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Immer wieder treten Reeder als Pioniere für Antriebsprojekte auf. Ein flächendeckender Einsatz ist nicht immer absehbar. So hat die Hartmann Gruppe mit Partnern Ethan-angetriebene Gastanker entwickelt. Andere setzen auf Methanol.
Bei dem ersten Projekt, in dem Hartmann involviert ist, geht es um drei jeweils 188m lange, 29m breite und 9,5m[ds_preview] tiefgehende Schiffe, die jetzt in Kooperation mit dem norwegischen Eigner Ocean Yield bestellt wurden. Die Wahl der Bauwerft fiel auf das chinesische Unternehmen Sinopacific Shipbuilding. Ab 2016 sollen die Neubauten von Typ Eco Star 36K in Dienst gestellt und danach mit einem Fassungsvermögen von 36.000m3 auf den Weltmeeren eingesetzt werden, und zwar als aktuell größte LEG-Tanker weltweit. Sie können die Temperatur in ihren Tanks auf bis zu -104°C herunterkühlen. In ihrem Inneren verbergen sie eine ganze Reihe von Innovationen – sowohl für den Ladungs- als auch für den Maschinenbereich.

Bereits bei der Schiffsform heben sich die Gastanker von der existierenden Flotte ab. Sie unterscheidet sich nach Angaben der Leeraner Reederei grundlegend von »traditionellen« Formen. Als erste Gastanker überhaupt werden die Neubauten den Aufbau auf dem Vorschiff tragen. Dadurch verteilt sich das Gewicht optimal und das Schiff muss nur noch geringste Mengen an Ballastwasser mit sich führen. Das wiederum verringert Treibstoffverbrauch und Emissionen. Im Hinblick auf die hydrodynamischen Linien wurde die Rumpfform gemeinsam mit dem Unternehmen HB Hunte Engineering und der Hamburgischen Schiffbau-Versuchsanstalt (HSVA) während der Entwicklungsphase immer weiter optimiert. Zum geringeren Treibstoffverbrauch soll außerdem beitragen, dass die neuartige Form eine besseres Verhalten des Schiffkörpers bei Seegang – und damit nicht zuletzt eine höhere durchschnittliche Reisegeschwindigkeit – ermöglicht.

Auch die Bugsektion wurde einer tiefgehenden Untersuchung und schließlich einer Neufassung unterzogen. Hartmann und HB Hunte Engineering entwickelten schließlich den »Svelte«-Bug. Das Oldenburger Unternehmen verfügt über eine umfangreiche Erfahrung im Gastankersegment. Seit 15 Jahren entwickeln die Partner gemeinsam neue Schiffskonzepte. So entstanden unter anderem Entwürfe für Tanker der Typen 8.400m3 LPG/LEP, 8.600m3 LPG/LEP, 6.500m3 LPG/LEP und des 5.000m3 Volldrucktanker.

Eine »Weltneuheit« stellt laut der Hartmann Reederei außerdem die Form der Ladetanks dar. Im Gegensatz zu herkömmlichen Gastankern mit zylindrischen oder »Bilobe«-Tanks ist der Eco Star 36K mit vom Leeraner Unternehmen entwickelten Tanks ausgestattet – der »Star-Trilobe Independent Type C«. Dabei setzt man auf ein ausgeklügeltes System aus drei Zylindern, die ineinandergeschoben sind. Entscheidende Vorteile sind zum Einen das geringere Gewicht. Zum Anderen kann der Laderaum um bis zu 30% besser ausgenutzt werden. Entsprechend erhöht sich die Wirtschaftlichkeit.

Beim Antriebssystem hat Hartmann mit dem Hersteller MAN zusammengearbeitet. Eingebaut wird ein bewährter, MAN B&W ME-GI low speed dual fuel Zweitaktmotor nach dem Dieselprinzip – anders als die meisten anderen Dual-Fual-Maschinen, die auf dem laut MAN weniger effizienten Otto-Prinzip basieren.

Die Tanker können mit verschiedensten Treibstoffen betrieben werden. Dazu zählt neben MDO, Schweröl, Gasöl und Flüssiggas (LNG) eben auch Ethan. In Leer ist man von dem Konzept überzeugt: »Im Vergleich zu Schweröl oder Gasöl hat Ethan einen größeren Heizwert und somit einen geringeren Verbrauch, ist aber deutlich günstiger«, sagt Ulrich Adami, Leiter der Technischen Inspektion bei Hartmann. Ebenso wie LNG verursache Ethan weniger Emissionen als Schweröl und gehöre damit zu den »grünen Technologien«. Als besonderer – vor allem zeitlicher – Vorteil wird die Kombination von Antrieb und Ladungsart bewertet: »Unsere Schiffe transportieren Ethan. Das bedeutet, sie haben ihren Brennstoff dabei und es sind keine weiteren Haupt-Bunkerungen nötig.« Auch kann das Boil-Off Gas der Ladung genutzt werden. Das Schiff hat separate Treibstofftanks im Laderaum. Mit deren Fassungsvermögen wird eine Reichweite von 10.000sm ermöglicht.

