Heute gibt es mehrere Möglichkeiten Schiffe anzutreiben und dabei die
von der Internationale Maritime Organization (IMO) geforderten Grenzwerte einzuhalten. Eine davon ist der Betrieb mit Batterien. Thomas Wägener beschreibt, warum diese Technik insbesondere für Fährschiffe geeignet ist
Derzeit werden die beiden knapp 170m langen, rund 25m breiten und für einen Tiefgang von 5,50m ausgelegten RoPax-Schiffe »Berlin[ds_preview]« und »Copenhagen« auf der dänischen Fayard-Werft umgebaut und auf Hybridantrieb umgerüstet. Zukünftig sollen die beiden von Lloyd’s Register klassifizierten Fahrzeuge auf der Verbindung Rostock–Gedser eingesetzt werden. Bei den für 1.300 Passagiere und 96 Lkw beziehungsweise 46 Lkw und 230 Pkw vorgesehenen Schwesterschiffen handelt es sich um die ursprünglich für DFDS auf den P+S Werften gebauten Fähren, die die Reederei aufgrund des zu großen Gewichts nicht abgenommen hatte, was letztlich ein wesentlicher Grund für die Insolvenz der Werft war.
Umfangreiche Umbaumaßnahmen
Die Arbeiten an den beiden Schiffen gehen nach Angaben von Scandlines zügig voran. Nach einem umfangreichen Test- und Inbetriebnahme-Programm, das die Funktionsfähigkeit an Bord sicherstellen soll, werde die »Berlin« die Werft voraussichtlich Ende September verlassen, um rund einen Monat später den Betrieb aufzunehmen.
Neben baulichen Veränderungen bekommen die beiden Schwestern auf der Werft einen Hybridantrieb. Dafür werden Batterien des kanadischen Herstellers Corvus Energy eingesetzt. Diese werden im Wesentlichen beim An- und Ablegen und während der Liegezeit im Hafen genutzt, während sie auf See aufgeladen werden. »Wenn wir in den Hafen einlaufen, benötigen wir schnell volle Leistung«, sagt Christian B. Jensen, zukünftiger Kapitän der »Copenhagen«. Dafür seien gerade Batterien besonders geeignet, denn binnen 20 Sekunden stehe die volle Leistung zur Verfügung. Im Vergleich dazu würden Diesel-Generatoren zwei Minuten benötigen, um die volle Leistung abzurufen – Zeit, die gerade im Hafen Gedser nicht zur Verfügung steht. Die Schiffe laufen dort mit etwa 9 bis 13kn Geschwindigkeit ein. Von der Hafeneinfahrt bis zur Pier sind es nur rund anderthalb Schiffslängen. »Schon kurz vor der Hafeneinfahrt heißt es daher volle Kraft zurück, um rechtzeitig zum Stehen zu kommen«, beschreibt Jensen. Die beiden pro Schiff eingebauten Dieselmotoren stammen von Caterpillar und erbringen zusammen eine Leistung von 2 x 4.500 kW.
Gewichtsreduzierung
Um die Schiffe auf der Verbindung einsetzen zu können, war eine Gewichtsreduzierung unumgänglich. Dafür wurden umfangreiche Stahlarbeiten auf den oberen Decks vollzogen. Deck 9 wurde komplett entfernt, Deck 8 wurde ebenfalls entfernt, jedoch als ein schmaleres Deck aus einer Stahlkonstruktion neu gefertigt. Zudem wurde Deck 7 vollständig entkernt und um 15m verkürzt. Nach Scandlines-Angaben wurden aus den ursprünglichen Schiffen fast 2.000t entfernt. Eine weitere Reduzierung des Gewichts wurde durch den Einbau leichterer Materialien erreicht. Insbesondere die Isolierung ist hier zu nennen. Eingebaut wurde das Produkt Ultimate von Saint-Gobain Isover. Hierbei handelt es sich um eine als Dämmstoff eingesetzte Mineralwolle, die nach Unternehmensangaben als erste Mineralwolle mit einem Schmelzpunkt > 1.000 °C mit dem »Eurofins Indoor Air Comfort Gold«-Zertifikat versehen wurde. Somit sei die Sicherheit für Brandschutz und Raumluft gegeben sowie ein hohen Ansprüchen gerecht werdender Schallschutz gewährleistet.
