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Neben Neubauwerften gibt es in Fernost auch viele Reparaturbetriebe. Birk Fleischer, Geschäftsführer der deutschen Werftvertretung CET Dockbrokers, spricht im Interview über den Markt und Probleme mit deutschen Reedern
Wie diversifiziert ist der Reparaturmarkt in Fernost, vor allem mit Blick auf China, Korea, Japan und Singapur?

Birk Fleischer[ds_preview]: Das sind tatsächlich die Hauptmärkte. Der mit Abstand wichtigste Markt ist China. In Korea ist das Reparatursegment extrem klein. Die Werften sind spätestens in den Jahren 2007 und 2008 zum Neubau geschwenkt. Das Lohn-Preisniveau ist auch eher vergleichbar mit Europa. Japan ist noch mal ein komplett eigenes Feld und ein ebenfalls kleiner Markt. Zum einen aufgrund des Preisniveaus, zum anderen, weil die Werften sehr auf den eigenen Markt fokussiert und hochpreisig sind, auch durch das Yen-Dollar-Verhältnis. Zudem gibt es im sehr traditionellen Markt Potenzial zur Verbesserung der Effektivität im Reparaturbereich. Japan ist selten ein Endhafen von Verkehrsrouten, so dass die Schiffe selten leer sind. Dadurch sind die Bedingungen für Dockaufenthalte für Reeder nicht günstig. Genau das hat sich auch in Singapur geändert. Der Hafen war lange Jahre nicht nur Hub, sondern auch ein solcher Endpunkt, etwa bis 2006. Die Reparaturqualität dort ist sehr gut. Nach 2006 hat China viele Marktanteile gewonnen, auch wegen dem Preisniveau und weil immer mehr Dienste dort enden oder beginnen. In Singapur hat man aber sehr gut verstanden, dass sich der Markt verschiebt und sich stärker auf das komplexere Offshore-Segment fokussiert. Die Werften wollen zwar den Kontakt zur »normalen« Handelsschifffahrt nicht verlieren. Ich halte das aber für schwierig, weil sich die Prozeduren stark geändert haben durch die Hinwendung zum Offshore-Markt.

In China gibt es große Werft-Überkapazitäten im Neubau-Markt. Haben die Betriebe nun in der Krise auf den Reparaturbereich umgeschwenkt?

Fleischer: Der Versuch ist ganz klar zu sehen. Allerdings muss man bedenken, dass die Prozesse einer Neubau-Werft langfristig ausgelegt sind, was Sektionsbauweise, Mitarbeiterschulung etc. angeht. Bei Reparaturen spricht man jedoch zum Teil über wenige Tage oder Wochen. Das ist etwas komplett anderes und erfordert entsprechend Erfahrung. Bei einigen der Werften haben die Docks schlichtweg nicht genug Tiefgang, weil sie auf leere Kaskos ausgelegt sind. Andere Werften haben den Wechsel geschafft, etwa Fujian Huadong, für einfache Arbeiten. Für speziellere Aufgaben, beispielsweise am Hauptmotor oder am Propellerschaft, braucht man aber auch viel Know-how und Erfahrung. Daher empfehlen wir unseren Kunden, zum Teil trotz des Preisvorteils, eine andere Reparaturwerft aufzusuchen. Einige Werften haben die Krise nicht überlebt, unter anderem, weil auch der Reparaturmarkt massiv zusammengebrochen ist. Die Preise sind stark gesunken.

Wie viele Reparaturwerften gibt es noch in China?

Fleischer: Es gibt rund 20 bis 25 für westliche Reparaturen geeignete Werften, mit englischsprachigen Ansprechpartnern. Das klingt nicht viel, aber sie sind recht gut über die Küste verteilt. Darüber hinaus hat man Betriebe, wo kein Englisch gesprochen wird und auch die Mentalität chinesisch pur ist. Rechnet man sie hinzu, kommt man auf 35 bis 45 echte Werften, mit entsprechender Ausrüstung. Eine große Verschiebung vom Neubau- zu Reparaturwerften sehe ich nicht. Was man allerdings beobachten kann, ist, dass Reparaturwerften kooperieren.

Bedingt durch die Überkapazitäten?

Fleischer: Ja, dadurch ist ein Konsolidierungs- und Konzentrationsprozess entstanden. Bestes Beispiel ist die Shanghai-Ningbo-Region. Da gibt es 12 bis 15 sehr ähnliche Werften.

Sind Reparaturen und Umbauten für China ein Zukunftsmarkt oder sehen die Werften dies als Übergangsgeschäft?

Fleischer: Es gibt Unternehmen wie Beihai oder die Chengxi Gruppe, die in beiden Bereichen aktiv sind. Da gibt es sicher Versuche, den Rückgang im einen Markt mit mehr Akquise im anderen Markt zu kompensieren. Für reine Neubau- oder Reparatur-Werften ist das aber, wie erwähnt, schwierig und damit selten.

Ist das technische Know-how in China für größere und komplexere Reparaturen ausreichend oder sollte man dafür nach Singapur oder Korea gehen?

