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Numerische Simulation kann ausreichende Kentersicherheit bei einem plötzlichen Abreißen einer Last vom Kran eines Schwergutschiffes nachweisen. Vorschriften für Stabilitätsnachweise werden bei der IMO und Klassifikationsgesellschaften diskutiert.
Viele Schwergut- und Kranschiffe setzen leistungsfähige Ballastsysteme ein, um durch Umpumpen von Ballastwasser zu große Krängungswinkel beim Versetzen von Schwergut[ds_preview] zu vermeiden. Bei einem eventuellen plötzlichen Abreißen der Ladung können diese Systeme allerdings nicht schnell genug reagieren und das Schiff würde zur von der Ladung abgewandten Seiten rollen. Hat das Schiff einen geringen Stabilitätsumfang, oder kommen dabei Öffnungen zu Wasser, kann das Schiff kentern.

Bislang war die Stabilität im Fall eines plötzlichen Abreißens einer Kran-Last nicht Teil internationaler Stabilitätsvorschriften. Richtlinien für eine angemessene Kentersicherheit von Schwergut- und Kranschiffen für diesen Fall – auch unter Einsatz von Zusatzpontons zur Erhöhung der Stabilität während des Umschlags – werden zurzeit bei der IMO und Klassifikationsgesellschaften erörtert.

Ein Stabilitätsnachweis kann prinzipiell alternativ nach einem vereinfachten Kriterium auf Basis der Hebelarmkurve erfolgen oder durch direkte Simulation. Das einfache Kriterium muss alle möglichen Schiffsformen und Konstellationen abdecken und ist daher für viele Einzelfälle zu strikt. Es wird daher noch um dessen Formulierung gerungen. Konsens besteht dagegen schon weitgehend, dass ein direkter Nachweis mit CFD-Simulationen (Computational Fluid Dynamics = numerische Hydrodynamik) erfolgen kann.

Die Klassifikationsgesellschaft DNV GL hat die Machbarkeit derartiger Simulationen für vier repräsentative Testschiffe demonstriert. Die Simulationen erfolgten mit der CFD-Software OpenFOAM. Das Programm erfasst automatisch Viskosität (und damit verbundene Rolldämpfung) und Wellenbildung, sowie alle Nichtlinearitäten der Geometrie und der physikalischen Grundgleichungen. Dadurch werden die Rechnungen zwar sehr aufwändig. Einfachere Modelle auf Basis von Potentialtheorie erwiesen sich allerdings als zu ungenau, da diese wichtige Effekte der viskosen Rolldämpfung nicht korrekt erfassen können. Für die CFD-Simulationen wurden Schiff (einschließlich Schlingerkiele, Ruder und Stabilitätsponton) und umgebendes Wasser mit 1,5 Millionen Zellen erfasst, wobei kritische Regionen mit stark veränderlicher Strömung besonders fein aufgelöst wurden.

Die Simulationen ergeben dann Vorhersagen der dynamischen Rollwinkel für die Großausführung nach einem plötzlichen Verlust der Kran-Last. Maximale Rollwinkel und endgültiger statischer Krängungswinkel fließen in die Beurteilung der Stabilität ein. Ausreichende Kentersicherheit nach plötzlichem Kranlastverlust kann durch Simulation des dynamischen Rollverhaltens nachgewiesen werden. Derartige Simulationen können sowohl im Entwurf wie im Betrieb ihren Einsatz finden, um ausreichende Sicherheit von Schwergut- und Kran-Schiffen sicherzustellen.


Ole Hympendahl