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Über die in Bremerhaven durchgeführten und derzeit laufenden Neubau- und Umbauprojekte für die Offshore-Schifffahrt
1. Einführung

Die Lloyd Werft Bremerhaven ist eingerichtet für jede Art von schiffstechnischen Umbauten und Wartungsarbeiten. Sie hat[ds_preview] sich besonders beim Umbau und Neubau von Kreuzfahrt- und Spezialschiffen einen guten Ruf erworben, der neben Flexibilität und Qualität auf Termintreue beruht.

Seit einigen Jahren erfolgt der engagierte Einstieg ins Offshore-Geschäft, vor allem im Reparatur- und Umbaubereich, aber auch beim Neubau von Spezialschiffen. Die Kunden kommen aus der Öl- und Gas- sowie der Windkraftindustrie (Abb. 1).

Durch die Kooperation mit dem Werftenverbund German Dry Docks wurde ein firmenübergreifender Einsatz der Beschäftigten ermöglicht. Der Werftenverbund besteht aus dem Rickmers Lloyd Dockbetrieb sowie den MWB Motorenwerken Bremerhaven und wurde am 1. Januar 2013 gegründet. Von der Lloyd Werft wird ein fester Mitarbeiterstamm von rund 350 Personen beschäftigt, die abhängig von den jeweiligen Aufträgen über die German Dry Docks und Partnerfirmen kurzfristig um weitere Mitarbeiter aufgestockt werden.

Es arbeiten daher ständig 800–1.200 Personen auf dem Gelände der Lloyd Werft, das ungefähr 260.000m2 umfasst und über eine Pierlänge von 1.400m verfügt. Zwei Trocken- und zwei Schwimmdocks ermöglichen die Dockung von Schiffen mit einem Tiefgang bis zu 11,5m. Die Schiffe können auch während der Dockzeit mit Strom, Löschwasser, Frischwasser, Dampf, Kondensat, Druckluft, Sauerstoff und Gas versorgt werden.

Die entsprechenden Krankapazitäten sind vorhanden und die für Dock- und Überholungsarbeiten notwendigen Werkstätten befinden sich in Docknähe (Abb. 2). Für die Durchführung von »heißen Arbeiten« in Tanks und Bilgen steht eine Barge zur Entsorgung von Öl- und sonstigen flüssigen Rückständen zur Verfügung.

2. Abgeschlossene Projekte

2.1 Neubau und Umbau der

»Combi Dock«-Schiffe

Von 2008 bis 2011 wurden von der Lloyd Werft vier Dockschiffe der Baureihe »Combi Dock« für das Joint Venture K/S Combi Lift von Harren & Partner (Bremen) [Witthöft, J.: Auf zu neuen Ufern, in: Hansa 10/2011, S. 66 ff.] und

J. Poulsen Shipping (Korsør/Dänemark) in Dienst gestellt. Von der polnischen Crist-Werft wurden die Kaskos gebaut, nach Bremerhaven geschleppt und hier ausgebaut. Die Schiffe sind 169,4m lang und 25,4m breit. Der maximale Tiefgang beträgt 6,6m und der Absenktiefgang 11,0m.

Die »Combi Dock II« [Witthöft, J.: Auf zu neuen Ufern, in: Hansa 10/2011, S. 66 ff.] hat eine umfangreiche Anlage zur Stromerzeugung und aufwendige Manövriereinrichtungen für die dyna­mische Positionierung (DP 2). Sie wurde im August 2008 als Ölplattform-Versorger in Dienst gestellt und fährt heute als »Ceona Blue Giant« (ex »OIG Giant I«) für das britische Schifffahrts­unternehmen Ceona (früher Offshore Installation Group / OIG). Die »Combi Dock IV«, derzeit als »Ceona Giant II« in Fahrt (Abb. 3), wurde 2011 bei der Lloyd Werft in ein Schiff für Offshore-Installationen umgebaut und in »OIG Giant II« umbenannt. Dazu wurden zusätzliche Wohneinheiten für 100 Personen errichtet, ein Moonpool eingebaut, die Kräne erhöht und ein Hubschrauberdeck installiert. Für das dynamische Positionieren (DP 2) erhielt das Schiff Bug- und Heckstrahlruder, die von sechs neuen Hilfsdieseln und einer zusätzlichen Schalttafel mit Strom versorgt werden. Als »OIG Giant II« installierte es nach dem Umbau vor der Westküste Schottlands drei 1-MW-Turbinen für das Gezeitenkraftwerk »Sound of Islay« und wird zurzeit wie die »Ceona Blue Giant« im Golf von Mexiko eingesetzt.

