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Für das perfekte Kreuzfahrterlebnis gehören für die Gäste saubere Strände, sauberes Wasser und saubere Luft hinzu. Daher ist die Branche in der Pflicht, hierfür das Bestmögliche zu tun. Gerade hinsichtlich der neuen internationalen Abgasgrenzwerte ist das Engagement in den letzten Monaten beachtl[ds_preview]ich angestiegen, schreibt Christian Eckardt
Die Kreuzfahrtindustrie bringt erhebliche Mittel auf, um mit Schiffsdesignern und Zulieferern neue Technologien zum Schutz der Luft- und Wasserqualität und zur Steigerung der Energieeffizienz zu entwickeln. Einige der wichtigsten Projekte werden im Folgenden vorgestellt.

TUI Cruises

Bei der STX Werft in Finnland entstehen derzeit für TUI Cruises, das Gemeinschaftsunternehmen von TUI und der US-Reederei Royal Caribbean Cruises Ltd. (RCCL), die beiden Neubauten »Mein Schiff 3« und »Mein Schiff 4« für bis zu 2.500 Passagiere. »Insgesamt soll der Energieverbrauch um 30 % reduziert werden«, kündigt Lucienne Damm, Environmental Manager bei TUI Cruises, an. Erreicht werden soll dieses Ziel etwa durch die Nutzung der Abwärme der Hauptmaschinen und eine sehr effiziente Klimaanlage an Bord, die vor allem in kühleren Fahrtgebieten die Kühlwirkung des Seewassers nutzt. Außerdem wird ein kombiniertes System zur Nachbehandlung der Abgase eingebaut, das gemeinsam mit dem Schiffsmotorenhersteller Wärtsilä entwickelt wurde. Eine Entschwefelungsanlage wird bis zu 99 % der Schwefeloxide aus den Abgasen filtern, daneben aber auch den Partikelausstoß um 60 % senken. Diese Anlage wird auch außerhalb der Emissionskontrollgebiete permanent im Einsatz sein.

Ein SCR-Katalysator (Selective Catalytic Reduction) reduziert die Stickoxide um 75 % – ein Wert, den die International Maritime Organization (IMO) für Neubauten ab 2016 vorschreibt. Darüber hinaus ist die Entschwefelungsanlage mit einer Waschwasserbehandlungsanlage ausgestattet. Die bei der Entschwefelung herausgewaschenen Schadstoffe werden durch diese Anlage aus dem Waschwasser herausgefiltert, an Bord gesammelt und an Land durch qulifizierte Betriebe fachgerecht entsorgt.

Hapag-Lloyd Kreuzfahrten

Über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus in den Umweltschutz hat auch Hapag-Lloyd Kreuzfahrten beim Bau der neuen »Europa 2« investiert. Dieses bei der STX- Werft im französischen St. Nazaire erbaute Kreuzfahrtschiff verfügt als weltweit erstes bereits über SCR-Katalysatoren zur Minimierung der Stickoxid-Emissionen. Zudem reduziert ein optimierter Rumpf den Kraftstoffverbrauch im Vergleich zur 1999 gebauten »Europa« um 18 %.

Viking Ocean Cruises

Die neue Reederei Viking Ocean Cruises hat bei Fincantieri zwei Schiffe bestellt, bei denen der Antrieb diesel-elektrisch erfolgt in Kombination mit einem Abgasreinigungssystem. Zum Einsatz kommen je zwei MAN-Motoren vom Typ 9L32/44CR und 12V32/44CR mit einer Gesamtleistung von 23.520 kW. Die Motoren mit Common-Rail-Einspritzung eignen sich sowohl im Einsatz von schwerem Dieselöl als auch zur Verbrennung von Destillaten. Durch die Kombination mit dem PureSOx-Nasswäschesystem der Firma Alfa Laval erfüllt das Schiff die strengen weltweiten Anforderungen für Schwefeloxidemissionen.

Norwegian Cruise Line

Auch Norwegian Cruise Line (NCL) hat sich das Thema Abgasreinigung auf die Fahne geschrieben. So werden die zwei neuen »Breakaway Plus«-Schiffe der Reederei mit innovativer Scrubber-Technologie der Firma Green Tech Marine (GTM), einem der weltweit führenden Hersteller mariner Abgasreinigungssysteme, ausgestattet werden.

