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Im Sommer hat das Maritime Safety Committee der IMO mit Resolution MSC.354(92) Änderungen zum International Solid Bulk Cargoes Code beschlossen, die im Rahmen der Kapitel VI und VII des SOLAS-Übereinkommens am 1. Januar 2015 verbindlich in Kraft treten werden. Vertragsstaaten können die Änderungen freiwillig bereits ab dem 1. Januar 2014 anwenden. Ein Überblick von Uwe Kraft
Ladung unter Begasung

Im Abschnitt 3 (Sicherheit von Besatzung und Schiff) wurde der Unterabschnitt 3.6 (Ladung, die während[ds_preview] der Seereise begast wird) neu gefasst. Hier wird nun ausdrücklich auf die Gefahr hingewiesen, dass bei einer Begasung der Laderäume gefährliche Gase bzw. Dämpfe über Öffnungen und Leitungen in Betriebs- und Maschinenräume eindringen können. Bevor Laderäume begast werden, muss der gasdichte Verschluss bestehender Leitungsverbindungen und Öffnungen zu anderen Räumen geprüft und sichergestellt sein. Ferner müssen in den an die Laderäume angrenzenden Räumen Kontrollmessungen der Atmosphäre durchgeführt werden, und zwar direkt nach der Begasung und des Weiteren mindestens alle acht Stunden während der Beförderung.

Ladung der Gruppe A (Ladung, die breiartig werden kann)

Im Unterabschnitt 4.3 (Prüfbescheinigungen) wurde der Absatz 4.3.2 dahingehend geändert, dass Zertifikate über die Feuchtigkeitsgrenze für die Beförderung (transportable moisture limit / TML) und den tatsächlichen Feuchtigkeitsgehalt der Ladung bei Verladung nur von solchen Personen bzw. Organisationen erstellt werden dürfen, die von der zuständigen Behörde des Ladehafens anerkannt sind, also nur noch von anerkannten Sachverständigen. Es wurden zwei neue Absätze (4.3.3 und 4.3.4) eingefügt, in denen geregelt wird, dass die Verfahren der Probenentnahme und der TML- und Feuchtigkeitsbestimmung von der zuständigen Behörde des Ladehafens zugelassen sein müssen. Eine Kopie der Zulassungsbescheinigung muss dem Schiffsführer bzw. seinem Vertreter übergeben werden.

Im Unterabschnitt 4.4 (Verfahren der Probennahme) wurde ein neuer Absatz 4.4.3 eingefügt, in dem festgelegt ist, dass der Versender / Verlader dem Vertreter des Schiffes bzw. der Reederei Zugang zur aufgeschütteten Ladung an Land gewähren muss (damit etwaige Untersuchungen durch eigene Sachverständige des Reeders ermöglicht werden). In einem neuen Absatz 4.4.8 wird geregelt, dass für die Probenentnahme ein Zugang zur vollen Tiefe der Schütthalde erforderlich ist. Um diesen zu ermöglichen, muss gegebenenfalls ein Graben in die Halde gezogen werden. Diese Anforderung ergibt sich unter anderem aus den aktualisierten Verweisen auf die einschlägigen Normen in Abschnitt 4.7.

Im Abschnitt 7 (Ladungen, die breiartig werden können) wurde die Formulierung in Unterabschnitt 7.2.2 geändert. Hier wird nun dargestellt, dass die Gefahr des Breiartigwerdens nur dann nicht vorliegt, wenn die Ladung aus größeren Partikeln oder ganzen Brocken besteht und wenn das Wasser zwischen den Partikeln hindurchfließen kann und sich der Wasserdruck nicht erhöht.

Im Abschnitt 8 (Prüfverfahren für Ladungen, die breiartig werden können) wurde bei der Beschreibung des sogenannten Can-Tests durch die Formulierung im neuen Absatz 8.4.2 noch deutlicher darauf hingewiesen, dass dieser Test ein Näherungsverfahren ist und einen Labortest nicht ersetzt. Es wird nämlich beschrieben, dass auch bei einer Probe, die im Can-Test trocken bleibt, der TML durchaus überschritten sein kann.

