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Freiwillig, selbstlos, uneigennützig: Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) feiert im kommenden Jahr ihr 150-jähriges Bestehen. Christian Stipeldey beleuchtet aus diesem Anlass die beeindruckende Historie
Die Seenotretter sind rund um die Uhr und bei jedem Wetter einsatzbereit. Oft sind sie gerade dann auf Nord- und[ds_preview] Ostsee unterwegs, wenn andere Schiffe Schutz im Hafen suchen – insgesamt mehr als 2.000 Mal Jahr für Jahr. Diese Freiwilligkeit und Selbstlosigkeit kennzeichnet die Arbeit der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) seit ihrer Gründung im Jahr 1865.

Die DGzRS ist zuständig für den Such- und Rettungsdienst (SAR = Search and Res­cue) im Seenotfall. Sie nimmt diese Aufgaben unabhängig, eigenverantwortlich und auf privater Basis wahr – finanziert nach wie vor ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen, ohne jegliche staatlich-öffentliche Mittel. Die DGzRS, deren Schirmherr der Bundespräsident ist, beansprucht keine Steuergelder. Auch dies ist heute nicht anders als schon zur Zeit der Gründung vor fast 150 Jahren. Das Seenotrettungswerk entstand nicht etwa als ein »von oben verordneter Apparat«, sondern durch die Entschlossenheit und Tatkraft engagierter Bürger an der Küste und im Binnenland. Die DGzRS ist eine der ersten deutschen Bürgerinitiativen im ursprünglichen Sinn des Wortes. Diese Organisationsform hat sich über alle politisch wie wirtschaftlich schwierigen Zeiten der vergangenen anderthalb Jahrhunderte als die tragfähige erwiesen.

2015, zum 150-jährigen Bestehen der DGzRS, ist die weltweite Familie der Seenotretter mit ihrer alle vier Jahre stattfindenden Konferenz in Deutschland zu Gast. Die DGzRS ist damit fast genauso alt wie die Schifffahrtszeitschrift Hansa – eine gute Gelegenheit für einen Blick auf die bewegte und bewegende Geschichte der Seenotretter von den Anfängen bis heute.

Fatalistische Grundhaltung

Viele Jahrhunderte lang hat die Menschheit Katastrophen und Unglücke als Strafgerichte überweltlicher Mächte betrachtet, die Schuldige trafen. Damit stellte sich nicht die Gewissensfrage, ob, von wem und unter welchen Umständen Hilfe für in Not geratene Menschen zu leisten wäre. Die Not des Einzelnen galt als unabwendbares Schicksal. Wer wollte sich anmaßen, eingreifen zu müssen?

Diese fatalistische Einstellung war nicht nur kennzeichnend für die Bewohner an den Küsten und auf den Inseln, sondern generell Ausdruck des Zeitgeistes. Die Menschen an der Küste waren weder gleichgültiger noch unmenschlicher, in ihren Regionen kam diese Grundhaltung jedoch be­-

sonders spektakulär zum Ausdruck. Das Strandrecht war in jener Zeit normaler und willkommener Nebenerwerb für die über­wiegend in bescheidenen Verhältnissen le­bende Bevölkerung. Erst allmählich setzten sich humanitäre Gedanken durch. Viele Rettungswerke haben ihren Ursprung Mitte des 19. Jahrhunderts.

Der älteste Beleg für Rettungseinrichtungen an den deutschen Küsten stammt aus dem Jahr 1802, als die Memeler Kaufmannschaft an der Ostsee ein erstes Ruderrettungsboot stationiert. Während sich 1824 in Großbritannien und den Niederlanden private Seenotrettungsgesellschaften gründen, die – unter anderen Namen – bis heute existieren, entwickelt sich Vergleichbares im staatlich noch zersplitterten Deutschland mit Verzögerung. 1850 errichtet die preußische Regierung an der Ostsee erste Rettungsstationen. Sie unterstellt sie den örtlichen Lotsen – ohne Erfolg: Die meisten der rund 20 Einrichtungen dämmern in einer Art Dornröschenschlaf vor sich hin.

Ein Gedanke wird Wirklichkeit

Nach Schätzungen geraten Mitte des 19. Jahrhunderts jährlich mehr als 50 Schiffe allein vor den deutschen Nordseeinseln in Seenot. Zwei dieser Unglücke sind entscheidend für die Entwicklung eines organisierten Seenotrettungswesens: Im November 1854 strandet das Auswandererschiff »Johanne« in schwerem Herbststurm vor Spiekeroog. 84 Menschen ertrinken in der tosenden See. Im September 1860 läuft die Brigg »Alliance« auf das gefürchtete Borkum-Riff auf und sinkt. Von der Besatzung bleibt niemand am Leben.

Mangelnde Organisation und Ausrüstung sowie das zum Teil noch ausgeübte Strandrecht verhindern zu jener Zeit in fast allen Fällen Rettungsmaßnahmen für Schiffbrüchige. Die Küstenbevölkerung hält es nicht nur für unmöglich, mit einem Boot unbeschadet durch die Brandung zu stoßen, sondern betrachtet es auch als gottgewolltes Schicksal, bei einem Unglück auf See zu sterben. Nicht zuletzt fürchtet sie, bei einem Rettungsversuch das Boot zu verlieren, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestreitet.

