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Der Schritt auf den Kapitalmarkt ist im Rahmen von Zukunfts- und Konsolidierungsplänen eine oft diskutierte Maßnahme. Doch der Weg dorthin kann sehr mühsam sein.
Investoren müssen sich sicher sein. Sie sind auch selbst wiederum gegenüber ihren Investoren in der Verantwortung. Daher ist ein hohes[ds_preview] Maß an Transparenz notwendig, sagt Florian Rieser von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Ohne diese Transparenz sei es schlichtweg nicht möglich, an Kapital zu kommen. Potenzielle Investoren stellen es nur bereit, wenn die Risiken im Geschäftsbetrieb des Kapitalsuchenden klar identifiziert sind. Gleichzeitig gilt bei vielen als wichtige Voraussetzung, dass auch Chancen für die Zukunft erkennbar sind.

Das ist jedoch auch nur eine vereinfachte Darstellung der Ausgangslage. Denn der Gang an den Kapitalmarkt kennt unterschiedliche Wege – und damit einhergehend unterschiedliche Bedingungen, die erfüllt werden müssen. Deutsche Schifffahrtsunternehmen, die frisches Kapital generieren wollen, müssen zunächst einige Hürden überwinden. In diesem Zusammenhang wird zwischen zwei Alternativen unterschieden: Zum einen die Eigenkapitalemission, also ein Börsengang. Zum anderen besteht die Möglichkeit auf der Fremdkapitalseite aktiv zu werden, etwa durch die Ausgabe von Anleihen. Letzteren Weg gingen aus Deutschland unlängst beispielsweise Hapag-Lloyd und die Rickmers Gruppe. Die Großreedereien wollten Kapital einsammeln, um Tilgungen zu leisten oder Wachstumschancen in der kriselnden Branche nutzen zu können.

Beim Thema Börsengang fällt Rieser neben CMA CGM ebebfalls Hapag-Lloyd als Beispiel ein – in Hamburg ein vieldiskutierter Punkt.

Bei einer Reedereiveranstaltung der KPMG in Hamburg führte der Experte eben jene beiden letztlich bislang gescheiterten Börsengänge als Beispiele dafür an, dass nicht nur intern Voraussetzungen für den Gang an den Kapitalmarkt geschaffen werden müssen, sondern auch externe Faktoren Einfluss haben können. Der Börsengang von CMA CGM etwa wurde 2007 mit der Begründung abgesagt, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch die weltweite Finanzkrise nicht für einen solchen Schritt gegeben sind.

Wirtschaftliche Voraussetzungen

Wichtig ist nach Ansicht des Experten, dass bei einem Börsengang der Ausgabepreis nicht aufgrund einer möglicherweise zu subjektiven Selbsteinschätzung zu hoch angesetzt wird. Man suggeriert zwar damit unter Umständen eine gewisse Marktposition. Jedoch könnte der Ausgabepreis potenzielle Investoren abschrecken.

Unabhängig von externen Faktoren müssen Schifffahrtsunternehmen aber eine Menge Arbeit erledigen, wenn Sie sich für einen Gang an die Börse entscheiden. Das kostet Geld – und viel Zeit. »Die Vorbereitungen nehmen mindestens 12 Monate in Anspruch, wenn man es vernünftig machen will«, sagt Rieser. Zwar geht es im Prinzip auch schneller. Eine umfassende Vorbereitung verhindert aber spätere Probleme.

Bei der Entscheidung, in ein Unternehmen einzusteigen, ist Investoren ein Vergleich mit anderen Akteuren aus der gleichen Branche wichtig. Am Kapitalmarkt herrscht das Prinzip Benchmarking. So wird das fragliche Unternehmen einer Peer Group gegenübergestellt, deren Mitglieder sich mit ihm vergleichen lassen. Allein das kann schon eine gewisse Hürde darstellen. »Oft wird dann gegen den stärksten Peer verglichen«, erläutert der KPMG-Experte. Selbst bei einer grundsätzlichen Kapitalmarktfähigkeit gibt es also keine Sicherheit über den Einstieg von Investoren. Denn diese können sich ebenso gut für einen »besseren« Peer entscheiden. Eine schwache Ertragssituation oder ein negativer Marktausblick sind Aspekte, die einen Börsengang stark erschweren können – eine Situation, mit der seit einigen Jahren viele Reedereien in der (Raten-)Krise auf den Schifffahrtsmärkten zu kämpfen haben.

Der Eigenkapitalmarkt hat eine ganze Reihe von Anforderungen an interessierte Unternehmen. So sollte es überhaupt erst eine Peer Group geben, damit ein Vergleich gezogen werden kann. Etwa in Bezug auf die Verschuldung, die in dieser Relation maximal moderat ausfallen sollte.

