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Eine genaue Füllstandsmessung auf Gastankern ist unerlässlich. Was bei der Instrumentierung beachtet werden muss, zeigt ein Beispiel von Vega und TGE
Bei der Instrumentierung und der Ausrüstung von Flüssiggastankern haben die Verantwortlichen in der Regel nicht viel Spielraum. Die dort eingesetzten[ds_preview] Messgeräte müssen nicht nur robust sein und zuverlässig arbeiten, sondern vor allem vom Start weg einwandfrei funktionieren. Grundvoraussetzung hierfür ist ein hohes Maß an Vertrauen in den Lieferanten und genaue Kenntnisse und Erfahrung über den Prozess.

Letztendlich geht es auch bei Füllstandsmessungen auf einem Schiff immer um die Frage, wie viel in einem Tank drin ist. Einen exakten Messwert zu erhalten, ist jedoch nicht immer so ganz einfach. »Unsere Produkte stehen unter Druck, sind tiefkalt, brennbar und explosiv; und wir haben mit den Rahmenbedingungen umzugehen, die auf dem Meer herrschen«, beschreibt Karl-Heinz Arzdorf, Leiter der Abteilung für Elektrik und Instrumentierung bei der TGE Marine Gas Engineering aus Bonn, den Alltag der Messgeräte, die mit den Flüssiggasen in Berührung kommen. Dazu kommen Klassenvorschriften, internationale maritime Regelwerke und länderspezifische Vorgaben, die sich technologisch durchaus auch einmal widersprechen können. Jedes Messgerät muss den Vorgaben entsprechen.

Das Bonner Unternehmen konzentriert sich auf den Bau und die Ausrüstung von Flüssiggastankern und die dazugehörigen Verflüssigungsanlagen. Beispielsweise stammen etwa 55% aller Ethylentanker und ca. ein Drittel der in den letzten Jahren gebauten kleinen LNG-Carrier aus der Hand des Planungsunternehmens. Neben technischen Gasen werden vor allem LNG (Liquefied Natural Gas) und LPG (Liquefied Petroleum Gas) auf den Tankern transportiert. Um das Volumen zu verringern, werden die Gase verflüssigt. Dementsprechend kalt sind die Temperaturen des transportierten Mediums.

Dynamische Märkte

Der Markt für Flüssiggasanwendungen ist ausgesprochen dynamisch. Nicht nur wegen der verknappenden Rohstoffe wächst das Interesse an LNG, auch Veränderungen in der Weltpolitik oder der Preisverfall dank Fracking in den USA tragen dazu bei, dass mehr LNG über die Meere transportiert wird. So werden verstärkt große Tanker (Full­scale) Flüssigerdgas aus den USA nach Europa transportieren. Um das Gas aus den großen LNG-Terminals zu den vielen kleineren Terminals entlang der Küste Europas zu verteilen, werden vor allem Small-Scale-Schiffe mit einem Fassungsvermögen von 7. 500 bis 30. 000m3 nachgefragt, um kleinere dezentrale Verbraucher oder auch zukünftige Bunkerstationen mit LNG versorgen zu können. Über mangelnde Auslastung kann sich das Planungsunternehmen nicht beklagen – im Gegenteil: »Der Boom hat gerade begonnen«, erklärt Arzdorf die Situation auf dem Weltmarkt. Derzeit befinden sich allein bei TGE zehn Schiffe in der Bau-, 17 in der Planungsphase und bei sieben Schiffen ist man derzeit mit der Umstellung von Motoren beschäftigt. Dies ist ein weiteres Standbein des Unternehmens.