Doch innerhalb weniger Jahre weicht diese jahrhundertelange Hilflosigkeit der bis heute beispielhaften Hilfsbereitschaft der Seenotretter, die oft ihr eigenes Leben einsetzen, um das anderer zu retten. Denn die Unglücke der »Johanne« und der »Alliance« ereigneten sich nicht mehr unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Erschütterte Augenzeugen kritisieren die Tatenlosigkeit der Insulaner und das Fehlen jeglicher Rettungseinrichtungen.

Ihre Berichte rufen den 27-jährigen Adolph Bermpohl auf den Plan, einst Obersteuermann auf Tiefwasserseglern, inzwischen Navigationslehrer an der privaten Seefahrtschule in Vegesack bei Bremen. Von derartigen Schiffskatastrophen bewegt, prangert er am 3. Oktober 1860 in der »Wochenschrift für Vegesack und Umgegend« die Teilnahmslosigkeit der Bevölkerung angesichts des unermesslichen Leids Schiffbrüchiger öffentlich an.

Bermpohl fordert ein privates nationales Seenotrettungswerk nach britischem und niederländischem Vorbild. Allein freiwillige Spenden des gesamten Volkes seien geeignet, ein so gewaltiges Werk sicher zu tragen. Der gebürtige Gütersloher findet in dem Advokaten Carl Kuhlmay einen Mitstreiter. Gemeinsam wenden sie sich am 20. November 1860 in einem »Aufruf zu Beiträgen für die Errichtung von Rettungsstationen auf den deutschen Inseln der Nordsee« an die Redaktionen norddeutscher Zeitungen. Ihren eindringlichen Appell nimmt Arwed Emminghaus, Redakteur beim »Bremer Handelsblatt«, ebenso auf wie der Emder Oberzollinspektor Georg Breusing.

Erster regionaler Verein zur Rettung Schiffbrüchiger entsteht in Emden

Unter Breusings Führung gründet sich in Emden am 2. März 1861 der regionale »Verein zur Rettung Schiffbrüchiger an der ostfriesischen Küste« als erster seiner Art. Er richtet auf Langeoog und Juist, dann auch auf anderen Inseln und an der Küste Rettungsstationen ein. Noch im selben Jahr etablieren sich ähnliche Vereine in Hamburg mit der Station Cuxhaven, in Stralsund sowie in Bremen mit der Station Bremer­haven, die 1863 ihre Arbeit aufnimmt. Weitere Vereinsgründungen folgen in Kiel, Lübeck, Rostock, Stettin und Danzig.

Bermpohls und Kuhlmays Apelle bleiben auch in der Bremer Handelskammer nicht ungehört. Deren Seekommission unter Vorsitz von Konsul Hermann Henrich Meier nimmt sich im Mai 1861 der Sache an. Sie beauftragt den Barsemeister Lüder Hindrichson, die Verhältnisse von Wangerooge bis Borkum zu prüfen. Nach dreiwöchiger Bereisung stellt er jedoch die Einsatzbereitschaft der Bevölkerung und die Möglichkeiten, genügend Männer für Rettungsboote zu finden, infrage. Unter Berufung auf diesen pessimistischen Bericht zeigt sich auch Konsul H. H. Meier skeptisch in Bezug auf die Idee eines einheitlichen Seenotrettungswerks auf privater Basis.

Doch Emminghaus verfolgt den Plan mit allem Nachdruck weiter. Ihm geht es nicht nur um den humanitären Auftrag, sondern auch darum, eine Zersplitterung in zahlreiche örtliche Rettungsvereine zu verhindern. Über drei Jahre unermüdlicher Arbeit und behutsamen Verhandelns sind erforderlich, bis er am 29. Mai 1865 am Ziel ist: In Kiel gründen die einzelnen regionalen Vereine die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger – kurz DGzRS.

Nur die Vereine in Emden und Hamburg haben zunächst noch Bedenken, ihre Selbständigkeit aufzugeben, schließen sich aber wenige Jahre später der DGzRS an. Emminghaus schlägt Konsul H. H. Meier aus Bremen, den Mitbegründer des Norddeutschen Lloyd, als ersten Vorsitzer vor. Trotz erheblicher Bedenken aufgrund Hindrichsons Gutachtens nimmt er das ihm angetragene Ehrenamt überzeugt und ohne Zögern an. Bremen als Sitz der DGzRS ist festgelegt.

Konsul H. H. Meier verschafft der jungen Gesellschaft Ansehen und Beachtung, gewinnt ihr die Schirmherrschaft des Staatsoberhauptes, des Königs und dann Kaisers, sowie internationale Anerkennung. Dem Willen der Wegbereiter und Gründer entsprechend soll das deutsche Seenotrettungswerk als Aufgabe und Verpflichtung aller Deutschen begriffen und nur von freiwilligen Zuwendungen, ohne staatliche Einflüsse, getragen werden.

1872 erhält die DGzRS durch den Senat der Freien Hansestadt Bremen die Rechte einer »juristischen Person«. Sie ist nun ein rechtsfähiger Verein kraft staatlicher Verleihung. Nach heutigem Recht entspricht dies einem eingetragenen Verein, dessen Rechtsform jedoch erst mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch 1900 eingeführt wird. Die DGzRS führt deshalb nicht den Zusatz »e. V.« und ist auch nicht im Vereinsregister eingetragen, aber in ihrer Struktur vergleichbar und als gemeinnützig anerkannt.

