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Aufgrund der anhaltenden historischen Krise in großen Teilen der Schifffahrt müssen die schiffsfinanzierenden Banken ihre Risikovorsorge deutlich erhöhen, schreibt Analyst Andreas Mietzner
Entgegen teilweise optimistischer Erwartungen hielt die Schifffahrtskrise in den meisten Segmenten der Branche 2013 weiter an. Viele Schifffahrtsgesellschaften gerieten in[ds_preview] Liquiditätsprobleme, Insolvenzen nahmen zu. Die Kreditausfallrisiken der Banken sind infolgedessen stark gestiegen. Die Reaktionen der schiffsfinanzierenden Banken auf das schwierige Marktumfeld fielen unterschiedlich aus. Während einige ihr Schifffahrtsportfolio deutlich reduzieren oder nun sogar darauf hinarbeiten, komplett aus dem Schiffsfinanzierungsgeschäft auszusteigen, bauen andere ihr Engagement wieder aus. Zwar kommt es bei einigen Banken vermehrt zu Neugeschäften, doch liegt der Fokus allgemein auf der Restrukturierung des vorhan­denen Portfolios, der Erhöhung der Risikovorsorge und der Verbesserung und dem Ausbau von Risikoüberwachungssystemen. Im Bereich der Restrukturierung wurden neue Ansätze wie Plattformlösungen oder der Einstieg externer Investoren entwickelt.

Rückzug und Basel III

Die drastischste Reaktion auf die historische Krise zeigte die Commerzbank. Im vergangenen Jahr traf der Vorstand die Entscheidung, die Schiffsfinanzierung nicht weiter fortzuführen und die Bestände abzuwickeln. Mitte 2012 wurde das Abbausegment »Non-Core Assets« geschaffen, in dem neben der Schiffsfinanzierung die gewerbliche Immobilienfinanzierung angesiedelt ist. Als wesentliche Gründe für den kompletten Rückzug gab die Bank die zu erwartenden starken zyklischen Schwankungen, die hohe Kapitalbindung und die steigenden Liquiditätsanforderungen unter Basel III an. Man strebe einen »wertschonenden Abbau« an, hieß es. Im ersten Halbjahr 2013 wurde der Darlehensbestand um 2,1 Mrd. € verringert, sodass die Commerzbank zurzeit noch Schifffahrtskredite mit einem Gesamtvolumen von ca. 16,8 Mrd. € verwaltet. Den Plan, den Kreditbestand bis 2016 auf 14 Mrd. € zu reduzieren, scheint man also einhalten zu können.

Die anhaltende Schifffahrtskrise führte bei der Commerzbank zu steigenden Wertberichtigungen und ließ den Anteil an Problemkrediten wachsen. Mit der Hanseatic Ship Asset Management GmbH hat das Institut im Mai 2013 eine eigenständige Restrukturierungsplattform geschaffen. Auf diese sollen ausgewählte Schiffe aus leis­tungsgestörten Kreditverhältnissen genommen werden, für die man ein zukünftiges Potential sieht. Die Schiffe auf der Plattform sollen so lange von externen Partnern betrieben werden, bis sie nach einer Markterholung verkauft werden können. Von dem zusätzlichen Restrukturierungsinstrument erwartet sich die Bank eine Erweiterung des Handlungsspielraums.

Aufgrund der anhaltenden Schifffahrtskrise rechnet man im Bereich der »Non-Core Assets« mit einer vergleichbaren Belas­tung für die Risikovorsorge wie im Vorjahr. Trotz positiverer Sichtweise einiger anderer Marktteilnehmer geht man erst im Jahr 2014 von einem Durchschreiten der Talsohle aus. Im ersten Halbjahr 2013 betrug die Risikovorsorge der Commerzbank 248 Mio. €. Somit fiel sie um 33 Mio. € geringer aus als im gleichen Vorjahreszeitraum (281 Mio. €). Im Teilbereich Deutsche Schiffsbank der »Non-Core Assets« erwartet man zum Jahresende einen Verlust von 453 Mio. €.

Weniger harte Lösungskonzepte

Andere Banken wurden ebenso hart von der Krise getroffen wie die Commerzbank, doch gehen diese anders mit der Krise um und entwickeln verschiedene Lösungskonzepte. So wurde die HSH Nordbank, noch immer einer der weltweit führenden An­bieter in der Schiffsfinanzierung, bereits Ende 2009 in eine Kernbank und eine interne Restructuring Unit aufgeteilt.

