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Das Produkt-Spektrum für mehr Energieeffizienz in der Schifffahrt ist groß. Auch die Luftblasen-Technologie gehört seit einigen Jahren dazu. Jetzt ist ein neues System auf dem Markt, für das es bereits erste Aufträge gibt.
Das britische Unternehmen Silverstream Technologies hat mit Unterstützung des Mineralölkonzerns Shell das Luftschmiersystem Silverstream entwickelt. Ähnlich wie das schon vor[ds_preview] einigen Jahren von Mitsubishi zur Marktreife gebrachte »MALS« (Mitsubishi Air Lubrication System) leitet es Luftblasen unter den Rumpf. Dadurch entsteht eine Art Luftteppich, auf dem das Schiff fährt – mit geringerem Widerstand und geringerer Reibung unter Wasser. Auf diese Weise ist weniger Antriebskraft nötig, was den Treibstoffverbrauch reduziert. Silverstream hat unter Begleitung der Klassifikationsgesellschaft Lloyd’s Register bei aufwendigen Testfahrten mit dem 40.000-t-Produktentanker »Amalienborg« eine Ersparnis von bis zu 4,3% erreicht.

Auf der Suche nach Energieeffizienz und mit Blick auf die hohen Bunkerkosten zeigte sich die maritime Industrie in den vergangenen Jahren durchaus einfallsreich. Neben der Luftschmierung gab und gibt es Ansätze, Wind- oder Sonnenenergie zur Verstärkung des Schiffsantriebs zu nutzen. Um das »Skysails«-Projekt ist es in der Zwischenzeit relativ ruhig geworden. Unter anderem in Japan arbeiten Experten aber noch immer an derarti

gen Technologien,

zum Teil in Kom-

bination mit wei-

teren Komponenten.

Entwickler, Klasse und die Dannebrog Rederi sind mit Silverstream sehr zufrieden. »Damit konnten wir die Marktfähigkeit und Effektivität des Systems belegen«, sagt Noah Silberschmidt, CEO von Silverstream Technologies. Bei umfangreichen Seeerprobungen im Kattegat wurden Tests sowohl in beladener als auch in Ballastfahrt durchgeführt. Auch berücksichtigte man unterschiedliche Geschwindigkeiten und Witterungsbedingungen. Dabei wurden durchschnittliche Einsparungen von 4,3% und 3,8% gemessen. Die Experten kamen zu dem Schluss, dass mit einer weiteren Optimierung des Systems je nach Rumpfform zwischen 6% und 8% möglich sind.

Gerade für Reedereien mit hohem Treibstoffverbrauch kann das zu signifikanten Kostensenkungen führen. »Angesichts der zunehmenden umweltpolitischen Regulierung und der daraus folgenden Zusatzkosten sind Technologien zur Verbesserung der Energieeffizienz sehr wichtig. Wir sind stolz, der erste Eigner mit dem neuen System zu sein«, sagt Johnny Schmoelker, CEO der Dannebrog Rederi. Das Unternehmen gehört – wie unter anderem Stena Weco, Nordana und Weco Bulk – zur Weco Group.

Die Investitionskosten will Silverstream bislang nicht veröffentlich. Laut Silberschmidt amortisieren sich die Ausgaben aber »vergleichsweise schnell in zwei bis fünf Jahren«. Für die Besatzung sei das System leicht zu handhaben. Spezielle Kompetenzen werden nicht vorausgesetzt. Silberschmidt betont, dass das Produkt nicht nur für Neubauten geeignet ist. Wie bei der »Amalienborg« lasse es sich relativ unproblematisch im Zuge eines Retrofits installieren – innerhalb von 14 Tagen.

Mittlerweile gibt es auch einen ersten Auftrag. So wird der bei der Meyer Werft gebaute Kreuzliner »Norwegian Bliss« mit der Technologie ausgerüstet. Im Frühjahr 2017 soll er in Dienst gestellt werden. Die Reederei Norwegian Cruise Line hat darüber hinaus eine Option für eine Installation auf zwei weiteren Schiffen. Zusätzliche Projekte sind wahrscheinlich »Wir sind in fortgeschrittenen Gesprächen mit einer Reihe weiterer Reeder aus unterschiedlichen Segmenten«, so der CEO weiter.

Auch Mitsubishi Heavy Industries (MHI) ist mit seinem MALS-System noch immer am Markt. Nach derzeitigem Stand wurde es auf zehn Schiffen installiert, bestätigt das Unternehmen. Allerdings betraf dies bislang ausschließlich Neubauten. Retrofits seien noch nicht durchgeführt worden. Insgesamt ist man mit den Einsparungen zufrieden. Genauere Angaben macht MHI aber nicht. »Wie viel Einsparungen möglich sind, ist schwer zu sagen. Das hängt stark vom jeweiligen Schiff und seinem Rumpf ab«, heißt es. In der Branche gab es zum Teil kritische Stimmen über die Wirksamkeit und den Nutzen der Luftblasen-Technologie.

Bei der ersten Bekanntgabe der Entwicklungsarbeit 2010 waren seitens MHI 10% als mögliche CO2-Einsparung auf einem RoRo-Schwergutfrachter genannt worden. Zu den bekanntesten Beispielen für den Einsatz von MALS gehören zwei AIDA-Neubauten. Die deutsche Kreuzfahrtreederei erwartet 7% weniger Treibstoffverbrauch. Nach einigen Problemen und Verzögerungen bei der japanischen Bauwerft sollen die Schiffe 2015 und 2016 in Dienst gestellt werden. Bei der Fähre »Ferry Naminoue« mit schmalem Slender-Rumpf konnten 5% erreicht werden. Auch auf drei 95.000 Tonnen tragenden Bulkern der Reederei ADM und zwei Fahrzeugfrachtern wurde beziehungsweise wird MALS nach MHI-Angaben bereits installiert.


Michael Meyer