Kriterien für MHB (material hazardous only in bulk)

Schüttladungen, von denen chemische Gefahren ausgehen, sind in Gruppe B des IMSBC Codes eingestuft. Von den gefährlichen Gütern, die dem IMDG Code und somit dem Kapitel VII des

SOLAS-Übereinkommens unterliegen, dürfen nur sehr wenige unverpackt mit Massen­gutschiffen befördert werden. Eine größere Anzahl von Schüttgütern weist jedoch geringere chemische Gefahren auf. Diese Güter wären ungefährlich, wenn sie verpackt befördert würden, erfordern aber bei der Beförderung unverpackt als Massengut bestimmte Sicherheits­vorkehrungen. Die Stoffe sind als MHB (material hazardous only in bulk) eingestuft. Bisher fehlten jedoch eindeutige Kriterien für die Abgrenzung der MHB-Stoffe von ungefährlichen Stoffen der Gruppe C des IMSBC Codes. Mit der Neufassung des Absatzes 9.2.3 wurden nun eindeutige Kriterien für die Einstufung von Schüttladungen als MHB-Stoffe eingeführt.

Entzündbare feste Stoffe

Feste Stoffe, die nicht die Kriterien für die Einstufung in die Klasse 4.1 des IMDG Codes erfüllen, von denen aber dennoch eine (geringere) Gefahr der Entzündung ausgeht, sind als MHB einzustufen, wenn bei einer Prüfung gemäß United Nations Manual of Tests and Criteria (part III, 33.2.1.4.3.1) die Brandausbreitung über eine Länge von 200 mm in der Proben­anordnung 2 Minuten oder weniger beträgt (bei Metallpulvern 20 Minuten oder weniger). Dauert die Ausbreitung länger, erfolgt die Einstufung in Gruppe C.

Selbsterhitzungsfähige Stoffe

Feste Stoffe, die nicht die Kriterien für die Einstufung in die Klasse 4.2 des IMDG Codes erfüllen, von denen aber dennoch eine (geringere) Gefahr der Selbsterhitzung ausgeht, sind als MHB einzustufen, wenn bei einer Prüfung gemäß United Nations Manual of Tests and Criteria (part III, 33.3.1.6 und 33.4.1.4.3.5) bei einer Raumtemperatur von 100°C in einem Wärmeofen während eines Beobachtungszeitraums von 48 Stunden die Temperatur in der Ladungsprobe die Ofentemperatur um 10°C oder mehr übersteigt. Wird kein Temperaturanstieg des Materials über die Ofentemperatur hinaus festgestellt oder beträgt dieser Temperaturanstieg, auch nach einem ggf. verlängerten Beobachtungszeitraum, weniger als 10°C, erfolgt die Einstufung des Materials in Gruppe C.

Stoffe, die entzündbare Gase freisetzen

Feste Stoffe, die nicht die Kriterien für die Einstufung in die Klasse 4.3 des IMDG Codes erfüllen, die aber im Kontakt mit Wasser geringe Mengen entzündbarer Gase freisetzen, sind als MHB einzustufen, wenn bei einer Prüfung gemäß United Nations Manual of Tests and Criteria (part III, 33.4.1) entzündbare Gase – auch in geringer Menge – freigesetzt werden. Sind während eines Beobachtungszeitraums von 48 Stunden keine entzündbaren Gase nach­weisbar, erfolgt die Einstufung des Materials in Gruppe C.

Stoffe, die giftige Gase freisetzen

Feste Stoffe, die im Kontakt mit Wasser giftige Gase freisetzen, sind als MHB einzustufen, wenn bei einer Prüfung gemäß United Nations Manual of Tests and Criteria (part III, 33.4.1) giftige Gase – auch in geringer Menge – freigesetzt werden. Gase sind dann

als giftig anzusehen, wenn die akute Inhalationstoxizität (LC50)

20.000 ppm bzw. 20 mg/l bei vier Stunden Expositions­dauer beträgt (LC50 ist die Konzentration des Stoffes, die in einem Tierversuch bei 50 % oder mehr der Versuchstiere zum Tode führt). Sind während eines Beobachtungszeitraums von 48 Stunden keine giftigen Gase nachweisbar, erfolgt die Einstufung des Materials in Gruppe C.

Giftige feste Stoffe

Feste Stoffe, die nicht die Kriterien für die Einstufung in die Klasse 6.1 des IMDG Codes erfüllen, von denen aber aufgrund der giftigen Eigenschaften bei Kontakt mit dem unverpackten Stoff eine Gesundheitsgefahr ausgeht, sind als MHB einzustufen, wenn sie folgende Kriterien des GHS (Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals, UN-Dokument ST/SG/AC. 10/30/Rev.4) erfüllen:

• akute Giftigkeit bei Staubinhalation: Kategorie 4,

• akute Giftigkeit bei Hautkontakt: Kategorie 4,

• Zielorgantoxizität bei einmaliger Exposition: Kategorie 1,

• Zielorgantoxizität bei wiederholter Exposition: Kategorie 1,

• krebserregende, erbgutverändernde und reproduktionstoxische Eigenschaften: Kategorien 1A und 1B.