Die Hauptmaschine ist optimiert auf Abgasreduzierung und erfüllt die neuesten Umweltanforderungen der Tier II. Nachgeschaltet ist ein hocheffektiver Kappel Verstellpropeller. Zwischen Motor und Propeller erzeugt ein Wellengenerator unabhängig von der Drehzahl Strom. Hinter dem Verstellpropeller wiederum wurde ein sogenanntes »twistiertes« Ruder mit einem rudder bulb angeordnet, das »HB Hunte Twist-Flow Rudder«. In einer Modellversuchsserie bei der HSVA führte dies zu einer deutlichen Reduzierung des Leistungsbedarfes und somit einer Steigerung der Effizienz im Schiffsantrieb.

Für die Gasanlage arbeiteten Hartmann und HB Hunte Engineering mit der Firma AC-INOX GmbH zusammen. Das Unternehmen lieferte die Komponenten. Die Anlage selbst ist geschützt hinter dem Aufbau angeordnet.

Die Sicherheit ist bei derartigen Systemen ein wichtiges Thema. Es wurden entsprechend mehrere Sicherungssysteme eingeplant. So ist beispielsweise im Schwerölbetrieb alles redundant eingebaut: Sollte ein Fehler auftreten, würde das System automatisch auf einen anderen Modus umspringen. Im Gasbetrieb würde nach Angaben der Entwickler der kleinste Fehler zu einer hermetischen Abriegelung und einer Umstellung ohne Verlust oder Verzögerung auf Schweröl führen. Sollte ein Treibstoff zur Neige gehen, kann mit dem Schiffstyp in den unterschiedlichsten Treibstoff-Misch-Verhältnissen gefahren werden. Die Umstellung soll unmittelbar erfolgen, eine Vorlaufzeit ist nicht notwendig, heißt es. Laut MAN Diesel & Turbo wurde die Anlage so konzipiert, dass relativ unkompliziert eine Umstellung auch auf den Antrieb mit Methanol möglich ist.

Hartmann hat sich wegen der günstigen Umstände in Kombination mit den Ethan-Tankern für eine Antriebstechnologie entschieden, die mit eben diesem Ethan funktioniert. Hier liegt auch der entscheidende Punkt. Ob sich das System auch in größerem Umfängen in der Schifffahrt etablieren lässt, ist nicht sicher. Trotz der Vorteile selbst im Vergleich mit dem derzeit vieldiskutierten LNG. Auch nicht in den Augen von Adami: »Ethan ist mit einem Siedepunkt von -88°C deutlich leichter zu transportieren als LNG. In der Seeschifffahrt dürfte es sich bei Ethangas als Treibstoff trotzdem eher um eine Insellösung handeln. Das Netzwerk für LNG-Bunkerungen ist bereits jetzt weit fortgeschritten und wird weltweit intensiv aufgebaut.« Deshalb habe man sich für die neuen Schiffe auch nicht einen Treibstoff festgelegt. Mit einer gewissen Vorlaufzeit ist es nämlich möglich, die Schiffe auch mit LNG zu betreiben, da die Brennstofftanks auch für die niedrigen Temparaturen von Flüssiggas ausgelegt sind. »Wir können die Tanker also problemlos ans weltweite LNG-Netzwerk anschließen«, so der Experte weiter weiter.

Dennoch will die Reederei in diesem Segment weiter aktiv bleiben: »Als einige von wenigen Firman weltweit haben wir uns über Jahrzehnte das Knowhow für solche anspruchsvollen Gas-Projekte erarbeitet. Wir sehen diesen Bereich als großen Wachstumsmarkt.«

Das Management der vom DNV GL klassifizierten Schiffe liegt in den Händen der Hartmann-Gruppe. Die technisch-nautische Bereederung übernimmt die Hartmann Reederei, das kommerzielle Management übernimmt GasChem Services in Hamburg. Für die ersten drei jetzt bestellten Neubauten konnte bereits eine langfristige Beschäftigung gefunden werden: Der saudi-arabische Chemiekonzern SABIC hatte kürzlich erklärt, seinen Cracker im britischen Teesside zu modernisieren und künftig aus den USA importiertes Ethan als Rohstoff zu verwenden.

