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Fusionen und Übernahmen gelten als geeignete – wenn auch mitunter schwer umzusetzende – Instrumente zur Konsolidierung der Schifffahrtsbranche. Michael Meyer sprach mit Simon Madej von der HSH Nordbank über Abläufe und Hindernisse
Der erste Schritt, der nicht selten eine hohe Hürde darstellt, ist die Entscheidung, »anorganisch« zu wachsen – also nicht aus dem[ds_preview] bisherigen Geschäft heraus, sondern durch eine Änderung der Unternehmensstruktur mittels Übernahme oder Fusion (M&A). So hat die Hamburger Eckelmann-Gruppe ihre Entsorgungs- und Reinigungsaktivitäten an die griechische H.E.C. Gruppe (HANSA 06/2015) verkauft. Das Unternehmen gehört zur Aegean-Gruppe der bekannten Melissanidis-Familie. Es ist u. a. für die Einsammlung von Ölresten in griechischen Häfen verantwortlich.

In den internationalen Häfen gibt es mehrere Anbieter, nach Ansicht von H.E.C. sogar zu viele. Man will den Markt konsolidieren und die eigenen Anteile ausbauen. »Weil organisches Wachstum, also eine Erweiterung der eigenen Kapazität, das Überangebot nur noch weiter verstärken würde, entschied man sich für den anorganischen Weg«, sagt Simon Madej, M&A-Experte für den Bereich Shipping bei der HSH Nordbank. Die Bank trat im Folgenden als M&A-Berater für H.E.C. auf.

Als nächstes muss ein geeigneter Akteur als Übernahme-Kandidat identifiziert werden. Dabei komme es darauf an, dass man zueinander passe. Der Berater sondiert den Markt und führt erste Gespräche. In diesem Fall setzte man sich mit der Eckelmann Gruppe zusammen. Eine grundsätzliche Verständigung war vergleichsweise schnell erreicht. Bei der H.E.C./Eckelmann-Transaktion vergingen von den ersten Schritten bis zum Abschluss insgesamt 12 Monate.

Die Gespräche liefen relativ reibungslos. Inhaber Robert M. Eckelmann sagte bei der Bekanntgabe, er habe selten in seinem Leben so »faire, angenehme und korrekte« Verhandlungen erlebt. Das Hamburger Unternehmen unterstützte die Idee einer Marktkonsolidierung. Daher entschied man sich zur Annahme des Angebots. Jedoch mit der klar formulierten Perspektive, sich zu einem späteren Zeitpunkt wieder »an einer dann internationalen maritimen MARPOL Schiffsabfallentsorgungs- und Ölrecyclingfirma als Partner von H.E.C.« zu beteiligen. Dem Vernehmen nach strebt H.E.C. einen Börsengang an.

»Theoretisch kann eine Transaktion nach der Absichtserklärung über Kauf oder Verkauf zügig in fünf bis sechs Monaten abgeschlossen werden. Das setzt allerdings voraus, dass alle relevanten Dokumente vorliegen und der Prozess nicht durch externe Faktoren wie eine längere Prüfphase der Wettbewerbsbehörden verzögert wird«, so Madej. Nach besagter grundsätzlicher Verständigung fängt für M&A-Berater, Anwälte und Wirtschaftsprüfer eine der wichtigsten Phasen an: die »Due Diligence«, also die sorgfältige Prüfung aller relevanten Kennzahlen und Informationen des Verkäufers. Diese wurden im Vorfeld von dessen Berater gesammelt und aufbereitet. Nun stellt er sie, beispielsweise auf einer geschützten web-basierten Plattform, den Beteiligten zur Verfügung.

»Der M&A-Berater, also in diesem Fall die HSH Nordbank, koordiniert die Parteien und stellt effiziente Abläufe sicher«, erläutert der Experte. Die Berater sichten die Dokumente, machen sich ein Bild über den Zustand des Kaufobjekts und schreiben Bewertungen. Dabei geht es um aktuelle und vergangene Finanzzahlen, bestehende Verträge, rechtliche Aspekte oder die Struktur des Unternehmens. Auch wird untersucht, wie »robust« der Business Case ist und ob möglicherweise Synergieeffekte gehoben werden können.

Sofern die Prüfung positiv ausfällt, wird ein Angebot erstellt. Daraufhin treten die Beteiligten in konkrete Verhandlungen. Neben dem Preis gehören zu den Hauptbestandteilen etwaige Garantien oder Gewährleistungen des Verkäufers. So sind z. B. Aspekte wie die Sicherung des Standorts von Bedeutung. Kommt es zur Einigung, wird ein Vertrag ausformuliert und unterschrieben.

Das »Closing« kann theoretisch noch am selben Tag erfolgen. Es sei denn, bestimmte Umstände erfordern einen zeitlichen Aufschub. Dazu können beispielsweise Prüfungen beim Kartellamt oder anderen Wettbewerbsbehörden zählen.

Die HSH Nordbank betreut laut Madej derzeit mehrere M&A-Mandate. In diesem Jahr war man neben der H.E.C.-Transaktion im Bereich Shipping unter anderem an Schiffsverkäufen an Ahrenkiel Steamship und weiteren Portfolio-Transaktionen beteiligt.

Deutschland gilt seit der Hochphase der Krise auf den Schifffahrtsmärkten als ein Standort, an dem eine größere Konsolidierung anstehen könnte. Doch bislang ist es bei einigen wenigen großen Transaktionen geblieben. Auf kleinerem Niveau passiert aber dennoch einiges. Viele Einschiff-Gesellschaften sind mittlerweile sogenannte »Bankschiffe«, weil die Kredite in der Krise nicht mehr ausreichend bedient werden konnten. Wiederholt wurde die für Deutschland typische traditionelle und mittelständische Struktur in der Reedereibranche als Hindernis für größere Übernahmen oder Fusionen genannt.

Laut Madej wäre es hierzulande prinzipiell kein Problem, Käufer zu finden – sowohl international als auch national. Schwieriger sei es, Verkäufer zu identifizieren: »Oftmals sehen sich Unternehmer eher als Käufer denn als Verkäufer.« Auch hätten Käufer und Verkäufer oft unterschiedliche Auffassungen vom Wert des betreffenden Unternehmens. »Unter rationalen Gesichtspunkten wäre eine Einigung sehr schnell möglich. Oft sind es allerdings emotionale Entscheidungen, wenn z. B. ein Großteil des Unternehmens verkauft werden soll. Da ist gute Beratung nötig, um den Kunden eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu ermöglichen.« Seiner Meinung nach wird es dennoch zu einer stärkeren Konsolidierung kommen. »Aber es wird seine Zeit dauern.«

Der Experte beobachtet derzeit etwas mehr Aktivität im Markt. Die HSH Nordbank führe viele Gespräche mit potentiellen Käufern. »Ich erwarte mehr Zusammenschlüsse«, sagt er. Das Traditions­bewusstsein sieht er dabei zumindest indirekt als Problem. »Tradition ist durchaus etwas Positives, weil sie Beständigkeit und Kontinuität bedeutet. Zusammenschlüsse sind allerdings stets zukunftsgerichtet. Und das bedeutet auch, dass man manchmal von Traditionen abrücken muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben.«


Michael Meyer