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Der Environmental Ship Index soll Reeder zu Investitionen in umweltfreundliche Schiffe motivieren. Am Beispiel Bremen ist erkennbar, dass Häfen auch mit wirtschaftlich begrenzten Mitteln Einfluss nehmen können

Im Jahr 2008 trafen sich in Rotterdam zahlreiche Branchenvertreter, um sich auf der ersten »World Port Climate Conference« freiwillig zum[ds_preview] Klimaschutz zu bekennen und auf Verbesserungen in ihrem direkten und indirekten Wirkungsbereich hinzuwirken. Am Ende unterzeichneten 55 Häfen die »World Port Climate Declaration«. Im Kern zielt sie darauf ab, Treibhausgasemissionen in der Seeschifffahrt, im Hafenbetrieb und der -entwicklung sowie im Hinterlandverkehr zu reduzieren, die Nutzung erneuerbarer Energien auszubauen und CO2-Analysemodelle bzw. -werkzeuge zu entwickeln und anzuwenden.

World Port Climate Initiative (WPCI)

Kurz danach entstanden verschiedene Arbeitsgruppen dieser »World Port Climate Initiative«, die sich unter dem Dach der International Association for Ports and Harbors (IAPH) organisierte. Eine dieser Arbeitsgruppen machte es sich zur Aufgabe, ein Instrument zu entwickeln, mit dem die Häfen in der Lage wären, Reeder zu besonderen Anstrengungen bei der Emissionsreduktion zu ermuntern. Auch wollten sie selbst die Umweltqualität der Schiffe bzw. ihrer Emissionen besser beurteilen können. In dieser Arbeitsgruppe engagierten sich zunächst die Häfen Rotterdam, Antwerpen, Le Havre, Bremen/Bremerhaven und Hamburg und etwas später auch Amsterdam. Diese durchaus im Wettbewerb stehenden Standorte waren bereit, die Entwicklung finanziell zu tragen und das notwendige Know-how einzubringen.

Environmental Ship Index (ESI)

Bereits zwei Jahre später, wurde 2010 das Ergebnis in London vorgestellt: der Environmental Ship Index. In der vorangegangenen Validierungsphase waren Reeder eng eingebunden worden, um eine größtmögliche Akzeptanz herzustellen. Seitdem finden regelmäßige Treffen der Arbeitsgruppe, auch mit Reedern und Verbänden sowie der EU, statt. Damit soll eine Weiterentwicklung und Anpassung der Formel an zukünftig geltende Emissionsgrenzwerte und die damit verbundene Akzeptanz gewährleistet werden.

Der Index setzt sich aus Teilbewertungen für den Ausstoß von Stick-, Schwefel- und Kohlendioxiden zusammen. Er bewegt sich zwischen Null und 100, wobei Null dem gesetzlichen Grenzwerten entspricht, die sich aus den festgelegten internationalen Richtwerten ergeben (gemäß IMO MARPOL 73/78 Annex VI). Werte größer Null stehen entsprechend für eine »Übererfüllung«.

NOx-Werte ergeben sich aus den Motorendaten in den Schiffszertifikaten »International Air Pollution Prevention« (IAPP) und »Engine International Air Pollution Prevention« (EIAPP). Für SOx ist der Schwefelgehalt des Kraftstoffes anhand der Bunker Delivery Notes maßgebend. Seitdem die Pflicht besteht, einen Ship Energy Efficiency Management Plan (SEEMP) und ab 2015 auch den Energy Efficiency Design Index (EEDI) zu erstellen, gilt eine Darstellung von zwei Datensätzen aus dem freiwilligen Energy Efficiency Operational Indicator (EEOI) als erfüllt um die Punkte für den CO2-Anteil zu erhalten. Sollte ein Schiff über einen Landanschluss zur Stromversorgung verfügen gibt es noch einmal 35 Punkte »extra«. Es ergibt sich die Formel:

Eine detaillierte Darstellung der Formel ist auf der Webseite der WPCI zum ESI zu finden (environmentalshipindex.org). Eine Übersicht über alle 30 teilnehmenden Häfen sowie der angemeldeten Schiffe mit ESI-Score und Punkten (3067) sind dort ebenfalls gelistet. Die Teilnahme und Einstufung ist für Reeder kostenfrei.