Jahrzehnte des Aufbaus

An den deutschen Küsten errichtet die junge DGzRS umgehend weitere Stationen und stattet sie mit einfachen Ruderrettungsbooten, Raketen-Leinenschießgeräten und Hosenbojen aus. Auch gilt es, mutige Männer zu finden, die überall ihren selbstlosen »Dienst unter der Flagge der Menschlichkeit« aufnehmen.

Nach negativen Erfahrungen mit englischen Peake- und amerikanischen Francis-Booten entwickelt die DGzRS das »Deutsche Normal-Rettungsboot«. Pferdegespanne transportieren die in festen Schuppen an Land stationierten Boote zum Strand. Die Einsätze sind gleichermaßen beschwerlich und gefährlich. Je acht oder zehn Ruderer und ein Vormann – bis heute die traditionelle Bezeichnung für den Schiffsführer eines Rettungsbootes der DGzRS – besetzen die offenen Boote. Allein mit ihrer Muskelkraft stellen sie sich der tosenden See entgegen.

1875, zehn Jahre nach ihrer Gründung, unterhält die DGzRS bereits 91 Stationen an Nord- und Ostsee, die insgesamt 870 Schiffbrüchige gerettet haben. Immer neue Aufgaben stellen sich: die Verbesserung der Rettungsgeräte, Ersthelferausbildung der Mannschaften, Prüfung neuer technischer Erfindungen auf absolute Sicherheit und damit Eignung für den Seenotrettungsdienst, wo jedes Versagen den Verlust von Boot und Besatzung bedeuten kann.

Ebenfalls 1875 werden erstmals die Sammelschiffchen erwähnt. 1.000 dieser heute wohl bekanntesten deutschen Spendenbüchsen werden im ersten Jahr an der Küste und im Binnenland aufgestellt. Heute gibt es rund 15.000 Stück. Landauf, landab stehen sie als Symbol für den selbstlosen Einsatz der Seenotretter.

1890, nach 25 Jahren, verfügt die DGzRS zwischen Borkum und Memel über 111 Rettungsstationen. Mehr als 1.000 freiwillige Rettungsmänner stehen zur Verfügung. 58 Bezirksvereine und 255 ehrenamtliche Vertreterschaften mit insgesamt 48.979 fördernden Mitgliedern existieren.

Motorisierung der Rettungsflotte

1911 stellt die DGzRS ihr erstes Motor­rettungsboot in Dienst, die »Oberinspector Pfeifer«. Dieser Schritt gleicht damals ei­ner technischen Revolution. Zuvor hatten Dampf- und Motorschlepper nur in Einzelfällen die geruderten oder gesegelten Rettungsboote der DGzRS bei zu starker Strömung und Gegenwind in die Nähe des Einsatzortes befördert. Die 10 m lange »Oberinspector Pfeifer« trägt zehn Mann Besatzung, da neben dem Motor weiter Platz für acht Ruderer vorgesehen ist. Petro­leum speist den Zweizylinder, Benzin den Anlasser. 15 PS Leistung bringen das Boot auf maximal 6,5 kn Geschwindigkeit. Bereits im ersten Jahr rettet es zwölf Menschen aus Seenot. Nur zwei Jahre später verfügt die DGzRS über 14 Motorrettungsboote: acht offene Neubauten und sechs nachgerüstete Segelrettungsboote, stationiert an den wichtigsten Küstenplätzen. Doch die frühe Technik bleibt angesichts der extremen Anfor­­de­rungen anfällig. Und der Erste Weltkrieg unterbricht den technischen Fortschritt.

Die Entwicklung robuster, raumsparender und zuverlässiger Dieselaggregate nach dem Krieg ermöglicht in größerem Umfang die Umstellung auf gedeckte Motorboote. Nach 1918 muss die DGzRS ihre Stationen auf Rømø und im Danziger Raum abtreten, führt jedoch den Rettungsdienst im Memelland kommissarisch weiter.

1927 wird international festgelegt, im Sprechfunkverkehr den Notruf »Mayday« (Entstellung des französischen »m’aidez!« = »helft mir!«) zu verwenden. 1930 ist erstmals ein Funkgerät an Bord eines Motorrettungsbootes verzeichnet. Bis dahin war vor allem die Stromgewinnung und die Größe der Funkanlagen ein Problem. 1943 sind dann alle DGzRS-Motorrettungsboote mit Sprechfunk ausgestattet.

Die Weiterentwicklung der Rettungsflotte macht ab 1930 große Fortschritte. Vor Kriegsausbruch verfügt die DGzRS über 39 Motor- und 55 Ruderrettungsboote sowie 71 Raketenapparate auf 101 Stationen. 58.200 Förderer unterstützen die Gesellschaft. Neue Motorrettungsboote erhalten einen turmartigen Aufbau, auf dem der Fahrstand untergebracht wird, damit die Rettungsmänner die See weiter überblicken können. Dieses Prinzip bewährt sich und wird für alle Nachfolger beibehalten.

