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Die TUHH hat die aussteifende Wirkung von Schiffsfenstern bei Schub-belastung und die Traglast von Schiffswänden mit Fenstern untersucht.

Über die Ergebnisse berichten Bjarne Gerlach und Prof. Wolfgang Fricke
Beim Bau von Fahrgastschiffen und Yachten sind Fenster von besonderer Bedeutung – sie sorgen für lichtdurchflutete Räume, ermöglichen den Blick auf[ds_preview] das Meer und verleihen dem Schiff ein imposantes Erscheinungsbild. Aber welche Rolle spielen sie bei der Abtragung von Lasten? Diese Frage wurde an der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) im Institut für Konstruktion und Festigkeit von Schiffen in Zusammenarbeit mit der Industrie in einem Forschungsvorhaben näher untersucht. Hierbei wurden Versuche und begleitende Berechnungen an verschiedenen Fenstern durchgeführt, die in Ausschnitten von Stahlwänden durch Einklemmen oder Kleben befestigt wurden. Es wurden drei Lastfälle betrachtet: (1) Schubbelastung in der Fensterebene, (2) axiale Zug- oder Druckbelastung ebenfalls in der Fensterebene und (3) laterale Druckbelastung (Abb. 1).

Versuchsmodelle

In dem Forschungsvorhaben wurden fünf nicht zu öffnende Fensterkonstruktionen experimentell untersucht. Diese unterschieden sich durch die Fensterabmessungen, die Auslegungsdrücke, die Art der Anbindung (geklemmt, geklebt) und durch die Fensteranordnung. In Tab. 1 sind die wichtigsten Konstruktionsmerkmale der Versuchsmodelle aufgelistet, diese werden im Folgenden näher erläutert. Um die Fenster unter realistischen Bedingungen testen zu können, wurden jeweils 2.800mm hohe und etwa 3.000mm breite schiffstypische Stahlstrukturen gemäß der Auslegungsdrücke der Fenster ausgelegt (Germanischer Lloyd: Klassifikations- und Bauvorschriften, I – Schiffstechnik, Teil 1 – Seeschiffe, Kapitel 1 – Schiffskörper. Selbstverlag, Hamburg, 2012.) und gefertigt, in die die Fenster eingesetzt wurden (Abb. 2 und 3). Die Konstruktion des Versuchsmodells 4 ähnelte denen der Modelle 1 bis 3, während das Versuchsmodell 5 wie ein Fensterband konstruiert wurde, bei dem sich zwischen den Fenstern lediglich Stützen in Form von HEB-Trägern befanden, auf die die Scheiben geklebt wurden. Die Anbindung der Fenster an die Stahlstruktur erfolgt im Allgemeinen durch Klemmen oder durch Kleben. Bei der herkömmlichen Anbindung, dem Klemmen, wird die Scheibe zwischen zwei Dichtungen mithilfe eines geschraubten Glashalte­rahmens eingeklemmt (Abb. 4 oben). Mittlerweile werden Scheiben immer häufiger geklebt, denn beim Anbinden von Glas an die Metallstruktur des Schiffes bietet sich Kleben insbesondere darum an, weil jeglicher Kontakt zwischen Glas und Metall vermieden werden muss, damit es zu keinen Beschädigungen der Glasoberfläche kommt, die die Glasfestigkeit äußerst negativ beeinflussen. Um Spannungen im Glas zu minimieren, aber auch um Uneben­heiten in der Auflagefläche auszugleichen, wird die Klebung als sogenannte Dickschichtklebung ausgeführt (Abb. 4 unten).

Für alle Versuche wurde Verbundsicherheitsglas (VSG) aus Einscheibensicherheitsglas (ESG), verbunden mit einer Polyvinylbutyral-Folie (PVB-Folie), verwendet.

Versuchsaufbau

Es wurden zuerst Schubversuche durchgeführt, um die aussteifende Wirkung der Fenster zu untersuchen, danach erfolgte jeweils ein Traglastversuch mit lateraler Druckbelastung. In der Versuchshalle des Instituts stand als Basis für den Versuchsaufbau ein Prüfstand bestehend aus einer mit einem Lochraster versehenen Stahlbodenstruktur mit einer vertikalen Rückwand zur Verfügung (Abb. 5). Der Versuchsaufbau erfolgte horizontal, wodurch die Krafteinleitung vereinfacht wurde. Die Rückwand wurde in den Versuchen als Festlager genutzt. Ein massiver Träger wurde bei den Schubversuchen zur Einleitung der Schubkraft und bei den Traglastversuchen als zweites Festlager genutzt. Das jeweilige Versuchsmodell wurde an Rückwand und Stahlträger verschweißt.

