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Die E.R. Schiffahrt, eine der größten deutschen Charterreedereien, investiert Millionen in

die Modernisierung ihrer Flotte. Über die neu gegründete Unternehmenstochter BestShip wird das dabei erworbene Know-how inzwischen auch erfolgreich Dritten angeboten.
Für gut ein Dutzend Containerschiffe mit einer Stellplatzkapazität von 7.850 TEU und 13.100 TEU gab es für insgesamt 30Mio. US[ds_preview]-$ neue Propeller und verkleinerte Bugwülste. Das Einsparpotenzial nach dem Umbau liegt laut Reedereichef Hermann. Klein bei 10 bis 15%. Innerhalb der nächsten zehn Jahre sollen so der Kraftstoffverbrauch um 700.000t und die CO2-Emissionen um 2,1 Mio. t reduziert werden und damit die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber vergleichbaren Schiffen deutlich gesteigert werden.

Innerhalb der E.R. Schiffahrt wurde jetzt ein Expertenteam gebildet, nicht nur für die bereits eingeleiteten Projekte. Mit der »BestShip GmbH« gibt es künftig sogar eine eigene Unternehmenstochter, die für mehr Effizienz im Schiffsbetrieb und Flottenmanagement sorgen soll.

Mit mehr als 110 Schiffen verfügt die E.R. Schiffahrt im Verbund mit der nach dem Zusammenschluss mit der Reederei Komrowski entstandenen Blue Star Holding über eine der größten Flotten unter deutschem Management. Der Kraftstoffverbrauch ist zwar der größte und für die jeweiligen Charterunternehmen interessanteste, aber bei weitem nicht der einzige Kostenfaktor. Für die Eigner, ob Banken, Private Equity oder langfristige Investoren, sind es die Betriebskosten in ihrer ganzen Vielfalt. »Wir betrachten daher alle technischen, operativen und kaufmännischen Fragen«, sagt Helge Bartels, einer der beiden Geschäftsführer bei BestShip.

Das Besondere sei diese ganzheitliche Betrachtung des Schiffsmanagements mitsamt aller Kosten und Einsparpotenziale. Dafür sei in den vergangenen zwei Jahren ein ganz eigenes System aufgebaut worden. »Denn alles, was auf dem Markt angeboten wird, konnte unsere Ansprüche nicht erfüllen«, so Co-Geschäftsführer Jürgen Kudritzki. Entweder beschränkten sich die Produkte auf das reine Monitoring, oder es gab große Datenlücken, oder aber es handelte sich lediglich um Nischenlösungen für bestimmte Teilbereiche.

Kernstück des BestShip-Systems ist das Zusammenspiel aus technischen Messdaten von Bord der Schiffe und einem Data Warehouse, in dem beliebig viele Informationen nicht nur gespeichert, sondern auch verarbeitet und nach bestimmten Kriterien ausgewertet werden können. »Wir haben Hard- und Software so miteinander verknüpft und schnittstellenfähig gemacht, wie es noch kein anderer Anbieter geschafft hat«, sagt Kudritzki. »Denn wir können künftig nur besser managen, was wir vorher gemessen und analysiert haben.« Um Brücken zwischen den verschiedenen Interessen des Bereederers, des Schiffseigners und des Charterers bauen zu können, werde großer Wert auf Transparenz gelegt. Derzeit befinde sich das System »FuelSafe« in der offiziellen Anmeldung.

In Zeiten, in denen viele Containerschiffe angesichts historisch schwacher Frachtraten kaum ihre Betriebskosten einfahren und auch Linienreedereien unter enormen Wettbewerbsdruck stehen, geht es darum, die zu reduzieren. »Der Markt definiert ganz klar die Zielsetzung«, sagt Bartels. Also müsse mindestens eingespart werden, was technisch möglich sei. Best Ship aber verspricht mehr.

