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Zum 1. Juni 2015 gelten die Bestimmungen der EU-Richtlinie 10/65. Durch sie werden Meldeformalitäten für Schiffsanläufe in den deutschen Seehäfen sowie die Transitreise durch den Nord-Ostsee-Kanal (NOK) neu geregelt. Thomas Wägener informiert über Inhalte und zeigt Vor- und Nachteile auf

Die deutschen Seehäfen werden jährlich von tausenden Schiffen angelaufen, die Waren aus aller Welt anliefern. Bevor ein Schiff einlaufen darf[ds_preview], müssen Daten über das Fahrzeug und die Ladung übermittelt werden. Bisher konnten die Informationen beispielsweise per Fax oder E-Mail an den jeweiligen Hafen gesendet werden.

Zum 1. Juni dieses Jahres treten neue Regelungen in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt muss sich der Kapitän eines Schiffes vor dem Einlaufen in einen deutschen Hafen im Rahmen der EU-Richtlinie 10/65 an einer zentralen Stelle, dem sogenannten »National Single Window« (NSW) melden und alle geforderten Angaben digital übermitteln. In Deutschland befindet sich diese Stelle in Koblenz.

Die nach den jeweiligen Bundes- oder Landesvorschriften erforderlichen Meldungen können direkt über den webbasierten Meldeclient des NSW oder über die im Verkehrsblatt des Bundes bekanntgemachten Meldeschnittstellen des NSW (Hafeninformationssysteme) verbindlich an die jeweils zuständige Behörde abgegeben werden. Von Koblenz werden die Angaben dann an die zuständigen Behörden für den jeweiligen Hafenbesuch beziehungsweise für die Transitreise des Schiffes durch den NOK weitergeleitet. Ziel der Richtlinie 2010/65/EU sei die Harmonisierung und Vereinfachung der Meldeformalitäten in allen EU-Häfen – einhergehend mit dem verpflichtenden elektronischen Datenaustausch relevanter Informationen zwischen Seeverkehrswirtschaft und Behörden, heißt es.

500 Informationen pro Anlauf

Während die großen Reedereien in der Regel eine Vielzahl der abgefragten Daten auch vor Inkrafttreten der neuen Richtlinie schon erfasst haben, müssen sich vor allem kleinere Reedereien auf die neuen Gegebenheiten einstellen und die relevanten Informationen häufig erst noch zusammentragen. Gleiches gilt für Agenten, die die Auskünfte von Bord der Schiffe einholen müssen. Dabei fällt eine enorme Datenmenge an, denn pro Schiffsanlauf müssen etwa 500 Datenfelder ausgefüllt werden. In einem ersten Schritt gilt es, einen Ansprechpartner auf einem Schiff zu benennen, der für die Meldung der Daten an das NSW verantwortlich ist.

Verkehrs- und Hafenmeldungen

Vor der Ankunft in einem Hafen ist der Meldende verpflichtet, Angaben zum Tiefgang beim Anlaufen, Zweck des Anlaufens, Anzahl der Personen an Bord oder der Name / Art sowie die Menge des Bunkerkraftstoffes an Bord anzugeben. Obligatorisch sind Angaben zum Schiff wie IMO-Nummer, Länge, Breite, Bruttoraumzahl (BRZ) oder auch die Inmarsat-Nummer.

Im Rahmen der Hafenmeldung werden weitere Informationen gefordert. Diese beinhalten auch den angefragten Liegeplatz. Angaben zu Warenart und Umschlagart sind ebenso verpflichtend wie der Name des Kapitäns und das Fahrtgebiet des Schiffes. Optional können Besonderheiten, die für das Einlaufen und die Liegeplatzbelegung berücksichtigt werden, übermittelt werden. Ferner können besondere Konstruktionsmerkmale, beispielsweise Manövrierhilfen wie Bugstrahlruder angegeben werden. Vor dem Verlassen des Hafens sind ähnliche Angaben zu leisten.

Sicherheitsrelevante Meldungen

Bestandteil der Sicherheitsmeldung sind Angaben zu Zertifikaten. Diese betreffen beispielsweise die Art des Ship Security Certificate (ISSC) und den Namen der ausstellenden Behörde. Zudem muss der Zeitpunkt genannt werden, wann das ISSC abläuft. Darüber hinaus werden Informationen zu genehmigten Gefahrenabwehrplänen verlangt, gleiches gilt für die aktuelle Gefahrenstufe des Schiffes.

Über an Bord befindliche gefährliche oder umweltschädliche Güter müssen zusätzliche Informationen zur Verfügung gestellt werden. Diese beinhalten den Flammpunkt, die Nettoexplosivmasse oder die Kontrolltemperatur sowie eine eindeutige Bezeichnung der transportierten Stoffe. Ferner gilt es mitzuteilen, in welchem Hafen die Ladung geladen beziehungsweise gelöscht wird. Darüber hinaus muss der Laderaum, indem das Gefahrgut gelagert ist, benannt werden. Die genauen Angaben sollen im Unglücksfall die Hilfsmaßnahmen beschleunigen. Wenn Informationen über die Art von Gefahrgütern vorliegen, kann beispielsweise bei einem Brand entschieden werden, welche Löschmittel eingesetzt werden sollen.

Für zusätzliche Sicherheit sollen auch gesundheitsrelevante Angaben bezüglich der Schiffsreise und der an Bord befindlichen Passagiere und der Besatzung sorgen. Zudem wird eine Abfallmeldung verlangt mit Informationen über die auf dem Schiff generierten Abfälle und Ladungsrückstände in Hafenauffanganlagen. Angaben zur Entsorgungsfirma sind ebenso obligatorisch wie die Menge und Art der zu entsorgenden Abfälle.
Thomas Wägener