Mit dem Hydraulikzylinder (Abb. 5 links) konnte während der Schubversuche eine Schubkraft aufgebracht werden. Gleitlager sorgten für eine reibungsarme Verschiebung des Trägers. Die Schubkräfte wurden mit einer Kraftmessdose, die Schubwege mit ortsfesten Wegaufnehmern und die Dehnungen im Versuchsmodell mit zahlreichen Dehnungsmessstreifen gemessen. Die Schubkraft wurde jeweils so gewählt, dass alle Verformungen der Versuchsmodelle elastisch waren, denn es sollten vor dem Traglastversuch keine bleibenden Verformungen auftreten.

Abb. 6 zeigt eine Schnittansicht längs durch den für die Traglastversuche konfigurierten Versuchstand. Vor den Traglastversuchen wurde der Träger am Boden des Prüfstandes fixiert und ein Druckkissen unter dem Fenster positioniert. Durch Zuführung von Wasser wurde der Druck stufenweise bis zum Versagen der jeweiligen Modelle erhöht.

Während der Versuche wurden der Wasserdruck, Wege und Dehnungen gemessen. Das Versagen wurde mit Kameras und bei Modell 4 und 5 auch mit einer Hochgeschwindigkeitskamera mit 10.000 Bildern pro Sekunde festgehalten.

Einfluss der Fenster auf die Schubsteifigkeit von Wänden

Schub- und Axiallasten in der Wandebene werden durch die Schiffkörperbiegung hervorgerufen. Dabei ist insbesondere der Schublastfall von Interesse, da die Schubsteifigkeit der Stahlstruktur durch den Fensterausschnitt in vielen Fällen besonders stark reduziert wird (J. Andric, V. Zanic: The global structural response model for multi-deck ships in concept design phase. Ocean Engineering, Volume 37, Issues 8-9, 688-704.), während die Axialsteifigkeiten in den meisten Fällen bei der Dimensionierung keine Probleme bereiten. Daher wird hier nur auf die aussteifende Wirkung der Fenster bei Schubbelastungen eingegangen.

Die Ergebnisse der Schubversuche und die begleitenden Finite Elemente (FE)-Berechnungen haben gezeigt, dass der Einfluss der Fenster stark von der Schubsteifigkeit der Stahlstruktur abhängt. Während der Einfluss bei kleineren Fenstern (z. B. Modell 1 bis 3), die mit mäßigem Abstand voneinander entfernt angeordnet sind, bei wenigen Prozent liegt, können dicht nebeneinander angeordnete große Fenster, wie bei einem Fensterband, zu einer erheblichen Steigerung der Schub­steifigkeit, in einigen Fällen sogar zu einer Vervielfachung führen. Bei Versuchsmodell 5 beispielsweise wurde die Schubsteifigkeit durch das Fenster nahezu verzehnfacht. Weitere Details zu den Ergebnissen der Schubversuche sind im Forschungsbericht (W. Fricke, B. Gerlach, M. Guiard: Strukturverhalten großer Fenster an Bord von Schiffen. CMT-Bericht 22/2013, Center of Maritime Technologies, Hamburg 2013.) beschrieben. Nach den derzeit gültigen Bauvorschriften darf eine aussteifende Wirkung von Fenstern bei der Festigkeit der Schiffstruktur nicht berücksichtigt werden, jedoch gibt es z. B. bei Schwingungs- oder Verformungsrechnungen Fälle, in denen eine Berücksichtigung der korrekten Schub­steifigkeit von Schiffswänden in FE-Globalmodellen von Bedeutung ist. Dafür bedarf es aber einer einfachen Modellierung der Fenster, denn eine detaillierte Modellierung der Klemm- oder Klebverbindung würde bei globalen FE-Modellen einen zu großen Rechenaufwand bedeuten. Andererseits ist vor allem bei Klebverbindungen mit Mehrflankenhaftung und dadurch bedingter Querkontraktionsbehinderung eine feine Vernetzung des Klebers nötig, um die Steifigkeit korrekt abzubilden (Abb. 7). Deshalb sind weitere Arbeitsschritte erforderlich: Eine Steifigkeitsberechnung an einem charakteristischen Wandausschnitt und anschließend eine Vereinfachung der FE-Modellierung der Fenster im Global­modell. Die Steifigkeitsberechnung am charakteristischen Ausschnitt kann alternativ zur FE-Methode (FEM) auch analytisch erfolgen. Die analytische Berechnung wird im Folgenden beschrieben, zunächst wird das mechanische Ersatzmodell hergeleitet.

