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Deutschland genießt als Standort für den Marine-Schiffbau nach wie vor einen sehr guten Ruf. Jüngstes Beispiel der hiesigen Expertise sind die zwei neuen, weiterentwickelten U-Boote der Klasse 212A, von denen das erste nun in Dienst gestellt wurde.
Konteradmiral Hans-Christian ­Luther vom Rostocker Marinekommando übernahm den Neubau »U35« stellvertretend für die Marine am Stützpunkt Eckernförde. Es ist[ds_preview] das erste von zwei Booten aus dem zweiten Baulos der Klasse 212A und insgesamt das fünfte U-Boot dieses Typs. Das Schwesterboot »U36« führt zur Zeit Erprobungen in norwegischen Gewässern durch. Im Herbst dieses Jahres soll es ebenfalls in Dienst gestellt werden und dann das deutsche U-Bootsextett komplettieren. Damit findet die Bauserie Klasse 212A ihren Abschluss.

»Deutschland ist führend im konventionellen U-Bootbau. Die Einheiten der Klasse 212A gehören weltweit zu den leistungsfähigsten konventionellen U-Booten. Die Fähigkeiten der Einheiten nötigen unseren Partnern und Verbündeten bei gemeinsamen Manövern und Einsätzen immer wieder Anerkennung und Respekt ab. Sie sind zeitgemäß und zukunftsfähig. Die lange Liste von Interessenten an deutschen U-Booten ist Beweis der Wertschätzung dieser Technologie«, sagte Luther bei der feierlichen Zeremonie. Die Indienststellung bedeute für die Bundeswehr einen Fähigkeitsgewinn, der die Möglichkeiten der Marine als moderne, zukunftsfähige Teilstreitkraft angemessen auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu reagieren, weiter erhöht.

Die Indienststellungen der vier ersten 212er-Boote begannen 2005 mit »U31« und »U32«. »U33« und »U34« folgten 2006 und 2007. Seither hat die Deutsche Marine durchweg positive Erfahrungen im operationellen Einsatz mit diesen von HDW (Howaldtswerke – Deutsche Werft AG Kiel, heute: ThyssenKrupp Marine Systems, TKMS) entwickelten U-Booten gemacht. Neben HDW waren auch die damaligen Nordseewerke in Emden am Bau beteiligt. Derzeit beteiligt sich TKMS auch an der Ausschreibung für die neuen australischen U-Boote und bietet hier bei französischer und japanischer Konkurrenz die neu entwickelte Klasse 216 an. Die langjährigen Erfahrungen mit dem Bau der Klasse 209 und die technologische Entwicklung zur Klasse 212A ließen Ende der 1990er Jahre mit der Klasse 214 einen neuen Bootstypen für den Export entstehen. In einem Werbeslogan von HDW hieß es seiner Zeit: U 214 = U 209 + U 212. Mittlerweile ist die ebenfalls mit Brennstoffzelle ausgerüstete Klasse 214 erfolgreich in mehrere Länder exportiert worden. Die Entwicklung der eigenständigen und speziell auf israelische Wünsche zugeschnittenen Dolphin-Klasse lief zeitlich parallel mit den Klassen 212A und 214, so dass Synergieeffekte genutzt werden konnten. Das vierte Boot wurde letztes Jahr abgeliefert. Es ist zugleich das erste mit einer Brennstoffzellenanlage. Zwei weitere sind bei HDW/TKMS im Bau.

Die neuen, mit einer Brennstoffzelle als außenluftunabhängigem Antriebssystem ausgerüsteten Boote kamen zwischenzeitlich unter anderem im Mittelmeer zum Einsatz. »U32« nahm Anfang 2013 an Manövern mit der amerikanischen Marine teil. Beim Transit über den Atlantik stellte man mit einer 18 Tage währenden Unterwasserfahrt einen neuen Tauchrekord für konventionelle U-Boote auf. Der mehrmonatige Aufenthalt in den USA umfasste neben U-Jagdübungen auch Übungen mit einem US-Flugzeugträgerverband. Hier wurde »U32« in verschiedensten Szenarien eingesetzt und zum Beispiel als beschützende Einheit in eine Trägergruppe integriert. Eine Aufgaben, die sonst nur von amerikanischen Atom-U-Booten wahrgenommen wird.