Ohne jegliche Umbauten seien in der Flotte eines großen Charterkunden schon mal 10% allein bei den Kraftstoffkosten eingespart worden. Doch es gehe zudem um Betriebs-, Personal-, Wartungskosten, die geleisteten Betriebsstunden oder zunehmend auch Umweltthemen wie den CO2-Ausstoß oder den Energieaufwand pro transportierter Tonne. Das bei BestShip entwickelte Tool erlaube nicht nur eine umfangreiche Dokumentation des Ist-Zustandes, sondern sei auch eine Entscheidungshilfe, welche Maßnahmen an Bord ergriffen werden müssen. »Wir verknüpfen die Parameter und stellen die richtigen Zusammenhänge her«, sagt Kudritzki.

Voraussetzung sei natürlich die Übermittlung möglichst vieler und möglichst präziser Daten über die an Bord bereits installierte Messtechnik, also das Monitoring eines Schiffes. »Es kann daher auch sinnvoll sein, ältere Schiffe nachzurüsten«, so Kudritzki. Mit der eigens programmierten Analyse-Software werden diese Daten dann ausgewertet und sorgen für aussagekräftige Ergebnisse, aus denen dann Empfehlungen abgeleitet werden können. »Wir machen so Dinge sichtbar, die vorher gar nicht zu sehen waren«, ergänzt Bartels.

Welches Schiff verbraucht auf welcher Route wie viel Kraftstoff? Fährt ein Kapitän ökonomischer als der andere? Wie viele Betriebsstunden hält ein bestimmtes Aggregat an Bord? Wer muss wie oft in die Werft? Wie können der Trimm verbessert und die Ladung optimal gestaut werden? Solche und andere Fragen könnten künftig beantwortet werden. Zudem hat BestShip drei Expertenteams, bestehend aus einem Kapitän der Flotte und einem Leitenden Ingenieur, jeweils für zwei Wochen auf wechselnden Schiffen im Einsatz. »Wir wollen und müssen mit der Mannschaft besprechen, was wir vorhaben und warum wir das tun«, erklärt Kudritzki. Es sei nicht immer einfach, erfahrenen Seeleute zu vermitteln, dass sie sich verbessern könnten, »aber bislang ist die Akzeptanz gut«. Denn jedem sei inzwischen bewusst: »Die Alte Welt gibt es nicht mehr«. Wer heute bestehen wolle, müsse sich verändern. Auch da helfe es, dass das System und der Umgang damit sehr transparent, also einsehbar und nachvollziehbar, gehalten sei.

E-Learning für die Besatzung

Nicht nur durch Experten an Bord werde geschult, sondern auch durch ein neu entwickeltes E-Learning-Tool. Denn ohne Training könne die Crew nicht verstehen, wie sie den Schiffsbetrieb optimieren könne, und die Maßnahmen nicht umsetzen.

Es gebe eine Vielzahl von technischen Möglichkeiten, Verbrauchs- und Betriebskosten zu verringern. Wie durch Modifikationen an Maschinen und Turboladern, die richtige Geschwindigkeit, die Verwendung von modernen Unterwasseranstrichen, Optimierungen bei Trimm und Ballastierung oder die Berücksichtigung von Wetterinformationen. »So erhalten wir eine Benchmark, für einzelne Schiffe oder ganze Flotten – auch im Vergleich zu Wettbewerbern«, sagt Bartels.

Daraus könnten sich gezielte Empfehlungen ergeben – für die eigene Reederei im laufenden Bordbetrieb ebenso wie für Retrofit- oder auch spätere Neubau-Projekte. So schnitten die modernisierten E.R.-Schiffe nur unwesentlich schlechter als die sogenannten Eco-Neubauten ab, aber deutlich besser als die Schiffe der Wettbewerber. Dank der umfangreichen Datenbasis könne auch auf veränderte Marktbedingungen schnell und flexibel reagiert und der Schiffsbetrieb angepasst werden. »Wir können jegliche Szenarien durchspielen, auch mit Parametern, die heute vielleicht noch keine Rolle spielen«, sagt Kudritzki.

Künftig wird diese Dienstleistung der Datenerfassung und -analyse sowie Beratung über die neue Gesellschaft BestShip auch anderen Reedereien angeboten. »Wir hatten bereits das Know how und die Erfahrung – und haben jetzt auch das beste System am Markt«, sagt Bartels. M


Krischan Förster