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Beim Umgang mit Abwassern besteht noch Handlungsbedarf auf Schiffen und in Häfen. Elmar Dorgeloh, Markus Joswig und Arendt Kaiser berichten über Notwendigkeiten und rechtliche Rahmenbedingungen


Die Nutzung von Wasser führt unweigerlich zum Anfall von mehr oder weniger verschmutztem Abwasser. Für dessen Behandlung bestehen land- und[ds_preview] seeseitig gesetzliche Regelungen. Die Meere können sich zu einem gewissen Grad selbst reinigen. Diese Selbstreinigungskraft ist allerdings begrenzt, wenn große Mengen organischer Verschmutzungen und Nährstoffen ins Meer gelangen oder in Küstennähe eingeleitet werden. Kreuzfahrtschiffe mit einer Kapazität von mittlerweile bis zu 5.400 Passagieren sind von den Abwasserfrachten her vergleichbar mit Kleinstädten. Allein in der Ostsee unternahmen 2012 fast 3,8Mio. Passagiere eine Kreuzfahrt.1

Anforderungen an die Behandlung und Einleitung von Abwasser an Bord von Seeschiffen sind im Anhang IV des Internationalen Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL 73/78) der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO), einer

Sonderorganisation der Vereinten Natio­nen, festgelegt.

MARPOL Annex IV trat am 27. September 2003 in Kraft. Die Umsetzung der Anforderungen erfolgt durch die Regelungen des Marine Environment Protection Committee (MEPC) der IMO. Eine erste Resolution zur Typgenehmigung von Schiffskläranlagen (MEPC.2(VI)) wurde bereits 1976 verabschiedet, trat aber erst 2003 zusammen mit Anhang IV in Kraft. Bereits 2006 wurden mit der MEPC.159(55) die zulässigen Ablaufgrenzwerte und das Prüfverfahren von Abwasserbehandlungsanlagen den aktuellen Anforderungen angepasst, dies gilt für Schiffskläranlagen, die ab 2010 verbaut werden.

Sondergebiete

Im Juli 2011 wurde Anhang IV um die Möglichkeit erweitert, Sondergebiete auszuweisen. Seit Januar 2013 ist die Ostsee das erste Sondergebiet. Dort besteht für Passagierschiffe ein generelles Einleitverbot von unbehandeltem Abwasser und es gelten zusätzliche Anforderungen an die Einleitung von behandeltem Abwasser. Diese wurden durch die MEPC.227(64) in das Typgenehmigungsverfahren für Schiffskläranlagen aufgenommen. Für Schiffe mit mehr als 12 Passagieren wurden die bestehenden Grenzwerte um die Parameter Gesamtstickstoff und Gesamtphosphat erweitert. Diese können durch Unterschreitung eines absoluten Grenzwertes oder durch eine prozentuale Reduktion, nachzuweisen im Rahmen der Zulassungsprüfung, eingehalten werden. Die zusätzlichen Anforderungen gelten für Neubauten ab 2016 und für bestehende Schiffe ab 2018. Es ist davon auszugehen, dass auf der Sitzung des

Marine Environment Protection Committee im Oktober 2014 ein Ausschuss damit beauftragt wird, die Verfügbarkeit zugelassener Anlagen und den Entwicklungsstand von geeigneter Anlagentechnik zur Einhaltung der Stickstoff- und Phosphorgrenzwerte zu überprüfen.

Hafenauffangeinrichtungen für Abwasser

MARPOL Anhang IV sieht in Sondergebieten als Alternative zur Behandlung des Abwassers die Möglichkeit vor, das gespeicherte Rohabwasser in den Häfen zur Abwasserbehandlung an Land abzugeben. Die Regelungen für Sondergebiete treten daher erst in Kraft, wenn ausreichend geeignete Hafenauffangeinrichtungen für Abwasser zur Verfügung stehen. Die in der Helcom-Kommission vertretenen Ostsee-Anrainerstaaten haben dazu bereits 2010 einen Handlungsplan zur Bewertung und Anpassung der benötigten Kapazitäten und Infrastruktur in den Häfen erstellt. Die Häfen wurden hierbei in drei Kategorien nach ihrerm notwendigen Handlungsbedarf unterteilt und sind der Tabelle 2 zu entnehmen.

Helcom fordert von den Ländern mit Häfen von hohem Handlungsbedarf (first priority ports) alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um die Hafenauffangeinrichtungen auf einen Standard ausreichend für große Passagierschiffe anzupassen. Eine Überprüfung der weiteren notwendigen Maßnahmen ist für Häfen mit mittleren Handlungsbedarf (second priority ports) vorgesehen. Lediglich fünf Häfen wurden als geeignet eingestuft (adequate ports)2.

Behördliche Kontrollen durch Monitoring

Im Jahr 2012 veröffentlichte die Niederländische Schiffsinspektionsstelle die Ergebnisse einer Beprobung von 50 Schiffen (Fähren, Frachter, Tanker, Container- und Offshore-Support-Schiffe). Die ersten Ergebnisse von 32 beprobten Schiffen zeigten, dass keine Schiffskläranlage alle geforderten Grenzwerte eingehalten hatte. Daraufhin wurde der Test vorzeitig beendet.3 Im Durchschnitt wurde z.B. der Grenzwert für den BSB5 um das 18-fache überschritten. Für den Parameter »coliforme Keime« lag die Überschreitung bei mehr als dem 1.300-fachen.

Diese Ergebnisse zeigen, dass ohne eine ernsthafte behördliche Überwachung die

Ziele der Konvention zum Schutz der

Meere nicht eingehalten werden. Daher sind neben dem Einsatz geeigneter Technologien auch rechtliche Regelungen zur Überwachung von Abwasserbehandlungsanlagen auf Seeschiffen erforderlich. Dies ist unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Regelungen für Sondergebiete greifen.


Dipl.-Ing. Markus Joswig, Dr.-Ing. Elmar Dorgeloh, Dipl.-Ing. Arndt Kaiser