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Durch Prozessperformance entstehen notwendige Kostenvorteile und Differenzierungsmerkmale für deutsche Werften. Andreas Sans zeigt, welche Potenziale genutzt werden können und sollten
Die einzige Chance für deutsche Werften, um den Wettbewerbsnachteil hoher Lohnkosten auszugleichen, sind stringente und effiziente Prozesse, Erfahrung und ausgeprägtes[ds_preview] Spezialwissen. Im Spezialschiffbau gilt die Faustformel 3 : 1 (drei Stunden Ausrüstung je Stunde Stahlmontage). Hier liegt das Potenzial der deutschen Werften, die heutzutage eher Systemintegratoren sind. Ob Sonderschiffe für Offshore-Anlagen, Marine-, Kreuzfahrtschiffe oder Yachten: Es handelt sich um hochkomplexe Bauprojekte. Mit konsequenten Prozessinnovationen konnten beispielsweise die (Mitarbeiter-) Produktivität um 15% erhöht und Durchlaufzeiten beziehungsweise Durchsatz um bis zu 30 % verbessert werden. Dazu wurden in einem »Best Case«-Szenario vier Bereiche analysiert und die Prozesse optimiert:

1. Fertigungsprozesse

Mit technischen Maßnahmen wie der Verbesserung des Materialflusses, Modernisierungen und organisatorischen Änderungen werden in der Regel Produktivitätssteigerungen von über 10% erreicht – im konkreten Fall sogar um bis zu 30%. Die Umsetzung eines Konzepts zur Fertigungsoptimierung stellt für die kommenden Jahre die Wettbewerbsfähigkeit im Segment sicher.

2. Engineeringprozesse

Bei der Analyse des Engineerings zeigten sich Potenziale zur Performancesteigerung von durchschnittlich 10 %. Das Problem sind fehlende Steuerungsinstrumente für die Konstruktion im Schiffbau. Der Indikator »geleisteter Stundenaufwand« für den Projektfortschritt ist schlicht unzureichend.

Durch Adaption von KPIs (Key Performance Indikator) aus anderen Industrien wurden spezielle Steuerungsgrößen entwickelt, mit denen Engineeringprozesse objektiv messbar werden. Dadurch können Abweichungen schnell erkannt werden. Alle Fachbereiche können so im Termin bleiben. Der Standard- wie auch der Spezialschiffbau können so deutlich performanter gestaltet werden.

3. Prüfung der Fremdleistungen

Fremdleistungen machen oft über 50 % des Auftragsvolumens aus. Stellschrauben sind:

Technische Standardisierung: Klar definierte Schnittstellen schaffen Vergleichbarkeit zwischen Aufträgen. Lerneffekte in der Abwicklung werden erzielt. Der Lieferant profitiert von einem stabileren Umfeld und höherer Sicherheit, die Werft von einer besseren Nutzung des Wettbewerbs. Die Realisierung für einzelne Systeme gelingt oft in wenigen Wochen.

Modularisierung: Die Spezialisierung auf bestimmte Schiffstypen gestattet eine Weiterentwicklung der Systemstandardisierung. Mittelfristig wird eine modulare Produktgestaltung möglich und deutliche Kostenvorteile bei Engineering, Fertigung und den zugekauften Systemen entstehen. Kostentransparenz und »Make or buy«: Durch Gegenkalkulationen werden Kostenvorteile realisiert. Vergleichsrechnungen, kombiniert mit Auslastung oder Kernkompetenzen, führen zu neuen Ergebnissen bei Insourcing, Outsourcing oder zu völlig neuer Arbeitsteilung. Stringentes Lieferantenmanagement dient dem Management der Schnittstelle zum Lieferanten und der Vermeidung von Verzug in der Abwicklung.

4. Projekt- und Schnittstellenmanagement

Bei vielen Optimierungen wird das übergeordnete Projekt- und Schnittstellenmanagement vernachlässigt. Was »Prozess A« produktiver macht, kann »Prozess B« ineffizient machen. Für das Gesamtoptimum muss die Wirkungskette der Prozesse geprüft werden. Dies erfordert Erfahrung, aber auch ein Denken abseits von Abteilungs- oder Bereichsinteressen. Hier hilft es, die notwendigen Veränderungen durch neutrale Dritte zu unterstützen. Das können Mitarbeiter nicht beteiligter Bereiche sein, interne oder auch externe Berater – bei Bedarf auch im Rahmen eines Interimsmandates.

Die deutschen Werften müssen mit Prozessvorsprung und Erfahrungen bzw. Spezialwissen in ihrem Segment punkten. Messbar wird das an einer einzigen Kenngröße: der Durchlaufzeit. Wer gleichwertige Aufträge schneller realisieren kann als der Wettbewerb, der tut das auch zu besseren Kosten und erreicht zudem eine frühere Einsatzbereitschaft für den Kunden.

Andreas Sans