Fleischer: Pauschal kann man das nicht beantworten. Es gibt Werften, die einen guten, klassenkonformen und auch anspruchsvollen Job machen können. Man benötigt in China aber auch eine gute Aufsicht, die auf Details, Zeitrahmen und Vereinbarungen achtet. Generell wird man aber für jede Art von Reparatur fündig. Einen Qualitätsunterschied, etwa zu Singapur, sieht man aber dennoch. Man kann China nicht absprechen, Reparaturen qualitativ hochwertig abzuliefern. Für Spezialaufträge werden mitunter allerdings Reparaturteams vom Reeder eingeflogen. Man muss im Detail schauen, wo man welche Arbeiten machen lässt. Große Namen helfen da nicht immer weiter.

Sind oft Nachbesserungen nötig?

Fleischer: Es kommt vor, aber es ist kein genereller Trend. Nach einer Dockung ist es aber auch normal, dass es noch kleinere Einstellungsprobleme gibt. Ich kann nicht bestätigen, dass das in China öfter passiert als anderswo. Reeder sind sich außerdem bewusst, dass es zu dem Preis durchaus Nachbesserungsbedarf geben kann. Das ist eine kommerzielle Entscheidung.

Wie groß ist der Preisunterschied zwischen China und Singapur, Korea, Japan oder Europa?

Fleischer: Einen Trend kann man sicher sehen, auch wenn es große Unterschiede gibt. Wenn man Singapur als Richtpreis nimmt, liegt China ungefähr bei 60 bis 80%, Südeuropa bei 130 bis 170%, Nordeuropa tendiert zu 180 bis 220%. Japan ist schwierig einzuschätzen, weil sehr wenig repariert wird. Aber es dürfte über dem Niveau von Singapur liegen. In Korea ist es ähnlich, tendenziell ein wenig günstiger als Japan. Wie gesagt ist die Varianz generell natürlich in Abhängigkeit von den durchgeführten Arbeiten groß. Es wird sich in den nächsten Monaten zusätzlich einiges ändern.

Was meinen Sie damit?

Fleischer: Dieses Jahr wird sehr interessant, vor allem aus Werftensicht. Ein Grund sind Ballastwasser-Anlagen. Ich gehe davon aus, dass ab Januar 2016 die Ballastwasserkonvention nach den nötigen Ratifizierungen in Kraft tritt. Also werden einige Reeder Dockungen vorziehen, die 2016 oder 2017 anstehen würden. Wenn sie das tun, umgehen sie die Pflicht zum Einbau neuer Aufbereitungsanlagen, die dann besteht. Hinzu kommt, dass im Zuge der schrumpfenden Auflieger-Flotte wieder mehr Schiffe repariert werden müssen. Außerdem wurden in der Krise aus Kostengründen viele reguläre Dockungen um bis zu zwei Jahre verschoben, die jetzt nachgeholt werden müssen. Und schließlich kommt mittlerweile kaum ein Reeder mehr um Umbauten zur Steigerung der Effektivität – wie Wulstbug- oder Propelleranpassungen, neue Anstriche, Schiffsverbreiterungen – herum. Auch wenn derartige Projekte nicht immer öffentlich bekannt sind. Es wird immer jemand aktiv sein.

Auf die Reeder kommen also Preissteigerungen zu?

Fleischer: Ja, ich erwarte einen Kumulationseffekt mit knappen Kapazitäten und steigenden Preisen. Die Werften sind sich dessen bewusst. In China steigen die Lebenshaltungskosten. Es wird gar nichts anderes übrig bleiben, als die Preise auf ein gesünderes Niveau anzuheben.

Viele Reeder haben Probleme, Umbauten oder Reparaturen zu finanzieren. Gibt es dafür Finanzierungsmodelle mit Unterstützung der Regierungen bzw. koreanischer oder chinesischer Banken?

Fleischer: Der Reparaturmarkt ist nicht so gesponsert wie der Neubau. Es gab schon langfristige Projekte, bei denen Werften Zahlungsziele von bis zu einem Jahr oder länger gewährt haben. Werften, die auch im Neubau aktiv sind, können tatsächlich staatliche Bankenmittel anzapfen. Das ist aber in vielen Fällen schwierig umzusetzen, weil es eine andere Geschäftsmentalität ist. Auch gibt es ein großes Sicherheitsdenken gegenüber deutschen Reedern. Denn es hat sich natürlich herumgesprochen, dass Dockungen im Zuge der Krise teilweise nicht oder sehr verspätet bezahlt werden.

Betrifft das nur deutsche Reeder oder ist das ein generelles Problem?

Fleischer: Sicher ein generelles Problem, aber ich kann als CET nur vom deutschen Markt sprechen. In vielen Fällen geht es um die Zahlungsbedingungen. Bei deutschen Reedern fordern die Werften zum Teil 100% Zahlung vor Abfahrt. Da müssen wir vermitteln und zumindest. Auch Bankenabfragen zur Bonität werden mitunter gefordert.

Kommt das oft vor?

Fleischer: »Oft« würde ich nicht sagen, aber wir haben regelmäßig Fälle, bei denen Zahlungen gestreckt werden. Das ist nicht mehr ungewöhnlich. Und ja, wir haben auch Fälle von Zahlungsausfall. Das ist leider gegeben. Bei großen Projekten über mehrere Millionen unterstützen wir, ein Paket zu schnüren und Charterer, Manager und Werft finanziell bestmöglich zu verknüpfen. Liquidität ist ein sehr großes Thema.


Michael Meyer