Ein weiterer Faktor bei der Gewichtsreduzierung der Schiffe war der Austausch des Kabelsystems. Sämtliche Kabel kommen nun vom Unternehmen Friesland Kabel. Hauptgrund für die Auftragserteilung sei das Portfolio von leichten Kabeln gewesen, so der Kabel-Lieferant. Zudem konnte Friesland Kabel die Bedingung erfüllen, bei Siemens – für die Elektrik beider Schiffe verantwortlich – gelistet zu sein. Der Bedarf an Kabeln pro Schiff liegt bei rund 500km und knapp 5.000 Schnitten. In der heißen Phase des Umbaus seien täglich mehrere Tausend Meter Kabel an die Baustelle geliefert worden, geschnitten nach Ziehliste und gelabelt, teilte Friesland Kabel mit. Das Unternehmen AIA Architectes geliefert, während G+H Marine aus Hamburg die gesamte Arbeit der Inneneinrichtung übernimmt. Nach Auskunft von Scandlines kommen vor allem Leichtbaumaterialien zum Einsatz, die sich ebenfalls positiv auf das Gewicht der Fahrzeuge auswirken.
Auch die auf der Verbindung Puttgarden–Rodby eingesetzten Scandlines-Schiffe wurden auf Hybridantrieb umgerüstet. Die Batterien kommen zwar vom selben Hersteller. Auf dieser Verbindung werden die fast 400 Batterien allerdings auf See genutzt und im Hafen aufgeladen. Damit kann die »Deutschland« etwa 30 min fahren, die Überfahrt dauert hingegen etwa 50 min. »In nur 15 min sind die Batterien wieder vollständig aufzuladen«, sagt Rene Geiler, 1. Offizier auf der »Deutschland«.
»Ampere« fährt rein elektrisch
Mit der »Ampere« verkehrt seit wenigen Wochen in Norwegen die weltweit erste elektrisch angetriebene Fähre. Siemens lieferte in Zusammenarbeit mit dem Schiffbauer Fjellstrand das Antriebssystem, bestehend aus zwei elektrischen Motoren, von denen jeder eine Leistung von 450 kW erbringt, sowie die Ladestationen mit Lithium-Ionen-Batterien, die mit Strom aus Wasserkraft geladen werden. Durch den Wechsel zum Batteriebetrieb sinken die Kraftstoffkosten den Angaben zufolge um bis zu 60 %.
Bedingt durch das relativ schwache Stromnetz in der Region fiel die Wahl auf drei Batteriepakete, eines an Bord und jeweils eines als Zwischenspeicher in jedem Hafen. Wie schon bei den Scandlines-Fähren kommen die Batterien von Corvus Energy. Mit 160 Stück wird das Schiff betrieben, zusätzlich befinden sich jeweils 63 Stück in den beiden Häfen Lavik und Oppedal, zwischen denen die 80 m lange, 20 m breite und von DNV GL klassifizierte Fähre eingesetzt wird.
Die 260-kWh-Einheiten versorgen die Fähre während der Wartezeit im Hafen mit Elektrizität. Anschließend wird die abgegebene Energie langsam aus dem Netz ersetzt, bis das Schiff zurückkommt. Nachts, wenn die Fähre nicht genutzt wird, werden die Batterien auf dem Schiff direkt aus dem Netz wieder aufgeladen.
Das Schiff kann auf zwei verschiedene Batteriezuliefersysteme zurückgreifen. Zum einen ist das sogenannte Pantograph-System von Stemmann-Technik aus Schüttorf eingebaut, zum anderen das Alternative Maritime Power (AMP)-System von Cavotec. Cavotec lieferte zudem sein automatisches Andocksystem MoorMaster.
Thomas Wägener