Beide Schiffe werden von der Meyer Werft in Papenburg gebaut und sollen 2015 und 2017 fertiggestellt werden. Green Tech Marine liefert jeweils fünf Scrubber für die Maschinen mit Leistungen zwischen 14,4 und 16,8 MW. Mit einer Motorleistung von insgesamt 76,8 MW wird dies die weltweit größte Abgasfilteranlage auf einem Schiff sein. »Norwegian Cruise Line steht für Innovation sowie für die Verpflichtung, umweltfreundliche Technologien einzusetzen, wann immer die Möglichkeit dazu besteht«, sagt Kevin Sheehan, CEO von NCL.

Durch die kompakte Bauweise der GTM-Scrubber wird der Platzverlust in Service- oder Kabinenbereichen minimiert. Anstelle von nur einem Abgaswäscher, der sämtliche Maschinen bedient, setzt GTM Scrubber geringerer Größe für jeden einzelnen Motor ein, wodurch auf einen Schalldämpfer verzichtet werden kann. Die GTM-Scrubber verfügen über alle nötigen Zertifizierungen, um den ab 2015 geltenden strengeren Abgasvorschriften in den amerikani­schen Umweltzonen gerecht zu werden. Diese schreiben einen Grenzwert von maximal 0,1 % Schwefel in den Abgasen sämtlicher Brennstoffarten vor.

Erst kürzlich stattete GTM die »Pride of America« mit einem Abgasreinigungssystem aus. Sie kreuzt für NCL ganzjährig rund um Hawaii, wo ab 2015 auch strengere Abgasnormen gelten. Die Scrubber wurden während eines Trockendockaufenthaltes im März eingebaut.

RCI und andere Reedereien

Andere Kreuzfahrtreedereien wie Royal Caribbean International (RCI), Holland America Line und Carnival Cruise Lines testen bereits seit einiger Zeit Nachrüst-Scrubbersysteme an einzelnen Maschinen im Echtbetrieb, haben aber noch kein Schiff komplett mit Scrubber-Abgasreinigung ausgestattet.

RCI führte erste Tests mit einem Abgasreinigungssystem auf der »Liberty of the Seas« bereits erfolgreich durch. Zum Einsatz kam hier ebenfalls eine Anlage von Green Tech Marine. Der GTM-R15-Scrubber lässt sich laut dem Hersteller in Kreuzfahrtschiffen besonders leicht nachrüsten, da er, wie beim Einsatz auf der »Liberty of the Seas«, keinen zusätzlichen Platz an Bord benötigt, sondern hier den bereits vorhandenen Abgasschalldämpfer ersetzt und dadurch auch nur unwesentlich mehr Gewicht mitbringt.

Bereits 2011 hatte Royal Caribbean International einen Langzeittest eines Abgasreinigungssystems auf der »Independence of the Seas« durchgeführt. Bei diesem Filtersystem versprechen sich Reederei und der Hersteller Ecospec Global Technology eine Senkung des Schwefelausstoßes um 99 %, eine Filterung von zwei Drittel der Stickoxide und 77 % des CO2.

Mittlerweile hat zudem Wärtsilä Hamworthy, der weltweit führende Hersteller von Scrubbern, mitgeteilt, dass die RCI-Neubauten der Quantum-Klasse, die sich auf der Papenburger Meyer Werft im Bau befinden, mit einem Hybrid-Abgasreinigungssystem ausgerüstet werden.

Aida Cruises

Aidas neue Schiffsgeneration, die 2015 und 2016 in Dienst gestellt wird, erhält ebenfalls ein umfassendes Filtersystem zur Verminderung der Abgase. »Mit dieser bislang einzigartigen Technologie zur Abgasnachbehandlung können wir erstmals alle drei Emis­sionen – Rußpartikel, Stickoxide und Schwefeloxide – filtern und somit zwischen 90 und 99 % Prozent reduzieren«, kündigte Aida-Chef Michael Ungerer unlängst an.

Die innerhalb der Carnival-Gruppe entwickelte Anlage setzt auf eine neuartige Technologie mit besonders kompakter Bauweise, die es erstmals ermöglicht, alle maßgeblichen Reinigungsstufen technisch unterzubringen. Stickoxide werden in einem Katalysator gebunden und Ruß- und Brennstoffrückstände in einem Filter ausgefällt. Die Schwefeloxide werden ohne Zusatz von Chemikalien in einem Wäscher entfernt.