Umbruch und Wiederaufbau

Selbst in der schwierigen Phase der 1930er-Jahre und des Zweiten Weltkriegs bewahrt die DGzRS – soweit es die Verhältnisse zulassen – ihre Eigenständigkeit. Selbstverständlich existiert sie nicht im »luftleeren Raum«. Als ausschließlich vom Volk getragenes Rettungswerk war sie zu jeder Zeit ein Abbild der gesellschaftlichen Verhältnisse. Als unpolitische, ausschließlich humanitären Zielen verpflichtete Organisation bleibt ihr jedoch die Gleichschaltung erspart. Heute gilt dies als entschei-

dender Vorteil einer Hilfsorganisation auf privater, nichtstaatlicher Basis.

Der DGzRS ermöglicht ihre Unabhängigkeit die Fortführung des Seenotrettungsdienstes sowie den kriegsbedingten Sondereinsatz »für Freund und Feind« unter dem Schutz der Genfer Konvention. Die Rettungsboote werden dazu mit deutlich sichtbaren roten Kreuzen gekennzeichnet. 1942 zählt das Rettungswerk 173.000 Förderer. Die erhöhten Anforderungen, hervorgerufen durch den Seekrieg und den Luftkampf über See, erfordern leistungsstärkere Rettungseinheiten, die auch längere Zeit auf Seeposition liegen können. Zahlreiche Presseveröffentlichungen aus dieser Zeit berichten über Einsätze, bei denen die DGzRS über See abgeschossene »feindliche« Piloten gerettet hat.

All diese Aspekte tragen dazu bei, dass die Besatzungsmächte den Wiederaufbau der DGzRS ab 1945 nicht nur dulden, sondern unterstützen. Sie erlauben ihr auch, die Mitglieder- und Spendenwerbung in der bewährten Art und Weise fortzusetzen. Unter Führung ihres Vorsitzers Konsul Hermann Helms und ihres Inspektors Kapitän John Schumacher führt die DGzRS ihre Arbeit in der Deutschen Bucht auf 30 Stationen und in der im Einflussbereich der West-Alliierten gebliebenen westlichen Ostsee auf zehn Stationen weiter.

Die DDR dagegen organisiert den Seenotrettungsdienst staatlich. Alle Bemühungen der DGzRS, ihre Arbeit auch östlich von Travemünde weiterzuführen, sind daher zum Scheitern verurteilt. 70 Stationen zwischen Lübeck und Memel gehen samt Inventar verloren.

Unmittelbar nach Kriegsende ist Schumacher für die »Seenotdienstleitung« zuständig. Da das Gebäude der DGzRS nach einem Bombenangriff 1944 auf Bremen nahezu vollkommen zerstört war, wird die Einsatzleitung vorübergehend nach Cuxhaven verlegt. Zu diesem Zeitpunkt verfügt die DGzRS bereits über 14 Seenotfunkstellen an der Küste. Sie dienen als Relaistationen zwischen der Seenotleitung und den Küstenfunkstellen einerseits sowie der Rettungsflotte andererseits, koordinieren aber zum Teil auch selbständig Einsätze.

1952 nimmt die DGzRS ihre neue Hauptverwaltung mit Werfthalle und Anleger an der Werderstraße in Bremen, direkt an der Weser, in Betrieb. Im kleinen Funkraum unter dem Dach sichern schon damals drei Funker eine Rund-um-die-Uhr-Präsenz. Daraus entwickelt sich die »Seenotleitung Bremen«. Von der Betriebsführungszentrale wird sie bald zur nationalen Koordinierungsstelle für alle Maßnahmen des maritimen Such- und Rettungsdienstes in den deutschen Gebieten von Nord- und Ostsee, im internationalen Sprachgebrauch »Mari­time Rescue Co-ordination Centre« (MRCC) genannt.

Neuer Schiffstyp: Seenotkreuzer mit Tochterboot

Mit diesen Verbesserungen verringerte die DGzRS den Zeitverlust bei der Meldung von Seenotfällen, der Nachrichtenübermitt­lung und der Alarmierung der Stationen. Die Rettungsboote selbst jedoch sind für den sich wandelnden Seeverkehr zu langsam. Um absolute Seetüchtigkeit auch im Brandungsgebiet mit hoher Geschwindigkeit zu kombinieren, entwickelt die DGzRS unter Leitung Schumachers einen völlig neuartigen Schiffstyp. Er soll doppelt so schnell sein wie die bisherigen Motorrettungsboote, auch bei schwerer See relativ hohe Geschwindigkeiten fahren können sowie unbegrenzt hochseetüchtig und zugleich problemlos im Flachwasser einsetzbar sein, also ideal für die Reviere in Nord- und Ostsee mit ihren zahllosen gefährlichen Sänden und Untiefen. So entsteht der schnelle Seenotkreuzer mit Tochterboot. Er ist erstmals ein Selbstaufrichter und trägt ein Tochterboot »huckepack«. Beides prägt die DGzRS-Flotte bis heute.

