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Tontaubenschießen oder Bingo-Abende gehörten bis vor einigen Jahren zum klassischen Unterhaltungs-programm auf Kreuzfahrtschiffen. Heute locken Brau-häuser, 4-D-Kinos, Eislauf- und Bowlingbahnen die Gäste auf die schwimmenden Urlaubshotels. Doch das ist noch längst nicht alles, was sich die Reede[ds_preview]reien zur Unterhaltung der Passagiere so alles einfallen lassen.
Vor allem für die großen Kreuzfahrtanbieter geht der Trend zu immer mehr Animation und immer größeren und spektakulären Attraktionen: Auf der in diesem Frühjahr von der Meyer Werft abgelieferten »Norwegian Breakaway« erlebt man im größten Hochseilklettergarten auf hoher See insgesamt 40 Kletterelemente, darunter ein sogenannter Zip Track (Seilrutsche). Adrenalin pur erwartet Kletterfans an der »Planke« (The Plank) – einer einzigartigen Plattform, die sich ca. 2,5 m über den Schiffsrand hinaus erstreckt, und das knapp 50 m über dem Meer. Mutige erhalten nach Bewältigung der »Planke« ein Erinnerungsfoto von dem atemberaubenden Augenblick.

Grenzenloser Erfindungsreichtum

Auch beim Badespaß dringt man in neue Dimensionen vor: Im Aqua Park der »Norwegian Breakaway« stehen mittlerweile fünf über mehrere Decks führende Wasserrutschen. Dazu gehören dann gleich zwei Free-Fall-Rutschen, auf denen die Gäste den Boden unter den Füßen verlieren. Zum Carnival WaterWorks Aqua Park, der sich auf vielen neuen Schiffen von Carnival Cruises befindet, gehört eine 90 m lange Wasserrutsche, die sich über vier Etagen erstreckt, aber auch eine zweispurige Wasserrutsche. Bei MSC Cruises stehen Wasserrutschen im Außenbereich ebenfalls hoch im Kurs: So wurde auf der im Frühjahr diesen Jahres abgelieferten »MSC Preziosa« die weltweit längste Wasserrutsche auf einem Schiff mit einer Länge von 120 m in Betrieb genommen.

Geht es auf den meisten Kreuzfahrtschiffen dagegen eher in die Richtung kleinerer Schwimmbecken, erhalten badebegeisterte Gäste von TUI Cruises auf den beiden Neubauten »Mein Schiff 3« und »Mein Schiff 4« ein echtes Highlight auf hoher See: einen 25 m langen Außenpool zum entspannten Schwimmen.

Ganz besondere Unterhaltungsprogramme wird die US-Reederei Royal Caribbean International (RCI) auf den neuen Schiffen der Quantum-Klasse bieten, die derzeit ebenfalls auf der Papenburger Meyer Werft entstehen. Dazu gehören das »RipCord by iFly«, das erste Fallschirmsprungerlebnis auf See, und der »North Star«, eine juwelenförmige Glaskugel, die Gästen mehr als 90 m über dem Meer beeindruckende 360°- Ansichten bietet. Weiterhin findet man an Bord den wandelbaren Veranstaltungsort »Two70°«, ein großer mehrstöckiger Raum mit einem 270°-Panoramablick auf das Meer durch große, vom Boden bis zur Decke reichende Glasfenster, die sich über fast drei Decks erstrecken. Bei dem »Seaplex« wird es sich um die größte Innenaktivfläche auf See handeln, eine flexible Sport- und Entertainmentstätte mit Autoscooter, Basketballplatz in Turniergröße und einer Roller-Skating-Bahn.

Klein, aber fein

Der Gegentrend zu den riesigen glitzernden Ferienwelten auf dem Wasser sind kleinere und überschaubare Schiffe im hochpreisigen Segment: So haben in den letzten Monaten Hapag-Lloyd, Seabourn, Ponant und Regent Seven Seas Cruises neue Schiffe im Fünf-Sterne-Bereich erhalten bzw. noch weitere Neubauten bestellt. Auch ein neuer Anbieter wird in diesem Segment in Erscheinung treten: Die bislang für Flussreisen bekannte, in der Schweiz ansässige Reederei Viking River Cruises wird für die neue Hochseesparte Viking Ocean Cruises im Frühjahr 2015 die »Viking Star« und ein Jahr später noch ein Schwesterschiff im Fünf-Sterne-Segment in Fahrt bringen.