Bestimmung von Schubsteifigkeiten von Wänden mit Fenstern

Es wird von einer regelmäßigen Fensteranordnung in einer Wand ausgegangen. Der betrachtete charakteristische Aus­-

schnitt ist in der Skizze in Abb. 8 markiert. Es wird zunächst nur die Stahlstruktur betrachtet. Am freigeschnittenen mechanischen Modell werden die Schnittkräfte berücksichtigt, Schnittmomente sind in der Mitte der Stege nicht vorhanden (Antimetriebedingungen). Im nächsten Schritt wird eine Zerlegung in die vier halben Stege und das Knotenblech vorgenommen, Abb. 9 zeigt die Schnittkräfte und -momente. Vereinfachend werden die Schnittmomente durch jeweils ein äquivalentes Kräftepaar an den Rändern der Stege ersetzt und die Einzelkräfte am Knotenblech zu Schubkräften zusammengefasst. Nach diesen Schritten kann zu einer vorgegebenen Schubkraft die Verformung der Stege durch Biegung und Schub, sowie insbesondere die Verzerrung des Knotenbleches berechnet werden. Entsprechend der Geometrie kann aus den Verformungen der Einzelkörper die Gesamtverformung und damit die Schubsteifigkeit des charakteristischen Ausschnittes bestimmt werden.

Korrekturfaktoren werden für Eckradien, extreme Seitenverhältnisse und dafür eingeführt, dass sich die Biegung nicht auf die Stege beschränkt, sondern ein angrenzender Bereich im Knotenblech ebenfalls gebogen wird. Vergleiche mit FE-Berechnungen, bei denen die Abmessungen variiert wurden, haben eine gute Übereinstimmung ergeben (W. Fricke, B. Gerlach, M. Guiard: Strukturverhalten großer Fenster an Bord von Schiffen. CMT-Bericht 22/2013, Center of Maritime Technologies, Hamburg 2013.).

Bei der Berechnung der Schubsteifigkeit unter Berücksichtigung eines Fensters kann vorausgesetzt werden, dass die Kleb- oder Klemmverbindung im Vergleich zum Glas sehr flexibel ist. Da außerdem von kleinen Verformungen der Schiffsstruktur ausgegangen wird, darf angenommen werden, dass sich die Glasscheibe nicht verformt. Das bedeutet, dass die Verformung des Fensterausschnittes zum einen durch eine Verformung der Klemm- bzw. Klebverbindung und zum anderen durch eine Starrkörperbewegung der Glasscheibe aufgenommen wird. Als mechanisches Ersatzmodell für die Stege eignet sich nun das Modell eines elastisch gebetteten Balkens (Abb. 10), an dessen rechtem Ende eine Querkraft und am linken Ende eine Querkraft und ein Einspann­moment wirken. Zusätzlich wird die Bettung, deren Steifigkeit durch die Bettungsziffer vorgegeben wird, verschoben. Die Bettungsziffer hängt dabei von der Steifigkeit der Klemm- bzw. Klebverbindung ab. Im Falle eines geklebten Fensters ist zur Bestimmung der Bettungsziffer aufgrund der oben erwähnten Versteifung durch Querkontraktionsbehinderung gegebenenfalls eine Berechnung mit einem FE-Modell wie in Abb. 7 nötig. Die Verschiebung der elastischen Bettung hängt von der Starrkörperbewegung der Glasscheibe ab, die wiederum durch die auf sie wirkenden Bettungskräfte ausgelöst wird. Die Gleichgewichtslage muss daher iterativ bestimmt werden.

Die Berechnung der Schubsteifigkeit der Wand mit Fenster erfolgt in einer Iteration z. B. mithilfe eines Skriptes, die im Forschungsbericht (W. Fricke, B. Gerlach, M. Guiard: Strukturverhalten großer Fenster an Bord von Schiffen. CMT-Bericht 22/2013, Center of Maritime Technologies, Hamburg 2013.) ausführlich beschrieben ist.