Nachdem der Darlehensbestand in der Schiffsfinanzierung der Kernbank 2012 von 19 auf 17 Mrd. € abgebaut worden war, verringerte sich der Schiffskreditbestand im ersten Halbjahr 2013 um eine weitere auf 16 Mrd. €. Der Darlehensbestand im Bereich Schiffsfinanzierung der Restructuring Unit hingegen blieb im ersten Halbjahr 2013 konstant. 2012 hatte die HSH ihn noch um ca. 1 Mrd. € gesenkt.

Aufgrund der angespannten Marktlage wurde die Risikovorsorge deutlich aufgestockt. Im Vergleich zum Halbjahresbericht 2012 stieg sie von 475 auf 495 Mio. € im ersten Halbjahr 2013. Unter Berücksichtigung der bilanziellen Kompensationswirkungen der von Hamburg und Schleswig-Holstein ausgesprochenen Garantien wurde die Risikovorsorge von 111 auf 224 Mio. € erhöht.

Die schwierige Marktsituation führte in der Restructuring Unit zu Sanierungs- und Abwicklungsfällen. Mithilfe eines neuen Finanzierungsmodells plant man zukünftig das Kreditvolumen zu reduzieren und notleidende Engagements zu stabilisieren. Insolvente oder kurz vor der Insolvenz stehende Gesellschaften sollen gebündelt und von einem strategischen Partner erworben werden. So würde die HSH Nordbank als Kreditgeber teilweise abgelöst, hieß es. Zehn Schiffe sind bereits in einer ersten Transaktion, bei der die griechische Navios-Gruppe als Investor auftritt, in eine solche Struktur überführt worden. Weitere Transaktionen dieser Art befinden sich in Planung.

Reduzieren statt austeigen

Eine weitere Bank, die ihr Engagement reduziert, ohne dabei ganz aus der Schiffsfinanzierung austreten zu wollen, ist die Bremer Landesbank. Entgegen der ursprünglichen Erwartungen beobachtete das Institut keine Entspannung der Marktlage. Gegenwärtig geht die in Bremen und Oldenburg ansässige Bank in Abhängigkeit vom Schifffahrtssegment von einer Markterholung ab 2014 oder später aus. Infolge der weiterhin angespannten Märkte fiel die Risikovorsorge im Bereich Schiffsfinanzierung im ersten Halbjahr 2013 deutlich höher als geplant aus. Die zukünftige Entwicklung der Handelsschifffahrt wird als wesentliche Einflussgröße auf das Kreditrisiko des Unternehmens eingeschätzt.

In den letzten sechs Monaten wurde der Darlehensbestand der Schiffsfinanzierung leicht von 6,067 auf 6,043 Mrd. € reduziert. Die Risikosituation, die neben der Entwicklung am Schifffahrtsmarkt von der Entwicklung des Euro-Raums abhängig sei, wird von der Bremer Landesbank als beherrschbar betrachtet.

Auch der Mutterkonzern der Bremer Lan­desbank, die Nord LB, betrachtet die Risikosituation als deutlich angespannter. Die Nord LB reagierte hierauf mit aktivem Risikomanagement und steigender Risikovorsorge. Zwar konnte die Nord LB in der ersten Jahreshälfte 87 Mio. € Gewinn erwirtschaften, doch belastet die Schiffsfinanzierung nach wie vor das Konzernergebnis.

Die Risikovorsorge stieg signifikant auf 432 Mio. €. Dies entspricht einer Verdreifachung im Vergleich zur Jahresmitte 2012 (146 Mio. €). Rund ein Drittel des Kreditportfolios besteht aus Containerschiffen, mit 10 % sind Bulkschiffe die zweitgrößte der finanzierten Schiffsgruppen. Der Fokus liegt nach wie vor auf der Begleitung von Bestandskunden, insbesondere in Bezug auf Anschlussfinanzierungen, Prolongationen bestehender Finanzierungen und Umstrukturierungen.

Eine weitere Landesbank, die durch die schwere Krise manövrieren muss, ist die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Im angespannten Umfeld konzentrierte sich die Schiffsfinanzierung der Helaba auf das Bestandsmanagement, um Kunden durch die Krise zu begleiten. Beiträge der Reeder und Anleger sowie konstruktive Mithilfe

der Finanzierungspartner waren hierfür notwendig. Den unsicheren Marktausblick sieht die Bank noch immer als Hindernis für Neugeschäft. Außerplanmäßige Abschreibungen auf Schiffsleasingobjekte führten

zu einem Anstieg der Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Sachanlagen.

