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Den Titel »modernstes Container-Terminal der Welt« dürfte der neuen Anlage von Maersk auf der Maasvlakte 2 niemand absprechen. Zwar konnte der Betrieb nicht wie geplant im November 2014 starten, mittlerweile sind aber erste Megacarrier abgefertigt worden

Der Ausspruch »wie von Geisterhand« ist oft zu hören, wenn vom APM-Terminal auf der neu geschaffenen Hafenfläche gegenüber dem[ds_preview] Hoek van Holland die Rede ist. Der Hafenbetrieb ist voll automatisiert. Zwar arbeiten am Terminal 300 Menschen, doch sie sind selten an der Kaje zu sehen, selbst bei Schichtwechsel. Die 26 schienengebundenen Containerbrücken von Künz sowie die acht »Ship-to-Shore«-Krane von Kalmar werden aus der Ferne bedient: Aus ihren Büros dirigieren die Kranführer die Container an den Kranen per Joystick. Nur die Krane zur Beladung der Züge am Rail-Terminal, ebenfalls von Künz, und an der Kaje für Binnenschiffe sind direkt besetzt.

Erstes Triple-E-Schiff abgefertigt

Für die Fernbedienungs-Kranführer heißt das: kein Lärm, der die Gesundheit beeinträchtigt, keine Erschütterungen, die zu Gelenkschäden führen können. Stattdessen sitzen die Kranführer vor einer Batterie von Monitoren, jede Hand an einen kleinen Steuerknüppel gelegt. Dass die sie nicht mehr in ihrer Kanzel am Kran sitzen, hat einen gesundheitlichen Hintergrund.Die neuen Containerbrücken würden so schnell beschleunigen, dass es physisch nicht zuträglich sei, so Maersk. Im Januar wurden erstmals auf diese neue Art in einer Testphase, Container umgeschlagen: von der 400m langen und fast 59m breiten »Marstal ­Maersk« (18.300TEU, Triple-E-Klasse). Zuvor diente die auf 4.360TEU ausgelegte »Sea­land Eagle« als Übungseinheit für Leercontainer.

Inzwischen wurde der TA3/NEUATL3-Dienst von APM nach Maasvlakte 2 verlegt. Die Route wird im Rahmen des 2M Vessel Sharing Agreement von Maersk und MSC zwischen Nordeuropa und dem US-Golf geführt. Der wöchentliche Liniendienst verbindet Antwerpen (MPET Delwaidedok), Felixstowe, Rotterdam (APMT II), Bremerhaven (MSC Gate) und Le Havre (TN MSC 2000) mit Charleston, Savannah, Freeport, Veracruz, Altamira und New Or­leans. Der zweite wöchentliche Liniendienst, der vom vorhandenen Maersk-Terminal an die Maasvlakte 2 umzieht, ist die Maersk Line ME1 mit Destinationen in Mittel-Ost und Indien. Der erste Anlauf auf dieser Verbindung erfolgte Ende Februar durch die »Maersk Kyrenia« (6.788TEU).

Vollkommene Automatisierung

Wenige Tage vor der Premiere mit der »Marstal Maersk« hatten in Rotterdam noch Hafenarbeiter gegen den Arbeitsplatzabbau durch Automatisierung demonstriert – verständlich, wenn man sich die Automatisierung des Terminals vor Augen führt. Bemannte Straddle-Carrier sind nicht mehr zu sehen. Stattdessen kurven bis zu 62 elektrisch angetriebene Automated Guided Vehicles (AGV) über das 86ha große Gelände. Anfangs waren davon nur 37 vorgesehen. Alle AGVs sind mit GPS ausgestattet und werden per Transponder gesteuert. So erreichen sie schnell und sicher ihren Lager- oder Umschlagplatz.

In der ersten Phase, die auf einen Jahresumschlag von 2,7Mio. TEU ausgelegt ist, verfügt das APM Terminal Maas­vlakte über eine 1.000m lange Tiefseekaje und eine 500m lange Bargekaje für Binnenschiffe. Als Ziel hat sich Maers­k gesetzt, jedes Schiff innerhalb von 24 Stunden abzufertigen. Das hilft letztlich dem eigenen Unternehmen, denn die 13 von Maersk bestellten neuen Triple-E-Schiffe können sich keine unnötigen Liegezeiten leisten.

Null Emissionen

Auch in Sachen Umwelt will das APM-Terminal eine Vorreiterrolle einnehmen. Sowohl die Containerbrücken als auch die AGVs werden elektrisch betrieben. Die 15m langen AGVs, die maximal 22km/h schnell sind, können mit ihren Akkus bis zu acht Stunden lang fahren. Danach kehren sie zum Schichtwechsel zu ihrer Batterie-Wechsel-Station zurück. Um der Devise »null Emissionen« zu folgen, beschafft Maersk die nötige elektrischen Energie beschafft Maersk nach eigenen Angaben ausschließlich aus On- und Offshore-Windenergie-Anlagen.

Eine der Zielsetzungen auf der Maasvlakte 2 ist die Verlagerung von Gütern von der Straße auf Schiene und Binnenschiff. Vertraglich ist festgelegt, den Modal Split für den Lkw/Schiff/Bahn-Hinterlandverkehr von 49/38/13% auf 35/45/20% zu verändern. Das gilt auch für das APM-Terminal. Die Belastung der Autobahn A 15 soll so reduziert und Abfertigungsstaus wie im vergangenen Jahr vermieden werden

Hinterland mit Chancen

Um sich auf die Zuwächse einzustellen, werden im Hinterland weitere Umschlagplätze entstehen. Wegen der binnen kurzer Zeit eintreffenden Mengen, statt 5000 TEU fassen die neuen Schiffe 18.000 TEU, muss auch über den Abtransport der Container nach Süddeutschland, Süd- und Ost-Europa und in Zukunft auch nach Skandinavien neu nachgedacht werden.

Für den Abtransport der Container per Bahn verfügt das APM-Terminal über vier Aufstellgleise von je 750m Länge. Im Laufe dieses Jahres soll die Zugfrequenz auf zehn Zuganläufe pro Tag gesteigert werden. Ein direkter Anschluss an die Betuwe-Linie ist geplant.
Hermann Garrelmann