Mit den in Kürze in Kraft tretenden Abgasemissionsgrenzen stehen die Reeder vor der Wahl, einen schwefelfreien Treibstoff einsetzen, der sehr teuer ist, eine Abgasreinigungsanlage zu verwenden oder auf Motoren zu setzen, die mit LNG betrieben werden. Gerade LNG ist sehr interessant, da es kostengünstiger ist, jedoch eine Umrüstung der Motoren erfordert. »In der zweiten Jahreshälfte wird ein Erwachen einsetzen«, ist Arzdorf überzeugt. TGE sei gut vorbereitet, sei man doch das erste Unternehmen, das Schiffe mit einem Zweitakt-LNG-Motor mit Dieseleinspritzung bei 350 bar ausrüsten könne. Für die Viertaktmotoren gebe es ebenfalls entsprechende Lösungen.

Beratung ist das A und O

Dabei ist jedes Schiff anders. »Selbst wenn vier gleiche Schiffe bestellt wurden, haben sich spätestens beim dritten Schiff die Rahmenbedingungen so geändert, dass man vieles neu planen muss«, konstatiert der Experte. Nicht nur die äußeren Rahmenbedingungen ändern sich, auch die Produkte selbst. Wird die Cargoliste erweitert, um flexibler zu sein oder den aktuellen Nachfragen am Markt gerecht zu werden, ist eine Anpassung der Messtechnik nötig.

Es kommt auch vor, dass zunächst vier Schiffe als Propantanker gebaut werden sollen, aber beim vierten Schiff entscheidet der Reeder, dass dieses als Ethylentanker ausgerichtet werden soll. Dann muss die Messtechnik für tiefere Temperaturen ausgelegt werden. »Ohne Beratung läuft eigentlich kein Instrumentierungsprojekt«, stellt Karl-Heinz Arzdorf klar. Von Vorteil ist, dass man bereits sehr lange mit Vega zusammenarbeitet und dementsprechend viele Projekte auf Zuruf funktionieren. Dies ist ganz im Sinne von Arzdorf, der die Anzahl der Lieferanten aus Überzeugung klein hält. »Dies gibt Sicherheit und spart Zeit bei der Projektierung.«

Dabei sind es nicht nur die extremen Temperaturen, die den Messgeräten zu schaffen machen, oder schwierig zu messende Produkte, die sich durch die Bank durch kleine DK-Werte (Dielektrizitätskonstante) auszeichnen: Auch Vibrationen und der Kontakt mit Salzwasser erfordern eine besondere Robustheit. Sensoren mit Schiffszulassung sind für solche Einsätze zwingend vorgeschrieben oder erforderlich.

TGE setzt bei der Füllstandsmessung zum größten Teil auf Messgeräte von Vega. Zum Beispiel kommt der Vegaflex 86 zur kontinuierlichen Messung von Füllständen in den Decktanks und verschiedenen Prozessstufen der Verflüssigungsanlage zum Einsatz. Der Füllstand wird über die Messgeräte geregelt und dies muss bei hohen Drücken (16–18 bar), tiefen Medientemperaturen (-163 °C) und schwerer See zuverlässig funktionieren. Die Verflüssigungsanlagen sind relativ komplex und laufen über mehrere Stufen; in jeder ist der Füllstand eine wichtige Regelgröße, etwa um den Kompressor zu schützen. Der widerstandsfähige, geführte Radarsensor ist ideal für diese Aufgaben, weil er unabhängig von den Medieneigenschaften wie Dichte oder Dielektrizitätszahl misst. Sein robuster, mechanischer Aufbau und eine zweite Prozessabdichtung, die sogenannte Second Line of Defense, schützen den Sensor.

Pro Schiff befinden sich – je nach Bauweise – zehn Messgeräte des Typs Vega­flex an den unterschiedlichsten Orten, etwa am Kompressor oder in den Kältekreisläufen am Receiver im Einsatz. Dazu kommen noch einmal Füllstandsmessgeräte an den Decktanks. Auch hier variieren die Ausstattung und die Anzahl der Tanks. In der Regel sind zwei Vega-Messgeräte pro Tank installiert.