Auch die UniCredit Bank reduzierte neben anderen Geschäftsfeldern ihr Engagement in der Schiffsfinanzierung. Dies geschah nach Angaben des Instituts »strate­giekonform«. Das Risikoergebnis der Bank wird insbesondere durch die strukturelle Schwäche des Schiffsfinanzierungsmarktes bestimmt. Im Jahr 2012 verringerte man den Darlehens­bestand in der Schiffsfinanzierung von ca. 7,7 Mrd. auf 6,6 Mrd. €. In der ersten Jahreshälfte 2013 sank der Anteil der Schiffskredite an der Bilanzsumme weiter auf ca. 6,1 Mrd. €. Dies entspricht einer Verringerung um ca. 8,2 % innerhalb eines halben Jahres. Aufgrund der Schifffahrtskrise bleiben die Risikokosten anhaltend hoch. Mittelfristiges Ziel ist nach Angaben der UniCredit Bank eine substanzielle Redu­zierung des Schifffahrtsportfolios, da man von keiner wesentlichen Änderung der Marktsituation ausgeht.

Vom Markt unabhängig werden

Um die Abhängigkeit von einer Markterholung zu reduzieren, hat die traditions­reiche Privatbank M. M. Warburg ihre Risikoabschirmung im Schiffskreditgeschäft deutlich ausgebaut. Zum Jahresende 2012 betrug das Schiffs- und Seefahrtkreditportfolio 562,6 Mio. €. Es konnte damit um 2,1 Prozentpunkte auf 12,8 % reduziert werden. Die Zusammenarbeit mit Reedern und Eignern und die fortlaufende Überprüfung der Engagements ist Grundlage der Kredit­überwachung im Einzelfall. In vielen Fällen konnte ein Fortführung- bzw. ein Sanierungskonzept erstellt werden, ohne dass die Warburg Bank – abgesehen von vorüber­gehenden Tilgungsaussetzungen – weitere Zugeständnisse machen musste. Für einige Finanzierungen musste aufgrund der angespannten Marktsituation eine Risikovorsorge getroffen werden. Eine Verbesserung des Risikomanagements wurde durch eine Optimierung von Risikomanagementinstrumenten weiter forciert. Interne Schiffsratings hat man einer Weiterentwicklung unterzogen und neue Cashflow-Analyse-Tools zur Beurteilung des Exposure wurden implementiert.

Die sich auf die Schifffahrtsunterneh­men an der »Ems-Achse« konzentrierende Ostfriesische Volksbank engagiert sich nur selektiv im Neugeschäft. Bestehende Kreditportfolios werden lediglich in ausgewähl­ten Fällen ausgebaut. Zur Bewertung von Seeschiffen wird zusätzlich zu den üblichen Beleihungswertverfahren ein Discounted- Cashflow-Verfahren angewendet. Dies erachtet man als notwendig, da durch die »gestörten« Märkte eine Wertbestimmung durch die üblichen Beleihungswertverfahren nicht möglich sei.

Eine Bank, die ihr Engagement in der Schifffahrt auch weiterhin ausbauen möchte, ist die als eigenständige Einheit innerhalb der Deutschen Bank fungierende Deutsche Shipping. 2012 vergrößerte die Bank ihr Kreditportfolio in der Schiffsfinanzierung von 5,8 Mrd. auf 6,4 Mrd. €. Das Unternehmen finanziert u.a. Neubauten, die Akquise moderner Secondhand-Tonnage, Umbauten und Reparaturen in nahezu allen Schifffahrtssegmenten. Über die Hälfte des Umsatzes wird außerhalb Deutschlands erwirtschaftet.