Vereinfachte FE-Modellierung der Fenster im Globalmodell

Mittels der bekannten Schubsteifigkeit des charakteristischen Ausschnittes mit und ohne Fenster kann ein vereinfachtes FE-Modell erstellt werden. Im einfachsten Fall wird die Struktur des charakteristischen Ausschnittes durch ein Schalenelement mit der entsprechenden Schubsteifigkeit ersetzt, die fehlende Axialsteifigkeit mit Stäben kompensiert oder es wird ein orthotropes Element verwendet (Variante 1, Abb. 11 oben). Alternativ wird die Stahlstruktur entsprechend der Geometrie modelliert und die zusätzliche Steifigkeit des Fensters wird in einem Scheibenelement »verschmiert« (Variante 2, Abb. 11 unten). Die Parameter des Scheibenelementes können über ein modifiziertes analytisches Modell ohne Iteration ermittelt werden, da hier z. B. die elastische Bettung und damit die Rückwirkung auf die Stege fehlt. Es hat sich gezeigt, dass eine Modellierung der Stege mit mindestens drei Elementen in beiden Richtungen erforderlich ist, um die Steifigkeiten genügend genau zu erfassen.

Bei nicht regelmäßiger Anordnung von Fenstern ist die Vereinfachungsvariante 2 vorzuziehen, da hier die Verformungen der Struktur realitätsnah wiedergegeben werden. Bei Variante 1 kommt es zu Abweichungen der Schubsteifigkeit, da die Verformungen des vereinfachten Modells mit denen der realen Struktur nicht übereinstimmen. Beide Modellierungsvarianten sind für linear elastische Berechnungen mit Belastungen in der Wandebene geeignet, für darüber hinaus gehende Belastungen, z. B. für die Berechnung von lateralen Traglasten, ist weiterhin eine detaillierte Modellierung der Verbindung und gegebenenfalls des Verbundsicherheitsglases erforderlich. Weitere Modellierungsempfehlungen sind in (W. Fricke, B. Gerlach, M. Guiard: Strukturverhalten großer Fenster an Bord von Schiffen. CMT-Bericht 22/2013, Center of Maritime Technologies, Hamburg 2013.) gegeben.

Traglast der Fenster unter lateraler Belastung

Eine laterale Druckbelastung der Fenster tritt auf, wenn in schwerer See sogenanntes »grünes Wasser« auf ein Fenster schlägt oder die Fenster bei extremer Krängung eines Schiffes ins Wasser eintauchen. Ein Versagen der Fenster und als mögliche Folge ein Eindringen von Wasser können dann zu einer Gefährdung des Schiffes, der Passagiere und der Besatzung führen oder im Notfall die zur Evakuierung zur Verfügung stehende Zeit verkürzen. Daher ist es von großer Bedeutung, dass die Fenster den jeweiligen Druckbelastungen standhalten. In diesem Vorhaben wurden nur quasistatische Drücke betrachtet; dynamische Lasten werden in einem derzeit am selben Institut laufenden Forschungsprojekt (N.N.: Maritime Safety Aspects Regarding Installation and Maintenance of Offshore Wind Turbines, Forschungsvorhaben an der TUHH gefördert durch die Forschungs- und Wissenschaftsstiftung Hamburg.) untersucht.

Während der Traglastversuche mit den Modellen 1 und 2 ist schnell deutlich geworden, dass die geklemmten Scheiben bedingt durch die starke Durchbiegung von Glas und Stahl nach und nach an Glasauflagefläche verlieren, bis die Scheibe vornehmlich in den Seitenmitten lokal ununterstützt ist. Dann kann es leicht zu einem Kontakt zwischen Stahl und Glas oder zu einer lokal starken Durchbiegung kommen, was zum Versagen der Scheibe führte. In Abb. 12 ist ein Ausschnitt eines FE-Modells vom Versuchsmodell 1 im unbelasteten Zustand nach der Montage des Glashalterahmens (oben) und bei einer Druckbelastung mit 1,25 bar (unten) gezeigt. Die Verformungen und eine Relativverschiebung zwischen Glas und Stahl sind deutlich zu erkennen. Bei einer Last von 1,25 bar ist nahezu kein Glaseinstand vorhanden. Dieses zeigte sich auch während des Versuches. Die Dichtung wurde herausgedrückt, kurze Zeit später brach das Glas ausgehend von dieser Stelle. In Abb. 13 ist der Schaden zu sehen.

Die Messung der Dehnungen an einigen Positionen auf der Glasscheibe und die FE-Berechnung ergab, dass die Hauptzugspannungen im Glas unterhalb des Streubandes der Biegebruchspannungen des Glases lagen. Das Tragpotenzial der Scheibe wurde somit nicht vollständig genutzt.

