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In der Schifffahrt setzen sich Abgasreinigungssysteme langsam durch. Ein Grund

hierfür sind die in Kürze in Kraft tretenden schärferen Emissionsgrenzen, aber auch

das breitere Angebot technischer Lösungen. Ein Überblick über neueste Entwicklungen mit Schwerpunkt im Fracht- und Fährverkehr von Sverre Gutschmidt
Vereinfacht betrachtet sind Scrubber für Nachrüstung wie Neubau geeignete Vorrichtungen zur Abgasreinigung nach der Verbrennung. Ziel ist vor allem die[ds_preview] Entschwefelung. Es wird dabei zwischen Wet- und Dry-Scrubbern, also der Reinigung mit Wasser und der mit überwiegend trockenen Zusatzstoffen, z.B. Kalksub­straten, unterschieden (siehe ausführlich S. 42ff.).

In einem SCR-Ka­ta­lysator (Selective Catalytic Reduction) reagieren hingegen bevorzugt Stickoxide mit Ammoniak oder Harnstoff als Reduktionsmittel zu Stickstoff und Wasserdampf. Diese Endprodukte sind natürlicherweise in der Atmosphäre enthalten. Vor- und nachgeschaltete Einrichtungen können die Effizienz verbessern.

Bei der Wahl zwischen den verschiedenen Abgasbehandlungsmethoden sind für die Schiffsbetreiber nicht nur Routen und Emissionsregulierungen entscheidend, sondern auch direkte Kosten, der Platz- und Energieverbrauch sowie Auswirkungen auf Fahrprofile. Die HANSA stellt verschiedene aktuelle Projekte vor.

Green Ship »Oceanex Connaigra«

Eines der bedeutendsten gegenwärtigen Scrubber-Projekte wird bei der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) umgesetzt. Die Werft liefert in Kürze die 210 m lange »Oceanex Connaigra« für die kanadische Ree­derei Oceanex ab. Der flexibel einsetzbare ConRo-Frachter mit einer Tragfähigkeit von 19.300 zeichnet sich durch eine moderne Abgasentschwefelungsanlage aus, die laut Werft schon heute die Anforderungen der Schwefelemissionskontrollgebiete (SECA) ab 2015 erfüllt.

Der Reederei zufolge soll das neue Schiff zudem 30 % weniger Treibstoff als Schiffe vergleichbarer Größe verbrauchen, sodass die CO2-Emissionen um rund 20.000 t pro Jahr reduziert werden. Oceanex Executive Chairman Captain Sid Hynes sagte, er sei begeistert ein Schiff zu bekommen, »das von DNV als ›Clean Ship‹ klassifiziert wurde und in Sachen Energieeffizienz und Umweltschutz an der Welt­spitze rangiert«. Die Ablieferung des Neubaus aus Flensburg ist noch für Ende dieses Monats vorgesehen.

Das Schiff ist mit einem Dry-Scrubber von Couple Systems für die Hauptaggregate und Dieselgeneratoren ausgerüstet. Laut Container an Bord dienen als Vorratsbehälter für das Granulat. Die Anzahl der benötigten Container hängt vom Betrieb ab und liegt zwischen 5–10 TEU bei der üblichen Rundreise von Montreal nach St. John’s, sie hängt aber auch vom jeweiligen Betrieb ab.« Laut dem Werftmanager handelt es sich »um die erste Anlage dieser Form überhaupt an Bord eines Schiffes«.

Tests mit einer Versuchsanlage auf dem Frachtschiff »Timbus« lieferten die Grundlagen für die nun auf der »Oceanex Con­naigra« eingesetzte Scrubber-Technologie des 2007 in Deutschland gegründeten Unternehmens Couple Systems aus Bardowick. Dort gibt man sich zurückhaltend, was neue Aufträge anbelangt – manches sei für 2014 und 2015 geplant, doch noch nicht spruchreif.

Color Line investiert 30 Mio. € in Umwelttechnologie

Das norwegische Fährunternehmen Color Line plant Investitionen über 30 Mio. Super Speed 2« auf emissionsmindernde Scrubber bekannt. Die Fähre transportiert bis zu 1.900 Passagiere sowie 764 Pkw oder 117 Lkw. Der entsprechende Vertrag mit dem finnischen Wärtsilä-Konzern über die Lieferung der Anlage sieht zudem Optionen für die Umrüstung der »Super Speed 1«, »Color Fantasy« und »Color Magic« vor (siehe auch S. 44f.).