Neue Sicherheitskriterien

Die Krise in der Handelsschifffahrt führ­te zu überdurchschnittlichen Belastungen des Bewertungsergebnisses der KfW IPEX-Bank. Aufgrund der noch immer ungüns­tigen Ertragslage liegt das Augenmerk auf der Betreuung des Bestandsgeschäfts. Die Risikovorsorge ist erhöht worden, doch waren die Auswirkungen auf das Konzernportfolio insgesamt verkraftbar. Hatte die KfW ihren Darlehensbestand Ende 2012 vorübergehend um 200 Mio. auf 14,2 Mrd. € verringert, so baute sie ihn im ersten Halbjahr 2013 wieder aus, sodass er zur Jahresmitte ca. 14,8 Mrd. € betrug. Die Bank geht davon aus, dass sich die Handelsschifffahrt voraussichtlich auch 2014 noch nicht erholen wird. Von der KfW regelmäßig durchgeführte Risikotragfähigkeitsberechnungen würden zeigen, dass man die eingegangenen Risiken tragen könne. 2012 wurde zudem erstmals die Energieeffizienz des Portfolios bewertet. Für 88 % der KfW-finanzierten Schiffe konnte der Energy Efficency Desgin Index (EEDI) berechnet werden. Zukünftig ist geplant, die Energieeffizienz als zusätz­liches Kriterium in Finanzierungsentscheidungen einfließen zu lassen.

Über ein vergleichsweise überschaubares Portfolio verfügt die Berenberg Bank. Im derzeitigen Marktumfeld wird insbesondere Wert auf kurze Kreditlaufzeiten und eine ausgezeichnete Besicherung der Engagements gelegt. Im Teilbereich Schifffahrt des Corporate Bankings, in dem Berenberg überwiegend als Dienstleister agiert, ergeben sich durch die Schifffahrtskrise für die Bank interessante Geschäftsansätze, die sie veranlasst, den Bereich weiter auszubauen.

Trotz der anhaltend schwierigen Bedingungen in großen Teilen der internationalen Seeschifffahrt möchte die DVB Bank langfristig ein verlässlicher Partner der Schifffahrtsbranche sein. Insgesamt finanziert die DVB ca. 1.600 Schiffe mit einem Kundenkreditvolumen von ca. 9,4 Mrd. €. Ungefähr 18 % dieser Kredite unterliegen einer engen Risikoüberwachung. Das Kundenkreditvolumen ist im ersten Halbjahr 2013 konstant geblieben und macht 43,5 % des gesamten Kundenkreditvolumens aus. Berücksichtigt man den Anfang des Jahres aus der Schiffsfinanzierung ausgegliederten Bereich Offshore Finance, betrug der Darlehensbestand zur Jahreshälfte 11,8 Mrd. €.

Für den Rest des Jahres geht das Institut von einer Verlangsamung des Wachstums in China und anderen Schwellenländern aus und rechnet aufgrund der noch bestehenden Angebotsüberhänge mit einer Fortsetzung der schwierigen Bedingungen. Die DVB Bank kündigte an, ihre »risikobewusste« und »selektive« Kreditvergabepolitik fortzusetzen. Dies geschehe mithilfe des »Strategic Management and Restructuring«, eines Anfang 2013 gegründeten Spezialistenteams.

Wettbewerber stellen sich auf

Während die Mehrheit der schiffsfinanzierenden Banken in Deutschland ihr Engagement verringert, stehen andere Akteure bereit. So sind chinesische und südkoreanische Banken im Begriff, gegenüber ihren deutschen Konkurrenten Marktanteile zu gewinnen. Inwiefern die asiatischen Banken aber gewillt sind, deutsche Schifffahrtsunternehmen zu finanzieren, bleibt abzuwarten. Zwar soll etwas weniger als die Hälfte des Schifffahrtsexposures chinesischer Banken bei nicht-chinesischen Gläubigern liegen, doch werden Darlehen an Ausländer oft nur vergeben, wenn es einen »chinesischen Geschäftsbezug« gibt und die Darlehensnehmer solide Finanzen vorweisen können.

Es tauchen aber auch andere neue Mitbewerber auf. Unlängst wurde in Oslo die Maritime & Merchant Bank gegründet. Sie plant, in den nächsten fünf Jahren einen Darlehensbestand von 2,5 Mrd. $ aufzubauen. Die neue Bank will sich vor allem auf kleine und mittelgroße Schifffahrtsunternehmen fokussieren.

Wie hoch der Marktanteil sein wird, den die deutschen schiffsfinanzierenden Banken zukünftig verteidigen können, wird nicht zuletzt auch von der Überlebensfähigkeit des maritimen Clusters Deutschland abhängig sein. Diese wird u.a. auch dadurch bedingt, dass man den von potenziellen neuen Eigenkapitalgebern geforderten Unternehmensstrukturen insbesondere in Bezug auf Liquiditäts- und Risikomanagement, Transparenz und Publizitätsanforderungen gerecht werden kann.

Autor:

Andreas Mietzner, Analyst

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Andreas Mietzner