Für ein zweites Projekt hat Hartmann ein Joint Venture mit in Luxemburg ansässigen Jaccar Holdings gegündet. Das neue Unternehmen United Ethane Carriers (UEC) übernimmt das kommerzielle Management für fünf zu bauende Eco Star-Tanker mit Ethan-Antrieb und Star-Trilobe-Tanks. Sie sind mit 85.000m3 jedoch weit größer als die mit Ocean Yield georderten. Auch bei diesen Schiffen ist die HB Hunte Engineering beteiligt. Mit DNV GL wurde eine Absichtserklärung zur Klassifizierung unterzeichnet. Es sollen die größten Ethan-Tanker sein, die bislang gebaut wurden.

Stena setzt auf Methanol

Einen ebenfalls innovativen, wenn auch anderen Weg markiert die Nutzung von Methanol beim Schiffsantrieb. Als einer der Vorreiter präsentiert sich die schwedische RoPax-Reederei Stena. Nach langen Tests und Voruntersuchungen soll zu Jahresbeginn 2015 das erste Schiff des Unternehmens entsprechend umgerüstet werden. Die 241m lange »Stena Germanica« mit Kapazitäten für 1300 Passagiere, 300 Fahrzeuge sowie 3907 Spurmetern verkehrt täglich zwischen den Häfen Kiel und Göteborg. Ein wichtiger Grund für das Projekt sind die strengeren Schwefelgrenzwerte für Schiffe in den Schutzgebieten (SECA), zu denen auch die Ostsee gehört. Weitere Einzelheiten, wie die Bauwerft, Investitionskosten oder technische Details sind noch nicht bekannt.

Ursprünglich hatte Stena angekündigt, die gesamte Flotte auf Methanol-Antrieb umrüsten zu lassen. Mittlerweile wurden die Pläne etwas eingeschränkt. Zunächst sollen weitere Erfahrungen gesammelt werden bevor es einen Entscheid über weitere Maßnahmen gibt. Auch LNG oder der Rückgriff auf Abgaswäscher (Scrubber) wird als Alternative in Betracht gezogen. Zunächst sollen die anderen Schiffe mit Marinediesel fahren. Mittelfristig soll es für alle Schiffe, Regionen und Routen passgenaue Lösungen geben.

Der Umbau der »Stena Germanica« wird alle Antriebsmaschinen betreffen: »Die vorhandenen Ballasttanks im Doppelboden der Fähre werden zu Methanol-Tanks umgerüstet. Einer der großen Vorteile von Methanol als Treibstoff ist den Angaben zufolge, dass praktisch alle Emissionen von Schwefel- und Stickstoffoxiden sowie Partikeln deutlich minimiert sind.

Auf Methanol setzt auch die in Kanada ansässige Waterfront Shipping bei einem Gemeinschaftsprojekt mit den Partnerunternehmen Westfal-Larsen, Mitsui O.S.K. Lines (MOL) und Marinvest. Insgesamt wurden sechs 50.000 dwt-Tanker bestellt, die ab 2016 in Fahrt kommen. Laut dem Klassifizierer der Schiffe, DNV GL, sind es die weltweit ersten mit Methanol betriebenen Schiffe. Die Klassifikation wird nach den Vorschriften für Kraftstoffe mit niedrigem Flammpunkt erfolgen. Sie verfügen über ein sekundäres System zur Kraftstoffaufnahme sowie ein automatisches Leck-Warnsystem mit Abriegelungsfunktion und Flammenschutzsystem. Bei der Position der Tanks und Kraftstoffrohrleitungen wurden ebenfalls bauliche Sicherheitsmaßnahmen berücksichtigt. Ob sich Methanol als flächendeckende Lösung eignet, ist laut Experten noch nicht absehbar. DNV GL zumindest sieht darin »eine Alternative zu herkömmlichen Kraftstoffen«.

Die bestellten Tanker sind mit MAN B&W-Motoren vom Typ ME-LGI 2-Takt-Diesel Dual-Fuel-Motoren ausgestattet, die nach Angaben des Herstellers eine geringere Drehzahl und eine Nutzung größerer Propeller ermöglicht. In die Westfal-Larsen- und Marinvest-Schiffe werden 6G50ME-LGI-Maschinen eingebaut. Bei MOL sind es 7S50ME-B9.3-LGI-Einheiten. Für die Methanoleinspritzung haben die Neubauten ein eigens entwickeltes Booser-Ventil.


Michael Meyer