Sinn und Zweck

Häfen können nur bedingt direkten Einfluss auf die Umweltleistung der sie anlaufenden Schiffe nehmen, sind jedoch direkt davon betroffen. Daher galt es, nicht den Weg über hafenspezifische Regularien zu wählen, sondern vielmehr einen monetären Anreiz zu schaffen. In der praktischen Umsetzung bedeutet dies die Gewährung von Gebührenrabatten für das jeweilige Schiff und Anlauf. Es ist unbestritten, dass eine Refinanzierung von Investitionen zur Emissionsreduktion damit nicht möglich ist, aber je mehr Häfen sich beteiligen, desto interessanter ist dieses Modell. Daher besteht in der Information und Akquise weiterer Häfen eine wichtige Aufgabe der WPCI.

Jeder Hafen gestaltet ein solches Rabattprogramm individuell. Die Grundlage ist die Bewertung anhand des ESI. Zudem ist eine Kombination mit oder Ergänzung durch weitere Rabatte möglich und durchaus üblich.

In den bremischen Häfen wurde die sogenannte umweltbezogene Raumgebühr zum 1. Januar 2012 eingeführt. Demnach erhalten die 25 Schiffe mit den höchsten ESI-Punkten einen Rabatt von 10% pro Anlauf bei einem Index-Wert ab 31, oder 5% bei Werten zwischen 20 und 30. Die Auswertung erfolgt für jedes Quartal erneut, die Rabatte werden nach Ablauf des Jahres auf Antrag der Reeder ausgeschüttet. Im Jahr 2012 wurde für insgesamt 56 Schiffe ein Bonus beantragt, 2013 waren es 68. Diese Schiffe liefen Bremen/Bremerhaven 2012 insgesamt 138 mal und im Folgejahr 140 mal an. Damit wurde für 1,7% bzw. 1,6 % aller Anläufe ein Rabatt gewährt. Immerhin 12% (2012) und 22% (2013) aller Anläufe erfolgten mit Schiffen, die einen ESI-Wert vorweisen konnten und damit umweltfreundlicher waren, als der gesetzliche Standard.

Für das Jahr 2013 haben die bremische Häfen unter ihren Kunden auf Basis des ESI erstmals einen »greenports-Award« an das emissionsärmste Schiff und die Reederei mit der umweltfreundlichsten Flotte verliehen. Gewinner waren der Autotransporter »Morning Linda« mit 45,4 Punkten und die Reederei EUKOR mit 35,6 Punkten. Sowohl für das Schiff als auch die Reederei stellen die genannten Punktzahlen einen Durchschnittswert dar, der für das Schiff bzw. die gesamte Flotte und die jeweiligen Anläufe im Jahr 2013 ermittelt wurde.

Eine erste Bilanz aus Sicht der bremischen Häfen

Auch wenn einzelnen Kritikern die angebotenen Vergünstigungen nicht weit genug gehen, um einen wirksamen Anreiz abzugeben, so spricht doch die Entwicklung und der Zuspruch für den Erfolg. Den Häfen sind diese Grenzen von Anfang an bewusst gewesen. Trotzdem hat alle der Gedanke geleitet, dass ein gewisser eigener Beitrag im Rahmen der begrenzten eigenen finanziellen Möglichkeiten leistbar ist. Auch wenn der eigentliche stimulierende Effekt erst durch eine breite Anwendung entsteht.

Der ESI darf mit Recht als ein sehr gutes Beispiel für die freiwillige Hafenkooperation unter Wettbewerbern genannt werden, wenn es darum geht, Klimaschutzinteressen jenseits staatlicher Regulierung zur Umsetzung zu verhelfen.

Autoren: Uwe von Bargen, Umweltdirektor bei bremenports GmbH & Co. KG, uwe.vonbargen@bremenports.de

Karina Wieseler, bremenports, karina.wieseler@bremenports.de

 


Uwe von Bargen, Karina Wieseler