Die Arbeiten an der »Super Speed 2« starten im März 2014. Laut Wärt­silä werden auf dem Schiff vier Open Loop Scrubber, also nicht als geschlossenes System arbeitende, mit Meerwasser betriebene Abgaswäscher eingebaut. Abgase werden in dem System in drei Phasen mit Seewasser besprüht. Das Waschwasser wird nachbehandelt und später an Land entsorgt.

Die geplanten Anlagen sollen der Reederei zufolge die Emissionen von Schwefel­oxiden um 90 % bzw. 500 t pro Jahr und Schiff verringern. Auf alle Fähren in den Fahrtgebieten Deutschland, Dänemark und Norwegen hochgerechnet, erhofft sich Color Line Einsparungen von rund 2.500 t Schwefeloxiden im Jahr.

DFDS stattet acht weitere Schiffe mit Scrubbern aus

Wie in der HANSA (Nr. 8/13) berichtet, hat DFDS Seaways bereits 13,5 Mio. € investiert, um drei RoRo-Schiffe mit Scrubber-Technologie auszustatten. Nachdem die Reederei das Abgasreinigungsverfahren seit 2009 auf der »Ficaria Seaways« testete, werden aktuell auch »Petunia Seaways«, »Magnolia Seaways« und »Sealandia Seaways« mit Anlagen des Typs PureSOx von Alfa Laval nachgerüstet. Kürzlich beschloss das dänische Unternehmen, noch einmal 40 Mio. € in den Einbau von Scrubbern zu investieren. Diese sollen in weiteren acht Schiffen der DFDS-Flotte eingebaut werden. Mit einer Gesamtinvestition von 53,5 Mio. € wird DFDS dann insgesamt zwölf Schiffe der Flotte auf die kommenden Umweltgesetze vorbereitet haben. Darüber hinaus berät das Unternehmen derzeit über den Einbau von Scrubbern in zusätzliche acht Schiffe, die sich für diese Technologie eignen. Eine Umsetzung würde die Investition in die Scrubbertechnik auf rund 100 Mio. € erhöhen.

Scandlines rüstet »Prinsesse Benedikte« nach

Die Frage des Platzes spielt bei Scandlines ebenfalls eine wichtige Rolle, bedient die deutsch-dänische Reederei doch die Fährroute Puttgarden-Rødby mit kompakten Schiffen. Das Unternehmen baut einen neuen Batteriesatz und einen kleinen Scrubber auf der Fähre »Prinsesse Benedikte« ein, um den ab 2015 geltenden Abgasbestimmungen zu entsprechen. Durch den Einsatz der neuen Batterie könne die Belastung der Maschine reduziert und so ein kleinerer Scrubber verbaut werden, so die Reederei. Die »Prinsesse Benedikte« ist somit das erste »grüne« Schiff von Scandlines. Überschüssige Energie der Hauptmaschine wird in den Batterien gespeichert, das Schiff soll so zeitweilig im Akku-Betrieb fahren. Die Reederei erwartet Kraftstoffeinsparungen von 20 %. Die Nachrüstung soll rund 6 Mio. € kosten. Das Pilotprojekt gilt als Test für das neue Konzept, das nun seine Leistungsfähigkeit beweisen muss. Weitere Schiffe der Flotte könnten im Fall eines Erfolgs 2014 umgerüstet werden, heißt es. Doch Investitionen in sauberen Schiffsbetrieb hängen bei Scandlines langfristig auch mit der Frage zusammen, ob es eine feste Fehmarnbeltquerung oder weiter Fährschiffe auf der Route geben wird.

TT-Line vertagt Entscheidung

Bei anderen Größen der Branche wird eine Entscheidung vorerst noch auf die Zukunft vertagt. Die auf RoPax-Verbindungen spezialisierte TT-Line beurteilt die Scrubber-Technologie derzeit als in der Schifffahrt noch nicht ausgereift. Geschäftsführer Hanns H. Conzen sagte der HANSA: »Wir planen ein bis zwei Pilotanlagen im Jahr 2014, doch die Investitionen sind gewaltig – wir sprechen von rund 6 Mio.


Sverre Gutschmidt