Ob ein Stoff in eine der genannten GHS-Kategorien eingestuft ist, kann aus den Angaben im Sicherheitsdatenblatt (material safety data sheet / MSDS) ermittelt werden.

Ätzende feste Stoffe

Feste Stoffe, die nicht die Kriterien für die Einstufung in die Klasse 8 des IMDG Codes erfüllen, von denen aber aufgrund der ätzenden Eigenschaften bei Kontakt mit dem unverpackten Stoff eine Gesundheitsgefahr ausgeht, sind als MHB einzustufen, wenn sie folgende Kriterien des GHS erfüllen:

• Sensibilisierung der Atemwege: Kategorie 1,

• Hautreizung: Kategorie 2,

• Schädigung oder Reizung der Augen: Kategorie 1 oder 2.

Ob ein Stoff in eine der genannten GHS- Kategorien eingestuft ist, kann aus den Angaben im Sicherheitsdatenblatt (material safety data sheet / MSDS) ermittelt werden.

Feste Stoffe sind auch dann als MHB einzustufen, wenn sie die Kriterien für die Einstufung in die Klasse 8 des IMDG nicht erfüllen, jedoch bei Anfeuchtung mit mindestens 10 % Wasser bei einer Temperatur von 55°C und einer Einwirkungszeit von einem Jahr eine Stahlplatte um mehr als 4 mm in der Dicke reduzieren.

Änderungen bei einzelnen Stoffseiten des IMSBC Codes

Geringfügige Änderungen wurden auf den folgenden Stoffseiten vorgenommen:

• Ammoniumnitrate UN 1942

• Ammoniumnitrate-based fertilizer UN 2067

• Ammoniumnitrate-based fertilizer UN 2071

• Ammoniumnitrate-based fertilizer, non hazardous

• Calcium nitrate UN 1454

• Calcium nitrate fertilizer

• Charcoal

• Ferrous metal borings, shavings, turnings UN 2793

• Metal sulphide concentrates

• Peat moss

• Sand

• Silicomanganese

• Sulphur (formed, solid)

Die jeweiligen Änderungen auf den genannten Stoffseiten werden hier nicht im Einzelnen dargestellt. Ferner wurde eine Änderung auf der Stoffseite für »seed cake, non hazardous« vorgenommen. Diese Änderung betrifft die Auflistung der freigestellten (in Gruppe C eingestuften) Saatkuchen. Die Auflistung ist überarbeitet und erweitert worden und lautet nun wie folgt:

• lösemittelextrahiertes Mehl von Rapssaat, Sojabohnensaat, Baumwollsaat und Sonnenblumensaat mit nicht mehr als 4 % Öl und 15 % Öl und Feuchtigkeit kombiniert,vorausgesetzt es sind keine Rückstände von Lösemitteln vorhanden;

• mechanisch ausgepresstes Mark von Zitrusfrüchten als Pellets mit nicht mehr als 2,5 % Öl und 14 % Öl und Feuchtigkeit kombiniert;

• mechanisch ausgepresstes Maisgluten als Mehl mit nicht mehr als 11 % Öl und 23,6 % Öl und Feuchtigkeit kombiniert;

• mechanisch ausgepresstes Maisgluten als Pellets mit nicht mehr als 5,2 % Öl und 17,8 % Öl und Feuchtigkeit kombiniert;

• mechanisch ausgepresstes Rübenmark als Pellets mit nicht mehr als 2,8 % Öl und 15 % Öl und Feuchtigkeit kombiniert.

Die Beförderung dieser Saatkuchen als Ladung der Gruppe C erfordert ein Zertifikat, in dem bestätigt wird, dass die Voraussetzungen für die Freistellung vorliegen. Das Zertifikat muss von einer Person oder Stelle ausgestellt sein, die von der zuständigen Behörde des Ladehafens anerkannt ist.

Neue Stoffseiten

Für die in der oben stehenden Tabelle aufgeführten und bisher nicht im IMSBC Code gelisteten Stoffe wurden neue Stoffseiten aufgenommen.

Autor: Uwe Kraft, Hansestadt Bremisches Hafenamt,

Sachgebietsleiter Hafensicherheit Bremen

Tel.: +49 (0)421/361 84 38, uwe.kraft@hbh.bremen.de


Uwe Kraft