»Aber wir wollen nicht nur mit unseren Neubauten Maßstäbe setzen, sondern die Umweltbilanz unserer gesamten Flotte kontinuierlich verbessern. Daher werden wir auch unsere anderen Schiffe mit dem neuen umfassenden Filtersystem ausstatten«, so Ungerer. Als erstes werde bereits im Oktober 2013 die »Aida Cara«, das älteste Schiff der Flotte, nachgerüstet. Insgesamt will Aida Cruises bis 2016 rund 100 Mio. € in den Umwelt- und Klimaschutz investieren.

Scrubber als Übergangstechnologie

Bis zum Jahr 2020 werden die Regelungen der IMO für die Umstellung auf schwefelarmen Kraftstoff in Europa umgesetzt, weltweit bis 2025. Bereits heute ist der Einsatz von Schweröl mit hohem Schwefelanteil in EU-Häfen, in der Nord- und Ostsee sowie an der nordamerikanischen Küste – den sogenannten ECA-Zonen (Emission Control Areas) – verboten. Ab 2015 darf in der Nord- und Ostsee nur noch umweltschonenderer Dieselkraftstoff (MDO) eingesetzt werden.

Der Trend geht somit, wie jetzt in den Anfängen in der Fährschifffahrt bei Fjord Line und Viking Line schon umgesetzt, eindeutig in Richtung Erdgas. Daher ist der Einbau von Scrubbern eher als Übergangstechnologie bis zum vollständigen Einsatz von LNG zu bewerten.

Duel-Fuel-Antriebe

Aida Cruises wird die bereits angesprochenen, derzeit in Japan im Bau befindlichen Clubschiffe immerhin schon mit einem dualen Kraftstoffsystem ausstatten. Je nach Fahrtgebiet können die Schiffe entweder mit Schweröl bzw. Diesel oder Flüssiggas (LNG) fahren.

TGE Marine Gas Engineering wurde mit der Lieferung von zwei kompletten LNG-Systemen für die Neubauten beauftragt. Die MaK-Schiffsmotoren werden von Caterpillar Motoren in Kiel und Rostock-Warnemünde entwickelt bzw. gefertigt. Der erste MaK-Duel-Fuel-Motor für den noch namenlosen ersten Aida-Neubau ist kürzlich vom Rostocker Werk zur Bauwerft Mitsubishi verschifft worden. Dabei handelt es sich um ein Motor vom Typ 12 M 46 DF, der zusammen mit drei regulären Motoren der Baureihe 12 M 43 C das Werk verließ. Die DF-Motoren markieren den Einstieg von Caterpillar im kommerziellen maritimen Gas-Segment. Sie liefern eine Leistung von 900 kW pro Zylinder bei 500 und 514 rpm in Diesel- und Gas-Modi und wurden nach Herstellerangaben im Hinblick auf die Erfüllung künftiger Emissionsgrenzwerte entwickelt. Die Motoren können ohne nennenswerte bauliche Änderungen im Maschinenraum und in Verbindung mit der Abgasanlage eingesetzt werden.

Luftblasensystem MALS

Weiterhin setzt das Rostocker Kreuzfahrtunternehmen bei den beiden Neubauten zur Kraftstoffreduzierung auf das sogenannte Mitsubishi Air Lubrication System (MALS). Um den Reibungswiderstand zu verringern, kommen beim MALS-System Luftbläschen zum Einsatz. Da Luft weniger rau ist als der Schiffsrumpf, erzeugen sie eine Art Schmierfilm. So entsteht deutlich weniger Widerstand, Antriebsenergie kann eingespart werden. »Wir können unsere Antriebsleistung und damit den Treibstoffverbrauch so um 7 % verringern«, sagt Matthias Weber, Senior Superintendent Newbuildings von Aida. »Wir haben jetzt schon Drei-Liter-Schiffe, verbrauchen also pro Passagier nur 3 l Treibstoff auf 100 km. Mit MALS sind wir dann bei 2,8 l.«

LNG-Bargen für Stromversorgung

Da Kreuzfahrtschiffe rund 40% ihrer Zeit in Häfen verbringen, steht auch die Emissionssenkung während der Liegezeiten im Fokus: Als Alternative zu Landstrom hat Aida gemeinsam mit Becker Marine Systems ein Konzept entwickelt, seine Flotte im Hamburger Hafen mit Energie von einer LNG-Hybrid-Barge zu versorgen. Sie soll im Laufe der Kreuzfahrtsaison 2014 in Betrieb genommen werden. Dadurch können die Dieselgeneratoren komplett abgeschaltet und Emissionen vermieden werden. Auch TUI Cruises kooperiert mit der Eckelmann-Gruppe bei der Entwicklung einer »E-Power Barge« auf LNG-Basis.


Christian Eckardt