Der Bootskörper der Klasse 212A ist aus einem hochfesten amagnetischen Stahl gefertigt. Die äußere Form ist für die Unterwasserfahrt optimiert. Großer Wert wurde auf die Signaturreduzierung gelegt. Alle durch das Boot hervorgerufenen Veränderungen der physikalischen Umwelt – Akustik, Radar, Magnetik, Wärme, Druck – sind soweit wie möglich minimiert. Günstige Reflexionswinkel für die gegnerische Sonarortung wurden vermieden.

Die Forderung nach weitestgehender Außenluftunabhängigkeit findet mit dem Hybridantrieb ihre Verwirklichung. Darunter versteht man die Kombination von Dieselgeneratoranlage, Fahrbatterie und Brennstoffzellenanlage. Dabei wird für Spurtfähigkeit und Höchstgeschwindigkeit die Batterie und für lange Ausdauer und niedrige Geschwindigkeit die Brennstoffzelle als jeweiliger Energielieferant eingesetzt.

Der »Permasyn«-Motor von Siemens dient als elektrischer Fahrmotor. Dieser permanentmagnet-erregte Synchronmotor ist speziell als Fahrantrieb für U-Boote konzipiert worden und zeichnet sich unter anderem durch niedrige Körper- und Luftschallpegel, hohen Wirkungsgrad, geringes Gewicht, hohe Verfügbarkeit, hohe Schockfestigkeit, kompakte Bauweise und Wartungsarmut aus. Der Vortrieb des Bootes erfolgt über einen siebenflügeligen Skew-Back-Propeller, dessen extrem niedrige Drehzahl Kavitationserscheinungen vermeidet und der auch bei hohen Geschwindigkeiten den Schub leise erzeugt.

Die Brennstoffzellenanlage, absoluter Innovationsmittelpunkt des gesamten Entwurfs, besteht aus Siemens-PEM-Brennstoffzellenmodulen Polymer-Elektrolyt-Membran) und gewährleistet eine lange Unterwasserfahrzeit ohne Schnorchelphasen. Sie wandelt die mitgeführten Reaktanten Wasserstoff und Sauerstoff auf direktem Wege in elektrischen Gleichstrom um. Das Funktionsprinzip entspricht der Umkehrung der Wasserelektrolyse, so dass als Reaktionsprodukt nur noch reines Wasser entsteht.

Die beiden Boote des zweiten Bauloses der Klasse 212A bauen auf dem bewährten Entwurf der ersten vier Einheiten auf. An die zukünftigen Einsatzanforderungen der Deutschen Marine und an neuere Technologien angepasst, weisen sie gegenüber der ersten Bauserie allerdings einige Verbesserungen auf.

Hierzu zählen leistungsfähigere Brennstoffzellen, Hochenergiebatterien, größere Ortungsreichweiten, verbesserte Kommunikationssysteme, weitere Signaturreduzierungen sowie die Möglichkeit zum uneingeschränkten weltweiten Einsatz. Insbesondere erlauben die modernen Kommunikationsmittel und neue Führungssysteme die Teilnahme an vernetzter Operationsführung und schließen die im ersten Los noch vorhandenen Lücken in der Führungsfähigkeit. Die gesteigerten Ortungsreichweiten verbessern die Möglichkeiten in der Nachrichtengewinnung und in der verdeckten Aufklärung.

Die Summe der Komponenten macht die U-Boote der Klasse 212A in allen denkbaren Operationsgebieten und Einsatzszenarien zu einem Waffensystem mit großen Erfolgsaussichten, das durch innovative Entwicklungen und Spitzentechnologien einen hohen Leistungsstand aufweist. Zum Fähigkeitsprofil zählen Einsatzrollen wie Aufklärung und Nachrichtengewinnung, verdeckte Seeraumüberwachung, Einsatz von Spezialkräften, Sichern von Seeverbindungen, Seezielbekämpfung und U-Bootjagd sowie Minenlegen.

Auch die italienische Marine betreibt zwei U-Boote der Klasse 212A, die bei Fincantieri im italienischen La Spezia gebaut wurden. Auch hier wurden zwei weitere Einheiten geordert, die sich derzeit im Zulauf befinden. Sie sind allerdings reine Nachbauten, werden aber technisch verbesserte Ausrüstungsteile erhalten. Ihre Indienststellungen sind für 2016 und 2017 vorgesehen. In der logistischen Betreuung, bei der Ausbildung der Besatzungen und beim Erfahrungsaustausch im Einsatz der U-Boote der Klasse 212A besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Deutschen Marine.


Hans Karr