Im Januar 1953 beginnt die Erprobung des Versuchskreuzers »Bremen«. Für die Sicherheit der Besatzung ist seine Fähigkeit, sich auch aus größter Krängung selbst wieder aufzurichten, ein unschätzbarer Gewinn. Die hohe Festigkeit des Rumpfes aus zahlreichen engstehenden Längs- und Querspanten (Netzspantensystem) schützt ihn gegen Beschädigungen etwa bei Grundberührungen. Das Tochterboot ermöglicht den Einsatz im Flachwasser und erleichtert die Rettung Schiffbrüchiger aus dem Wasser. Die Besatzung lässt das Boot über eine Heckklappe zu Wasser und nimmt es wieder an Bord. Es ist bis heute ein unentbehrliches Hilfsmittel und charakteristisches Merkmal aller DGzRS-Seenotkreuzer.

Mit der »Theodor Heuss« beginnt die Neuzeit

Die »Bremen« liefert wertvolle Erkenntnisse, bleibt aber angesichts ihrer geringen Geschwindigkeit deutlich hinter den Erwartungen zurück. Der Durchbruch gelingt der DGzRS erst 1957 mit der 23,2 m langen »Theodor Heuss« – dem ersten in Serie gefertigten Seenotkreuzer-Neubau. Seine stän­dig weiterentwickelten Nachfolger werden bis heute höchsten Anforderungen mehr als gerecht. Ihre hohe Seetüchtigkeit und ihre ausgezeichneten Manövriereigenschaften bewiesen sie auch unter härtesten Bedingungen.

Für das Bauprinzip fand die DGzRS international viel Beachtung. Die Bundesrepublik Deutschland ehrte John Schumacher als »Vater des Seenotkreuzers« für seine Leistungen mit dem Großen Bundesverdienstkreuz und dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse.

1959 richtet die DGzRS die achte International Lifeboat Conference (heute World Maritime Rescue Congress) aus. Dieses Treffen der Seenotrettungsdienste auf internationaler Ebene in Bremen dokumentiert gleichzeitig die endgültige Wiederaufnahme der DGzRS in den Kreis der weltweiten »Seenotrettungsfamilie«. 1965 und somit 100 Jahre nach ihrer Gründung unterhält die DGzRS 21 Rettungsstationen in der Deutschen Bucht und der westlichen Ostsee. Auf Basis der Erfahrungen mit der »Theodor Heuss«-Klasse hat sie einen größeren Seenotkreuzer-Typ von 26,6 m Länge entwickelt. Drei dieser Einheiten sichern die besonders anspruchsvollen Seegebiete der Emsmündung, der Elbmündung und rund um Helgoland. Im Jubiläumsjahr erfährt die DGzRS eine erste staatliche Rechtsgrundlage und Anerkennung für ihre Arbeit. Seit ihrer Gründung 1865 nimmt sie ihre selbst gewählten Aufgaben eigenverantwortlich und unabhängig wahr. Jetzt wird im Seeaufgaben­gesetz ihre Rolle als alleiniger Seenotrettungsdienst festgeschrieben.

Im März 1982 schließlich wird die Zuständigkeit der DGzRS für den maritimen Such- und Rettungsdienst in der Bundes­republik Deutschland und die Koordinierungsfunktion im Seenotfall durch ihre »Seenotleitung Bremen« zwischen dem Bundesminister für Verkehr und dem Seenotrettungswerk festgestellt und gesichert. Beide Seiten verständigen sich darauf, dass die DGzRS den SAR-Dienst weiterhin als privatrechtlicher, gemeinnütziger Verein unabhängig, freiwillig und mit eigenen Mitteln durchführt. De facto nimmt sie hoheitliche, sprich staatliche Aufgaben wahr, ohne aber als Non-Profit-Organisation auch nur einen Cent Steuermittel zu beanspruchen.

Trotz modernster Technik nicht ohne Risiken

Schon immer war es oberstes Ziel der DGzRS, die Seenotrettung für Schiffbrüchige so effektiv wie möglich zu machen, aber auch den Seenotrettern an Bord ein Höchstmaß an Sicherheit zu geben. Nach dieser Maßgabe werden die SAR-Einheiten ent­wickelt und gebaut. Dennoch: In extremen Schlechtwettersituationen setzt nicht die Technik die Grenzen, sondern der Mensch.

Dass die Arbeit der Seenotretter auch in modernen Zeiten nicht gefahrlos ist, wird der Öffentlichkeit im Februar 1967 schmerz­lich vor Augen geführt. Im Einsatz bei Orkan vor Helgoland trifft den Seenotkreuzer »Adolph Bermpohl« eine etwa 15 m hohe Grundsee. Die vier Rettungsmänner an Bord und drei zuvor gerettete niederländische Fischer kommen ums Leben. Über den genauen Unglückshergang können nur Vermutungen angestellt werden. Der Seenotkreuzer wird schwer beschädigt, aber schwimmfähig und mit laufenden Maschinen gefunden, eingeschleppt und repariert. Untersuchungen ergeben, dass er sich einmal um die eigene Längsachse gedreht und dabei offenbar alle sieben Menschen an Bord verloren hat.

Im Januar 1995 wird die DGzRS von einem ähnlich schweren Unglück getroffen. Bei einem Einsatz im Orkan vor Borkum bleiben zwei von vier Besatzungsmitgliedern des Seenotkreuzers »Alfried Krupp« auf See. Damit haben seit 1865 insgesamt 45 Seenotretter der DGzRS ihr Leben im Einsatz für andere verloren, die meisten in den ersten 50 Jahren, der Zeit der Ruder­rettungsboote.

