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Lethe und ABB haben einen Landstrom-Container für Handelsschiffe vorgestellt. Die Box lässt sich an Bord sowohl auf der Backbord- oder Steuerbordseite als auch in der Mitte platzieren.
Die Schifffahrt unterliegt immer schärfer werdenden Umweltbestimmungen, die ihr durch die International Maritime Organization (IMO) auferlegt werden. Unabhängig davon überlegen[ds_preview] sich auch Reedereien und Hersteller, inwiefern sie selbst einen Beitrag zum Umweltschutz leisten können. Eine Möglichkeit ist die Nutzung eines Landstromanschlusses während der Liegezeit in einem Hafen. Zuerst ist diese Technik auf Kreuzfahrtschiffen praktiziert worden. Auch Fähren in regelmäßigem Pendelverkehr bedienen sich solcher Anschlüsse. Mittlerweile gibt es auch für Containerschiffe die Möglichkeit, während der Liegezeiten in den Häfen Strom von Land zu beziehen. Vorreiter waren amerikanische Häfen wie etwa Los Angeles im Westen des Landes.

Das Hamburger Unternehmen Lethe hat einen Container entwickelt, der an Bord von Containerschiffen gestellt und im Hafen an das Landstromnetz angeschlossen werden kann. »Das Besondere bei diesem Container ist, dass er sowohl in der Mitte eines Schiffes als auch auf der Backbord- oder Steuerbordseite platziert werden kann«, sagt Geschäftsführer Thorsten David. Dadurch erhöht sich die Flexibilität, denn wenn der in Längsrichtung gestellte Container in der Mitte platziert ist, kann das Schiff beispielsweise von beiden Seiten anlegen. Möglich ist dies durch die Führung des vom deutschen Hersteller Prysmian gelieferten 64 m langen Doppelkabels, das unten aus dem Container herausläuft und mit Hilfe einer Kabelschiene auf die Backbord- oder Steuerbordseite des Schiffes geführt wird. Ein Herausführen des Kabels an der rechten oder linken Seite des Containers sei aber ebenfalls möglich, so Dieter Brockmann, Technischer Partner von Lethe. Dann kommt der rund 1m lange Teleskoparm zum Einsatz. Alle Durchbrüche und Auslässe des Containers sind zudem wasserdicht abgeschlossen, darauf wurde Brockmann zufolge besonders Wert gelegt. Darüber hinaus ist die Box CSC zertifiziert und darf damit im Bereich der Ladung stehen.

Aufbau des Containers

Die Wände des 40-Fuß-High-Cube-Containers mit den Maßen 12.192 x 2.438 x 2.896 m bestehen aus 1,5 mm dickem Profil-Stahl, die auf die tragende Stahlkonstruktion aufgeschweißt sind. Laut Hersteller-Angaben ist die Box außen und innen fachgerecht konserviert und endlackiert. Zudem ist sie innen komplett mit einem 100mm dicken Dämm-Material wärmeisoliert und verblecht. Der aufgeständerte Fußboden besteht aus einer Stahl-Unterstruktur, die mit 5mm dickem Alu-Blech belegt ist. Darüber hinaus liegt auf dem Boden eine aus Gründen der Sicherheit vorgeschriebene Gummimatte.

Die Box ist in zwei Bereiche aufgeteilt. Durch eine wasserdichte Tür gelangt man zunächst in den Niederspannungsraum. Hier befindet sich auch die Measuring Control Unit (MCU), die eine Schnittstelle zum Schiff bildet und bei der alle Signale zusammenlaufen. Im Niederspannungsraum wird letztlich auch die Spannung auf den Container gegeben. Die gesamte Steuerung des Containers erfolgt nach der IEC/ISO/IEE 80005-1-Norm. Im Schaltraum herrscht die eigentliche Spannung, wenn der Container unter Strom gesetzt ist. Die Tür dorthin verriegelt aus Sicherheitsgründen automatisch. Wenn dort Strom fließt, ist es also nicht möglich in den Schaltraum zu gelangen. In diesem Raum befindet sich auch die elektrisch angetriebene Winde, auf der das Kabel aufgerollt ist. Ferner wurde darauf geachtet Kondensationsfeuchte zu verhindern, die Korrosion beschleunigen kann. Deshalb ist dieser Raum zusätzlich mit einem Heizlüfter der Firma Frico sowie mit einem Kondensations-Luftentfeuchter des Typs AD 110 von Aerial ausgestattet.

Anschluss an das Landstromnetz

Die Stecker an Land werden über Kabel und Automation mit dem Container an Bord verbunden. Die sogenannten Kabelstrümpfe, mit denen die Kabelenden überzogen sind, werden aus der Bodenluke nach draußen geführt und an der Kaikante befestigt. Sie übernehmen somit die Tensioning-Funktion in Zusammenspiel mit dem elektrischen Antrieb. Gleichzeitig entlasten sie den Stecker beziehungsweise die Steckdosen, denn sie gleichen den jeweiligen Tidenstand aus. Die Bodenluke wird zudem ständig überwacht, damit sie bei Nichtnutzung geschlossen ist. Bevor der Container ans Landstromnetz angeschlossen wird, wird abgefragt beziehungsweise geprüft, ob an Bord und an Land die Kabel geerdet sind. Wenn keine Fehler aufgetreten sind, wird von der Landseite aus Spannung auf den Container gegeben. Die gesamte Prozedur, bis der Strom tatsächlich fließt, dauert nach Angaben von Brockmann rund 15 Minuten. Insgesamt können landseitig 7,5 MVA zur Verfügung gestellt werden. »Mehr gibt ein Landanschluss nicht her, verdeutlicht Brockmann. Jedes Schiff, das Strom von Land bezieht, benötige an Land einen eigenen Trafo.

Container in Kürze vertriebsbereit

Vor rund anderthalb Jahren hat Lethe, dessen Hauptgeschäftsfeld die Inneneinrichtung für Marineschiffe und Yachten ist, das Thema Landstromanschluss in den Fokus genommen. Mit ABB haben sie einen in diesem Bereich erfahrenen Partner gefunden. Gebaut wurde der Container auf dem Gelände der ehemaligen Volkswerft in Stralsund. Letzte Tests stünden in Kürze an, so David. Nach erfolgreichem Verlauf kann der Container voraussichtlich ab Anfang Juni vertrieben werden. »Es gibt bereits Anfragen mehrerer Reedereien«, berichtet David, dessen Unternehmen Systemlieferant für den Container ist. »Für die Gesamtinstallation auf dem Schiff übernimmt ABB die Verantwortung«, sagt Martin Schiefer, bei ABB Leiter des Bereichs Marine & Krane.


Thomas Wägener