldete der Konzern auf den Routen zwischen Asien und Afrika, Asien und Lateinamerika sowie von Europa nach Lateinamerika und Afrika. DHL erzielte dank starker Buchungen für europäische Exportladung und innerasiatische Ladung einen Volumenzuwachs von über 4 % auf 2,84 Mio. TEU. Auffällig ist, dass beide Unternehmen ihre Margen pro Transporteinheit entweder stabil halten oder sogar ausweiten konnten und damit ihre Ergebnisse im Bereich Seefracht offenbar verbesserten. Für einen exakten Vergleich mit K+N ist die Berichterstattung der Unternehmen leider nicht detailliert genug. Für Seefracht wird weder bei Panalpina noch bei DHL ein gesondertes EBIT ausgewiesen.

Panalpina gibt nur an, dass es den Rohertrag pro TEU in etwa stabil bei 332 CHF halten konnte. DHL weist für alle Verkehrsträger (See, Luft und Land) einen um über 16 % gestiegenen Vorsteuergewinn (EBIT) von 512 Mio. € aus. Die Tatsache, dass die Umsatzentwicklung bei der Luft- und Landfracht deutlich gedämpfter ausfiel, spricht dafür, dass die Seefrachtsparte einen erheblichen Teil zum Gewinnwachstum beigetragen hat.

Niedrigeres Ausgangsniveau

Wenn die Unternehmen im Gegensatz zu K+N auch in schwierigen Jahren wie 2012 in der Lage sind, ihre Profitabilität in der Seefracht auszubauen, könnte das auch damit zusammenhängen, dass sie von ei­nem niedrigeren Ausgangsniveau kommen. Zumindest liegt die von Panalpina genannte Rohertragsmarge von 332 CHF pro TEU immer noch deutlich niedriger als die von K+N (367 CHF), was auch mit der höheren Präsenz von K+N in bestimmten speziellen Ladungssegmenten zu tun haben könnte. Beispiel Kühlcontainerverkehre: Keine andere Spedition betreut Branchenkreisen zufolge so viel Reefer-Containerware; in diesem Bereich werden durchschnittlich deutlich höhere Frachten und vermutlich auch höhere Margen erzielt.

Aufgrund von Zuwächsen und Marktanteilsgewinnen bei den maritimen Überseeverkehren konnte auch DB Schenker Logistics – die Speditions- und Logistiksparte der Deutschen Bahn – Umsatz und Ergebnis im vergangenen Jahr ausdehnen. Der Gesamtumsatz der Luft- und Seefrachtsparte stieg um 3,3 % auf fast 7 Mrd. €, das EBIT verbesserte sich sogar um deutliche 8,5 % auf 254 Mio. €. Sowohl bei den innereuropäischen Landverkehren als auch in der Luftfracht verzeichnete Schenker Volumenrückgänge, dafür steigerte der Konzern die Mengen im Seefrachtbereich um 8,1 % auf über 1,9 Mio. TEU und verkürzte damit auch etwas den Abstand gegenüber Kühne + Nagel und DHL Global Forwarding. Schenker gilt weltweit als Nummer drei in der Seefrachtspedition. Vor allem durch Zugewinne im Transpazifik sowie auf den innerasiatischen Routen konnte das Unternehmen den Buchungs- und Ladungsumfang für weltweite Verschiffungen mehr als doppelt so schnell ausbauen wie der Gesamtmarkt, dessen Wachstum DB Schenker auf 3,5 % taxiert – und damit höher als K+N.

Gewisse Parallelen zum Marktführer K+N weist die Entwicklung bei Damco auf, der Speditions- und Logistiktochtergesellschaft von AP Moller-Maersk. Der Dienstleister, der gerade seinen Hauptsitz von Kopenhagen nach Den Haag verlagert, steigerte sein Buchungsaufkommen im Seefrachtsegment vergangenes Jahr um 6 % auf 797.700 TEU. Trotz Akquisition zweier Speditionen im asiatisch-pazifischen Raum und damit verbundener hoher Zuwächse in der Luftfracht fiel das Vorsteuerergebnis (EBIT) um 4 % auf 93 Mio. $ (72 Mio. €).

Weniger kann mehr sein

Deutlich weniger volumengierig präsentierte sich die dänische Speditions- und Logistikgruppe DSV, deren Ladungsaufkommen sowohl im See- als auch im Luftfrachtbereich leicht sank. Die Zahl der gemanagten Containertransporte sank gegenüber dem Jahr 2011 von 727.861 TEU auf 725.806 TEU. Aufgrund des hohen Anteils des Asien–Europa-Verkehrs am Seefrachtportfolio von ca. 40 % wurde DSV stark von der nachlassenden Verkehrsentwicklung im westgehenden Verkehr getroffen. Nichtsdestotrotz gelang es den Dänen, auch mit etwas geringerer Menge mehr Geld zu verdienen. Der Rohertrag in der Seefracht verbesserte sich von 2,29 Mrd. auf 2,41 Mrd. DKK (323 Mio. €). Das für die See- und Luftfracht zusammen ausgewiesene Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (EBITA) kletterte von 1,36 Mrd. auf 1,41 Mrd. DKK (ca. 189 Mio. €), und auch dieses Jahr würden weitere Verbesserungen angestrebt, teilte das Unternehmen mit. Für 2013 rechnen die großen Spediteure bestenfalls mit einer ganz leichten Zunahme des Wachstumstempos in den globalen Containerverkehren. Die Prognosen lie-

gen in einer Bandbreite von 2–4 %. Derzeit bewegten sich die wöchentlich disponierten Mengen aber eher auf dem Vorjahresniveau, berichtete K+N-Vorstandschef Lange jüngst in einer Analystenkonferenz. Damit die Prognose eintreffe, müsse sich die Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte erheblich beschleunigen, erklärte er.