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Milliarden-Abkommen mit China, genehmigte OPDR-Übernahme, Flotten­ausbau: Die Reederei CMA CGM sieht sich für die Zukunft gut aufgestellt. Weitere Neubauten will man aber vorerst nicht bestellen.
In der Branche werden die mitunter zahlreichen Order von immer größeren Schiffen angesichts der ohnehin noch bestehenden Tonnage-Überkapazität kontrovers[ds_preview] diskutiert. Zuletzt meldete Marktführer Maersk den Auftrag für neun 14.000TEU- und kurz zuvor für elf 19.630-TEU-Frachter. Auch CMA CGM hat sich in den letzten Jahren an der Entwicklung beteiligt. Nun wird jedoch erst einmal eine Pause eingelegt.

»Unser Orderbuch ist groß genug. Zur Zeit planen wir keine neuen Aufträge«, sagte der für Neubauten verantwortliche Executive Vice President Ludovic Gerard am Rande der Taufe der »CMA CGM Georg Forster« in Hamburg. Die Flotte solle höchstens langsam wachsen, weil man in allen Segmenten gut vertreten sei.

Die weltweit drittgrößte Linienreederei wartet bis Ende 2017 noch auf eine ganze Reihe von abzuliefernden Frachtern. In den vergangenen Jahren waren unter anderem sechs 17.800-TEU-Schwestern und insgesamt 28 Schiffe zwischen 9.400 und 10.900TEU bestellt worden. Bei der »kleineren« Serie und drei der größeren Einheiten treten die Franzosen aber nicht als alleiniger Eigner auf. Vielmehr wurden die Projekte mit chinesischen Kapitalgebern wie Minsheng Financial Leasing, CSSC Leasing oder der Bank of Communications Leasing realisiert beziehungsweise auf das traditionellere Modell zurückgegriffen, bei dem Trampreeder (NOO) die Frachter in Auftrag geben und langfristig an Linienreeder verchartern. Darüber hinaus bestellte CMA CGM drei Mega-Boxer der 20.600TEU-Klasse, sechs 14.000-TEU-Einheiten sowie jeweils drei Schiffe mit 2.100 und 2.500 TEU Stellplatzkapazität. Laut Gerard sind sie für den Einsatz in Südamerika beziehungsweise in der Ostsee vorgesehen. In den kleineren Segmenten bis 3.700TEU waren im Jahresverlauf bereits einige Aufträge von Linienreedern wie Maersk oder zuletzt Evergreen platziert worden. Sie werden nicht selten speziell für bestimmte Fahrtgebiete und deren nautische oder infrastrukturelle Gegebenheiten entwickelt. Unter anderem der Intra-Asia-Markt sowie mit Abstrichen Afrika gelten als wachstumsträchtige Märkte.

Auch CMA CGM ist in diesen Regionen aktiv, etwa mit den Tochterfirmen CNC, Delmas und Comanav. Man sieht die globale Ausrichtung als einen entscheidenden Faktor für den Erfolg des Unternehmens an. »Wir können auf diese Weise sehr flexibel mit Schiffsverschiebungen reagieren und Ratenverluste in einzelnen Gebieten besser abfangen«, so Nicolas Sartini, Vizepräsident Asia-Europe Lines.

Das erste Quartal 2015 sei das beste erste Quartal in der Unternehmensgeschichte gewesen. In Verbindung mit einem erwarteten Wachstum an Transportnachfrage um 5% sieht er eine gute Ausgangsposition: »Wenn man seine Dienste effektiv rationalisieren kann, denke ich sagen zu können: Wir haben nicht wirklich eine Schifffahrtskrise.«

Selbst die momentanen Probleme der chinesischen Wirtschaft mit geringerem Wachstum und Börsenturbulenzen bringen Sartini nicht aus der Ruhe. Man beobachte die Entwicklung. »China als Exportmarkt ist selbstverständlich wichtig. Aber noch wichtiger sind die Wirtschaftsräume in den klassischen Empfängerländern.« Außerdem habe man überwiegend langfristige Ladungskontrakte, die Sicherheit böten. »Das macht bei uns 75% des Geschäfts aus«, so Sartini.

