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Der Markt für Offshore-Wind-Spezialschiffe ist relativ jung. Das Hamburger Unternehmen German Renewables Shipbrokers hat sich auf die Vermittlung dieser Tonnage spezialisiert. Im Interview spricht Managing Partner Philippe Schönefeld über spezielle Gesetzmäßigkeiten und mögliche Entwicklungen
Wie würden Sie den derzeitigen Markt in Ihrer Branche beschreiben, gibt es noch ein Unterangebot an Tonnage?

Schönefeld: Bei Crew-Transfer-Schiffen (CTV) war der Markt über den Sommer hinweg sehr gut gebucht. Ähnlich war es bei DP2-Tonnage, also Offshore-Mehrzweckschiffen. Eine Entspannung sehen wir dort ab diesen Monat. Bei den großen Errichterschiffen waren auch lediglich wenige Schiffe verfügbar. Insgesamt war die Lage also gut bis sehr gut. Im Winter erwarten wir generell eine etwas zurückgehende Nachfrage.

Wo liegen die weiteren Hauptmärkte für die Renewable-Flotte?

Schönefeld: Wir sehen stärkeres Wachstum im Ostseebereich. Großbritannien läuft gut. Wir gehen auch von mehr schwimmenden Anlagen aus für tiefere Gewässer. Außerdem sind wir optimistisch, dass es im französischen Markt einen Durchbruch gibt. Auch sehen wir einen Ausbau von Windenergieanlagen in Fernost, insbesondere China, Korea, aber auch Japan.

Wo liegen die Ratenniveaus?

Schönefeld: Das variiert natürlich je nach Charterdauer. Im Durchschnitt erreicht man mit CTV 3.000 bis 4.500€ pro Tag. Je nach Anforderungen sind es bei Mehrzweckschiffen zwischen 25.000 bis 45.000€. Das hängt davon ab, welche Komponenten gefragt sind, etwa ein Tauchroboter, Helikopter-Deck oder ein Offshore Kran. Bei Errichterschiffen der neuesten Generation liegen wir derzeit je nach Fähigkeit zwischen 70.000 und 145.000€ pro Tag.

Sind die Charterraten – anders als in einigen anderen Schifffahrtssegmenten – in Ihrem Markt ausreichend?

Schönefeld: Ja, wir vermuten, dass sie auskömmlich bis gut sind. Auch wenn sich der Preisdruck in den letzten zwei bis drei Jahren durch viele Neubauten erhöht hat.

Hängen die Raten auch stärker von politischen oder rechtlichen Rahmenbedingungen ab als in der Handelsschifffahrt?

Schönefeld: Wir können schon feststellen, das sich etwas tut. Nach der EEG-Reform der Bundesregierung sehen wir etwa wieder verstärkt neue Projekte und blicken noch zuversichtlicher in den Markt.

Wird das Folgen für die Raten haben?

Schönefeld: Das wird unser Meinung nach erst passieren, wenn das Angebot verknappt wird. Wir sehen allerdings, dass von der – vor allem europäischen – Reederseite neue Tonnage in den Markt gebracht wird. Weil sich die Reeder an die veränderten Nachfragesituationen anpassen, gehen wir davon aus, dass das Ratenniveau auch 2015 und gegebenfalls 2016 gehalten wird.

Wie sieht das Orderbuch aus?

Schönefeld: Es kommen noch einige CTV. Auch der Öl- und Gasmarkt bestellt weiter Plattformversorger. Das ist insofern wichtig, weil sich auch die Windbranche an der Tonnage im Öl- und Gasmarkt bedient. Wir sehen auch die Entwicklung, dass ältere Schiffe aus diesem Markt gekauft und für die Renewable-Branche angepasst werden. Bei der Errichter-Tonnage gehen wir zwar nicht mehr von so viel Zulauf wie 2012 und 2013 aus, aber bis Ende 2015 werden noch drei bis vier Neubauten erwartet.

Wo werden sie vorrangig gebaut?

Schönefeld: Der europäische Markt ist klein. Beispiele sind die »Aeolus« von Sietas und der Lloyd Werft oder der DBB-Neubau von Nordic Yards. Ansonsten gibt es einige Tonnage aus Mittelost, etwa die »Seajacks«-Schiffe, die bei Lamprell in den Vereinigten Arabischen Emiraten gebaut werden. Cosco Nantong hat für MPI und A2Sea geliefert, und Swire Blue Ocean und RWE haben in Korea bauen lassen. Viele Schiffe kommen aus Fernost, Korea und China. Es gibt nur vereinzelte Aufträge für Errichterschiffe in Europa.