Stillstand bedeutet Rückschritt, und so geht die Entwicklung auch nach diesen schweren Unglücken stets weiter: Obwohl die »Paul Denker«, in Dienst gestellt noch 1967, ein Einzelbau bleibt, ist sie wegweisend: Als erste Rettungseinheit der DGzRS ist sie ganz aus Leichtmetall gebaut. Nicht nur die Aufbauten wie schon bei ihren Vorgängern, sondern auch der Rumpf besteht vollständig aus Aluminium, was erheblich Gewicht spart und dadurch geringere Motorenleistung erfordert.

Kleinere Seenotkreuzer – erstmals auch mit selbstaufrichtenden Tochterbooten – und eine Serie von rund 15 eigenständigen Seenotrettungsbooten zwischen 7 und 12 m Länge lösen von 1969 bis 1977 die letzten Motorrettungsboote aus dem Zweiten Weltkrieg ab. Als Meilenstein gilt die Indienststellung von drei großen 44-m-Seenotkreuzern 1975 bis 1978. Ausgestattet mit allen Rettungsmitteln, die man sich seinerzeit vorstellen kann, 7.200 PS stark und 30 kn schnell, sind sie prädestiniert, um von Seepositionen aus die Großschifffahrtswege zu sichern. Aber auch im Kleinen tut sich einiges: Alle Tochter- und Seenotrettungsboote erhalten ab Ende der 1970er-Jahre eine Bergungspforte in der Bordwand. Sie erleichtert es, im Wasser treibende Schiffbrüchige aufzunehmen.

Am 29. Mai 1985, dem 120. Geburtstag der DGzRS, wird in Anwesenheit von ihrem Schirmherrn Bundespräsident Richard von Weizsäcker der Seenotkreuzer »Berlin« getauft. Er und drei weitere 27,5 m lange Neubauten in der Folgezeit ersetzen die vier Einheiten der »Theodor Heuss«-Klasse.

Zudem sind erste Seenotkreuzer einer neuen 23-m-Klasse im Einsatz, weitere folgen im gleichen Jahr. Mit ihrer modernen Flotte und entsprechenden Landeinrichtungen erfüllt die DGzRS die Anforderungen, die in der SAR-Konvention der International Maritime Organization, welche im selben Jahr in Kraft tritt, weltweit verbindlich geregelt sind.

Vom Seenotkreuzer zum »Straßenkreuzer«

Das vermutlich spektakulärste Ereignis an Land aus Sicht der DGzRS findet im Frühjahr 1987 statt. Damals tritt der Seenotkreuzer »Theodor Heuss« (ex »H. H. Meier«), der nach Ausmusterung seiner Klasse noch als Reserveeinheit im Dienst war, seine letzte Reise ins Deutsche Museum an. Was anfangs nur als beinahe utopische Idee vage andiskutiert wird, entwickelt sich zu einem der längs­ten und schwierigsten Transporte, der bisher über Deutschlands Straßen rollte. Zunächst geht es noch auf eigenem Kiel über mehr als 1.500 km über die Nordsee, den Rhein, den Main und den Main-Donau-Kanal hinauf bis Nürnberg. Dort wird der Seenotkreuzer auf einen 55 m langen Spezialtransporter verladen. Am 15. April 1987 trifft er in München ein, wo er heute als technisches Meisterwerk seiner Zeit, aber auch als Denkmal zur Erinnerung an den harten, selbstlosen Dienst der Seenotretter zu sehen ist.

Eine ähnlich aufsehenerregende letzte Reise unternimmt 2011 der 44-m-Seenotkreuzer »John T. Essberger«. Er fährt auf eigenem Kiel den Rhein hinauf bis Duisburg und anschließend – aufgrund des unerwartet geringen Wasserstands des Flusses – auf einem Ponton weiter bis Speyer, wo er heute im Technik-Museum zu besichtigen ist.

Wiedervereinigung der Seenotretter

Mit der Wiedervereinigung 1990, im Jubiläumsjahr 125 Jahre nach der Gründung, übernimmt die DGzRS wieder die Arbeit auf zunächst elf Stationen in Mecklenburg-Vorpommern. Sie stationiert den seinerzeit modernsten Seenotkreuzer in Warnemünde. Größter Gewinn sind die motivierten Rettungsmänner: Zwar hatte die DDR den Seenotrettungsdienst staatlich organisiert, jedoch waren auch dort weiterhin meist Freiwillige im Einsatz. Dank ihrer Erfahrung und Revierkenntnis wird der Zusammenschluss der Seenotretter eines der gelungensten Projekte der Wiedervereinigung.

Innerhalb von nur vier Jahren gelingt es, die Technik zwischen Poel und Ueckermünde an den hohen Standard der Deutschen Bucht und der westlichen Ostsee anzugleichen. Dazu tragen modifizierte Nachbauten bewährter Seenotkreuzer ebenso bei wie 15 Einheiten einer neuen 8,5-m-Klasse für die Freiwilligen-Stationen. Aus den Erfahrungen mit drei Prototypen Ende der 1980er-Jahre geht diese Serie kleiner, aber außerordentlich seetüchtiger Boote hervor. Weiterer Innovationsschub: Die neuen Tochter- und Seenotrettungsboote sind annähernd so schnell wie die Seenotkreuzer selbst.