Die neue 47.800 BRZ große »Viking Star« mit Platz für 944 Passagiere und einem All-inclusive-Konzept wird nur über 464 Bal-

kon­kabinen und keine Innenkabinen mehr verfügen. Die Größe der Balkonkabinen liegt zwischen 25 m2 und bis zu 134 m2 im Suitenbereich. Der Neubau mit seinen 14 Decks wird mit einem Hauptpool mit beweglichem Glasdach und am Heck einem Infinity-Pool mit Glaswand ausgerüstet. Anders als bei den meisten Mitbewerbern ist ferner eine größere Anzahl von Außensitzplätzen bei den Restaurants vorgesehen.

Neue Gastro-Konzepte

Diesen Trend hat Norwegian Cruise Line (NCL) mit der »Waterfront« auf Deck 8 der »Norwegian Breakaway« und dem folgenden Schwesterschiff »Norwegian Getaway« bereits aufgenommen. Die insgesamt 400 m lange Außenflaniermeile zu beiden Seiten des Schiffes verfügt über acht Dining-Optionen und Lounges im Freien. Gäste erwarten hier bequeme Sitzgelegenheiten und eine Eisbar im Freien. Es bleibt abzuwarten, wie dieses Angebot gerade im amerikanischen Markt angenommen wird, da US-Gäste in der Regel klimatisierte Restaurants bevorzugen.

Ähnlich wie an Land setzt sich gerade bei den deutschsprachigen Anbietern immer mehr das All-inclusive-Angebot durch. Den Anfang machte hier TUI Cruises vor drei Jahren, weitere Anbieter wie zum Beispiel Aida Cruises bieten inzwischen zubuchbare Getränkepakete an und auch internationale Anbieter offerieren Zusatzpakete: So gibt es bei Azamara mittlerweile zahlreiche alkoholische Getränke, Bier und Weine und sogar einen Landausflug inklusive. Die internationalen Anbieter MSC, Costa und Carnival Cruises haben ihre All-inclusive-Getränkepakete zwischenzeitlich ebenfalls ausgeweitet.

Kinderprogramme

Nicht nur die Schiffe von Disney Cruises bieten für die jüngsten Gäste Kinderani­mationsprogramme mit den beliebten Zeichentrickstars von Walt Disney wie Donald Duck oder Mickey Mouse. So hat Royal Caribbean International in diesem Jahr die bekannteste Puppe der Welt, »Barbie«, an Bord ihrer 22 Schiffe gebracht. In Zusammenarbeit mit dem Hersteller Mattel können sich nun Mädchen auf im Barbie-Stil gestaltete Kabinen und spezielle Veranstaltungen freuen. Wer die »Barbie Premium Experience« für seine Kinder bucht, kann sogar an Barbie-Tanzkursen, Modeschauen und Designer-Workshops teilnehmen und übernachtet in einer Kabine mit aufwendiger Barbie-Ausstattung.

Weiterhin finden sich durch die Kooperation mit Dreamworks Animation auf ei­nigen Schiffen von RCI die Lieblingscharaktere aus Animationsfilmen wie »Madagaskar« und »Shrek« wieder, die sodann für zahlreiche Aktivitäten beim Nachwuchs sorgen. Bei NCL wird auf mittlerweile vier Kreuzfahrtschiffen der Flotte das exklusive Nickelodeon-Familienunterhaltungsprogramm angeboten, mit unterschiedlichen Charakteren wie Dora, SpongeBob, Patrick und Thaddäus Tentakel.

Kabinentrends

Bei der Unterbringung der Kreuzfahrtgäste haben mehrere Trends der vergangenen Jahre Kontinuität: Neben dem Anstieg der Balkonkabinen sowie luxuriöser Suiten bieten immer mehr Reedereien Studios zur Einzelbelegung an.

So setzt die in diesem Frühjahr in Fahrt gebrachte »Royal Princess« von Princess Cruises den Trend nach Balkonkabinen fort. Wer bei der Buchung einer Seereise bislang die klassische Außenkabine favorisierte, der wird diese Kategorisierung an Bord dieses Schiffes nun vergeblich suchen, denn neben 342 Innenkabinen finden sich dort nur noch ausschließlich 1.438 Balkonkabinen.

Weiterhin richten sich immer mehr Reeder auf Einzelreisende ein und bieten besondere Studios für Singles an. Den Anfang hierzu machte die »Norwegian Epic« vor drei Jahren. Ebenfalls auf der »Norwegian Breakaway« und der im nächsten Jahr in Fahrt kommenden Schwester »Norwegian Gateway« findet man die speziell für Einzelreisende rund 9 m2 großen Studios, die neben einem Doppelbett mit praktischem Stauraum über dem Bett und einem innovativen Baddesign mit separatem Waschbecken und Dusche verfügen. Auch auf den Schiffen der Quantum-Klasse von RCI wird man neuerdings bis zu 16 Studio-Innenkabinen für Alleinreisende finden.