Hinzu kommt, dass CMA CGM eine große Anzahl an Charterschiffen betreibt. Unter den über 460 eingesetzten Frachtern sind lediglich knapp 80 eigene. Vor allem in den kleineren Segmenten soll dies auch so bleiben, betont Gerard. Deutsche Eigner sind nach Angaben dabei »high quality«-Partner. »Die deutschen Charterreeder sind sehr wichtig für uns. Wir wissen, was wir an der guten Performance im Schiffsmanagement haben«, so der Manager.

Die großen Frachter der ULCS-Klasse gelten in Marseille als »strategisch wichtig« für die Marktposition. Die beiden Konkurrenten Maersk und MSC vereinen eine immer größere Flotte von Großschiffen in ihrer Allianz »2M«. Zwar kooperiert auch CMA CGM mit anderen Akteuren; namentlich UASC und CSCL im Rahmen der »Ocean Three«-Allianz. Allerdings könnte sich die Ausgangslage nicht unwesentlich verändern, sollte Peking die kolportierte Fusion von CSCL mit COSCO tatsächlich angehen. COSCO ist Mitglied in der CKYHE-Kooperation. Mit nach derzeitigem Stand 8% Marktanteil würden CSCL und COSCO den Franzosen (8,9%) nahe kommen. Wie eine Zusammenführung der Nummern 6 und 7 auf dem Weltmarkt im Detail aussehen könnte, ist nicht bekannt – auch nicht wie sie sich auf die Allianzen-Zugehörigkeit auswirkt.

Das jüngst offiziell verkündete, 1 Mrd. $ umfassende Grundsatzabkommen mit der Export-Import Bank of China (CEXIM) soll am Orderverhalten kurzfristig nichts ändern. Es beinhaltet mögliche Darlehen und Exportunterstützungen für den Fall von Neubau-Aufträgen in China. Dort ist man auf Aufträge angewiesen, ist die chinesische Schiffbauindustrie im ersten Halbjahr in Bezug auf Neubau-Order doch hinter Korea und sogar Japan zurückgefallen. Neben der Krise auf den Bulker-Märkten ist dies zum Teil auch darin begründet, dass viele Aufträge für Mega-Boxer mit mehr als 14.000TEU eher an dortige Schiffbauunternehmen gehen.

CMA CGM gehört zu denen, die schon jetzt einen Teil ihrer großen Schiffe in China fertigen lassen, beispielsweise drei der 17.800-TEU-Einheiten bei Jiangnan Changxing und Shanghai Waigaoqiao Shipbuilding (SWS). »Nach den ersten Tests sind wir mit der Arbeit bei SWS durchaus sehr zufrieden«, sagt Gerard. Nicht unbedeutend ist zudem die Unterstützung von staatlicher chinesischer Seite – wichtiger als der Preis, weil »der Markt ohnehin im niedrigen Bereich ist«. Durch seine verschiedenen Finanz- und Regulierungsinstitutionen hilft Peking schon jetzt bei der Finanzierung, bestätigt der Neubau-Manager ohne weitere Details preiszugeben.

Stolz sind die Verantwortlichen auf die stetig zunehmende Bedeutung der Reederei. »Wir sind der am schnellsten wachsende Akteur«, betont Sartini. Dies wurde sowohl »organisch« aus dem laufenden Transportgeschäft als auch vor allem »unorganisch« durch eine Vielzahl von Übernahmen erreicht. Nach der 1996 initiierten (und 1999 abgeschlossenen) Zusammenlegung von CMA und CGM kamen die Unternehmen ANL (1998), MacAndrews (2002), Delmas und Sudcargos (2005), Cheng Lie Navigation, Comanav und US Lines (2007) sowie im vergangenen Jahr Perkins hinzu. Zuletzt konnte auch die Eingliederung der deutschen Shortsea-Reederei OPDR abgeschlossen werden, als die Europäische Union nach acht Monaten Prüfung grünes Licht gegeben hatte. »Wir sind sehr froh darüber, auch wenn es viel zu lange gedauert hat«, sagt Sartini. Weitere Zuläufe könnten angesichts der Strategie, global zu wachsen, folgen. Aktuell gibt es allerdings keine konkreten Pläne oder Verhandlungen.


Michael Meyer