Für hafenlose Küstenabschnitte in Mecklenburg-Vorpommern entstehen 1993 vier besondere allwetterfähige Seenotrettungsboote mit Jetantrieb. Sie lagern auf Trailern in Rettungsschuppen an Land, werden von Unimog oder Traktor zum Strand gebracht und soweit ins Wasser geschoben, bis sie von selbst aufschwimmen.

Rund-um-die-Uhr-Hörwache

Seit 1992 ist die »Seenotleitung Bremen« über das weltweite Seenot- und Sicherheitsfunksystem GMDSS (Global Maritime Distress and Safety System) an die Inmarsat-Satellitenkommunikation angeschlossen. Wird ein Notruf manuell oder durch Aufschwimmen einer Seenotfunkboje ausgelöst, melden Satelliten ihn über die Erdfunkstelle im bayerischen Raisting direkt der DGzRS.

Bereits 1988 ergänzt die DGzRS mit dem UKW-Relais-Funksystem Sarcom (Search and Rescue Communication) ihre eigenen Kommunikationswege wesentlich. Alarmie­rung, Nachrichtenübermittlung und -austausch sind seitdem auf betriebseigenen UKW-Seefunkkanälen möglich. Heute decken insgesamt 19 Relaistationen das Einsatzgebiet der Seenotretter lückenlos ab. Sie haben die Verständigung zwischen der »Seenotleitung Bremen« und den Rettungseinheiten unabhängig von Witterung und Störgeräuschen verbessert sowie die direkte Alarmierung der Freiwilligen-Besatzungen ermöglicht. Ende 1998 stellt als letzte deutsche Küstenfunkstelle das Norddeich Radio die Gesprächsübermittlung ein. Durch GMDSS und den nachlassenden Vermittlungsbedarf droht die Hörwache auf dem internationalen UKW-Sprechfunk-Not- und Anrufkanal 16 zu enden. Um diese dramatische Lücke für die Kleinschifffahrt (Fischkutter, Küstenmotorschiffe, Freizeitschifffahrt), die nicht unter die GMDSS-Ausrüstungspflicht fällt, zu verhindern, nimmt die DGzRS Anfang 1999 die Seenotküstenfunkstelle Bremen Rescue Radio (Rufname: Bremen Rescue) in Betrieb. Sie gehört räumlich und operationell zum MRCC Bremen und überwacht seither für Not- und Sicherheitszwecke rund um die Uhr den UKW-Kanal 16 und den für die gesamte Schifffahrt wichtigen DSC-Kanal 70 (digitaler Selektivruf / Alarmierung per Tastendruck). Zu ihren Aufgaben gehören Hörwache, Abwicklung des Not-, Dringlichkeits- und Sicherheitsverkehrs auf UKW sowie Aussendung und Wiederholung von Not- und Dringlichkeitsmeldungen für die gesamte Schifffahrt. Anfang Oktober 2012 übernimmt sie auch die Überwachung des entsprechenden Grenzwellen-Kanals. Grenz-wellen-Seenotrufe hatte zwischenzeitlich eine dänische Küstenfunkstelle aufgefangen und an die DGzRS weitergeleitet.

Modernste Technik für bestens ausgebildete Besatzungen

Weiterbildung ist bei der DGzRS ständiges Thema an Bord wie an Land. Die Besatzungen müssen auch unter extremen Bedingungen reibungslos zusammenarbeiten. In speziellen Lehrgängen müssen sie sich qualifizieren bzw. ihr Wissen und Können ständig weiter ausbauen. In der eigenen Ausbildungsstation der DGzRS in Neustadt in Holstein durchlaufen frei­willige Seenotretter umfangreiche Kurse zu SAR-Sicherheit, Seemannschaft und Navigation, für die Festangestellten kommen Technik, medizinische Notfallversorgung, Koordinierung und Kommunikation hinzu. In der DGzRS-Zentrale in Bremen steht seit 1995 ferner ein mehrfach modernisierter Schiffsführungssimulator zur Verfügung. Neue Schiffsklassen ersetzen nach und nach zahlreiche ältere Rettungseinheiten. Zu ihnen gehören eine 23-m-Klasse mit Gasschutzeinrichtungen für den Einsatz an Gefahrgutschiffen (1996/1997), eine 10-m-Klasse mit zahlreichen Verbesserungen zur Ablösung älterer Seenotrettungsboote der Freiwilligen-Stationen (1999 bis 2006), ein 46-m-Seenotkreuzer für die zentrale Sta­tion Helgoland zur Sicherung der Großschifffahrtswege in der Deutschen Bucht (2003), eine neue 20-m-Klasse mit besonders geringem Tiefgang für den Einsatz in Flachwassergebieten, aber gleichermaßen auch auf hoher See (2009–2013), sowie ein 36,5-m-Seenotkreuzer für die wichtige Station Sassnitz zur Sicherung der viel befahrenen Gewässer vor Rügen in der Ostsee (2012).