Der Vegapuls 62 wird häufig als Zweitmessung auf den Cargo-Tanks in den LNG-Carriern eingesetzt. Dabei handelt es sich um einen universell einsetzbaren Radarsensor zur kontinuierlichen Füllstandsmessung von Flüssigkeiten. Er wird wegen seiner Genauigkeit unabhängig von Druck, Temperatur, Gas und Dampf geschätzt. Die berührungslose Messung eignet sich selbst bei schwierigen Prozessbedingungen. Die mechanischen Belastungen in den Tanks sind nicht zu unterschätzen. Insbesondere bei schwerer See stellen die gewaltigen Produktmassen, die in den Tanks dann in Bewegung geraten, hohe Anforderungen an die Robustheit der Messgeräte. Daher wird der Vegapuls auch eingesetzt, um den Füllstand an den Tauchpumpen in den Cargo- und Deck-Tanks zu messen, um diese vor Trockenlauf und Überhitzung zu schützen.

Überdies kommt der Vegaswing 61 zum Einsatz. »Das Gerät nutzen wir eigentlich überall, wo wir sonst noch gewisse Grenzstände auf dem Schiff wissen müssen, etwa wenn noch ein Trockenlaufschutz benötigt wird, aber die Bedingungen nicht ganz so hart sind«, so Arzdorf.

Kürzlich auf den Markt gebracht wurde der Vegaswing 66. Dieser Vibrationsgrenzschalter besitzt einen patentierten induktiven Antrieb, der es mühelos schafft, die Schwinggabel auch unter extremen Temperaturbedingungen anzuregen. Der Anwender profitiert von der einfachen Handhabung des Vibrationsgrenzschalters, aber trotzdem stehen ihm ein erweiterter Anwendungsbereich von -196 °C (wie dies im LNG-Umfeld vorkommt) sowie ein Druckbereich von -1 bis +160 bar zur Verfügung. Da der Sensor unabhängig von der Dichte – also auch bei unterschiedlichsten Produkten – sicher misst, eignet er sich für High- und HighHigh-Alarme auf den Cargo-Tanks.

Partnerschaft unter Beweis

»Die Qualität einer Partnerschaft zeigt sich erst in der Not«, ist Karl-Heinz Arzdorf überzeugt und nennt als Beispiel die Messung des Kältemittels R404. Trotz genauester Vorbereitung lieferte der Vegapuls 62 nach dem Einbau kein Signal. Das Problem wurde mit dem Einbau eines Vega­flex 86 gelöst. Allerdings war dieser Typ damals relativ neu auf dem Markt und es gab zu dem Zeitpunkt wenig Erfahrung mit diesem Gerät. Die Zeit bis zur Auslieferung des Schiffes war wie immer, knapp und das Schiff musste noch von Korea nach China überführt werden.

Daher wurde zum einen die nötige Zulassung von Vega mit Priorität angegangen. Zum anderen gingen ein Servicetechniker von Vega und der zuständige TGE-Mitarbeiter an Bord und testeten das Gerät während der Überfahrt. Seitdem läuft die Messung zuverlässig. Das Problem lag daran, dass die Mikrowellen adsorbiert wurden. »Man kennt dieses Phänomen von Ammoniak, aber im Prinzip gibt es nur ganz wenige Produkte, bei denen dies noch der Fall ist. Jetzt sind wir natürlich schlauer, aber damals hätte der Fehler überall liegen können«, erinnert sich Arzdorf. »Vega hat die Sache wirklich zu einem guten Abschluss gebracht. Ich bin überzeugt davon, dass viele andere Unternehmen viel eher aufgegeben hätten.«

Nicht zuletzt solche Erfahrungen haben die Zusammenarbeit beider Unternehmen gestärkt. Insgesamt wurden mehr als 80 Schiffe gemeinsam ausgerüstet. Über mangelnde Ideen braucht sich das TGE-/Vega-Team jedenfalls nicht beklagen. So hat Arzdorf durchaus noch ein paar Aufgaben, die in nächster Zeit darauf warten, gelöst zu werden.


Clemens Hengstler