Außerdem sollte die Maßnahme ein gewisses Volumen nicht unterschreiten, damit es für Investoren lohnenswert erscheint. Die KPMG beziffert diese Untergrenze mit rund 200Mio. €. Neben einem stabilen »Cash Flow Profit« hat das bereits erwähnte Wachstumspotenzial eine große Bedeutung. Auch das Wachstum der Vergangenheit fließt mit in Überlegungen zum Einstieg ein. »Investoren suchen nach einer möglichst optimalen Kombination von Yield und Growth, also von einer guten Dividende und einer guten Strategie für die Zukunft«, sagt Rieser. Mit am wichtigsten ist nach seiner Einschätzung aber die »historische Profitabilität« und ein relativ stabiles »Cash Flow Profit«.

Beim Fremdkapital stellen sich die Anforderungen etwas anders dar. Weniger wichtig ist etwa das Volumen. Eine Anleihe-Emission ist etwa schon bei 30 bis 40Mio. € denkbar, hieß es bei dem Branchentreff in Hamburg. Eine große Bedeutung hat vielmehr die Liquidität des Unternehmens, das nur eine geringe Verschuldung aufweisen sollte. Die Investoren wollen schließlich Zinsen und Anleihen zurückgezahlt bekommen. Präferiert werden langfristige Chartervereinbarungen mit Fixpreisen, Unternehmen mit großen und modernen Flotten, die aber in Bezug auf Routen und Schiffsklassen diversifiziert sind.

Strukturelle Voraussetzungen

Die Hürden, mit denen die traditionelle deutsche Reedereibranche beim Gang an den Kapitalmarkt am stärksten zu kämpfen hat, sind dem Vernehmen nach andere: Es gibt strukturelle und auch rechtliche Voraussetzungen, die Investoren erfüllt sehen wollen. Das sich etwa Akteure aus dem Private-Equity-Bereich in Deutschland noch nicht so stark – wie von vielen nach dem Kollaps des KG-Systems erwartet – engagieren und dies zum Teil auch nicht mehr vorhaben, soll zu einem gewissen Anteil daran liegen, dass dies nur unzureichend geschieht.

Grundsätzlich sollte ein Unternehmen eine mehr oder weniger klare Strategie für die Zukunft haben. »Wohin soll mein Weg führen? Was sind meine Stärken und Schwächen. Diese Fragen sollten man beantworten können«, meint der KPMG-Analyst. Reeder müssen sich also darüber im Klaren sein, in welcher Position sie am Markt aktiv sein wollen: Als Eigner, Manager, Bereederer, Befrachter oder in einer Kombination von mehreren Alternativen. Die Flottengröße sowie Typ und Größe der Schiffe spielen ebenso eine Rolle. »Tendenziell befürworten Investoren eine fokussierte und nicht zu konfuse Strategie«, so Rieser weiter. Ein Risikomanagement wird ebenso vorausgesetzt. Risiken wie etwa Bürgschaften oder andere finanzielle Verpflichtungen, zum Beispiel für Neubauten oder bei Banken, müssen vor dem Gang an den Kapitalmarkt beseitigt oder zumindest minimiert werden.

Wichtig ist zudem die Struktur der Unternehmensführung. Hier sind zum Teil umfangreiche Anpassungen nötig. Erwartet werden ein kontrollierender Aufsichtsrat, eine Geschäftsordnung oder eine Reorganisation der Geschäftsführung mit der Schaffung von CEO-, CFO-Posten und einem Managing Director sowie der Beseitigung von Doppelfunktionen. Es müsse »ganz klare Strukturen, vor allem eine übergeordnete Konzern- bzw. Holdingstruktur« geben, sagt Rieser. Sein Kollege Haiko Schmidt ergänzte bei der Veranstaltung, dass gerade bei Börsengängen oft neue Holdings gegründet werden.

Auch das Personalwesen steht im Fokus. So wird eine ergebnisorientierte Entlohnung mit Anreizsystemen oder die Verknüpfung mit Unternehmenszielen angeregt. Aus- und Weiterbildungen müssen ebenso klar strukturiert und festgehalten werden. Hinzu kommt die Implementierung einer Spartenrechnung. Um sich besser am Markt aufstellen zu können, kommen auch immer wieder Teilverkäufe oder Verschmelzungen ins Gespräch. Unternehmen sollten im Rahmen der strategischen Ausrichtung Outsourcing-Potenzial identifizieren können und gegebenenfalls Geschäftssegmente abstoßen, die nicht zum Kernbereich gehören.

Im Controlling und Rechnungswesen gibt es nach Ansicht von Rieser oft einen erheblichen Anpassungsbedarf, vor allem, weil am Kapitalmarkt eine internationale Rechnungslegung erforderlich ist.

Eine weitere Hürde ist das effiziente Reporting. Das ist immens wichtig, »damit ich in der Lage bin, jederzeit ad-hoc-Berichte zu erstellen, wenn es relevante Veränderungen gibt«, führte Schmidt aus.

Die Anforderungen von der Investorenseite sind hoch. Nicht alle Schifffahrtsunternehmen können sie kurzfristig erfüllen. Die Experten von der KPMG machten deutlich, dass es daher Zeit braucht, um die Kapitalmarktfähigkeit zu erlangen.
Michael Meyer