Heute sind 60 Rettungseinheiten im Einsatz. Sie sind für jedes Wetter im Küsten­gebiet und auf hoher See geeignet, besitzen in Grundsee und Brandung gute See-Eigenschaften, manövrieren einwandfrei, überstehen heftige Grundstöße und -berührungen und sind in der Lage, unter schwersten Bedingungen bei Havaristen längsseits zu gehen. Selbst in harten Wintern mit strengem Frost und starker Eisbildung haben sie sich hervorragend bewährt. Die Rettungsflotte der DGzRS zählt damit zu den modernsten und leistungsfähigsten der Welt.

Alle Rettungseinheiten sind mit umfangreichen Navigations- und Kommunika­tionsanlagen ausgestattet. Die 20 Seenotkreuzer verfügen jeweils über ein Tochterboot, über leistungsstarke Feuerlösch- und Fremdlenzanlagen, Schleppeinrichtungen und ein Bordhospital für die medizinische Ersthilfe verletzter oder erkrankter Menschen. Die 40 Seenotrettungsboote sind zwischen den Seenotkreuzern stationiert und arbeiten mit ihnen sozusagen als dauernd abgesetzte Tochterboote eng zusammen. Auch ihre rettungsdienstliche Ausrüstung ist umfangreich.

Das Stationierungskonzept basiert auf den Kriterien Gefahrenschwerpunkte, Verkehrsdichte und Revierverhältnisse und resultiert nicht zuletzt aus dem umfangreichen Erfahrungsschatz der DGzRS. Gerade bei Großschadenslagen ist Zusammenarbeit erforderlich: Die hohe Stationsdichte ermöglicht es, innerhalb kurzer Zeit mehrere Seenotkreuzer und Seenotrettungsboote »on scene« zu haben.

Jubiläum: 150 Jahre DGzRS

Im Jubiläumsjahr 2015 stehen die Seenotretter auch international im Blickpunkt der Öffentlichkeit: Höhepunkte der Feierlichkeiten zum 150-jährigen Bestehen der DGzRS werden ein Festakt im Bremer Rathaus am 29. Mai, dem Gründungstag des Rettungswerkes, sowie eine sich anschließende Festwoche in Bremerhaven sein. Dort finden zeitgleich Konferenz und Kongress der International Maritime Rescue Federation (IMRF) statt. Zuvor war die DGzRS erst ein Mal (1959) Gastgeber für dieses Forum des internationalen Zusammenschlusses der Seenotrettungsdienste.

In diesem Rahmen ist auch die Taufe des Typschiffs einer völlig neuen Seenotkreuzer-Klasse vorgesehen. Im Herbst 2013 hat die DGzRS den entsprechenden Bauauftrag an die Werft Fr. Fassmer in Berne an der Unterweser vergeben. Die neue 28-m-Klasse ist als leistungsfähiger Nachfolger der 27,5-m-Klasse vorgesehen.

Trotz aller technischen Entwicklung: Im Mittelpunkt steht nach wie vor der Mensch. Wichtigste Voraussetzung bleibt die ständige Bereitschaft erfahrener Seenotretter zum selbstlosen und aufopferungsvollen Einsatz. Neben 180 Festangestellten sind rund 800 freiwillige Besatzungsmitglieder und etwa 550 ehrenamtliche Mitarbeiter an Land für die DGzRS aktiv. Rund 81.000 Menschen verdanken den Seenotrettern seit der Gründung 1865 schnelle Hilfe.

Dies alles war und ist nur möglich durch die Bereitschaft der Bevölkerung im ganzen Land, die Arbeit der Seenotretter finanziell und ideell zu unterstützen. Nach wie vor finanziert die DGzRS ihre gesamte Arbeit ausschließlich durch freiwillige Beiträge – ohne jegliche staatliche Zuschüsse oder andere öffentliche Gelder zu beanspruchen. Vielmehr stellen rund 300.000 Förderer und Spender aus dem ganzen Land mit ihren Zuwendungen sicher, dass die DGzRS ihre vielfältigen Aufgaben unabhängig und eigenverantwortlich erfüllen kann.

Zunehmender Seeverkehr, häufigere und intensivere Schlechtwetterperioden sowie wachsende Aufgaben bestimmen die Arbeit der Seenotretter in der Zukunft. Eine ständige Flottenmodernisierung ist wichtig, um die der DGzRS anvertrauten Mittel so effizient wie möglich einzusetzen. Die DGzRS ist Jahr für Jahr auf die vielen, auch kleinen Beiträge aus dem ganzen Land angewiesen, um ihren Besatzungen stets die zuverlässigste und sicherste Technik für ihre mit­unter gefahrvollen Einsätze an die Hand zu geben. Deshalb danken die Seenotretter jedem einzelnen Spender sehr herzlich für den jeweiligen individuellen Beitrag.

Von der Leistungsfähigkeit und der Einsatzbereitschaft der Seenotretter können sich Förderer, Küstenbewohner, Urlauber und Tagesgäste auf vielen DGzRS-Stationen jedes Jahr am jeweils letzten Juli-Sonntag überzeugen. Am »Tag der Seenotretter«, das nächste Mal am 27. Juli 2014, haben sie Gelegenheit, mit den Besatzungen ins Gespräch zu kommen und aus erster Hand mehr über ihre Arbeit zu erfahren.

Autor:

Christian Stipeldey

Pressesprecher

Deutsche Gesellschaft zur Rettung

Schiffbrüchiger (DGzRS)

stipeldey@seenotretter.de

Christian Stipeldey