2.2 Projekt »Seabreeze« – Endmontage der

»Friedrich Ernestine« und »Victoria Mathias«

2012 erfolgte bei der Lloyd Werft die Endmontage und Ausrüstung der Windanlagen-Errichterschiffe »Friedrich Ernestine« und »Victoria Mathias« [Wehrmann, A.-K.: Jack-up Vessels von RWE Innogy werden für ihre ersten Einsätze fit gemacht, in: Hansa 5/2012, S. 23 ff.]. Sie wurden 2011 von Daewoo Shipbuilding & Marine Engineering in Südkorea für RWE gebaut. Neben der Vorfertigung und Installation von verschiedenen Stahlbauteilen wurde in Bremerhaven das hydraulische Jack-up-System installiert. Anschließend setzte die Werft die 78m langen Hubbeine ein. Dazu wurde die Kaje mit einer Schwerlastplatte aus 1,40m dickem Beton verstärkt. Auf dieser Platte standen die zwei Mobilkräne mit rund 100m hohen Auslegern, um die 650t schweren Beine einzufädeln (Abb. 1 und Abb. 4).

2.3 »Aeolus« und Fred-Olsen-Errichterschiffe

Im Februar 2014 erreichte das Errichterschiff »Aeolus« von Hamburg kommend die Lloyd Werft. Neben diversen Restarbeiten (Verstärkungen und Fundamente an Deck) wurden ein 500t tragender Assistenzkran und die vier 87m langen 920t schweren Hubbeine mit den dazugehörigen Hubsystemen eingebaut. Letztere bestehen aus den Hubbrillen (Abb. 5) mit den entsprechenden Hydraulikzylindern, die an das bestehende Hydrauliksystem (s.a. [Hochhaus, K.-H.: »Aeolus« – Ein Errichterschiff für Offshore-Windanlagen von der Sietas Werft, in: Hansa 4/2013 – Offshore Spezial, S. 8 ff.]) angeschlossen wurden. Zum Einbau der Hubbeine wurde einer der stärksten Mobilkrane (Typ LR 13000 von Liebherr) mit einer Traglast von 3.000t bei 12m Ausladung und einer Höhe von 126m eingesetzt. Auf der Schwerlastplatte stehend, wurden die vier Hubbeine wie bei den RWE-Schiffen in die hydraulischen Hubvorrichtungen eingefädelt (Abb. 6). Anschließend waren die als »Spud Cans« bezeichneten Füße am unteren Ende der Hubbeine zu montieren.

Ferner sind die beiden von Lamprell in Dubai gebauten Errichterschiffe »Brave Tern« und »Bold Tern« für Fred Olsen Windcarriers 2014 im Rahmen ihrer Arbeiten an den Offshore-Windparks in der Nordsee regelmäßige Gäste bei der Lloyd Werft.

3. »Ceona Amazon« – Offshore-Mehrzweckschiff

für Unterwasserarbeiten

Ende Juni 2013 wurde in Bremerhaven von Mitgliedern der Geschäftsführung des britischen Schifffahrtsunternehmens Ceona, des Mehrheitsgesellschafters Goldman Sachs Capital Partners und der Lloyd Werft der Vertrag für den Bau eines Spezialschiffes für die Offshore-Industrie unterschrieben [N.N.: Lloyd Werft startet mit Bau der »Ceona Amazon«, Pressemitteilung der Lloyd Werft vom 11. Juli 2013.]. Ceona firmierte bis Anfang 2012 als Offshore Installation Group, ein Unternehmen für die Planung, Entwicklung und Durchführung von Tiefsee-Unterwasserarbeiten.

Eine junge Flotte von bisher vier Spezialschiffen führt aufwendige Rohrverlegungen und Bauarbeiten in der Tiefsee durch. Das fünfte Schiff, die »Ceona Amazon«, basiert auf einem Bohrschiffdesign mit Helideck und Moonpool, das angepasst und ergänzt wurde, um den vielfältigen Anforderungen im Offshore-Einsatz gewachsen zu sein.

Die Fertigung des Schiffsrumpfes erfolgte wie bei den »Combi Dock«-Schiffen bei der polnischen Crist-Werft (Abb. 8), den Endausbau und die Ausrüstung übernimmt die Lloyd Werft. Die Energieverteilung, die Antriebssysteme, die Automation, die integrierte Navigation und die Kommunikationssysteme liefert und installiert die Firma SAM Electronics. Die Stromerzeugung erfolgt durch sechs von MAN-Dieselmotoren angetriebenen Siemens-Mittelspannungsgeneratoren, die ihre Leistung auf drei Mittelspannungsschaltanlagen verteilen. Das Schiff wird dem Sicherheitscode der »Spezialschiffe« entsprechen und ist mit dem dynamischen Positionierungssystem Kongsberg K-Pos DP2 ausgestattet, das sechs Azimut-Propeller und ein Bugstrahler ansteuert.