Wie sind die Erfahrungen mit den verschiedenen Bauländern – auch vor dem Hintergrund der RWE-Neubauten aus Südkorea, die noch einiger Anpassungen in Deutschland bedurften?

Schönefeld: Das ist schwer zu sagen. Es lässt sich aber beobachten, dass auch die Neubauten aus Asien oder Mittelost sehr schnell nach der Ablieferung eine Beschäftigung finden. Offenbar passt die Qualität.

Gibt es für Eigner Probleme bei der Beschaffung von Fremdkapital?

Schönefeld: Das ist die Crux im Offshore-Sektor. Wir sehen da einige Schwierigkeiten. Manche Reeder agieren noch wie im KG-Modell. Einige wollen gern in den Markt und sprechen auch mit Banken. Für die Finanzierung fordern sie dann aber eine Charter über zwei bis drei Jahre. Wir müssen Ihnen oft sagen, dass es generell sehr sehr schwierig ist, solche Verträge im Renewable-Markt überhaupt zu schließen. Hier sind die Charterlaufzeiten recht kurz, sechs Monate sind schon lang. Der Planungshorizont ist auch recht kurzfristig in der Branche.

Das heißt, dass die Finanzierung hauptsächlich mit Eigenmitteln auf die Beine gestellt wird?

Schönefeld: Das ist auch ein Punkt, den wir einigen Reedern zunächst klarmachen müssen. Im Renewable-Bereich liegt die EK-Quote höher als in der Handelsschifffahrt vor einigen Jahren. Im Offshore-Bereich liegen sie bei 40% manchmal bis 60%. Da muss ein Reeder wesentlich spekulativer vorgehen. Wir vergleichen das gerne mit einem Schleppreeder, der sein Schiff auch bauen und dann auf Aufträge setzen muss.

Gibt es einen Trend zu größeren Schiffen?

Schönefeld: Bei den Errichterschiffen sehen wir Wachstum, ja. Es gibt immer mehr Decksfläche, immer größere Krankapazität. Das ist die Antwort der Reeder auf die wachsenden Anforderungen, da die Windenergieanlagen nicht mehr bei drei, sondern bei fünf bis sechs MW stehen. Diese Entwicklung wird noch weiter gehen, bis auf sieben oder acht MW. Das wird sich auch in der Flotte auswirken. Auch bei CTV stellen wir ein Wachstum fest hin zu noch seegängigeren Schiffen. Im deutschen Markt sehen wir, das sich das Konzept mit Wohnschiffen auf See etablieren wird.

Werden dann weniger CTV gebraucht?

Schönefeld: Aktuell werden noch sehr viele benötigt. Etwa, weil sie sehr gut für schnelle und flexible Einsatzzeiten zwischen den einzelnen Energieanlagen geeignet sind. Auch in Zukunft wird man sie als »Allzweckwaffe« auf jeden Fall noch brauchen.

Wo liegen die Hauptunterschiede zum Chartermarkt in der Handelsschifffahrt, bzw. mit welchem Segment lässt sich der Offshore-Markt am ehesten vergleichen?

Schönefeld: Es fehlt der jungen Branche noch ein gewisser Standard, mit dem man schneller reagieren könnte. Bei Anfragen müssen viele Antworten gefunden werden, Schiffe besichtigt werden. Das gibt es in der Handelsschifffahrt so nicht. Hinzu kommt, dass nahezu jedes Offshoreschiff ein Unikat ist. In der Handelsschifffahrt gibt es mehr Bautypen und man findet unter Umständen schneller einen Frachter.

Wie viele Schiffe haben Sie im Portfolio?

Schönefeld: Wir schließen eine gute dreistellige Zahl an Charterverträgen pro Jahr und vermitteln alle Offshore Schiffstypen beginnend beim CTV über Schlepper & Pontons bis hin zu Konstruktions- und Wohnschiffen sowie großen Kran- oder Errichterschiffen.

Wollen Sie auch in den Öl- und Gasmarkt eintreten?

Schönefeld: Nein, das ist nicht geplant. Derzeit bezieht sich nahezu 100% unseres Geschäfts auf den Renewable-Bereich. Das funktioniert sehr gut und wir stellen mit diesem spezifischen Know-How, unserer weltumspannenden Schiffsdatenbank und entsprechenden Reeder-Netzwerk gezielt auf diesen Markt ab. Mit unserer 100%igen Konzentration auf unser Geschäft setzen wir uns auch von der Konkurrenz ab.


Michael Meyer