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Um Fahrrinnen und Hafenbecken vor Versandung und Verschlickung zu bewahren,

werden auf Flüssen und in Hafengebieten Baggerschiffe eingesetzt. Auch an großen

Hafenbauprojekten sind die Spezialschiffe beteiligt.
Sei es die Vertiefung von Fahrrinnen, der Kampf gegen Verschlickung und Versandung von Flüssen und Hafenbecken oder gar die Aufschüttung[ds_preview] neuer Hafenflächen – überall kommen Baggerschiffe zum Einsatz. Häufig werden für solche Arbeiten so­genannte Laderaumsaugbagger, die auch als Hopperbagger bezeichnet werden, genutzt. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über größere aktuelle Bauvorhaben in Eu­ropa gegeben, an denen Baggerschiffe maßgeblich beteiligt sind.

Großbritannien

Das größte Projekt in England ist der Bau des Hafens London Gateway. Etwa 40 km flussabwärts von London am nördlichen Ufer der Themse entsteht der erste Tiefwasser-Containerhafen des Vereinigten Königreichs. Das Joint Venture Lordi, bestehend aus Dredging International, einem Toch­terunternehmen von Dredging Environ­mental & Marine Engineering (DEME), und Laing O’Rourke, ist für das Design und den Bau verantwortlich, wobei Laing O’Rourke zusammen mit dem Subunternehmen Bachy Solétanche für den Bau des 1.300 m langen Kais und einer neuen, 300 m langen Tankerlöschbrücke sorgt. Die Baggerarbeiten in der Themse, für die DEME bis zu vier Schiffe gleichzeitig einsetzt, erstrecken sich auf einer Länge von fast 100 km und dauern noch bis ins kommende Jahr an. Bis zu 4 m wird die rund 300 m breite Fahrrinne vertieft. Im Einzelnen wird die innere Themse von 11 m auf 14,50 m und die Außenthemse auf 16 m ausgebaggert. Die Liegewanne des Terminals wird nach Beendigung der Baggerarbeiten eine Tiefe von 17 m haben, damit auch die größten Containerschiffe der Welt an dem Tiefwasser-Containerhafen abgefertigt werden können. Das Baggergut hat ein Volumen von rund 29 Mio. m3 und wird größtenteils zur Landgewinnung für die neuen Hafenanlagen verwendet. Der Bau des Hafens, dessen Eröffnung für Ende 2013 vorgesehen ist, kostet rund 1,5 Mrd. €. Dann sollen jährlich rund 3,5 Mio. TEU umschlagen werden.

Die Baggerarbeiten im Hafen von Southampton indes wurden im März abgeschlossen. Das niederländische Unternehmen Ko­ninklijke Boskalis Westminster NV (Bos­kalis) wurde von Associated British Ports (ABP) damit beauftragt, den Eingang zum Kanal bei Marchwood, der zum von DP World Southampton betriebenen Containerterminal führt, zu vertiefen und zu verbreitern. Zur verbesserten Erreichbarkeit des Terminals und zum besseren Manövrieren der Containerschiffe wurde die Fahrrinne um 30 m verbreitert. Insgesamt wurden dabei ca. 450.000 m3 Baggergut trans-

portiert. Boskalis setzte für die Arbeiten die »Manu Pekka« ein, die bis zu 18,5 m tief baggern kann.

Niederlande

»Maasvlakte 2« heißt das Großprojekt, das den Rotterdamer Hafen in der Nordsee erweitert und für dessen Realisierung seit dem Jahr 2008 das Baukonsortium PUMA (Project Uitbreiding Maasvlakte = Projekt­erweiterung der Maasvlakte) verantwortlich ist. PUMA ist eine Kooperation zwischen Van Oord und Boskalis. Der Vertrag mit den beiden niederländischen Bauunternehmen umfasst ein Volumen von rund 1,1 Mrd. €. Mitte April hat PUMA den ers­ten Teil und damit auch den Hauptteil von »Maasvlakte 2« fertiggestellt und wird weitere zehn Jahre für die Unterhaltung verantwortlich sein. Für den Bau des ersten Teils wurden rund 240 Mio. m3 Sand benötigt, der größtenteils aus dem Meer gewonnen wurde. Bevor die Baggerschiffe dafür eingesetzt werden konnten, musste zunächst der günstigste Standort für die Sandgewinnung ermittelt werden. Dabei galt es, Naturgebiete, alte Munitionslagerstätten, Kabel- und Leitungstrassen, militärisches Übungs-

gelände sowie künftige Standorte von Windparks zu berücksichtigen. Zudem durfte der Schiffsverkehr in Europas größtem Hafen nicht beeinträchtigt werden.

Für die Sandgewinnung wurden mehre­re Hopperbagger eingesetzt, die den Sand hauptsächlich im Rainbow-Verfahren an die Stellen spülten, an denen er benötigt wurde. Zudem waren Schneidkopfsaugbagger, Stone Dumper, Löffelbagger, Planierraupen sowie Muldenkipper im Einsatz. Nicht nur für die Aufspülung des neuen Hafengeländes diente der Sand, sondern auch für die 12 km lange Küstenbefestigung und den Bau eines neuen Dünengürtels. Dabei spielte die Qualität des Materials eine entscheidende Rolle. Zum Bau der naturnahen Küstenbefestigung war gröberer Sand nötig, da er weniger schnell von der Meeres­strömung abgetragen wird, wohingegen zur Aufspülung neuer Gewerbeflächen die Größe der Sandkörner weniger relevant ist.

Die Baggerschiffe wurden auch benötigt, um die neuen Hafenbecken zu vertiefen. Insgesamt sollen rund 3,5 km Kaifläche in dem neuen Teil des Rotterdamer Hafens, der über eine Wassertiefe von 20 m verfügen wird, entstehen. Darüber hinaus wird 1 km Kaifläche für den Inlandschiffsverkehr und kleinere Seeschiffe vorgehalten. Hier soll die Wassertiefe nach der Fertigstellung zwischen 11 m und 13 m liegen. Durch den neuen Teil des Hafens vergrößert sich das Hafengebiet Rotterdams um etwa 20 %.

Rumänien

Van Oord hat zudem vom rumänischen Transportministerium einen Auftrag erhalten, den Anleger in Constanza um 1.100 m zu verlängern. Der geplante Arbeitszeitraum erstreckt sich von Mai 2013 bis April 2015. Für das Wasserbauprojekt sollen mehr als 3 Mio. t Steine platziert werden. Zu diesem Zweck will das Unternehmen ein sogenanntes Side-Stone-Dumping-Schiff und Krane einsetzen. Darüber hinaus sind die Niederländer mit der Vollendung eines Offshore-Schutzdeiches betraut worden. Dieser erweitert den bestehenden Schutzdeich um mehr als 1 km und erhöht so die Betriebsbedingungen und die Sicherheit der anlaufenden Schiffe im größten rumänischen Hafen am Schwarzen Meer.

Das gesamte Projekt kostet ca. 150 Mio. € und soll Ende 2014 fertiggestellt sein.


Thomas Wägener