3.1. Technische Beschreibung der »Ceona Amazon«

Die »Ceona Amazon« ist mit 33.000BRZ vermessen, hat eine Verdrängung von 38.720t, ist 199,4m lang, 32,2m breit und hat abgeladen einen Tiefgang von 8,0m [N.N.: Lloyd Werft startet mit Bau der »Ceona Amazon«, Pressemitteilung der Lloyd Werft vom 11. Juli 2013.]. Das Schiff verfügt über eine diesel-elektrische Anlage, die von insgesamt sechs Diesel­generatoren mit einer Nennleistung von rund 28.000 kW gespeist wird. Die vier Achtzylinder-Viertakt-Dieselmotoren vom Typ MAN 8L32/44CR haben eine Leistung von je 4.480 kW und die zwei Neunzylinder-Motoren der gleichen Baureihe (9L32/44CR) kommen auf je 5.000 kW.

Das Schiff wird durch drei im Achterschiff angeordnete Azimut-Propeller der finnischen Firma Steerprop zu je 3.500 kW angetrieben und erreicht mit der Nennleistung von 10.500 kW eine maximale Geschwindigkeit von 14kn. Als Manövrierhilfen bei der Revierfahrt, im Hafen und besonders bei den Arbeiten auf See mit dynamischer Positionierung stehen das 1.800 kW starke Bugstrahlruder mit Verstellpropeller vom Typ FU-93 und die drei ausfahrbaren Azimutstrahler (je 2.400 kW) vom Typ AR 100 des norwegischen Herstellers Brunvoll zur Verfügung.

Das Hauptdeck des Schiffes bietet eine Fläche von ca. 4.600m2

mit einer spezifischen Belastung von 16t pro Quadratmeter. Unter Deck bestehen Ladekapazitäten von 5.500t für die Lagerung von Rohrleitungen und Zubehör. Insgesamt können bis zu 9.000t Rohre geladen werden. Das aufwendige Ballastsystem hat eine Gesamtkapazität von 15.500m3. Die Ballastwasser-Reinigungsanlage von MMC Green Technology sowie die Antriebskomponenten von Steerprop und Brunvoll wurden über Steinbach Ingenieurtechnik geliefert.

3.2. Sonderausstattung

Das Schiff ist an und unter Deck mit Zusatzeinrichtungen ausgestattet und damit in der Lage, flexible und starre Rohrleitungen bis 610mm Durchmesser (410mm Rohrdurchmesser + 100mm Schutzschicht) in Tiefen bis 3.000m durch den Moonpool zu verlegen. Die Rohrleitungen werden in einem zum Patent angemeldeten Verfahren aus einer Kombination der S-Lay- und J-Lay-Methode verlegt. Die Zuglast der Pipeline in großen Tiefen darf bis 570t betragen. Die Entwicklung und Anwendung dieser Methoden zur Offshore-Pipelineverlegung wurden in [Willems, C. J. T. M.: Konstruktion, Bau und Erprobung eines Rohrlegers der 3. Generation, in: STG-Jahrbuch, Bd. 69, 1975, S. 395 ff.] und [Clauss, G. F.: Offshore-Pipelineverlegung, in: STG-Jahrbuch, Bd. 88, 1994, S. 255 ff.] beschrieben.

Für die Installation großer Unterwasseranlagen in Wassertiefen von bis zu 3.000m stehen Krane mit Seegangskompensation zur Verfügung. Es handelt sich dabei um einen 30-t-Kran sowie zwei 400-t-Schwerlastkrane, die im Einzelbetrieb oder im Tandemhub gefahren werden können. Für diese Unterwasserarbeiten befinden sich zwei Tauchroboter (Remote Operating Vehicles / ROVs) an Bord. Damit das Schiff bei den Arbeiten möglichst ruhig liegt, ist ein aufwendiges Anti-Heeling-System mit acht Tanks und insgesamt 3.500t Wasser vorhanden. Ein Moonpool mit den Abmessungen 8m x 13,5m ermöglicht das ruhige Arbeiten von Tauchern, Hantieren von schweren Geräten und das Verlegen von Pipelines auch bei unruhiger See.

Es sind Unterkünfte für insgesamt 200 Personen in 114 Kabinen (88 Doppelkabinen und 26 Einzelkabinen) der GL-Harmony-Klasse (HC 3) vorhanden, außerdem die entsprechenden Messen, Tagesräume und Sporträume. Für den flexiblen Besatzungswechsel, dringenden Krankentransport und zur Versorgung mit wichtigen Ersatzteilen steht auf dem Vorschiff ein Hubschrauberlandeplatz zur Verfügung.

Die Indienststellung des multifunktionalen Installations- und Rohrverlegungsschiffes ist für Dezember 2014 geplant. Die spezielle Rohrschweißstraße und das Rohrverlegesystem werden nach der Überführung des Schiffes in Schiedam (Niederlande) von der Firma Huisman Equipment installiert.


Karl-Heinz Hochhaus