Print Friendly, PDF & Email

Weil in der Offshore-Industrie immer größere Spezialschiffe bei immer schwierigeren Bedingungen eingesetzt werden, steigen die Anforderungen an das Material. Die Dillinger Hütte liefert Grobbleche für Schwerlastkrane
Weltweit steigen der Energiebedarf und damit die Notwendigkeit, neue Lagerstätten von Öl und Gas sowie Windparks in immer größeren Meerestiefen[ds_preview] zu erschließen. Wind und Wellen kennzeichnen die Bedingungen und die entsprechenden Kräfte, die auf Plattformen und Errichterschiffe einwirken. Hub-, Senk- und Driftbewegungen des Schiffes auf hoher See übertragen sich mit enormer Hebelwirkung auf die Last. Diesen Schwerpunktverlagerungen müssen die eingesetzten Werkstoffe zuverlässig standhalten.

Zu den größten Offshore-Kranen seiner Art gehört etwa der MTC 78000 von Liebherr mit einer Tragkraft von 2.000t. Er ist mit hochfesten Grobblechen der Dillinger Hütte ausgestattet. Der Einsatz der Krane auf Schwerlastschiffen wie der »OSA Goliath« (Foto u. li.) geht an die Grenzen der Belastbarkeit von Gerät und Werkstoff. Neben dem Eigenschaftsspektrum mit Streckgrenzen bis 690 MPa gaben nach Herstellerangaben die Dicke und Abmessungsvielfalt der Dillinger Stähle den Ausschlag für Liebherr-MCCtec in Rostock, diese Hochleistungsstähle im MTC 78000 einzusetzen. Sie sollen seinen wirtschaftlichen Bau und dauerhafte Zuverlässigkeit im küstenfernen Einsatz gewährleisten.

Für die »OSA Goliath« entwickelte Liebherr den ersten Schwerlast-Offshorekran MTC 78000 mit einem maximalen dynamischen Kippmoment von 78000 kNm. Gebaut und auf der »OSA Goliath« errichtet wurde er anschließend am Liebherr-Standort in Rostock. Bei einer Auslage bis zu 35m kann er seine maximale Tragkraft von 2.000t heben. Mit 74m Ausladung schafft er bis zu 530t, bei seiner maximalen Auslage von 87m sind es 500t.

Trotz seiner Größe ist der MTC 78000 als Mastkran mit konventioneller Großwälzlagertechnologie konstruiert, jedoch mit je einem inneren und äußeren Lager auf einer Ebene. Diese Großwälzlager haben einen Durchmesser von 9m und sind damit fast doppelt so groß wie sonst übliche Wälzlager dieser Art. Sie verbinden die 10m hohe Grundsäule mit der Drehbühne, die das zentrale Element des Krans darstellt. Auf ihr ruhen zwei Mastteile übereinander, deren Durchmesser sich von 8,50m unten bis auf 3,80m an der Spitze verjüngt. Da auch alle Maschinen, Winden etc. oberhalb des Drehkranzes eingebaut sind, ist der Kran sogar bei voller Last um 360° drehbar. Zu seinem Eigengewicht von 1.790t tragen die Grundsäule mit 370t, das Mast­unterteil mit 250t, das Mastoberteil mit 160t und der 89m lange Ausleger mit 311t bei. Mit seinen rund 70t ist im Vergleich dazu der Drehkranz geradezu ein Leichtgewicht. Der Vier-Horn-Haken am Haupthub bringt stattliche 66t auf die Waage.

Für die Konstruktion des MTC 78000

lieferte die Dillinger Hütte insgesamt 1.400t Dillimax-Stähle, davon 1.200t hochfeste Grobbleche mit Mindeststreckgrenzen von 690 MPa. 900t wurden zudem nach besonderer Kundenspezifikation produziert. Dazu zählen 200mm dicke Bleche, durch die der Gittermastausleger an seinem hinteren, immerhin 10m breiten Ende mit nur zwei je 500mm dicken und 730mm langen Bolzen am Mast befestigt wurde. Jeder dieser Bolzen wiegt 1,1t. Durch das Gewicht des Auslegers und die eingeleiteten Kräfte der Hublast entstehen enorme Spannungen, denen der Stahl an diesem neuralgischen Punkt dauerhaft standhalten muss.

Auch bei Fertigung des Drehkranzes kamen hochfeste Grobbleche der Dillinger Hütte zum Einsatz. Sie tragen die enormen Kräfte im Mast in den Schiffsrumpf ab, wodurch Spannungen in Blechdickenrichtung entstehen. Zusätzliche Spannungen verursacht das Schweißen der Drehkranzsegmente, da die steife Konstruktion das Schrumpfen beim Abkühlen verhindert. Mit Grobblechen in Z-Güte in bis zu 145mm Dicke und Größen, die laut dem Hersteller nur die Dillinger Hütte in dieser Güte liefern kann, wurde hier eine ebenso wirtschaftliche wie zuverlässige Lösung gefunden. Diese Bleche werden aus hochfestem Stahl mit sehr geringem Anteil an unerwünschten Begleitelementen wie Schwefel gefertigt. Vergossen in Brammen oder Blöcke von weltweit unerreichter Dicke, wird der Stahl anschließend durch Walzen mit 11.000t Walzkraft bis in den Kern homogenisiert und zusätzlich wasservergütet.

Die Größe der Bleche ermöglichte, dass der Drehkranz mit einem Durchmesser von 9,20m aus nur vier Segmenten à 35t gefertigt werden konnte. Dadurch wurden – verglichen mit marktüblichen, kleineren Blechen – Zeitaufwand und Kosten für die Schweißarbeiten um bis zu 50% reduziert, heißt es.