Virtuelle Bullaugen und Balkone

Disney Cruises war vor ein paar Jahren der Vorreiter einer neuen Idee mit den virtuellen Bullaugen in den Innenkabinen auf den Meyer-Werft-Neubauten »Disney Fantasy« und »Disney Dream«. So haben alle Innenkabinen ein virtuelles Bullauge, mit dem Gäste in Echtzeit den Blick auf das Meer genießen können. Im Außenbereich des Schiffes sind HD-Kameras angebracht, die das Live-Video in die Kabinen senden. Dabei wartet Disney Cruises mit einer besonderen Überraschung auf, denn von Zeit zu Zeit blicken animierte Disney-Charaktere wie z.B. Peach von »Findet Nemo« oder Mickey Mouse durch das Bullauge.

Diese Idee mit dem virtuellen Blick nach außen wird nun bei RCI fortgeführt: Innenkabinen mit einem virtuellen Balkon. In Echtzeit zeigen sie dort auf bodentiefen Displays den Blick auf Meer und Hafen und erwecken für den Gast so den Eindruck einer Außenkabine. Als erstes Schiff erhält die »Navigator of the Seas« diese neuen virtuellen Balkone während einer Werftzeit im Februar 2014. Anschließend sollen sie auch auf den Neubauten der Quantum-Klasse zum Einbau kommen.

Exklusive Gästebereiche

Bei den Neubauten der beiden großen deutschen Kreuzfahrtanbietern Aida Cruises und TUI Cruises setzt sich der Trend zu separaten privaten Bereichen auf Schiffen, wie man es in ähnlicher Form schon von Norwegian Cruise Line (»The Haven«), MSC (»MSC Yacht Club«) oder von Cunard Line her kennt, fort. Auf der neuen 295 m langen »Mein Schiff 3« und dem Schwesterschiff »Mein Schiff 4«, die derzeit auf der STX-Werft in Finnland entstehen und die schon über einen Anteil von 90 % an Außenkabinen verfügen werden, wird auf Deck 14 ein besonderes Angebot in der Suitenkategorie geschaffen: Hier stehen zehn exklusive »Himmel & Meer«-Suiten mit einer Wohnfläche von 68 m2 und eine Fensterhöhe bis zu 2,90 m zur Verfügung. Auf der ersten Ebene befinden sich in offener Raumgestaltung ein in modernen hellen Farben gehaltener Wohn- und Schlafbereich sowie das Badezimmer. Ausgestattet mit deckenhohen Panoramafenstern genießen Gäste bereits im Wohnbereich beste Aussichten. Über eine Treppe verbunden liegt auf einer zweiten Ebene die eigene Dachterrasse mit Raum für das ganz private Sonnenbad oder den nächtlichen Blick auf den Sternenhimmel.

Die beiden in Japan gebauten Schiffe von Aida Cruises bekommen einen exklusiven Poolbereich, der reserviert ist für Gäste der neuen Panoramakabinen. Dies sind große Balkonkabinen mit der Besonderheit, dass die Passagiere in dieser Kabinenkategorie auch exklusiven Zugang zu dem neuen »Patio Deck« haben werden – einem vom restlichen Schiff abgeschiedenen luxuriösen Courtyard-Bereich mit Pool.

Weiterhin gehört zu diesem Patio Deck eine Bar am Bug, von der aus man einen Kapitänsblick nach vorne haben wird. Völlig neu sind auch die nach der hawaiianischen Insel Lanai benannten »Lanai-Kabinen«. Diese verfügen über einen Wintergarten, der zwischen Balkon und Wohnbereich der Kabine liegt und sowohl zum Balkon als auch zum Wohnbereich durch Glasschiebetüren abgetrennt ist.

Investitionen in Bestandsflotte

Neben der weiteren Aufwertung älterer Schiffseinheiten durch das nachträgliche Anbringen von Balkonen an den vorhandenen Außenkabinen zeichnet sich eine Entwicklung zur weiteren Kapazitätserweiterung bei vorhandenen Kreuzfahrtschiffen ab. Erst in diesem Frühjahr erfolgte für ein Investitionsvolumen von rund 155 Mio. $ der Umbau der »Carnival Destiny« auf der italienischen Fincantieri-Werft. Dabei wurde u.a. ein Teildeck eingezogen, zudem wurden zwei bestehende Decks erweitert. Dadurch konnten zusätzliche 183 Kabinen und innovative Restaurant-, Unterhaltungs- und Wellnessfeatures eingebaut werden. Mittlerweile kündigte Carnival Cruises auch für die »Carnival Legend« für den anstehenden Winter einen Umbau im Stil der »Carnival Destiny«, die mittlerweile in »Carnival Sunshine« umbenannt wurde, auf einer noch nicht genannten Werft an.


Christian Eckardt