Beim dritten Versuchsmodell mit geklebtem Fenster versagte die Scheibe bei einem Druck von 1,7 bar ausgehend von einem Oberflächendefekt. Die im Vergleich zu den ersten drei Versuchsmodellen größere, jedoch um 2mm dünnere VSG-Scheibe des Modells 4 bog sich beim Traglastversuch stark durch (Abb. 14). Die Folge war eine hohe Belastung der Klebverbindung, was zu Rissen in der Dichtfuge führte. Verstärkt wurde dieses durch eine zunehmende plastische Verformung des Stahlbleches rund um den Fensterausschnitt. Durch die reduzierten Bindungskräfte konnte sich auch hier eine Relativverschiebung einstellen, sodass trotz des Glaseinstandes von 25mm die Scheibe lokal nicht mehr unterstützt war, was letztendlich zum Versagen führte. Das fünfte Versuchsmodell hielt einer Drucklast von 1,55 bar stand. Positiv war hier, dass sich die Steifen unmittelbar beim Fensterausschnitt befanden, so dass in diesem Fall die Stahlverformung gering war. Der Glas­einstand war hier mit 30mm ausreichend groß, die Scheibe versagte im Bereich der größten Zugspannungen.

In Tab. 2 sind die Traglasten, die maximalen Zugspannungen und die beobachteten Versagensmechanismen der jeweiligen Versuchsmodelle aufgelistet. Ein Hauptgrund für die großen Unterschiede zwischen den Auslegungsdrücken und den ertragenen Drücken ist neben dem Sicherheitsfaktor, der bei der Auslegung vier beträgt, die starke Durchbiegung der großen Scheiben. Diese ruft Membranspannungen hervor, was zu einer Verschiebung der Spannungsmaxima und zu einer verminderten Spannungszunahme bei weiter ansteigender Last führt.

Zusammenfassung

Im vorgestellten Forschungsvorhaben wurde die aussteifende Wirkung von Schiffsfenstern bei Schubbelastung untersucht. Abhängig von der Schubsteifigkeit der Stahlstruktur tragen die Fenster unterschiedlich stark zur Schubsteifigkeit der Wände bei. Relativ große Fenster können die Schub­steifigkeit der jeweiligen Wand um das Vielfache erhöhen. Die Berücksichtigung der Fenster kann bei Berechnungen des Verformungs- und Schwingungsverhaltens große Unterschiede hervorrufen. Das vorgestellte Vorgehen mit analytischen Formeln ermöglicht die Steifigkeitsermittlung von Wänden mit Fenstern und anschließend die vereinfachte Modellierung der Fenster, sodass diese in globale FE-Modelle von Schiffen integriert werden können.

Neben der Schubsteifigkeit wurde die Traglast von Schiffswänden mit Fenstern bei lateraler Druckbelastung erforscht. Die Versuchsmodelle wiesen, verglichen mit den Auslegungsdrücken, hohe Traglasten auf. Der Grund hierfür ist unter anderem die Membranwirkung, die sich bei großer Durchbiegung der Scheiben einstellt und die Biegespannungen im Glas abschwächt. Bei den eingesetzten Scheiben waren die Voraussetzungen dafür gegeben. Die Traglastversuche zeigten auch, dass das volle Tragvermögen der Glasscheiben nicht immer vollständig genutzt wird, wenn die Scheiben herausrutschen. In numerischen Berechnungen wurde untersucht, welche Maßnahmen zur Erhöhung der Traglast von Schiffsfenstern förderlich sind. Ein vergrößerter Glaseinstand, wie er in der ISO 11336-1 (ISO 11336-1: Large Yachts – weathertightness and watertightness of glazed openings – Part 1: Design cri­teria, materials, framing and testing of independent glazed openings. International Organization for Standardization, Genf 2012.) für große Yachten seit 2012 gefordert wird, ist eine effektive Maßnahme. Weitere Maßnahmen sind im Forschungsbericht (W. Fricke, B. Gerlach, M. Guiard: Strukturverhalten großer Fenster an Bord von Schiffen. CMT-Bericht 22/2013, Center of Maritime Technologies, Hamburg 2013.) beschrieben.

Das IGF-Vorhaben 16765 N der Forschungsvereinigung Center of Maritime Technologies wurde über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Autoren:

Bjarne Gerlach, Prof. Wolfgang Fricke

Institute of Ship Structural Design and Analysis, Hamburg University of Technology, www.tu-harburg.de/skf


Wolfgang Fricke, Bjarne Gerlach